„ […] gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben“ heißt es im christlichen Glaubensbekenntnis, wo neben Jesus von Nazareth und seiner Mutter Maria als dritte Person der römische Statthalter erwähnt wird. Dass derjenige, der Jesus „den Christum“ verurteilt und ihn dem Kreuzestod übergeben hat, im Credo Aufnahme gefunden hat, kann nur mit der Intention des Christentums erklärt werden, sich durch Geschichte zu legitimieren. „Pilatus war der außenstehende Zeuge, das Gütesiegel der historischen Authentizität der Kreuzigung, das niemand anzutasten wagte“, heißt es bei Alexander Demandt (1999). Auch in den Evangelien wird Pilatus als Zeuge geführt, natürlich auch als Herr des Verfahrens. Indes trug darin nicht er die Schuld an Jesu Hinrichtung, sondern die Juden, vertreten durch den Hohenpriester Joseph ben Kaiaphas und dessen Parteigänger. Eine folgenschwere Anklage, bedenkt man die weitere Geschichte. Obwohl Pontius Pilatus, der fünfte römische Präfekt der im Jahre 6 n. Chr. etablierten römischen Provinz Judäa, selbst bei außerbiblischen Quellen wie Philo von Alexandria und Flavius Josephus Erwähnung gefunden hat, wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr als eine Fußnote in der Geschichte des Judentums oder der römischen Provinzialverwaltung gewesen, hätte er nicht Jesus kreuzigen lassen. Erst durch diese Handlung fand er Einzug in die Profan- und Glaubensgeschichte der Christenheit.
Im Folgenden soll sich dieser historisch zwar gesicherten, aber auch höchst umstrittenen Persönlichkeit angemessen genähert werden. Dabei soll eine kritische Wertung seiner Statthalterschaft erfolgen und mit der Frage verknüpft werden, aus welcher Intention heraus Pilatus Jesus hat hinrichten lassen. War er wirklich nur widerwillig und vom Gegenteil überzeugt dem Betreiben der wichtigsten jüdischen Autoritäten gefolgt, wie die Evangelien glauben machen wollen? Handelte er aus reinen machtpolitischen Motiven heraus, oder war er zu schwach, sich einem Justizirrtum zu widersetzen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Quellen
- Die außerbiblischen Quellen
- Die biblischen Quellen
- Das Amt des Statthalters in der römischen Provinz Judäa
- Der Statthalter Pontius Pilatus
- Hintergründe
- Die Statthalterschaft
- Jesus vor Pilatus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Abhandlung zielt darauf ab, die historische Persönlichkeit des römischen Statthalters Pontius Pilatus im Kontext seines Amtes und seiner Rolle im Prozess gegen Jesus von Nazareth kritisch zu beleuchten.
- Analyse der Quellenlage und Bewertung des historischen Nutzens außerbiblischer und biblischer Quellen.
- Charakterisierung des Amtes eines Präfekten in der römischen Provinz Judäa zur Zeit des Pilatus.
- Rekonstruktion der Persönlichkeit des Pontius Pilatus durch eine kritische Würdigung seiner Amtsführung und die Analyse von Berichten bei Philo und Josephus.
- Untersuchung der Intentionen hinter Pilatus' Entscheidung, Jesus hinrichten zu lassen, mit Fokus auf Machtpolitik, Widerwilligkeit und dem Einfluss jüdischer Autoritäten.
- Analyse der Rolle Pilatus im "Prozess" gegen Jesus und die Beantwortung der Frage, ob er aus reinen machtpolitischen Motiven, aus Schwäche oder aus Überzeugung gehandelt hat.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit und die zentrale Figur des Pontius Pilatus vor. Sie führt den Leser in die historische und theologische Bedeutung Pilatus' ein und skizziert die Forschungsfrage, welche die Intention hinter seiner Entscheidung zu untersuchen versucht, Jesus hinrichten zu lassen.
Das Kapitel "Quellen" analysiert die verfügbaren Quellen zur Person des Pilatus und bewertet deren Zuverlässigkeit. Es werden sowohl außerbiblische Quellen wie Philo von Alexandria und Flavius Josephus als auch die biblischen Berichte der Evangelien vorgestellt und hinsichtlich ihrer Aussagekraft und Bedeutung für die historische Beurteilung des Pilatus untersucht.
Das Kapitel "Das Amt des Statthalters" charakterisiert die Funktion und Aufgaben eines römischen Präfekten in der Provinz Judäa während der Zeit des Pilatus. Es geht dabei auf die politische und administrative Struktur der Provinz sowie die Beziehung zwischen dem Präfekten und den jüdischen Autoritäten ein.
Das Kapitel "Der Statthalter Pontius Pilatus" beleuchtet die Person des Pilatus genauer. Es untersucht seine Biografie, seine Hintergründe und seine Amtsführung als Präfekt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den von Philo und Josephus beschriebenen Konflikten mit den jüdischen Autoritäten.
Das Kapitel "Jesus vor Pilatus" analysiert die Darstellung des "Prozesses" gegen Jesus in den Evangelien und versucht, die Rolle des Pilatus darin zu verstehen. Es geht dabei auf die Anklagen gegen Jesus, die Haltung des Pilatus und die Frage nach seinen Motiven für die Verurteilung ein.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen des römischen Statthalters Pontius Pilatus, seiner Rolle im Prozess gegen Jesus von Nazareth, den Quellen zur historischen Beurteilung seiner Person und den politischen, religiösen und kulturellen Kontext seiner Zeit. Die Arbeit verwendet Schlüsselbegriffe wie römische Provinz Judäa, Statthalter, Präfekt, Jesus von Nazareth, Prozess, Kreuzigung, jüdische Autoritäten, Machtpolitik, Intention, Quellenkritik, historische Rekonstruktion.
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- Dominik Jesse (Author), 2007, Der Präfekt Pontius Pilatus und seine Rolle im Prozess gegen Jesus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70507