Diese Arbeit ermittelt, welche Anforderungen an eine realistische Vollautomatisierung von Verwaltungsverfahren gestellt werden müssen. Insbesondere ist der rechtsstaatliche und datenschutzrechtliche Rahmen der Vollautomatisierung zu bestimmen, der die Gestaltung der eingesetzten IT-Systeme beeinflusst. Dass die Digitalisierung die Arbeitsweise der öffentlichen Verwaltung grundlegend verändert hat, dürfte wohl niemanden mehr überraschen. Dabei ist das Konzept der digitalen Verwaltung ein jahrzehntelanger Prozess, der sich unter anderem in E-Government-Gesetzen und zahlreichen Digitalisierungsstrategien äußerte. Dennoch gilt die Verwaltung in den Augen der Öffentlichkeit noch immer als Ewiggestriger Bürokratieapparat. Dieser Stereotyp erscheint zunächst berechtigt, denn die Digitalisierung in der deutschen Verwaltung bleibt im Vergleich zu Ländern wie Estland, Dänemark und Österreich erheblich zurück.
Auf der anderen Seite scheint die Digitalisierung in der Privatwirtschaft mit einer exorbitanten Geschwindigkeit fortzuschreiten. In den vergangenen Jahren haben sich jedoch bestimmte Technologien herauskristallisiert, die umfassende gesellschaftliche Diskussionen unausweichlich gemacht haben. Algorithmen, künstliche Intelligenz und Big Data sind zugleich Schlagwörter für den Fluch und Segen dieser Entwicklung. Umso überraschender ist es, dass die Einführung des § 35a VwVfG von den meisten still als Hintergedanke der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens hingenommen wurde. Der Gesetzgeber hat mit der Norm den Grundbaustein für vollautomatisierte Verwaltungsverfahren aller Art gelegt, womit dem Einsatz von IT in der Verwaltung eine neue Bedeutung zukommt. Jedoch wurde auch klar, dass die bisherige Diskussion um vollautomatisierte Verwaltungsverfahren, die zuletzt vor allem in den 70er und 90er Jahren geführt wurde, nicht mehr ausreicht. Grund dafür ist insbesondere das grundlegend fortgeschrittene Technikverständnis und die Europäisierung des Datenschutzrechts.
Inhaltsverzeichnis
- A. Ausgangslage und Herangehensweise
- B. Rechtlicher Hintergrund des vollautomatisierten Verwaltungsverfahrens
- I. Hintergrund von Automatisierungsbestrebungen in der Verwaltung
- II. Änderungen im VwVfG
- 1. Vollständig automatisierter Erlass eines Verwaltungsaktes
- 2. Änderung des Untersuchungsgrundsatzes
- 3. Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakte durch Abruf über Behördenportale
- C. Einsatzmöglichkeiten von automatisierten Einrichtungen im Verwaltungsverfahren
- I. Status quo der Automatisierung in der Verwaltung
- II. Bestimmung von automatisierbaren Verfahren
- III. Technische Konzeption der Verfahrensautomatisierung
- 1. Algorithmen
- 2. Risikomanagementsysteme
- D. Rechtliche Anforderungen an die Verfahrensautomatisierung
- I. Unions- und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen
- II. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
- E. Gestaltungsleitlinien für das vollautomatisierte Verwaltungsverfahren
- I. Transparenz und Nachvollziehbarkeit
- II. Inhaltliche Anforderungen an den Algorithmus
- III. Keine Einschränkung von Verfahrensgrundsätzen
- IV. Grenzen des Einsatzes selbstlernender Algorithmen
- F. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit untersucht die rechtlichen Anforderungen an den Einsatz automatischer Einrichtungen in vollautomatisierten Verwaltungsverfahren. Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsleitlinien für solche Verfahren zu analysieren und zu bewerten.
- Rechtliche Zulässigkeit vollautomatisierter Verwaltungsakte
- Datenschutzrechtliche Implikationen der Automatisierung
- Verfassungsrechtliche Anforderungen an Algorithmen im Verwaltungsverfahren
- Gestaltungsleitlinien für transparente und nachvollziehbare Algorithmen
- Grenzen des Einsatzes selbstlernender Algorithmen
Zusammenfassung der Kapitel
A. Ausgangslage und Herangehensweise: Dieses Kapitel dient der Einleitung und beschreibt die Herangehensweise der Arbeit an die Thematik der rechtlichen Anforderungen an den Einsatz automatischer Einrichtungen in vollautomatisierten Verwaltungsverfahren. Es legt die methodischen Grundlagen und den Forschungsansatz dar.
B. Rechtlicher Hintergrund des vollautomatisierten Verwaltungsverfahrens: Dieses Kapitel beleuchtet den rechtlichen Rahmen für vollautomatisierte Verwaltungsverfahren. Es analysiert die Hintergründe der Automatisierungsbestrebungen in der Verwaltung und untersucht detailliert die Änderungen im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bezüglich des vollständig automatisierten Erlasses von Verwaltungsakten, die Modifikation des Untersuchungsgrundsatzes und die Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakte. Die Abgrenzung von Verwaltungsakten und die Herausforderungen durch den Ausschluss von Ermessensspielräumen werden kritisch geprüft.
C. Einsatzmöglichkeiten von automatisierten Einrichtungen im Verwaltungsverfahren: Dieses Kapitel befasst sich mit den praktischen Einsatzmöglichkeiten automatisierter Einrichtungen. Es beschreibt den aktuellen Stand der Automatisierung in der Verwaltung und analysiert, welche Verfahren sich für eine Automatisierung eignen. Die technischen Konzepte der Verfahrensautomatisierung werden erläutert, wobei ein Schwerpunkt auf der Unterscheidung zwischen determinierten und indeterminierten Algorithmen (einschließlich KI) und den dazugehörigen Risikomanagementsystemen liegt.
D. Rechtliche Anforderungen an die Verfahrensautomatisierung: Dieses Kapitel analysiert die rechtlichen Anforderungen an die Verfahrensautomatisierung aus unions- und datenschutzrechtlicher sowie verfassungsrechtlicher Perspektive. Es beleuchtet das grundsätzliche Verbot automatisierter Entscheidungen und die damit verbundenen rechtsstaatlichen Standards, den Auskunfts- und Informationsrechten der Betroffenen, sowie die besonderen Kategorien personenbezogener Daten. Im verfassungsrechtlichen Kontext werden das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Gleichheitsprinzip und das Rechtsstaatsprinzip im Hinblick auf algorithmische Entscheidungen untersucht. Die Abbildbarkeit von Recht durch Algorithmen und die Anforderungen an deren Konzeption und Kontrolle werden detailliert diskutiert.
E. Gestaltungsleitlinien für das vollautomatisierte Verwaltungsverfahren: Dieses Kapitel entwickelt Gestaltungsleitlinien für vollautomatisierte Verwaltungsverfahren. Im Mittelpunkt stehen Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Algorithmen sowie inhaltliche Anforderungen an deren Entscheidungsrichtigkeit und gerichtliche Kontrollierbarkeit. Es werden die Grenzen des Einsatzes selbstlernender Algorithmen diskutiert und die Notwendigkeit von Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen beleuchtet. Schließlich wird betont, dass grundlegende verfahrensrechtliche Prinzipien nicht durch die Automatisierung eingeschränkt werden dürfen.
Schlüsselwörter
Vollautomatisiertes Verwaltungsverfahren, Algorithmen, Künstliche Intelligenz (KI), Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), Grundrechte, Rechtsstaatsprinzip, Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Risikomanagement, Automatisierung, öffentliche Verwaltung.
Häufig gestellte Fragen zur Bachelorarbeit: Rechtliche Anforderungen an den Einsatz automatischer Einrichtungen in vollautomatisierten Verwaltungsverfahren
Was ist der Gegenstand dieser Bachelorarbeit?
Die Arbeit untersucht die rechtlichen Anforderungen an den Einsatz automatischer Einrichtungen in vollautomatisierten Verwaltungsverfahren. Sie analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsleitlinien für solche Verfahren und bewertet deren Zulässigkeit.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die rechtliche Zulässigkeit vollautomatisierter Verwaltungsakte, datenschutzrechtliche Implikationen der Automatisierung, verfassungsrechtliche Anforderungen an Algorithmen im Verwaltungsverfahren, Gestaltungsleitlinien für transparente und nachvollziehbare Algorithmen und die Grenzen des Einsatzes selbstlernender Algorithmen. Sie betrachtet Änderungen im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), den Einsatz von Algorithmen und Risikomanagementsystemen, sowie unions- und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: A. Ausgangslage und Herangehensweise, B. Rechtlicher Hintergrund des vollautomatisierten Verwaltungsverfahrens, C. Einsatzmöglichkeiten von automatisierten Einrichtungen im Verwaltungsverfahren, D. Rechtliche Anforderungen an die Verfahrensautomatisierung, E. Gestaltungsleitlinien für das vollautomatisierte Verwaltungsverfahren und F. Fazit und Ausblick. Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte der Thematik, von der methodischen Herangehensweise bis hin zu Gestaltungsempfehlungen.
Welche rechtlichen Grundlagen werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die relevanten Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und relevante verfassungsrechtliche Bestimmungen, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Gleichheitsprinzip und das Rechtsstaatsprinzip im Kontext algorithmischer Entscheidungen in der Verwaltung.
Welche Rolle spielen Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI)?
Die Arbeit analysiert die Verwendung von Algorithmen, inklusive KI-Systeme, in vollautomatisierten Verwaltungsverfahren. Sie untersucht die Anforderungen an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Kontrollierbarkeit solcher Algorithmen und adressiert die Herausforderungen durch den Einsatz selbstlernender Systeme.
Welche Gestaltungsleitlinien werden vorgeschlagen?
Die Arbeit entwickelt Gestaltungsleitlinien für transparente und nachvollziehbare Algorithmen in vollautomatisierten Verwaltungsverfahren. Sie betont die Notwendigkeit von Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen und stellt sicher, dass grundlegende verfahrensrechtliche Prinzipien nicht durch die Automatisierung eingeschränkt werden.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Vollautomatisiertes Verwaltungsverfahren, Algorithmen, Künstliche Intelligenz (KI), Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), Grundrechte, Rechtsstaatsprinzip, Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Risikomanagement, Automatisierung, öffentliche Verwaltung.
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- Niklas Pulte (Author), 2020, Vollautomatisierung von Verwaltungsverfahren. Einsatzmöglichkeiten, rechtliche Anforderungen und Gestaltungsleitlinien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/703352