Diese Arbeit ist der Versuch einer konstruktiven Kritik der jüngsten Forschungsergebnisse zum Integumentum-Konzept. Der lateinische Begriff „Integumentum“ läßt sich im Deutschen mit „Verhüllung“ wiedergeben. Da er in literaturwissenschaftlichem Kontext benutzt wird, ist hiermit also - grob gesagt - eine Verhüllung des Gemeinten durch das Gesagte/Geschriebene bezeichnet. Begreift man somit die „uneigentliche Rede“ als genus proximum des Integumentums, bleibt zu klären, ob überhaupt, und wenn ja, wie die differentia specifica bestimmbar ist. Bezüglich der Konzeptualisierung des Begriffs Integumentum kommt selbst das Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft nur zu folgender, höchst unbefriedigenden Feststellung: „Er [der Begriff Integumentum, C.W.] überschneidet sich [...] teils mit Allegorese und Allegorie 2, teils mit der christlichen Bibelhermeneutik“. Bevor man jedoch mit einem solch unpräzisen literaturwissenschaftlichen Begriff arbeitet oder sich über Entdifferenzierungen beklagt, sollte man versuchen, bereits erarbeitete Distinktionsmerkmale der diversen Typen von uneigentlicher Rede zu bestimmen. Dies soll im folgenden geschehen. Dabei ist auffallend, daß sich die Forschungsfront alles andere als einig ist, was die Konzeptualisierung des Integumentums betrifft; überdies sind die angebotenen Definitionsversuche, die das Integumentum vor allem von der Allegorie, bzw. der Allegorese abgrenzen sollen, nicht überzeugend. Desweiteren herrscht in der Forschungsliteratur bereits eine Diffusion hinsichtlich der Bedeutung des Allegoriebegriffs.
Deshalb liefert diese Arbeit zuerst eine Skizze der jüngsten Ergebnisse zur Allegorieforschung, die wohl am vollständigsten in Christel Meiers Überlegungen zum gegenwärtigen Stand der Allegorie-Forschung zusammengefaßt sind. Abschließend wird eine weitere mögliche Konzeptualisierung des Integumentums vorgestellt, die Überschneidungen mit anderen Konzepten vermeiden möchte.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung:
- II. Allgemeines zur Allegorie:
- Einleitend muß der Begriff Integumentum in der Vielfalt der bereits existierenden literarischen Tropen verortet werden.
- Als prominentester Vertreter uneigentlichen Redens gilt die Allegorie.
- Wie Christel Meier zeigt, gilt „als weitester gemeinsamer Nenner in der Allegorietheorie“³ die sogenannte „aliud-aliud-Formel“ als „[d]ie formale Definition der Allegorie in der Rhetorik“4.
- Sie besagt, daß die Worte eben etwas anderes meinen, als sie bezeichnen - „oratio aliud verbis aliud sententia demonstrans❝5.
- Dies deckt sich auch mit dem etymologischen Ursprung des Begriffs im Altgriechischen: h allhgoria als Kompositum des Adverbs allh („auf andere Weise, anders“) und des Verbs agoreuw („[öffentlich] reden, etw. sagen“) – bedeutet „das Anderssagen“.
- III. Allgemeines zum Integumentum:
- Als eine der ersten Versuche einer konkreten Integumentumsbestimmung gilt folgende dem Aeneis-Kommentator Bernhard Silvestris zu- oder auch abgesprochene Definition:,,Integumentum est genus demonstrationis sub fabulosa narratione veritatis involvens intellectum, unde etiam dicitur involucrum \"8.
- Somit ist das Integumentum „eine Darstellungsweise, die in einer erfundenen Geschichte einen wahren Sinn verhüllt.
- IV. Differenzierung des Allegoriekonzepts:
- V. Abgrenzung des Integumentumkonzepts von der Allegorie:
- VI. Exkurs - Hartmanns von Aue,,Iwein\":
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zielt darauf ab, eine konstruktive Kritik der jüngsten Forschungsergebnisse zum Integumentum-Konzept zu liefern. Der Fokus liegt auf der Definition und Abgrenzung des Begriffs, insbesondere im Vergleich zu anderen Formen der uneigentlichen Rede, vor allem der Allegorie.
- Konzeptualisierung des Begriffs Integumentum
- Differenzierung zwischen Integumentum und Allegorie
- Analyse des Integumentumkonzepts im Kontext mittelalterlicher Literatur
- Bedeutung des Integumentums für die Interpretation literarischer Texte
- Zusammenhänge zwischen Integumentum und den Begriffen Historia und Fabula
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Integumentum-Konzept und stellt den Forschungsstand in der Literaturwissenschaft dar. Anschließend wird ein Überblick über die Allegorieforschung gegeben, wobei insbesondere die „aliud-aliud-Formel“ und deren Relevanz für die Definition des Integumentums beleuchtet werden.
Das dritte Kapitel beleuchtet verschiedene Versuche, den Begriff Integumentum präzise zu definieren und von der Allegorie abzugrenzen. Hierbei werden die Definitionen von Bernhard Silvestris und anderen Wissenschaftlern analysiert, die den Begriff anhand des Konzepts der Historia und Fabula zu verstehen versuchen.
Der vierte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Differenzierung des Allegoriekonzepts und der Abgrenzung des Integumentums von der Allegorie.
Abschließend widmet sich die Arbeit dem Konzept des Integumentums im Kontext des Romans „Iwein“ von Hartmann von Aue.
Schlüsselwörter
Integumentum, Allegorie, Allegorese, uneigentliche Rede, Geschichte, Fabula, Historia, Bernhard Silvestris, Christel Meier, Hartmann von Aue, Iwein, Literaturtheorie, Mittelalter.
- Quote paper
- Christian Wadephul (Author), 2007, Integumentum - Der Versuch einer Konzeptualisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70074