Adieu, „Tante Käthe“. Rudi Völler, unter dessen Leitung die deutsche Nationalmannschaft bei der WM 2002 in Korea und Japan zum Vize-Weltmeister wurde, verpasste nur zwei Jahre später bei der EM in Portugal mit seiner Mannschaft den Einzug in die Hauptrunde. Das war am 23. Juni 2004. Noch in der gleichen Nacht teilte Völler DFB-Präsident Mayer-Vorfelder seinen Rücktritt mit. Er sah sich nach der gescheiterten EM nicht mehr in der Lage, die deutsche Elf optimal auf die WM 2006 im eigenen Land vorbereiten zu können. Nach langem Hin und Her und für viele überraschend wurde Jürgen Klinsmann am 29. Juli 2004 das Amt des Bundestrainers übertragen. Bereits an diesem Tag gab Klinsmann seine Vision bekannt: „Ich will 2006 Weltmeister werden! Und deshalb muss der ganze Laden hier auseinander genommen werden (Vgl. o.V./2004a)! Er wollte das „Heimspiel“ nutzen, um an die glorreichen und ruhmreichen Zeiten vergangener Tage anzuknüpfen, das altbekannte Sprichwort „Das Spiel dauert 90 Minuten und am Ende gewinnen immer die Deutschen“ sollte wieder Gültigkeit erlangen. Ein „Sommermärchen“ auf deutschem Boden sollte es werden, mit tollen Toren, grandiosen Spielen und leidenschaftlichen Fans, geprägt durch Fairness, Toleranz und Teamgeist (Vgl. Merkel/2006). „Wenn ich nach der EM gesagt hätte, wir wollen 2006 Weltmeister werden, hätten alle gefragt: Hat der Völler in seiner Karriere zu viele Kopfbälle gemacht? Glaubwürdig konnte das nur ein neuer Mann rüberbringen. Einer, der Zuversicht ausstrahlt, so wie das Jürgen Klinsmann auch immer tut!“ (Vgl. Oberschelp, Schmidt/2006/S. 28) so Völler zur Person Klinsmann.
Die Arbeitsweise von Bundestrainer Jürgen Klinsmann wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit genauer betrachtet. Zu Beginn wird die Person Jürgen Klinsmann mit ihren wichtigsten beruflichen und privaten Stationen vorgestellt. Anschließend wird anhand ausgewählter Eigenschaften gezeigt, dass Klinsmann in der Situation von 2004 der richtige Mann war, um die deutsche Elf nach der Ära Völler auf die WM 2006 im eigenen Land vorzubereiten. Weiterhin werden der Wandel sowie die einzelnen Veränderungsprozesse in der Nationalmannschaft unter Klinsmann beschrieben. In einem dritten Schritt wird das Team Klinsmann näher betrachtet sowie geprüft, ob es sich beim Team Klinsmann um ein geniales Team handelte, das in der Lage war, außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Jürgen Klinsmann
2.1 Leben und Werk
2.1.1 Kindheit und Jugend
2.1.2 Fußballprofi im In- und Ausland
2.1.3 Leben nach der Profikarriere
2.1.4 Ernennung zum Bundestrainer
2.2 Leadership
2.2.1 Definition und Aufgabe des Leaders
2.2.2 Eigenschaften des Leaders am Beispiel von Jürgen Klinsmann
2.2.2.1 Energie
2.2.2.2 Zielstrebigkeit, Mut und Beharrlichkeit
2.2.2.3 Willenskraft
2.2.2.4 Glaubwürdigkeit
2.2.2.5 Sozialkompetenz
2.2.2.5.1 Empathie
2.2.2.5.2 Kommunikationsfähigkeit
2.2.2.5.3 Teamfähigkeit
2.2.2.6 Charisma
3 Change Management by Klinsmann
3.1 Entwicklung der Nationalmannschaft
3.1.1 Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bis 1990
3.1.2 Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bis 2004
3.1.2.1 Entwicklung unter Berti Vogts
3.1.2.2 Entwicklung unter Erich Ribbeck
3.1.2.3 Entwicklung unter Rudi Völler
3.2 Change Management durch Klinsmann
3.2.1 Definition und Hintergrund des Wandels
3.2.2 Auslöser des Wandels
3.2.2.1 Krisen als Auslöser des Wandels
3.2.3 Das Projekt „Weltmeisterschaft 2006“
3.2.4 Elemente des Wandels
3.2.4.1 Struktur
3.2.4.2 Kultur
3.2.4.3 Individuum
3.2.5 Störende Faktoren im Wandlungsprozess
3.2.5.1 Individuelle Faktoren
3.2.5.2 Kollektive Faktoren
3.2.6 Widerstände gegen Änderungen
3.2.6.1 Ursachen für Widerstände
3.2.6.2 Arten der Widerstände
3.2.6.3 Umgang mit Widerständen
4 Team Management by Klinsmann
4.1 Begriffsklärung
4.1.1 Definition des Begriffs Team
4.1.2 Teammerkmale der Nationalmannschaft
4.2 Das Team Klinsmann
4.2.1 Der Trainerstab
4.2.2 Der Betreuerstab
4.2.3 Die Mannschaft
4.3 Teamentwicklung
4.3.1 Formierungsphase
4.3.2 Sturmphase
4.3.3 Normierungsphase
4.3.4 Reifephase
4.4 Das geniale Team
4.4.1 Merkmale eines genialen Teams
4.4.1.1 Starker Leiter
4.4.1.2 Hervorragende Mitglieder
4.4.1.3 Außergewöhnliches Talent
4.4.1.4 Verfolgen einer Vision
4.4.1.5 Rückzug von der Außenwelt
4.4.1.6 Begeisterung für eine Außenseiterrolle
4.4.1.7 Bedeutung eines Feindbildes
4.4.1.8 Volle Konzentration
4.4.1.9 Optimistische Grundhaltung
4.4.1.10 Rückendeckung für alle Mitglieder
4.4.1.11 Relevanz von Belohnung
4.4.2 Die Nationalmannschaft als geniales Team
5 Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: „Tor des Jahres 1987“ durch Jürgen Klinsmann
Abbildung 2: Weltmeister Jürgen Klinsmann 1990
Abbildung 3: Klinsmann bei der WM 1994 in den USA
Abbildung 4: „Fußballer des Jahres“ 1994
Abbildung 5: Familie Klinsmann
Abbildung 6: Klinsmanns Partner bei soccersolutions
Abbildung 7: Das Leadership-Haus: Aufgabe eines Leaders
Abbildung 8: Energetischer Jürgen Klinsmann
Abbildung 9: Kahn und Lehmann im Spiel gegen Argentinien
Abbildung 10: Trainergespann beim Singen der Nationalhymne
Abbildung 11: Charismatischer Jürgen Klinsmann
Abbildung 12: „Diver“ Jürgen Klinsmann
Abbildung 13: Europameister Jürgen Klinsmann 1996
Abbildung 14: Die Weltmeistermannschaft von 1974
Abbildung 15: Rudi Völler vor seinem Abschied als Nationalcoach
Abbildung 16: Klinsmann startet das Projekt 2006
Abbildung 17: WM-Quartier in Berlin
Abbildung 18: Marc Verstegen und die neuen Trainingsmethoden
Abbildung 19: Ursachen, wodurch ein Wandel scheitern kann
Abbildung 20: Klinsmann und Bierhoff denken über Kritik nach
Abbildung 21: Allgemeine Symptome für Widerstand
Abbildung 22: Der Trainerstab
Abbildung 23: Aufstellung der deutschen Nationalmannschaft
Abbildung 24: Mannschaftsfoto der Nationalmannschaft
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Adieu, „Tante Käthe“. Rudi Völler, unter dessen Leitung die deutsche Nationalmannschaft bei der WM 2002 in Korea und Japan zum Vize-Weltmeister wurde, verpasste nur zwei Jahre später bei der EM in Portugal mit seiner Mannschaft den Einzug in die Hauptrunde. Das war am 23. Juni 2004. Noch in der gleichen Nacht teilte Völler DFB-Präsident Mayer-Vorfelder seinen Rücktritt mit. Er sah sich nach der gescheiterten EM nicht mehr in der Lage, die deutsche Elf optimal auf die WM 2006 im eigenen Land vorbereiten zu können. Nach langem Hin und Her und für viele überraschend wurde Jürgen Klinsmann am 29. Juli 2004 das Amt des Bundestrainers übertragen. Bereits an diesem Tag gab Klinsmann seine Vision bekannt: „Ich will 2006 Weltmeister werden! Und deshalb muss der ganze Laden hier auseinander genommen werden (Vgl. o.V./2004a)! Er wollte das „Heimspiel“ nutzen, um an die glorreichen und ruhmreichen Zeiten vergangener Tage anzuknüpfen, das altbekannte Sprichwort „Das Spiel dauert 90 Minuten und am Ende gewinnen immer die Deutschen“ sollte wieder Gültigkeit erlangen. Ein „Sommermärchen“ auf deutschem Boden sollte es werden, mit tollen Toren, grandiosen Spielen und leidenschaftlichen Fans, geprägt durch Fairness, Toleranz und Teamgeist (Vgl. Merkel/2006). „Wenn ich nach der EM gesagt hätte, wir wollen 2006 Weltmeister werden, hätten alle gefragt: Hat der Völler in seiner Karriere zu viele Kopfbälle gemacht? Glaubwürdig konnte das nur ein neuer Mann rüberbringen. Einer, der Zuversicht ausstrahlt, so wie das Jürgen Klinsmann auch immer tut!“ (Vgl. Oberschelp, Schmidt/2006/S. 28) so Völler zur Person Klinsmann.
Die Arbeitsweise von Bundestrainer Jürgen Klinsmann wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit genauer betrachtet. Zu Beginn wird die Person Jürgen Klinsmann mit ihren wichtigsten beruflichen und privaten Stationen vorgestellt, da Klinsmanns Handeln im Fokus der Arbeit steht. Anschließend wird anhand ausgewählter Eigenschaften gezeigt, dass Klinsmann in der Situation von 2004 der richtige Mann war, um die deutsche Elf nach der Ära Völler auf die WM 2006 im eigenen Land vorzubereiten. Weiterhin werden der Wandel sowie die einzelnen Veränderungsprozesse in der Nationalmannschaft unter Klinsmann beschrieben. Hierbei wird zuerst die Entwicklung des deutschen Fußballs von 1954 bis 2004 analysiert, bevor in einem weiteren Schritt die revolutionären Maßnahmen Klinsmanns sowie die Widerstände, mit denen er bei seinen Änderungen konfrontiert wurde, geschildert werden. In einem dritten Schritt wird das Team Klinsmann näher betrachtet. Es wird geklärt, unter welchen Bedingungen von einem Team gesprochen werden kann und in welche Phasen sich der Prozess des Teambuildings unterteilen lässt. Abschießend wird geprüft, ob es sich beim Team Klinsmann um ein geniales Team handelte, das in der Lage war, außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen.
2 Jürgen Klinsmann
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Jürgen Klinsmann und seiner Arbeitsweise als Bundestrainer der deutschen Fußballnationalmannschaft. Bevor auf die spezifische Handlungsweise von Jürgen Klinsmann eingegangen wird, muss man den Menschen Jürgen Klinsmann kennen lernen, da dessen Handeln im Fokus der Arbeit steht. Das folgende Kapitel beschäftigt sich daher mit der Person und dem Leader Jürgen Klinsmann.
2.1 Leben und Werk
Zu Beginn wird der Mensch Jürgen Klinsmann betrachtet. Hierfür wird sein Leben in die Abschnitte Kindheit und Jugend, Fußballprofi im In- und Ausland, Leben in den USA und Ernennung zum Bundestrainer unterteilt. Es wird gezeigt, wie Jürgen Klinsmann zum Fußball gekommen ist und welche Stationen er während seiner Fußball-Karriere durchlaufen hat. Anschließend wird sein Leben nach dem Fußball geschildert und berichtet, wie er letztendlich im Sommer 2004 zum Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft ernannt wurde.
2.1.1 Kindheit und Jugend
Jürgen Klinsmann wurde am 30. Juli 1964 in Göppingen geboren (Vgl. Mende/2006/S. 167). Er ist der zweite von vier Söhnen der Eltern Martha und Siegfried Klinsmann (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 54). Die Familie lebte in Gingen an der Fils, wo sich die Eltern mit einer eigenen Bäckerei selbstständig gemacht hatten. Als Jürgen Klinsmann eingeschult wurde, nahm ihn sein Vater Siegfried, selbst leidenschaftlicher Turner und Übungsleiter im Sportverein von Gingen, mit zum Turnen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni./S. 57). Klinsmann konnte sich allerdings nicht für den Turnsport begeistern und fing deshalb an, Handball zu spielen, was ihm aber auch keinen Spaß bereitete. Im Winter 1972 nahmen ihn Freunde mit zum Fußballtraining und Jürgen Klinsmann hatte den Sport gefunden, der ihn später berühmt machen sollte. Er spielte seine erste Saison als Stürmer in der E-Jugend des TB Gingen und machte bereits damals auf sein außergewöhnliches Talent aufmerksam. In seiner ersten Fußball-Saison gewann sein Team ein Spiel gegen Aichelberg mit 20:0, Klinsmann selbst steuerte 16 Tore dazu bei (Vgl. hierzu und im Folgenden: Mende/2006/S. 66). Insgesamt erzielte der junge Klinsmann in seiner ersten Saison 106 Tore.
1974, im Alter von 11 Jahren, wechselte Jürgen Klinsmann zum ersten Mal den Verein (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 58). Werner Gass, ein Nachbar der Familie, erkannte das Talent des jungen Stürmers und überzeugte die Eltern, dass ihr Sohn seine Fähigkeiten bei einem anderen Verein besser entwickeln könnte. So spielte Klinsmann ab 1974 für den SC Geislingen. 1978 wechselte er zu den Stuttgarter Kickers und wurde in die Jugend-Nationalmannschaft des DFB berufen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 60). Er spielte für den Verein sechs Jahre lang bis 1984, länger, als er später je bei einem anderen Verein bleiben sollte. Im Alter von 16 Jahren bekam Jürgen Klinsmann seinen ersten Profivertrag angeboten, der zwei Jahre darauf in Kraft treten sollte. Ebenfalls mit 16 begann er eine Ausbildung in der Bäckerei seines Vaters, da die Familie eine solide Ausbildung trotz der anstehenden Profilaufbahn für erforderlich hielt. Er absolvierte diese aus zweckmäßigen Gründen bei seinem Vater, der ihm die nötige Zeit für sein Fußballtraining gab. Im Alter von 18 Jahren bestritt er dann bei den Stuttgarter Kickers sein erstes Profispiel in der zweiten Fußball-Bundesliga (Vgl. Mende/2006/S. 104).
2.1.2 Fußballprofi im In- und Ausland
1984 feierte Jürgen Klinsmann beim VfB Stuttgart sein Debüt in der ersten Fußball-Bundesliga (Vgl. Horeni/2005/S. 65). Bereits in der Saison 1984/85 wurde er zum Stammspieler und spielte in 32 von 34 Spielen für seine Mannschaft, in denen er insgesamt 15 Treffer erzielte (Vgl. Mende/2006/S. 69). In seiner dritten Spielzeit für die Stuttgarter machte Klinsmann gegen den FC Bayern München das wohl spektakulärste Tor (siehe Abbildung 1) seiner Karriere, das später zum „Tor des Jahres 1987“ gewählt wurde (Vgl. Horeni/2005/S. 68).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: „Tor des Jahres 1987“ durch Jürgen Klinsmann
1988 war ein erfolgreiches Jahr für den jungen Stürmer (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 69ff.). Zum einen feierte Klinsmann sein Nationalmannschafts-Debüt gegen Brasilien unter Trainer Franz Beckenbauer und spielte bei der EM in Deutschland für sein Land. Zum anderen wurde Klinsmann Torschützenkönig der Bundsliga mit 19 erzielten Treffern (Vgl. Mende/2006/S. 167). Obwohl sich Deutschland im Halbfinale der EM mit 2:1 gegen Holland geschlagen geben musste, begeisterte Klinsmann die Menschen und wurde mit fast 70 Prozent aller Stimmen zum „Fußballer des Jahres“ gewählt (Vgl. Horeni/2005/S. 70f.). Im gleichen Jahr wurde Klinsmann mit der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Seoul Dritter (Vgl. hierzu und im Folgenden: Mende/2006/S. 167). 1989 verließ er den VfB Stuttgart nach vier Runden in Richtung Italien. In 156 Spielen schoss Jürgen Klinsmann insgesamt 79 Tore für die Schwaben.
1989 startete Jürgen Klinsmann in seine erste Saison im europäischen Ausland (Vgl. hierzu und im Folgenden: Mende/2006/S. 167). Er spielte in Italien für den Verein Inter Mailand und erzielte dort von 1989 bis 1992 insgesamt 34 Treffer in 95 Spielen. 1990 spielte Klinsmann in seiner neuen Heimat um den Weltmeister-Titel mit (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 85ff.). Im Achtelfinale trafen die Deutschen auf Holland, die Klinsmann quasi im Alleingang mit 2:1 besiegte. Deutschland wurde durch einen Finalsieg gegen Argentinien schließlich Weltmeister in Italien. Im Jahr darauf gewann er mit Inter Mailand den UEFA-Cup (Vgl. Mende/2006/S. 167).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Weltmeister Jürgen Klinsmann 1990
In seinem letzten Jahr in Italien erlitt Jürgen Klinsmann seinen ersten Karriereknick (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 95ff.). Im Verein machte er nur sieben Tore, weshalb er seinen Stammplatz im Nationalteam unter dem neuen Bundestrainer Berti Vogts verlor. Bei der EM 1992 in Schweden brach sich Rudi Völler im ersten Gruppenspiel den Arm, und nur deshalb stand Klinsmann wieder im Stammaufgebot von Vogts. Deutschland musste sich als Favorit im Endspiel gegen Dänemark mit 0:2 geschlagen geben.
Nach der EM in Schweden gab Jürgen Klinsmann im Juli 1992 seinen Wechsel zum AS Monaco bekannt (Vgl. Horeni/2005/S. 97). Die Spielweise seines dortigen Trainers Arsène Wenger, der viel Wert auf Teamgeist innerhalb der Mannschaft legte, sollte ihn nachhaltig beeindrucken und prägen (Vgl. Horeni/S. 104). Bereits vier Monate vor der WM 1994 in den USA verkündete Klinsmann seinen Weggang mit noch unbekanntem Ziel (Vgl. Horeni/S. 114). Er spielte in den beiden Jahren in 65 Spielen für den Verein und erzielte dabei 29 Tore (Vgl. Mende/2006/S. 167).
1993 spielte Jürgen Klinsmann mit der deutschen Nationalmannschaft um den US-Cup mit. Deutschland gewann das Finale 2:1 gegen England durch den entscheidenden Treffer von Klinsmann (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 109). Er wurde nach dem Turnier als bester Schütze und bester Spieler geehrt. 1994 stand Klinsmann im deutschen Aufgebot für die WM in den USA (Vgl. Mende/2006/S. 167). Durch ein 1:2 im Viertelfinale gegen Bulgarien war das Turnier für die Deutschen vorzeitig beendet (Vgl. Horeni/S. 113).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Klinsmann bei der WM 1994 in den USA
Nach der verlorenen WM holte Alan Sugar, Vorstandsvorsitzender der Tottenham Hotspurs, Jürgen Klinsmann in die englische Premier League (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 115ff.). Bereits am Ende seiner ersten Saison in England gab Klinsmann seinen Wechsel zum FC Bayern München bekannt, da ihm die Perspektiven in Tottenham zu limitiert erschienen (Vgl. Mende/2006/S. 77). In Deutschland wurde er im gleichen Jahr bereits zum zweiten Mal zum „Fußballer des Jahres“ gewählt (Vgl. Mende/S.167). 1995 avancierte er mit 29 Toren zum Welttorjäger und wurde als erster Deutscher in England „Fußballer des Jahres“ (Vgl. Mende/S. 77). Jürgen Klinsmann erzielte in der einen Spielzeit bei den Tottenham Hotspurs 20 Tore in 41 Spielen (Vgl. Mende/S. 167).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: „Fußballer des Jahres“ 1994
1995 kehrte Jürgen Klinsmann nach sechs Jahren im Ausland nach Deutschland zurück, um für den FC Bayern München zu spielen (Vgl. Mende/2006/S. 167). Am 19. Juni des gleichen Jahres heiratete er seine Freundin Debbie Chin in Kalifornien (Vgl. Horeni/2005/S. 134) und gründete die Kinderstiftung Agapedia, die sich um Waisen- und Straßenkinder in Osteuropa kümmert und nach Pflege- und Adoptiveltern für diese Kinder sucht (Vgl. Mende/2006/S. 119). Ebenfalls im gleichen Jahr machte der Bundestrainer Berti Vogts den schwäbischen Stürmer zum neuen Kapitän der Nationalmannschaft (Vgl. hierzu und im Folgenden Horeni/2005/S. 161ff.). Unter der Führung Klinsmanns wurde die deutsche Elf ein Jahr später durch einen 2:1-Finalsieg gegen Tschechien Europameister in England.
Jürgen Klinsmann wurde mit den Bayern 1996 UEFA-Cup-Sieger und 1997 deutscher Meister (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 167). Während seiner zweijährigen Spielzeit bestritt er 65 Spiele für die Münchner und erzielte dabei insgesamt 31 Tore.
In den beiden Jahren nach der EM in England durchlief Klinsmann nochmals zwei Stationen im europäischen Ausland, um sich bestmöglich auf sein letztes großes Ziel, 1998 Weltmeister in Frankreich zu werden, vorzubereiten (Vgl. Horeni/2005/S. 181ff.). 1997 ging er zurück nach Italien zu Sampdoria Genua (Vgl. hierzu und im Folgenden: Mende/2006/S. 167). Er blieb dort bis Dezember 1997 und schoss 2 Tore in 8 Spielen. Im gleichen Jahr, am 10. September, bestritt er sein 100. Länderspiel gegen Armenien (Vgl. Horeni/2005/S. 187). Zudem wurde sein Sohn Jonathan im Frühjahr 1997 geboren (Vgl. Horeni/S. 136).
Fünf Monate vor der WM in Frankreich verließ Klinsmann Sampdoria Genua und ging ein zweites Mal nach England zu den Tottenham Hotspurs (Vgl. Horeni/2005/S. 190). Aufgrund von Differenzen mit Trainer Gross kündigte Klinsmann auch den Vertrag mit den Engländern bereits vor der WM in Frankreich zum Ende der Saison (Vgl. Horeni/S. 195). Sein letztes Profi-Spiel absolvierte Klinsmann am 03.05.1998 bei den Tottenham Hotspurs (Vgl. Horeni/S. 191) und erzielte in der gesamten Spielzeit 9 Treffer für den Verein in insgesamt 15 Spielen (Vgl. Mende/206/S. 167).
Trotz eines geglückten Starts in das WM-Turnier 1998 blieb der erwünschte Erfolg Klinsmanns aus (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 203ff.). Die deutsche Mannschaft verlor im Viertelfinale 0:3 gegen Kroatien und Klinsmanns internationale Karriere als Fußballprofi war beendet. Ende 1998 gab Jürgen Klinsmann das Ende seiner Profi-Karriere offiziell bekannt (Vgl. Horeni/S. 224).
In seiner aktiven Fußballkarriere bestritt Jürgen Klinsmann insgesamt 108 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft, in denen er 47 Treffer erzielte (Vgl. hierzu und im Folgenden: Mende/2005/S. 167). In 221 Bundesliga-Spielen markierte er 110 Tore, in 103 Spielen in der italienischen Serie A erzielte er 36 Treffer. In seinen 65 Partien für den AS Monaco in der 1. französischen Division traf er das gegnerische Tor 29 mal, in 56 Spielen der englischen Premier League für die Tottenham Hotspurs ebenfalls 29 mal. Des Weiteren erzielte er in 61 Spielen der 2. Bundesliga 22 Tore für die Stuttgarter Kickers.
2.1.3 Leben nach der Profikarriere
Nach der verlorenen WM 1998 in Frankreich wanderte Jürgen Klinsmann mit Frau Debbie und Sohn Jonathan (siehe Abbildung 5) in die Vereinigten Staaten aus (Vgl. Horeni/2005/S. 215ff.). Die Familie zog in eine Wohnanlage nach Huntington Beach in der Nähe von L.A., wo sie auch heute noch lebt (Vgl. Mende/2006/S. 104). Klinsmanns Frau Debbie ist Kalifornierin und ihre Eltern leben in der gleichen Wohnanlage wie die Klinsmanns (Vgl. Kocur/2006). „Die Geborgenheit der Familie ist das allerhöchste Gut!“ sagte Klinsmann nach seinem Umzug in die USA (Vgl. hierzu und im Folgenden Horeni/2005/S. 215ff.). Ihm war und ist die Familie sehr wichtig, er wollte seinem Sohn ein Familienleben mit Großeltern bieten und dem Rummel um seine Person in Deutschland entkommen. Klinsmann nahm sich eine berufliche Auszeit und bildete sich in dieser Zeit selbstständig über ein Fernstudium weiter (Vgl. Horeni/S. 219f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Familie Klinsmann
Zehn Monate nach seinem letzten Fußballspiel als Profi erhielt er eine E-mail von Mick Hoban und Warren Merserau (siehe Abbildung 6), die gemeinsam die Firma soccersolutions betrieben (Vgl. hierzu und im Folgenden: Mende/2006/S. 112f.). Soccersolutions beschäftigt sich mit einer Reihe von Geschäftsfeldern rund um den Fußball, bspw. mit dem Marketing, dem Personalmanagement und der Führung eines Profiklubs. Er traf sich mit den beiden Experten aus der amerikanischen Sportindustrie, um über seine berufliche Zukunft in den USA zu sprechen. Nach zahlreichen Gesprächen stieg Klinsmann in deren Unternehmen ein und so oblag ihm bspw. die Konzeption eines Sportparks für den Fußballverein L.A. Galaxy, die Entwicklung eines Elitecamps für die besten Jugendspieler Amerikas gemeinsam mit Adidas sowie die Vermittlung von Partnerschaften zwischen amerikanischen Profiklubs und Vereinen aus Europa und Südamerika (Vgl. Horeni/2005/S. 235ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Klinsmanns Partner bei soccersolutions
Im Jahr 2000 erwarb Klinsmann seine Trainerlizenz durch einen verkürzten Trainerlehrgang des DFB (Vgl. Mende/2006/S. 118), auf welchen er sich bei dem Fußball-Verein L.A. Galaxy gut vorbereitet hatte (Vgl. Horeni/2005/S. 32). Mit den Kollegen, die er bei diesem Trainerlehrgang kennen lernte, rief er anschließend das Projekt „fussballd21.de“ ins Leben, ein Portal, das Kinder zum Sport bewegen, ein gesundes Leben sowie Spaß bringen sollte (Vgl. Horeni/2005/S. 235ff.). Im Jahr darauf wurde Klinsmanns Tochter Laila geboren (Vgl. Horeni/S. 239).
2003 feierte Klinsmann sein Fußball-Comeback (Vgl. hierzu und im Folgenden: o.V./2003). Er spielte in der amerikanischen Premier Development League für die Orange County Blue Stars unter dem Pseudonym „Jay Goppingen“. „Ich habe mich für einen falschen Namen entschieden, weil ich kein Aufsehen erregen wollte“ begründet Klinsmann seine Entscheidung für den gewählten Namen. Bis zu dem Zeitpunkt, als Jürgen Klinsmann für viele überraschend zum Bundestrainer ernannt wurde, arbeitete er mit seinen beiden Partnern in der Firma soccersolutions zusammen (Vgl. Mende/2006/S. 113). Auch während seiner Zeit als Bundestrainer war Klinsmann Partner bei soccersolutions (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 41). Er war zwar nicht mehr aktiv am Tagesgeschäft des Unternehmens beteiligt, griff aber auf die Ressourcen seiner Firma zurück.
2.1.4 Ernennung zum Bundestrainer
„Mit dem Trainerschein habe ich eine weitere Option auf die Zukunft“, so Klinsmann nach dem absolvierten Trainerlehrgang beim DFB (Vgl. Horeni/2005/S. 237). Nach dem EM-Endspiel 2004 und dem Rücktritt von Bundestrainer Rudi Völler gab Jürgen Klinsmann der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Interview, mit dem er auf seine Person aufmerksam machte (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 254ff.). Er wies eindeutig auf die schlechten Dinge im deutschen Fußball und beim DFB hin und machte deutlich, dass sich etwas ändern müsste. „Wir müssen über unsere Gesamtstruktur nachdenken! Es sind Fehler nach dem Ausscheiden passiert, die nicht passieren durften! Wir haben die einmalige Chance, uns bei der WM im eigenen Land zu präsentieren. Die müssen wir nutzen!“ Nachdem die Wunschkandidaten des DFB allesamt die Übernahme des Trainer-Amtes abgelehnt hatten, wiederholte Klinsmann seine Forderungen an den deutschen Fußball in prägnanterer Form in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. „Man schaut, wo es nicht passt, und dann muss man Leute suchen, die das ändern können. Diese Leute gibt es! Die gesamte Trainerlehre beim DFB muss dringend reformiert werden!“ Nach Gesprächen mit seinem Berater Eitels und Berti Vogts traf sich Jürgen Klinsmann mit DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder in New York und stellte seine Ideen für ein neues Konzept vor. Die neuen Ideen kamen gut an und am 29. Juli 2004 stand der neue Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft fest: Jürgen Klinsmann (Vgl. Mende/2006/S. 167).
2.2 Leadership
Im bisherigen Verlauf der Arbeit wurde die Person Jürgen Klinsmann mit den wichtigsten privaten und beruflichen Stationen vorgestellt. Der folgende Abschnitt befasst sich mit Leadership und dem Leader Jürgen Klinsmann. Zu Beginn wird der Begriff Leadership definiert sowie die Aufgabe eines Leaders beschrieben. Weiter werden wichtige Eigenschaften, über die ein erfolgreicher Leader verfügen sollte, erläutert. Anhand dieser Eigenschaften wird gezeigt, dass Jürgen Klinsmann ein Leader im betriebswirtschaftlichen Sinne ist und somit der richtige Mann war, der die deutsche Nationalmannschaft zur WM 2006 in Deutschland geführt hat.
2.2.1 Definition und Aufgabe des Leaders
Leadership ist eine Form der Personalführung[1] und wird auch als transformative Führung bezeichnet (Vgl.Steinmann/Schreyögg/2005/S. 659). Es bezeichnet die Führung im eigentlichen Sinne, stets mit dem Gedanken des Wandels[2] verbunden (Vgl. Kotter/1991/S. 8). Im Gegensatz zum Management, bei dem Probleme kreativ gelöst werden und Bestehendes optimiert wird (Vgl. Hinterhuber/Krauthammer/2005/S. 21), wird im Leadership etwas Neues geschaffen (Vgl. Hinterhuber/2005/S. 16). Daher ist Leadership gerade bei großen Veränderungen die richtige Führungsform (Vgl. Kotter/1991/S. 8). Die aktive Gestaltung der Veränderungen ist die Aufgabe des Leaders (Vgl. hierzu und im Folgenden: Steinmann/Schreyögg/2005/S. 660). Als Leader wird die Führungskraft bezeichnet, die andere Menschen dazu bringen kann, von dem überzeugt zu sein, was sie selbst erreichen möchte. Hierfür gibt der Leader eine Vision (= Marschroute des Unternehmens) vor, vermittelt deren Sinn und überzeugt seine Mitarbeiter, sich begeistert für die Erfüllung dieser Vision einzusetzen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Hinterhuber/Krauthammer/2005/S. 17). Er ist seinen Mitarbeitern durch sein Engagement ein Vorbild, zieht sie hiermit in Richtung seiner Vision und ermöglicht dadurch eine nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes (siehe hierzu Abbildung 7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Das Leadership-Haus: Aufgabe eines Leaders
2.2.2 Eigenschaften des Leaders am Beispiel von Jürgen Klinsmann
In der Literatur bestehen verschiedene Auffassungen darüber, was für den Führungserfolg ausschlaggebend ist (Vgl. hierzu und im Folgenden: Steinmann/Schreyögg/2005/S. 684). Zum einen kann Führung als sozial intendierter Einflussversuch verstanden werden, bei dem die Führung als interaktiver Prozess angesehen wird. Die Interaktion zwischen der führenden Person und deren Umwelt entscheidet hier über Erfolg oder Misserfolg der Führung. Zum anderen lässt sich Führung durch die Person des Führers erklären (Vgl. hierzu und im Folgenden: Steinmann/Schreyögg/2005/S. 646). Dieser Ansatz geht davon aus, dass bestimmte Eigenschaften der führenden Person für den Führungserfolg verantwortlich sind.
Wie in dieser Arbeit bereits erwähnt wurde, geht es beim Leadership um die personenbezogene Führung durch den Leader. Daher wird im weiteren Verlauf der Arbeit der Eigenschaftsansatz zu Grunde gelegt. Hierbei sind nicht nur Wissen und Können[3] des Leaders, sondern in erheblichem Maße auch seine Person für den Erfolg ausschlaggebend (Vgl. hierzu und im Folgenden: Lemper/2001/S. 16f.). Führung ist daher vor allem eine Frage der Persönlichkeit. Um die bereits erwähnte Aufgabe – die Mitarbeiter für die Erfüllung seiner Vision zu begeistern - erfolgreich bewältigen zu können, braucht ein Leader demzufolge bestimmte Eigenschaften (Vgl. Hinterhuber/Krauthammer/2005/S. 20ff.). In der Literatur werden viele verschiedene Eigenschaften genannt, die ein erfolgreicher Leader besitzen sollte. Da in dieser Arbeit nicht alle in der Literatur diskutierten Leadereigenschaften behandelt werden können, werden im Folgenden sechs ausgewählte Eigenschaften erläutert, die ein erfolgreicher Leader – vor allem als Führungskraft im Spitzensport - zwingend benötigt. Anhand ausgewählter Beispiele wird exemplarisch gezeigt, dass Jürgen Klinsmann über diese Eigenschaften verfügt und somit ein Leader ist.
2.2.2.1 Energie
Ein guter Leader braucht Energie (Vgl. hierzu und im Folgenden: Bruch/2006/S. 15f.). Energie beschreibt das persönliche Engagement und den außergewöhnlichen Einsatz des Leaders sowie die Begeisterung für seine Arbeit. Energetische Führungskräfte haben den Ehrgeiz, mehr als nur „Dienst nach Vorschrift“ zu verrichten. Sie werden hierzu nicht gezwungen, sondern sind intrinsisch motiviert, weil sie ihre Arbeit lieben. Sie haben eine optimistische Grundeinstellung sowie Selbstvertrauen und können andere durch ihren Enthusiasmus und durch ihr Engagement zu Höchstleistungen motivieren (Vgl. Carrel/2004/S. 247). Leader mit hoher Energie zwingen ihre Mitarbeiter nicht in Richtung ihrer Vision, sondern motivieren sie, indem sie elementare Bedürfnisse wie den Willen des Vorwärtskommens, Dazugehörigkeitsgefühl, Anerkennung, Verantwortung und Selbstvertrauen befriedigen (Vgl. Kotter/1991/S. 13).
Ehrgeiz, außergewöhnlicher Einsatz und Begeisterung für seine Arbeit
Jürgen Klinsmann ist einer dieser energetischen Menschen. Bereits in jungen Jahren setzte er sich engagiert für das ein, was er liebte: Den Fußball (Vgl. hierzu und im Folgenden: Luik/2006). „Ich war besessen vom Fußball. Ich wollte einfach nur Tore schießen!“, so Klinsmann über sich selbst. Aus diesem Grunde „schob“ er freiwillig Überstunden im Kraftraum (Vgl. Thürmer/Götting/1996/S. 49), nahm sich einen privaten Trainer und arbeitete mit großem Ehrgeiz an seiner Schnelligkeit (Vgl. hierzu und im Folgenden: Luik/2006). Selbst mit einem gewonnenen Spiel, in dem er zwei Tore geschossen hatte, war Jürgen Klinsmann nicht zufrieden, wenn er eigentlich drei Tore hätte schießen können. „Drei Tore hätte ich schießen müssen! Das wurmt mich mächtig!“, so Klinsmann nach einem Länderspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate (Vgl. Thürmer/Götting/1996/S. 60). Er wollte immer den maximalen Erfolg und arbeitete stets an seinem Können. „Bei mir ist das im Blut drin!“, beschreibt Klinsmann selbst seinen Überehrgeiz (Vgl. Horeni/2005/S. 25).
Diesen Ehrgeiz und diese Wissbegierde trug er schon immer in sich (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 75). Bevor er in ein anderes Land ging, eignete er sich dessen Sprache an, da „die Sprache der Schlüssel ist, der ein Land öffnet“. Dies unterschied Klinsmann schon früher von anderen Profifußballern. Aufgrund des Erfolgs im Fußball-Business verließ Klinsmann das Wirtschaftsgymnasium bereits nach der mittleren Reife und bereute es häufig, nie studiert zu haben (Vgl. Horeni/2005/S. 60). Sein Ehrgeiz war es auch, der Klinsmann dazu veranlasste, sich nach seiner aktiven Profikarriere selbstständig über ein Fernstudium weiterzubilden (Vgl. Horeni/2005/S. 215).
Sichtbare Energie
Seine Energie konnte man auch auf dem Spielfeld beobachten (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 64). Er spielte leidenschaftlicher als andere Spieler und freute sich enthusiastisch über seine Treffer, breitete die Arme aus und „segelte“ förmlich über das Spielfeld. Später als Bundestrainer freute er sich ebenfalls euphorisch über Erfolge (siehe hierzu Abbildung 8). Auch an negativen Energien ließ Klinsmann sein Publikum teilhaben (Vgl. hierzu und im Folgenden: Luik/2006). „Ich hatte regelrechte Wutausbrüche, ich konnte weinen, wenn etwas nicht so lief, wie es laufen sollte“, sagt Klinsmann über sich selbst. Sehr deutlich wurde dies in einem Spiel für den FC Bayern München (Vgl. hierzu und im Folgenden: Oehler/2005/S. 43). Jürgen Klinsmann wurde leistungsbedingt ausgewechselt und entledigte sich seiner Wut über diese Auswechslung durch einen Tritt in eine Werbetonne (siehe hierzu Abbildung 8).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Energetischer Jürgen Klinsmann
Optimistische Grundeinstellung und Selbstvertrauen
Auch die positive Lebenseinstellung verbindet man mit der Person Jürgen Klinsmann (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 202). Vor der WM 1998 in Frankreich sprach er nur von den Stärken der deutschen Nationalmannschaft und war von einem WM-Sieg überzeugt. Er sieht ein Glas immer als halb voll, nie als halb leer an (Vgl. Kreitling/2006), negatives Denken hat bei Klinsmann keinen Platz (Vgl. Wild/2006/S. 220). Seine positive Einstellung wurde durch Franz Beckenbauer (Vgl. Jürgens/2006/S. 102) und während seiner Zeit in den USA noch weiter verstärkt (Vgl. o.V./2005a/S. 128). Dieser Optimismus zeichnete später auch den Bundestrainer Jürgen Klinsmann aus (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2004). Er glaubte an sich selbst sowie an seine Fähigkeiten, den Job anforderungsgerecht erfüllen zu können und vermittelte auch den Spielern dieses Selbstvertrauen, indem er sie mit Ansprachen wie „Muffe, die ham Muffe vor euch! Die ham die Hosen voll! Das heißt für uns, die lassen wir gar nicht zum Atmen kommen!“ vor dem Viertelfinale gegen Argentinien stark redete (Vgl. Wortmann/2006/Film). Nach Niederlagen lobte er die Spieler, wie bspw. nach dem verlorenen Halbfinale gegen Italien „Großartige Leistung! Ich bin stolz auf euch!“ und bot ihnen dadurch Rückhalt (Vgl. Horeni/2005/S. 9). Das war ihm als Spieler selbst auch wichtig (Vgl. Horeni/2005/S. 89).
Motivation durch Bedürfnisbefriedigung
Er motivierte seine Spieler, indem er ihnen Vertrauen schenkte und ihnen Verantwortung übertrug (Vgl. hierzu und im Folgenden: o.V./2005a/S. 127). Er gab den Spielern Freiräume, wie er sie als Spieler selbst gerne gehabt hätte, in denen sie eigenverantwortlich entscheiden wie auch handeln durften. So gab er seinen Spielern abends bspw. frei, weil er darauf vertraute, dass sie sich nicht die Nächte um die Ohren schlagen würden. „Wir sind erwachsene Leute (Vgl. hierzu und im Folgenden: Witt/2005/S. 114). Und wenn wir um fünf Uhr nachmittags mit dem Training fertig sind, dann können die Spieler machen, was sie wollen. Von Seiten der Teamleitung gibt es da die totale Verantwortungsübergabe. Das liegt uns am Herzen!“, so Klinsmann zu seiner Einstellung über die Eigenverantwortung. Jürgen Klinsmann wollte den mündigen Spieler (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2004). Denn nur derjenige, der Dinge selbst in die Hand nehmen kann, kann auch Verantwortung auf dem Spielfeld übernehmen. „Wenn man während eines Spiels einen Rückstand wegstecken muss, kann einem der Trainer da draußen nicht mehr helfen!“, so Klinsmann.
Dieses Vertrauen und diese Selbstbestimmung führten die Spieler zu Höchstleistungen (Vgl. hierzu und im Folgenden: o.V./2006c). So gewann bspw. ein Spieler wie Christoph Metzelder, der bei seinem Verein Borussia Dortmund häufig auf der Bank saß, während der WM 2006 fast alle Zweikämpfe gegen internationale Größen. „Er hat uns mit seinem Optimismus Dinge eingeimpft, die wir anfangs nicht greifen konnten. Er hat mir Selbstvertrauen gegeben und mich stark gemacht“, sagt Metzelder in einem Interview. Auch seine Teamkollegen Michael Ballack und Thorsten Frings schließen sich dieser Meinung an. „Klinsmann hat uns emotional gepackt und unser Selbstvertrauen aufgebaut!“, so Ballack. „Er hat uns stark geredet (Vgl. hierzu und im Folgenden: Teichert/2006). Er war heiß auf den Erfolg und hat unsere Stärken hervorgehoben. Irgendwann glaubst du wirklich: Wer, bitte, ist eigentlich Argentinien?“ äußert sich Frings zu Jürgen Klinsmann.
2.2.2.2 Zielstrebigkeit, Mut und Beharrlichkeit
Auch Zielstrebigkeit, Mut und Beharrlichkeit zeichnen einen erfolgreichen Leader aus (Vgl. hierzu und im Folgenden: Bruch/2006/S. 15ff.). Er muss seine Vision konsequent verfolgen, wofür er fokussiert handeln, d.h. sich auf das Wesentliche einer Sache konzentrieren muss (Vgl. Kahn/2006/S. 27 f.). Ein Leader hält beharrlich an seiner Vision fest, auch wenn er sich hierbei gegen äußeren Druck durchzusetzen hat (Vgl. Hinterhuber/2005/S. 21f.). Er hat den Mut, seine Entscheidungen trotz Widerstand durchzusetzen, da er sie für richtig erachtet (Vgl. Ackermann/2006/S. 62 f.). Durch die Beharrlichkeit und den Mut ist der Leader seinen Mitarbeitern ein Vorbild (Vgl. hierzu und im Folgenden: Hinterhuber/2004/S. 19). Er signalisiert ihnen so die Bereitschaft, Risiken einzugehen und sich gegen Widerstände durchzusetzen, weshalb sich seine Mitarbeiter trotz Unsicherheiten für seine Vision engagieren.
Zielstrebigkeit
Jürgen Klinsmann wurde bereits als Kind zur Zielstrebigkeit erzogen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Luik/2006). Sein Vater Siegfried verfolgte seine Ziele stets konsequent und brachte das auch seinem Sohn bei. „Wenn du etwas in Angriff nimmst, dann mach es hundertprozentig. Und sei von dem, was du tust, überzeugt, zweifle nicht an deinem Weg!“ sagte ihm sein Vater. Jürgen Klinsmann übernahm diese Philosophie. „Man kneift nicht. Man stellt sich. Man gibt sein Bestes – und für das Beste kämpft man!“ sagt er in einem Interview. „Mein Vater stand jeden morgen in der Backstube und hat jeden Tag ordentliche Ware angeboten. Er hat immer gesagt: Was zählt, ist die Qualität! Diesen Anspruch musst du an dich selbst haben. Und ich will das auch!“ so Klinsmann über seine Einstellung. Auch die Zielstrebigkeit von Berti Vogts (Vgl. Horeni/2005/S. 164) und die seiner Partner Hoban und Mersereau bei soccersolutions verfestigten diese Einstellung bei Klinsmann (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 30). „Bei allem, was ich tue, habe ich stets das Ziel vor Augen!“, so Klinsmann. Nach dieser Devise arbeitete Klinsmann später auch als Bundestrainer.
Seine Zielstrebigkeit erkennt man bspw. an seinem Wechsel 1995 zum FC Bayern München (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 144). Er hatte das Ziel, internationale Titel zu gewinnen. Die Chance, das mit seinem Verein Tottenham Hotspurs zu erreichen, sah Klinsmann als ziemlich gering an. Der FC Bayern München hingegen besaß das Potential für internationale Erfolge, weshalb sich Klinsmann für einen Wechsel zurück nach Deutschland entschied. 1997 verließ er den Verein wieder, mit dem Ziel, Weltmeister 1998 in Frankreich zu werden (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 182f.). Er verfolgte dieses Ziel konsequent, indem er bei Vereinen spielte, die ihm die bestmögliche Vorbereitung für die WM boten. Hierfür wechselte Klinsmann zuerst nach Genua und anschließend nach Tottenham. Um das Ziel zu erreichen nahm Klinsmann sogar die Heimatlosigkeit seiner Familie in Kauf (Vgl. Horeni/S. 198f.).
Konzentration auf das Wesentliche einer Sache
Auch die Konzentration auf das Wesentliche einer Sache ist charakteristisch für Jürgen Klinsmann. „Es darf doch nicht sein, dass Randgeschichten im Vordergrund stehen und vergessen wird, warum wir hier waren: Um den WM-Titel zu verteidigen!“, kritisiert Klinsmann nach der verlorenen WM 1994 in den USA (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 113). Für ihn stand das Wesentliche im Vordergrund: Der Titelgewinn. Er wollte den WM-Titel verteidigen und nicht darüber diskutieren, in welchem Hotel die Spieler-Frauen während der WM wohnten. Bei seiner Kinderstiftung Agapedia fokussiert er ebenfalls das Essentielle: Die Kinder, welchen Klinsmann seine volle Konzentration widmet (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 232). Wenn er das Gefühl hat, jemand spendet Geld nur, um Werbung für sich und seine Firma zu machen und nicht, um den Kindern zu helfen, dann schlägt er die Spende aus.
Mut und Beharrlichkeit
Jürgen Klinsmann bewies bereits als junger Spieler, dass er beharrlich an Entscheidungen festhält und den Mut hat, sich gegen äußeren Druck durchzusetzen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Repplinger/2006/S. 95ff.). So weigerte er sich bspw., mit der Bild-Zeitung zu kooperieren und dieser über sein Privatleben Bericht zu erstatten, was andere Fußballspieler wie z.B. Franz Beckenbauer taten. Reaktion des Blattes waren unwahre Geschichten über Jürgen Klinsmann, die schädlich für einen Spitzenfußballer waren, weshalb er die Bildzeitung mehrmals verklagte. Durch Kooperation mit ihnen hätte er sich das Leben um einiges leichter machen können, aber er blieb seiner Linie treu.
Auch später als Bundestrainer bewies Klinsmann Beharrlichkeit und Mut (Vgl. hierzu und im Folgenden: Luik/2006). Ganz Fußball-Deutschland forderte den Wahl-Amerikaner auf, seinen Wohnsitz von Huntington Beach nach Deutschland zu verlegen, um seine Arbeit als Bundestrainer bestmöglich erledigen zu können. Monatelang stand Klinsmann deshalb in der öffentlichen Kritik. Er sah in einem Umzug allerdings keinen Sinn. „Die Mannschaft spielt doch nicht besser, nur weil ich in Frankfurt sitze!“ (Vgl. o.V./2005a/S. 124) und blieb in den USA. Auch an seiner Entscheidung, Jens Lehmann als Nummer eins im Tor vor Oliver Kahn aufzustellen, weil dieser besser in sein Spielsystem passte, hält Klinsmann trotz heftiger Kritik fest (Vgl. Oberschelp/2006/S. 53f.).
2.2.2.3 Willenskraft
Wird der Leader bei der Realisierung seiner Vision mit Rückschlägen konfrontiert, geht seine bereits erwähnte intrinsische Motivation schnell verloren (Vgl. hierzu und im Folgenden: Bruch/2006/S. 19ff.). Aus diesem Grunde braucht der erfolgreiche Leader mehr als nur Motivation, er braucht Willenskraft. Willenskraft bezeichnet die innere Entschlossenheit des Leaders, ein bestimmtes Ereignis zu erreichen. Im Falle von Rückschlägen ermöglicht der unbedingte Wille des Leaders, dass er weiterhin mit Nachdruck an seiner Zielerreichung arbeiten kann. Für Leader mit starkem Willen kommt Aufgeben in keiner Situation in Frage. Er ist seinen Mitarbeitern ein Vorbild, indem er ihnen zeigt, dass man die Vision trotz erlittener Rückschläge oder Niederlagen verwirklichen kann. Diesen starken Willen braucht der Leader, um die Mitarbeiter für seine Vision begeistern zu können.
Jürgen Klinsmann ist ein Mensch, der nie ans Aufgeben denkt oder dachte. Wenn er sich dazu entschlossen hat, ein bestimmtes Ereignis zu erreichen, dann lässt er sich auch von Rückschlägen nicht davon abbringen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 178f.). So wollte Jürgen Klinsmann 1996 bspw. Europameister in England werden. Im Viertelfinalspiel gegen Kroatien zog er sich eine Wadenverletzung zu, weshalb das Turnier für ihn eigentlich beendet war. Aber er wollte diesen Titel, er wollte im Finale spielen. Er ließ sich täglich bis zu neun Stunden von den Ärzten behandeln und stand beim Finale gegen Tschechien wieder auf dem Platz. „Eine ganz große Rolle bei der schnellen Genesung hat sein unbändiger Wille gespielt!“, so Hans Montag, Physiotherapeut des DFB. Mit Klinsmanns Hilfe gewann die deutsche Nationalmannschaft das EM-Finale.
Zwei Jahre danach wollte Jürgen Klinsmann Weltmeister in Frankreich werden, bevor er seine Profikarriere beenden würde (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 189). Er war in der Vorbereitung auf die WM seit mehreren Spielen ohne Torerfolg geblieben und viele forderten seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Aber Klinsmann wollte Weltmeister werden und dachte nicht an einen Rücktritt. Sein Wille war stärker als die Rücktrittsforderungen und in seinem 100. Länderspiel für Deutschland gelangen ihm wieder zwei Tore. Jürgen Klinsmann spielte 1998 in Frankreich seine letzte WM für Deutschland.
Auch im Bundestrainer Jürgen Klinsmann steckte dieser stark ausgeprägte Wille (Vgl. hierzu und im Folgenden: Repplinger/Schäfer/2005/S. 60). Trotz einiger Niederlagen der deutschen Nationalmannschaft in Vorbereitungsspielen auf die WM 2006, in denen nach dem neuen Konzept von Klinsmann gespielt wurde[4], wird an dem eingeschlagenen Kurs festgehalten. „Eine Niederlage ist kein Grund für Änderungen! Wir haben uns für diesen Weg entschieden, wir sind von diesem Weg überzeugt und weichen nicht von ihm ab! Da kann die Welt einstürzen!“, so Klinsmanns Einstellung. Auch von seiner Vision rückte Klinsmann trotz der Rückschläge nicht ab (Vgl. hierzu und im Folgenden Franzke/Wild/Müller/2005/S. 32). „Unser Ziel, Weltmeister werden zu wollen, werden wir in keiner Weise korrigieren. Wieso sollten wir?“ sagt Klinsmann in einem Interview.
2.2.2.4 Glaubwürdigkeit
Weiter muss ein erfolgreicher Leader glaubwürdig sein, um seine Mitarbeiter in Richtung der Vision zu steuern (Vgl. hierzu und im Folgenden: Hinterhuber/2005/S. 21). Dies erreicht er zum einen durch Kohärenz[5] seiner Worte und Taten, zum anderen tragen auch internationale Erfahrungen und bisherige Erfolge des Leaders zu seiner Glaubwürdigkeit bei (Vgl. Kotter/1991/S. 12). Merken die Mitarbeiter, dass der Leader so handelt, wie er es vorausgesagt hat und dass er von dem, was er tut, auch etwas versteht, dann vertrauen sie ihm (Vgl. hierzu und im Folgenden: Hinterhuber/Raich/2006/S. 52). Ohne eine Vertrauensbasis kann personenbezogene Führung nicht funktionieren.
Jürgen Klinsmann ist ein von Internationalität geprägter Mensch (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 51f.). Aus seinem Fundus internationaler Erfahrungen aus Stuttgart, Mailand, Monaco, London, München und Genua nimmt sich Klinsmann das Beste heraus und kombiniert es miteinander. Sein Partner bei soccersolutions, Mick Hoban, sagt „Er ist wie ein Bäcker. Er sucht sich weltweit die besten Zutaten und backt daraus einen exzellenten Kuchen!“ So lernte er bspw. in London den eigenverantwortlichen Spieler kennen, der sich dem Wohl des Teams unterordnet, der mit Leidenschaft alles für das Team riskiert (Vgl. Horeni/S. 124f.) und in Monaco den toleranten Umgang mit Menschen (Vgl. Horeni/S. 105). Durch sein Leben in vier europäischen Ländern und in den USA lernte er neue Sprachen, neue Kulturen und neue Mentalitäten kennen, die ihn prägten (Vgl. Horeni/S. 51f.).
Diese internationalen Erfahrungen und die Kohärenz seiner Worte und Taten (siehe bspw. Wohnortdebatte und Torhüterdiskussion) führten dazu, dass Klinsmann glaubwürdig war und dass ihm die Spieler vertrauten (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 49). „Wenn Klinsmann etwas sagt, dann macht er es auch. Das ist kein leeres Zeug, das ist real!“, so die Nationalspieler. Vor allem Entscheidungen, die ihm keine Sympathien einbrachten und an denen er trotzdem festhielt, signalisierten den Spielern: Der Klinsmann meint es ernst! (Vgl. Kuntz/2006/S. 30). Aufgrund dieser Tatsachen änderte auch die fehlende Trainererfahrung Klinsmanns nichts an seiner Glaubwürdigkeit (Vgl. Köster/2005/S. 34). Gerade auch seine Erfahrungen von je drei Welt- und Europameisterschaften halfen ihm während der WM 2006, das Vertrauen seiner Spieler zu gewinnen (Vgl. hierzu und im Folgenden: Müller-Wirth/Sussebach/2006). Er weiß selbst, was einem Spieler kurz vor dem Viertelfinale eines großen Turniers durch den Kopf geht und konnte seinen Spielern sowohl wertvolle als auch glaubhafte Unterstützung vor dem Spiel gegen Argentinien geben.
2.2.2.5 Sozialkompetenz
Die Fachkompetenz des Leaders ist zwar notwendig, reicht aber für eine erfolgreiche Führung nicht aus (Vgl. Lemper/2001/S. 16). Studien von David Goleman haben ergeben, dass der Erfolg eines Unternehmens zu 90 Prozent von der emotionalen Intelligenz des Leaders abhängt (Vgl. hierzu und im Folgenden: Olesch/1999/S. 67). Die Sozialkompetenz ist ein Bestandteil der emotionalen Intelligenz und vor allem für Führungskräfte im Bereich des Spitzensports von enormer Bedeutung, da diese zu ihren Spielern in einem engen Kontakt stehen. Mit Jürgen Klinsmann steht in dieser Arbeit eine Führungskraft des Spitzensports im Fokus, weshalb die Sozialkompetenz des Leaders im Folgenden näher betrachtet wird.
Wie bereits erwähnt wurde, geht es beim Leadership darum, die Mitarbeiter in Richtung der Vision des Leaders zu führen. Der Leader befindet sich somit in einer sozialen Beziehung zu seinen Mitarbeitern. Um soziale Beziehungen erfolgreich gestalten zu können, benötigt ein erfolgreicher Leader soziale Kompetenz (Vgl. Borggrefe/Thiel/Cachay/2006/S. 22). Nur derjenige, der auf seine Mitarbeiter eingeht, also in soziale Interaktion tritt, kann diese dazu bewegen, die Verwirklichung seiner Vision anzustreben (Vgl. Paris/1999/S. 9). Vor allem im Bereich der Mannschaftssportarten, wenn der Leader für die Gruppenbildung und Teamführung verantwortlich ist, spielt dessen soziale Kompetenz eine wichtige Rolle (Vgl. Borggrefe/Thiel/Cachay/2006/S. 6). Die Definitionen der Sozialkompetenz sind allerdings vielfältig (Vgl. Rosenkötter/1999/S. 48f.) und haben lediglich eine Gemeinsamkeit: Sie sollen die Realisierung von Zielen in sozialen Beziehungen ermöglichen (Vgl. Borggrefe/Thiel/Cachay/2006/S. 22).
In dieser Arbeit wird die Sozialkompetenz als ein Bündel aus Empathie, Kommunikations- und Teamfähigkeit definiert, da dies Eigenschaften sind, die vor allem für den Leader im Mannschaftsbereich des Spitzensports von enorm großer Bedeutung sind. Denn solche Leader müssen den Einzelnen weiterentwickeln, ihm denn Sinn seines Handelns klar machen und auch eine verschworene Einheit aus den Individuen schaffen können, damit die Mannschaft erfolgreich sein kann.
2.2.2.5.1 Empathie
Empathie bezeichnet die Fähigkeit des Leaders, sich in seine Mitarbeiter hinein versetzen zu können (Vgl. hierzu und im Folgenden: Hinterhuber/2005/S. 22). Er erkennt so deren Stärken und Schwächen, fordert und entwickelt die Mitarbeiter gezielt und individuell weiter. Der erfolgreiche Leader hilft dem Einzelnen, noch besser zu werden (Vgl. Hinterhuber/2004/S. 20f.). Er versteht, wie der einzelne Mitarbeiter „tickt“ (Vgl. Zapke-Schauer/2003/S. 18). Gerade für Trainer im Spitzensport ist Empathie von großer Bedeutung. „Der Trainer muss seine Mannschaft kennen. Und er muss auf den einzelnen Spieler eingehen“, so der ehemalige Nationalspieler und Mannschaftskapitän Oliver Kahn (Vgl. hierzu und im Folgenden: Kahn/2006/S. 36). Durch sein empathisches Verhalten dient der Leader dem einzelnen Mitarbeiter.
„Ich kann relativ gut die Körpersprache von den Spielern lesen, auch ihren Gemütszustand. Ich spüre, wenn einer einen Hänger hat, was in den einzelnen Köpfen vorgeht“, sagt Bundestrainer Jürgen Klinsmann selbst über seine empathische Fähigkeit (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 19f.). Michael Ballack bestätigt Klinsmanns Aussage. „Wenn einer von uns mit sich zu kämpfen hatte, dann machte uns der Trainer stark!“ Klinsmann verstand seine Spieler und schaffte es, sie mit wenigen Worten zu erreichen und ihr Selbstvertrauen zu stärken. „Ich muss mich auf das einstellen, was die Spieler beschäftigt, die den Ball kicken (Vgl. hierzu und im Folgenden: o.V./2005a/S. 128). Ich muss wissen, wie ein 20jähriger Lahm, ein 28jähriger Ballack und ein 35jähriger Lehmann heute ticken. Nur so kann ich jeden Spieler erreichen!“ sagt Klinsmann in einem Interview.
Für Klinsmann zählte jeder einzelne Spieler (Vgl. hierzu und im Folgenden: Wild/2006/S. 220). Er ging auf jeden Spieler ein, analysierte seine Stärken und Schwächen und verstand sich stets als dessen „Dienstleister“, der ihm helfen sollte, noch besser zu werden. Er hat den Spieler auf seine Rolle im Team vorbereitet (Vgl. Jürgens/2006/S. 102) und mit Hilfe von Spezialisten in individuellen Trainings gezielt an den Schwächen des einzelnen Spielers gearbeitet (Vgl. Bremer/Oberschelp/Repplinger, Schäfer/2006/S. 27). „Jeder Spieler hat seinen eigenen Trainingsplan, seine Hausaufgaben (Vgl. hierzu und im Folgenden: Repplinger/Schäfer/2005/S. 60). Es nutzt nichts, nur zu sagen, er ist nicht gut genug. Der Spieler will klare Lösungen, um an seinen Defiziten zu arbeiten. Und die bekommt er!“ so Löw. Er förderte und forderte seine Spieler so, wie er es selbst durch seine Partner Hoban und Mersereau in den USA erfahren hatte (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 38f.). Er machte ihnen Zielvorgaben, sagte ihnen, wo sie heute stehen und wo er sie in drei Monaten sieht.
2.2.2.5.2 Kommunikationsfähigkeit
Kommunikationsfähigkeit bezieht sich auf die Verständigung des Leaders mit seinen Mitarbeitern (Vgl. Carrel/2004/S. 256). Der Leader muss seinen Mitarbeitern die Vision vermitteln und ihnen erklären, warum sie bestimmte Dinge machen sollen (Vgl. Zapke-Schauer/2003/S. 18). Er vermittelt ihnen somit den Sinn ihres Handelns (Vgl. hierzu und im Folgenden: Carrel/2004/S. 256). Die Kommunikationsfähigkeit erlaubt es dem Leader, breite Kontaktnetzwerke aufzubauen und zu erhalten, die ihn bei der Führung seiner Mitarbeiter unterstützen. Der kommunikationsfähige Leader kann Menschen aktiv zuhören und Vorschläge anderer annehmen.
Jürgen Klinsmann handelte als Bundestrainer nach dem Grundsatz „Motivation through education“, den er sich während seiner Zeit in den USA angeeignet hat (Vgl. Horeni/2005/S. 37). Er kommunizierte mit seinen Spielern, warum sie bestimmte Dinge tun und welches Ziel sie damit erreichen sollten (Vgl. hierzu und im Folgenden: Jürgens/2006/S. 101). Klinsmann wollte, dass seine Spieler eigene kreative Ideen entwickelten, wozu sie den Sinn ihres Handelns verstehen mussten. „Ich habe als Spieler früher oft vergeblich darauf gewartet, dass mir ein Coach erklärt, warum ich im Training oder im Spiel bestimmte Aufgaben erfüllen soll!“, so Klinsmann über seine eigenen Erfahrungen. Er machte es als Bundestrainer so, wie er es als Spieler früher selbst gerne erfahren hätte (Vgl. hierzu und im Folgenden: Müller-Wirth/Sussebach/2006). „Wir reden mit den Spielern. Die Spieler merken dadurch, dass wir sie ernst nehmen und es gut mit ihnen meinen. Sie brauchen diese ehrliche Kommunikation!“ sagt Klinsmann über seine Kommunikationsmethoden.
Jürgen Klinsmann hat sich durch seine Kommunikationsfähigkeit über die Jahre hinweg ein breites, internationales Netzwerk aufgebaut, das ihn auch während seiner Zeit als Bundestrainer bei der Führung der Nationalspieler unterstützt hat (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 42). Zu diesem Netzwerk gehören unter anderem seine beiden amerikanischen Geschäftspartner Hoban und Mersereau, der Franzose Aimé Jaquet, der Argentinier José Pekermann und der brasilianische Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira. Von letzterem hat Klinsmann in mehreren freundschaftlichen Gesprächen viel über Fußball, Menschen- und Mannschaftsführung gelernt. Das von Parreira erworbene Wissen sowie die Ratschläge seiner beiden Partner in den USA nutzte Klinsmann auch für seine Arbeit als Bundestrainer (Vgl. Horeni/S. 48).
Dies zeigt wiederum, dass Klinsmann dazu in der Lage ist, anderen aktiv zuzuhören (Vgl. hierzu und im Folgenden: Ruf/Schäfer/2006/S. 29). „Ich bin nicht beratungsresistent. Ich überlasse das Sagen anderen, wenn sie mehr von einer Sache verstehen als ich und lerne von ihnen!“, sagte Klinsmann in einem Interview. So hat er sich bspw. in technischen Fragen in großem Maße auf seinen Co-Trainer Joachim Löw verlassen, der sich auf diesem Gebiet besser auskennt als er selbst. Er kennt seine Schwächen, gesteht sich diese ein und nutzt an diesen Stellen das Expertenwissen anderer. Bereits als Jungprofi machte er sich Expertenwissen zunutze, indem er sich einen eigenen Sprinttrainer engagierte, um seinen Laufstil zu verbessern (Vgl. Horeni/2005/S. 42). Später als Bundestrainer setzte Klinsmann dann Experten in den Bereichen ein, in denen er sich nicht so gut auskannte (Vgl. Ruf/Schäfer/2006/S. 29)[6].
2.2.2.5.3 Teamfähigkeit
Gerade im Mannschaftssport ist auch die Teamfähigkeit von besonderer Bedeutung, da hier mehrere Menschen in engem Kontakt zueinander stehen. Sie ermöglicht ein reibungsloses Zusammenarbeiten in der Gruppe, die ein gemeinsames Ziel verfolgt (Vgl. Rosenkötter/1999/S. 48). Teamfähige Leader sind in der Lage, unter den Mitarbeitern ein „Wir-Gefühl“ entstehen zu lassen und sie dazu zu bewegen, sich mit all ihren Kräften für das gemeinsame Ziel zu engagieren (Vgl. Hinterhuber/2004/S. 23). Sie bilden aus den Individuen eine verschworene Einheit, die effektiv arbeitet (Vgl. Rosenkötter/1999/S. 48).
Jürgen Klinsmann ist ein Mensch, der viel Wert auf Teamgeist und mannschaftliche Geschlossenheit legt. Seiner Meinung nach ist der Teamgeist für den Erfolg einer Mannschaft ausschlaggebend (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 46). Brasilien gewann unter Trainer Parreira 1994 die Weltmeisterschaft in den USA, und Jürgen Klinsmann ist der festen Überzeugung, dass die mannschaftliche Geschlossenheit und der Teamgeist, den Parreira unter den Brasilianern geschaffen hatte, dafür verantwortlich waren. Er ist sich sicher, dass Deutschland das Turnier selbst gewonnen hätte, wenn man in der Mannschaft mit Teamgeist anstatt mit Egoisten wie Stefan Effenberg gespielt hätte (Vgl. Horeni/2005/S. 113).
Als Profi in Monaco erlebte er unter Arsenè Wenger (Vgl. Thürmer/Götting/1996/S. 72f.) wie auch in England unter Osvaldo Ardiles selbst, wie wichtig eine geschlossene Mannschaft für den Erfolg des Teams ist (Vgl. Horeni/2005/S. 126). Er verinnerlichte, dass Teamgeist der Schlüssel zum Erfolg ist und praktizierte diese Einstellung bereits als Nationalspieler (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 108ff.). Als Mannschaftskapitän war Klinsmann der wichtigste Unterstützer von Vogts und nutzte diesen Freiraum, um seine Vorstellungen von mannschaftlicher Geschlossenheit in der Nationalmannschaft unterzubringen. Er wollte eine geschlossene Mannschaft mit Teamgeist, und wer sich dem Team nicht unterordnete, wer nicht bedingungslos für den anderen kämpfte, der musste raus aus der Nationalmannschaft. So brachte er bspw. den damaligen Bundestrainer Vogts dazu, Spieler wie Lothar Matthäus, die sich nicht dem Wohl der Mannschaft unterordnen wollten, der Mannschaft zu verweisen. Klinsmann schaffte es, aus den einzelnen Spielern eine verschworene Einheit zu schaffen, die mit Leidenschaft kämpfte, das Publikum begeisterte und 1996 die EM in England gewann (Vgl. Horeni/2005/S. 161ff.).
Als Bundestrainer arbeitete Klinsmann ebenfalls streng nach dem Prinzip, das er sich bei Parreira, Wenger und Ardiles abgeschaut hatte. „Andere haben vielleicht die besseren Einzelspieler, aber mit Teamgeist können wir jeden schlagen!“, so Klinsmann (Vgl. o.V/2006b). „Ein Kader muss menschlich zusammenpassen! Wir müssen die Spieler dahin kriegen, dass sie bereit sind, sich gegenseitig so anzustacheln und aufzugeilen, dass sie bereit sind, das Letzte aus sich rauszuholen!“, äußert sich Jürgen Klinsmann in einem Interview (Vgl. Jürgens/2006/S. 104).
Er formte den mannschaftsfähigen Spieler, der sich in den Dienst der Mannschaft stellte (Vgl. Jürgens/S. 102). Entscheidungen wurden gemeinsam im Team getroffen (Vgl. hierzu und im Folgenden: o.V./2005a/S. 128). So fragte Klinsmann die Spieler bspw. „Passt diese Spielweise zu uns? Sind wir das?“ und bekam als Antwort „Ja, genau so sind wir!“ So stellte er sicher, dass jeder Spieler hinter dem gemeinsamen Ziel steht und sich engagiert für dieses einsetzt.
Jürgen Klinsmann hat es geschafft, aus den einzelnen Profifußballern eine verschworene Gemeinschaft zu formen, indem er jedem Spieler das Gefühl gab, für die Mannschaft wichtig zu sein (Vgl. Völker/2006/S. 243). So sagte er während der WM 2006 den „Bankspielern“ immer wieder, wie enorm wichtig sie für die Mannschaft sind (Vgl. hierzu und im Folgenden Wortmann/2006/Film). „Was ihr da heute veranstaltet habt, vor allem in der ersten halben Stunde! Das war die geilste halbe Stunde, die die Nationalmannschaft je gespielt hat! Und mein Dank gilt vor allem denen, die bisher noch nicht zum Zug gekommen sind. Marcel, Timo, Mike, Jens: Ihr seid die Mannschaft! Ihr seid die Jungs!“
Auch mussten die Ersatzspieler abwechselnd vor den WM-Spielen 2006 eine Kabinen-Ansprache im Team halten. Thorsten Frings, der für das Halbfinale gegen Italien gesperrt war, stand vor dem Spiel im Kreise der Mannschaft und nannte ihnen vier Gründe, warum sie dieses Spiel gewinnen würden. Einer dieser Gründe war die mannschaftliche Geschlossenheit. Zum Abschluss dieser „Bank-Reden“ rief Klinsmann laut „Wir sind ein“ und alle anderen antworteten mit „Team!“ Hierdurch hat Klinsmann eine positive Stimmung im Team verbreitet (Vgl. Ruf/Schäfer/2006/S. 27). Er hat einen Zusammenhalt in der Mannschaft geschaffen und ein gemeinsames Selbstbewusstsein in dieser entwickelt (Vgl. hierzu und im Folgenden: Witt/2005/S. 111).
Durch die positive Stimmung etablierte er ein „Wir-Gefühl“ im Team; wenn einer einen Fehler machte, dann war ein anderer für ihn da. Den Teamgeist erkennt man auch sehr gut an einer Geste von Oliver Kahn (Vgl. hierzu und im Folgenden: Wortmann/2006/Film). Kahn, der nur noch die Nummer zwei im Tor war, wünschte seinem Konkurrenten Jens Lehman aufrichtig viel Glück vor dem Elfmeter-Schießen gegen Argentinien. „In solch einer Situation musst du auch mal über deinen eigenen Schatten springen. Das war für mich selbstverständlich!“, so Kahn in einem Interview zu seiner Geste (siehe hierzu Abbildung 9).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Kahn und Lehmann im Spiel gegen Argentinien
Unter Klinsmann wurde Teamgeist in der Nationalmannschaft gelebt, den man auch sehen und spüren konnte (Vgl. hierzu und im Folgenden: Bergmann/Klinzing/2006). So standen die Spieler wie auch die Trainer vor jedem WM-Spiel Arm in Arm auf dem Platz, sangen gemeinsam die deutsche Nationalhymne und demonstrierten damit ihre mannschaftliche Geschlossenheit. Klinsmann hatte während seiner Zeit als Bundestrainer das Wort „Ich“ aus seinem Sprachgebrauch gestrichen, er redete nur noch von „Wir“ (Vgl. Horeni/2005/S. 279).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Trainergespann beim Singen der Nationalhymne
2.2.2.6 Charisma
Der Charismabegriff ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur nicht eindeutig definiert (Vgl. hierzu und im Folgenden: Hauser/2000/S. 25ff.). Vielmehr wird zwischen Charisma als Persönlichkeitsgabe und Charisma als konsistente Verhaltensweise des Leaders unterschieden. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird Charisma als eine Persönlichkeitsgabe verstanden, die dem Leader eine persönliche, strahlende Dynamik verleiht, mit welcher er andere Menschen für sich einnimmt (Vgl. Zapke-Schauer/2003/S. 56f.). Charismatische Leader leben überzeugend und mitreißend vor, wofür es sich lohnt, sich mit aller Kraft einzusetzen (Vgl. Pinnow/2005/S. 84). Hierdurch „treibt“ der Leader seine Mitarbeiter in die Richtung seiner Vision, ohne aktiv etwas dafür tun zu müssen (Vgl. Zapke-Schauer/2003/S. 56f.). Erfolgreiche Leader sollten daher über Charisma verfügen, um die Realisierung ihrer Vision positiv zu beeinflussen (Vgl. von Rosenstiel/2006/S. 152).
Der charismatische Leader tut das, was er liebt und begeistert die Menschen in seinem Umfeld alleine durch seine Persönlichkeit, Ausstrahlung, Körpersprache und Reden (Vgl. Zapke-Schauer/2003/S. 56f.). Als Beispiele, wie Charismatiker durch ihre Reden begeistern, können Leader wie Mahatma Ghandi, Martin Luther King und Nelson Mandela genannt werden (Vgl. Hauser/2000/S. 24). Die Mitarbeiter eifern dem Leader nach, da dieser in ihnen höhere Motivation wie auch höhere Ziele weckt (Vgl. hierzu und im Folgenden: Pinnow/2005/S. 84f.). Charismatische Leader vermitteln ihren Mitarbeitern Wertschätzung und stärken deren Selbstvertrauen. Sie sprechen in Bildern, die an große Gefühle appellieren und machen sich dadurch zu Trägern von Hoffnungen und Sehnsüchten (Vgl. hierzu und im Folgenden: Achterhold/2006/S. C17). Das Charisma verleiht ihnen eine faszinierende, soziale Macht und eine starke Persönlichkeit, die andere Menschen von ihrer Person begeistert (Vgl. Jendrosch/2004/S. 21).
Es wird deutlich, dass sowohl charismatische als auch energetische Führungskräfte in der Lage sind, ihre Mitarbeiter zu motivieren und deren Selbstvertrauen zu stärken. Charisma und Energie stehen somit in einem engen Zusammenhang. Es liegt daher nahe, dass charismatische Leader ihre Mitarbeiter besser motivieren können als andere oder umgekehrt, dass energetische Leader häufig Charismatiker sind.
Auch Jürgen Klinsmann ist eine dieser charismatischen Persönlichkeiten. Bereits als 16jähriger scharten sich die anderen Jugendlichen bei Spielen der DFB-Jugendauswahl um ihn, auch wenn er nur auf der Auswechselbank saß (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/2005/S. 62). „Er war schon immer ein Leader“ kommentiert sein damaliger Trainer der Jugendauswahl, Berti Vogts, das Verhalten von Klinsmanns Mitspielern. Später begeisterte Klinsmann auch die Amerikaner während des US-Cups 1993 von seiner Person (Vgl. hierzu und im Folgenden: Horeni/S. 109f.). Sie waren hingerissen von dem blonden, strahlenden Deutschen, von seiner Lebensfreude und von seinem wehenden Haar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Charismatischer Jürgen Klinsmann
[...]
[1] Personalführung bezeichnet die zielorientierte Einflussnahme auf andere (Vgl. Bröckermann/2000/S. 35)
[2] Wandel bedeutet die Veränderung von Bestehendem. Change Management ist das Instrument, das den Wandel vollzieht, und wird unter Punkt 3 noch näher erläutert.
[3] Wissen und Können werden unter dem Begriff der Sachkompetenz zusammengefasst
[4] Klinsmanns neues Konzept wird unter Punkt 3 noch näher erläutert
[5] Kohärenz bedeutet Übereinstimmung
[6] Welche Experten er in welchen Bereichen einsetzte wird unter dem Punkt Change Management noch näher beschrieben
- Quote paper
- M. Gesenhues (Author), A. Waltrich (Author), N. Huppmann (Author), 2006, Management 'by Klinsmann', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70224
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.