In bibeldidaktischen Publikationen wird immer wieder auf die anhaltende Krise des
Umgangs mit der Bibel im Religionsunterricht hingewiesen, gerade auch im Hinblick
auf die oftmals erwähnte Postmoderne und die (scheinbare) Orientierungslosigkeit
der heutigen Zeit.1 Umso wichtiger ist aber die Frage zu klären, weshalb der
Umgang mit der Bibel im Religionsunterricht dennoch unumgänglich ist. Denn
„immer wieder aufs neue standen und stehen dabei die Fragen im Mittelpunkt, die
die Diskussion um die Legitimation des Faches Religion an den öffentlichen
Schulen wesentlich bestimmen: Wie verhalten sich der Anspruch allgemein
vermittelbarer religiöser Bildung und die Spezifika christlicher Tradition zueinander,
wie kann es zu einer echten Begegnung zwischen dem Wirklichkeitsverständnis
biblischer Textwelten und den Anfordernissen und symbolischen Gestaltungen
gegenwärtiger Lebenswelten kommen“2, wenn in der vieldimensionalen, sog.
postmodernen Gegenwart ein Abbruch der biblischen Tradition bei Kindern und
Jugendlichen besteht - und droht, noch mehr um sich zu greifen.
Dass der Bibelunterricht lebensbezogen und erfahrungsorientiert sein soll, ist
mittlerweile unisono die Meinung der Religionspädagogik.3
Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich nun darlegen, was bei der Arbeit mit der Bibel
- auch vor dem vor dem Hintergrund der Postmoderne - besonders zu beachten
ist, was die Bibeldidaktik leisten kann und wie die Bibel mit ihrer Symbolsprache für
Kinder und Jugendliche als „Produkt ihrer heutigen Lebenswelt“ fruchtbar gemacht
werden kann – und soll! Im Vordergrund soll hier die Betrachtung der Psalmen
stehen.
Und: liegt in der Mehrdeutigkeit nicht geradezu die große Chance, den Schülern
einen zeitgemäßen Zugang zur Bibel zu eröffnen und ihnen den Weg zur
Offenbarung des christlichen Glaubens zu weisen?
[...]
1 Vgl. Berg, Horst Klaus: Ein Wort wie Feuer? Zur Arbeit mit der Bibel im Religionsunterricht. In: Wermke, Michael (Hg.): Aus gutem Grund: Religionsunterricht. Göttingen: Vandenhoecke & Ruprecht 2002. S. 112 – 117; hier S. 112.
2 Kabisch, Richard: Wie lehren wir Religion? Versuch einer Methodik des evangelischen Religionsunterrichtes für alle Schulen auf psychologischer Grundlage. Fünfte, stark veränderte Auflage bearb. von Hermann Tögel. Göttingen 1920; S. 63.
3 So z. B. in Kropac, Ulrich. Biblisches Lernen. In: Religionsdidaktik. Ein Leitfaden für Studium, Ausbildung und Beruf. München: Kösel 2001. S. 385.
Inhaltsverzeichnis
1. Bibeldidaktik im Focus der Religionspädagogik
2. Das Grundanliegen der Bibeldidaktik im Religionsunterricht
3. Probleme von Kindern und Jugendlichen mit der Bibel und die Grundanforderungen an modernen Bibelunterricht
4. Auswirkungen und Herausforderungen der Postmoderne
4.1 Pluralismus
4.2 Individualisierung
4.3 Mehrperspektivität
5. Entgegen der postmodernen Verunsicherung: Die Botschaft der Hoffnung in den Psalmen
5.1 Symboldidaktik im Religionsunterricht
5.2 Die Symbole der Psalmen als Spiegelbild des menschlichen Lebens
6. Das Motiv der „Rettung“ für den Religionsunterricht in einer 6. Jahrgangsstufe der Hauptschule
6.1 Rettung im theologischen Sinn
6.2 Entwicklungspsychologische Grundlagen der 6. Jahrgangsstufe
6.3 Zugang zum Text und aktuelle Bezüge
6.4 Möglichkeiten zur Umsetzung im Unterricht
Literatur :
1. Bibeldidaktik im Focus der Religionspädagogik
In bibeldidaktischen Publikationen wird immer wieder auf die anhaltende Krise des Umgangs mit der Bibel im Religionsunterricht hingewiesen, gerade auch im Hinblick auf die oftmals erwähnte Postmoderne und die (scheinbare) Orientierungslosigkeit der heutigen Zeit.[1] Umso wichtiger ist aber die Frage zu klären, weshalb der Umgang mit der Bibel im Religionsunterricht dennoch unumgänglich ist. Denn „immer wieder aufs neue standen und stehen dabei die Fragen im Mittelpunkt, die die Diskussion um die Legitimation des Faches Religion an den öffentlichen Schulen wesentlich bestimmen: Wie verhalten sich der Anspruch allgemein vermittelbarer religiöser Bildung und die Spezifika christlicher Tradition zueinander, wie kann es zu einer echten Begegnung zwischen dem Wirklichkeitsverständnis biblischer Textwelten und den Anfordernissen und symbolischen Gestaltungen gegenwärtiger Lebenswelten kommen“[2], wenn in der vieldimensionalen, sog. postmodernen Gegenwart ein Abbruch der biblischen Tradition bei Kindern und Jugendlichen besteht - und droht, noch mehr um sich zu greifen.
Dass der Bibelunterricht lebensbezogen und erfahrungsorientiert sein soll, ist mittlerweile unisono die Meinung der Religionspädagogik.[3]
Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich nun darlegen, was bei der Arbeit mit der Bibel - auch vor dem vor dem Hintergrund der Postmoderne - besonders zu beachten ist, was die Bibeldidaktik leisten kann und wie die Bibel mit ihrer Symbolsprache für Kinder und Jugendliche als „Produkt ihrer heutigen Lebenswelt“ fruchtbar gemacht werden kann – und soll! Im Vordergrund soll hier die Betrachtung der Psalmen stehen.
Und: liegt in der Mehrdeutigkeit nicht geradezu die große Chance, den Schülern einen zeitgemäßen Zugang zur Bibel zu eröffnen und ihnen den Weg zur Offenbarung des christlichen Glaubens zu weisen?
2. Das Grundanliegen der Bibeldidaktik im Religionsunterricht
Das Hauptanliegen der Bibeldidaktik liegt darin, einen Zugang zum Text zu ermöglichen. Die aktuellen Ansätze folgen dem Muster einer erfahrungsorientierten Didaktik, der sog. Korrelationsdidaktik. Hier soll der Bibelunterricht einen Dialog zwischen dem Text und den Lesern anregen. Der Dialog kommt zustande, wenn der Leser persönlich Anteil am geschehen nimmt; wenn er seine eigenen Erfahrungen mit denen der Protagonisten verknüpft. In der Welt der Bibel wird also der Horizont des Lesers erweitert. Auf diese Art und Weise wirken die Geschichten auf jeden Menschen anders, da die Geschichten zahlreiche Leerstellen enthalten und sie dazu einladen, sie selbst auszufüllen und zu deuten. Die Bedeutung des Textes erschließt sich dabei aber nicht ohne Mitwirkung des Lesers. Bibeldidaktik versteht sich so als Einladung, in den Text einzutreten. Jeder Leser findet seinen eigenen Sinn der Geschichte. Den Sinn gibt es nicht, denn sowohl Texte als auch Menschen sind mehrdimensional.
3. Probleme von Kindern und Jugendlichen mit der Bibel und die Grundanforderungen an modernen Bibelunterricht
Allerdings ist es heute so, dass gerade Kinder kaum mehr mit der Bibel vertraut sind. Dass die Bibel im Buchhandel ein „Bestseller“ ist, ist eine Täuschung, wie Untersuchungen ergeben haben.[4]
Der schulische Religionsunterricht tut dazu oft sein übriges: Oft ist ein kopflastiger und steriler Unterricht an der Tagesordnung, der wenig Anregung bietet und kaum Korrelationen zum eigenen Leben und den eigenen Gefühlen bietet.
Von daher fehlt den Schülern im Bibelunterricht oftmals auch die Einsicht, warum sie sich mit so „alten“, als verstaubt empfundenen, Texten befassen sollen.
[...]
[1] Vgl. Berg, Horst Klaus: Ein Wort wie Feuer? Zur Arbeit mit der Bibel im Religionsunterricht. In: Wermke, Michael (Hg.): Aus gutem Grund: Religionsunterricht. Göttingen: Vandenhoecke & Ruprecht 2002. S. 112 – 117; hier S. 112.
[2] Kabisch, Richard: Wie lehren wir Religion? Versuch einer Methodik des evangelischen Religionsunterrichtes für alle Schulen auf psychologischer Grundlage. Fünfte, stark veränderte Auflage bearb. von Hermann Tögel. Göttingen 1920; S. 63.
[3] So z. B. in Kropac, Ulrich. Biblisches Lernen. In: Religionsdidaktik. Ein Leitfaden für Studium, Ausbildung und Beruf. München: Kösel 2001. S. 385.
[4] Näheres dazu in: Simon, Werner: Mit der Bibel leben lernen? Didaktische Grundlegungen. In: Niehl, Franz (Hg): Leben lernen mit der Bibel. Der Textkommentar zu „Meine Schulbibel“. München: Kösel 2003.
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