Zur Zeit wundert sich niemand mehr, wenn man auf der Straße Frauen mit islamischen Kopfbedeckungen sieht. Mit einem einfachen, unter dem Kinn gebundenen oder einem wallenden, kunstvoll zusammengesteckten Kopftuch, manchmal auch mit einem Tschador oder einer Burka. Ist die Zahl der muslimischen Frauen, die die Bekleidungsgebote im Islam befolgen, gestiegen, oder interessieren wir uns mehr dafür? Mittlerweile ist das Thema „Kopftuch“ und der Auseinandersetzung sehr aktuell, sei es durch die Präsenz in den Medien oder sich, wie automatisch, ergebende Diskussionen im Freundes-, Familien- oder Bekanntenkreis, vor oder nach Seminaren an der Universität oder im Arbeitsumfeld. Ich selbst musste feststellen, dass meine Meinung zum Kopftuch eigentlich keine Meinung war - zumindest keine fundierte - und ich angesichts der Debatte überhaupt nicht mehr wusste, was ich denken sollte, denn irgendwie schien fast jeder, mit dem man sich austauschte, Recht zu haben unabhängig davon, wie kontrovers die einzelnen Meinungen auch sein mochten. Aus dieser Situation heraus wuchs mein Interesse an der Debatte um das islamische Kopftuch innerhalb der deutschen Gesellschaft, und dass ich durch das Verfolgen derselben nicht schlauer, sondern eher noch verwirrter wurde, ist sicherlich auch mit ein Grund gewesen, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Das islamische Kopftuch ist in Deutschland, durch die Anwerbeabkommen mit der Türkei, Marokko und Tunesien in den 1960er Jahren und den Familiennachzug nach dem Anwerbestopp von 1973 bekannt geworden. Lange Zeit betrachtete man es nur als Bestandteil der aus Anatolien abstammenden „Gastarbeiter“- Kultur. Auch wenn das islamische Kopftuch immer wieder Auslöser von interkulturellen Konflikten war, so erlangte es seine gesellschaftspolitische Dimension erst durch die Forderung einer Lehrerin es auch im Unterricht an einer öffentlichen Schule tragen zu dürfen. Seit die Muslima Fereshta Ludin nun versucht, das Tragen ihres islamischen Kopftuches in Unterricht und Schule einzuklagen, und damit in die Öffentlichkeit getreten ist, hat die Frage, ob dies zulässig sei, viele Menschen in Deutschland beschäftigt. Aus juristischer, politischer, religiöser, moralischer und feministischer Sicht versucht man sich diskursiv einer Antwort zu nähern. [...]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Kopftuchvorschriften
2. Das Kopftuch als Symbol
3. Kopftuchurteil
4. Die gegenwärtige Situation
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Zur Zeit wundert sich niemand mehr, wenn man auf der Straße Frauen mit islamischen Kopfbedeckungen sieht. Mit einem einfachen, unter dem Kinn gebundenen oder einem wallenden, kunstvoll zusammengesteckten Kopftuch, manchmal auch mit einem Tschador oder einer Burka. Ist die Zahl der muslimischen Frauen, die die Bekleidungsgebote im Islam befolgen, gestiegen, oder interessieren wir uns mehr dafür? Mittlerweile ist das Thema „Kopftuch“ und der Auseinandersetzung sehr aktuell, sei es durch die Präsenz in den Medien oder sich, wie automatisch, ergebende Diskussionen im Freundes-, Familien- oder Bekanntenkreis, vor oder nach Seminaren an der Universität oder im Arbeitsumfeld. Ich selbst musste feststellen, dass meine Meinung zum Kopftuch eigentlich keine Meinung war – zumindest keine fundierte – und ich angesichts der Debatte überhaupt nicht mehr wusste, was ich denken sollte, denn irgendwie schien fast jeder, mit dem man sich austauschte, Recht zu haben unabhängig davon, wie kontrovers die einzelnen Meinungen auch sein mochten. Aus dieser Situation heraus wuchs mein Interesse an der Debatte um das islamische Kopftuch innerhalb der deutschen Gesellschaft, und dass ich durch das Verfolgen derselben nicht schlauer, sondern eher noch verwirrter wurde, ist sicherlich auch mit ein Grund gewesen, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Das islamische Kopftuch ist in Deutschland, durch die Anwerbeabkommen mit der Türkei, Marokko und Tunesien in den 1960er Jahren und den Familiennachzug nach dem Anwerbestopp von 1973 bekannt geworden. Lange Zeit betrachtete man es nur als Bestandteil der aus Anatolien abstammenden „Gastarbeiter“- Kultur. Auch wenn das islamische Kopftuch immer wieder Auslöser von interkulturellen Konflikten war, so erlangte es seine gesellschaftspolitische Dimension erst durch die Forderung einer Lehrerin es auch im Unterricht an einer öffentlichen Schule tragen zu dürfen. Seit die Muslima Fereshta Ludin nun versucht, das Tragen ihres islamischen Kopftuches in Unterricht und Schule einzuklagen, und damit in die Öffentlichkeit getreten ist, hat die Frage, ob dies zulässig sei, viele Menschen in Deutschland beschäftigt. Aus juristischer, politischer, religiöser, moralischer und feministischer Sicht versucht man sich diskursiv einer Antwort zu nähern. Einige wollen die Frage damit beantworten, dass ein religiöses Symbol in der Schule generell keinen Platz habe. Andere damit, dass das Kopftuch als Akt der Unterwerfung unter den Mann nicht von einer Person mit staatlichem Erziehungsauftrag getragen werden könne. Hinzu kommt die Ansicht, dass es für den mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik nicht zu vereinbarenden islamischen Fundamentalismus stehe und in dieser Funktion nicht tolerierbar sei. Im Gegensatz dazu steht die Meinung, dass auf Grund der herrschenden Religionsfreiheit eine Muslima auch als Lehrkraft das Recht habe, das Kopftuch als Teil ihrer Religionsausübung zu tragen. Es sei zudem ein selbstbewusster integrativer und somit wichtiger Akt, dass eine Frau auch in ihrer Rolle als Muslima einen Platz im öffentlichen Dienst findet, sagen andere. Dazu gesellt sich die Meinung, dass das Kopftuch im Grunde lediglich ein Stück Stoff sei und dass es darauf doch gar nicht ankomme. Und überhaupt: Es solle doch jeder tragen, was er mag. Die Debatte gestaltet sich also auch deshalb derart schwierig, weil man sich über die Bedeutung des Kopftuches nicht einig ist. Die zentrale Frage der Debatte, ob das Tragen des islamischen Kopftuches in Schule und Unterricht gerechtfertigt ist, zieht also die Frage nach sich, was das Kopftuch eigentlich bedeutet. Darüber hinaus werden in diesem Zusammenhang aber noch wesentlich weitreichendere Fragenkomplexe aufgeworfen: Fragen nach der Stellung des Islam in Deutschland bzw. dem Umgang mit dem Islam und dem Islamismus, Fragen nach dem Modell der deutschen Integrationspolitik und damit verbunden nach dem Umgang mit den Religionen von Minderheiten und schließlich auch Fragen nach der Rolle der Religion in einem säkularen Staat im Allgemeinen. Entsprechend soll in erster Linie die Debatte um das Kopftuch in Deutschland bei muslimischen Lehrerinnen im Unterricht an staatlichen Schulen – es geht nicht um Kopftuch tragende Muslima generell oder um Schülerinnen, die ihren Kopf bedecken (wie beispielsweise in Frankreich) – strukturiert dargestellt werden. Zuerst versuche ich zu erklären, welche Vorschriften für das Kopftuchtragen existieren, was das Kopftuch in seiner Eigenschaft als Symbol eigentlich bedeutet bzw. bedeuten kann und wie es diese Bedeutung erlangt. Warum spielt ein Stück Stoff eigentlich so große Rolle? Anschließend wird anhand des Bundesverfassungsgerichts-Urteils vom 04.06.2004 die juristische Seite des Themas beleuchtet werden. Wie kann mit dem Kopftuch aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt verfahren werden? Und welche Folgen hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach sich gezogen? Der nächste und der letzte Teil ist gegenwärtiger Situation gewidmet, welche Entwicklung die Debatte um das Kopftuch bekommen hat. Im Schlusskapitel werden die Resultaten dieser Hausarbeit zusammengefasst.
1. Kopftuchvorschriften
Das Tragen des Kopftuches von Musliminnen gehört zu den am Meist diskutierten Symbolen islamischen Glaubens. Für die einen Zeichen der Unterdrückung der Frau, ist es vielen Musliminnen Ausdruck ihrer individuellen Religiosität. „Ungeachtet der Tatsache, dass auch in vielen biblizistischen oder evangelikalen Gemeinschaften des Christentums eine Kopfbedeckung für Frauen selbstverständlich ist, ordnet die öffentliche Diskussion das Kopftuch in der Regel dem Islam zu.“ (Mann 2004:23) Das öffentliche Tragen des Kopftuches macht den Islam sichtbar. Das löst immer wieder Konflikte aus. Spätestens seit der Auseinandersetzung um die Zulässigkeit des Kopftuchs im öffentlichen Dienst - gerichtlich ausgetragen am Fall der Lehrerin Fereshta Ludin - oder am Arbeitsplatz mit Kundenverkehr ist die Kopftuch-Frage zu dem zentralen Kristallisationspunkt in der Bewertung des Islam geworden. Wir versuchen festzustellen, was für eine Bedeutung das Kopftuch hat. Einige Musliminnen tragen aus religiösen Gründen einen Schleier oder ein Kopftuch. Es ist innerhalb des Islams umstritten, ob eine Verpflichtung zur Verschleierung besteht oder nicht. Die Befürworter berufen sie sich auf den Koran und Hadithe. Sie nennen gewöhnlich die Koranverse 33:60: „Sage, Prophet, deinen Frauen und Töchtern und den Frauen der Gläubigen, dass sie ihr Übergewand (über ihr Antlitz) ziehen sollen, wenn sie ausgehen; so ist es schicklich, damit man sie als ehrbare Frauen erkenne und sie nicht belästige. Allah aber ist versöhnend und barmherzig.“(Koran: 344) und 24:32: „Sage auch den gläubigen Frauen, dass sie ihre Augen niederschlagen und sich vor Unkeuschem bewahren sollen und dass sie nicht ihre Zierde (ihren nackten Körper, ihre Reize), außer nur was notwendig sichtbar sein muss, entblößen und dass sie ihren Busen mit dem Schleier verhüllen sollen. Sie sollen ihre Reize nur vor ihren Ehemännern zeigen oder vor ihren Vätern oder von den Vätern ihrer Ehemänner oder vor ihren oder den Söhnen ihrer Ehemänner, die Stiefsöhnen, oder vor ihren Brüdern oder vor den Söhnen ihrer Brüder und Schwestern oder vor ihren Frauen oder vor ihren Sklaven oder vor den Dienern, welche kein Bedürfnis zu Frauen (keinen Geschlechtstrieb) fühlen, oder vor Kindern, welche die Blöße der Frauen nicht beachten. Auch sollen sie ihre Füße nicht so werfen, dass man der Zierde, die sie verbergen sollen, gewahr werde. O, Gläubige, kehrt doch alle zu Allah zurück, damit ihr glücklich werdet.“(Koran: 286) „Diese Koranverse werden von den Befürwortern der Verschleierungspflicht entweder so ausgelegt, dass diese Pflicht in jeder Zivilisation besteht. Nach einer weniger strengen Auffassung wird je nach Zivilisation unterschieden. Die Verschleierung des Kopfhaars ist demnach dann nur in den Regionen erforderlich, in denen Männer sich von dem Haar der Frau besonders angezogen fühlen.“ (Hofmann 1999: 56) Die Verschleierung der muslimischen Frauen kann auf verschiedene Arten erfolgen. Es gibt zum einen das Kopftuch und die stärkeren Formen der Körper-, Halb- und Gesichtsschleier und Gesichtsmasken. Wenn vom "Kopftuch" der Musliminnen die Rede ist, handelt es sich üblicherweise nicht um ein Tuch, das über den Kopf gelegt und unter dem Kinn zusammengebunden wird, so dass nur die Haare bedeckt sind. 'Diesem "europäischen Kopftuch" am nächsten kommt der Djilbab. Das ist ein Tuch, das als Überwurf über den Kopf, Schultern und Brust getragen wird. Die genaue Bedeutung des Wortes Djibab ist unklar. Manchmal wird der Djibab auch als "Schleier" übersetzt, der Bedeutung näher kommt jedoch "Überwurf" oder "Schalgewand".
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- Arbeit zitieren
- Evgeniya Vralova (Autor:in), 2006, Der Kopftuchstreit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70359
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