Im März 2000 formulierten die Regierungschefs der Europäischen Union auf dem Gipfel in Lissabon ein neues strategisches Ziel für das kommende Jahrzehnt. Das Ziel: Die Union zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. In diesem Zusammenhang wurde dazu aufgerufen, die Liberalisierung in den Bereichen Gas, Strom, Postdiensten und Beförderung zu beschleunigen. Angestrebt wurde die Verwirklichung eines voll funktionsfähigen EU-Binnenmarktes.
In Deutschland begann der Prozess der Liberalisierung des Strommarktes mit dem 1998 erlassenen Energiewirtschaftsgesetz. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern entschied sich Deutschland damals, keine Regulierungsbehörde für den Elektrizitätsmarkt einzurichten. Die deutsche Regierung vertraute darauf, dass die Marktkräfte in der Lage seien, sich selbst zu regulieren.
Aus juristischer Sicht ist der Strommarkt in Deutschland vollständig geöffnet. So können sowohl Industrie- als auch Haushaltskunden ihren Stromanbieter frei wählen. Die praktische Umsetzung dieser Liberalisierung hat sich jedoch als schwierig erwiesen.
Das Konzept der Anreizregulierung versucht, diese Missstände zu beheben. Die Netzbetreiber sollen so reguliert werden, dass sie, in größtmöglicher Analogie zum vollkommenen Wettbewerb, Anreize zu möglichst großer Effizienz und geringen Kosten haben und die Gewinne aus diesen Effizienzsteigerungen außerdem, zumindest teilweise, an die Endkunden weitergereicht werden.
Diese Arbeit stellt, nach einem kurzen historischen Abriss der Liberalisierung des deutschen Strommarktes und einer Darstellung der Charakteristika des deutschen Strommarktes, die verschiedenen Konzepte der Anreizregulierung, ihre Anwendung auf den Strommarkt und die mit ihnen verbundenen Anreizstrukturen vor. Davon ausgehend wird das Konzept der Bundesnetzagentur für die Einführung einer Anreizregulierung auf dem deutschen Elektrizitätsmarkt dargestellt und analysiert. Es wird auf die Reaktionen der Wissenschaft und der verschiedenen Marktakteure auf dieses Konzept eingegangen und abschließend eine Bewertung vor dem Hintergrund der europaweit geforderten Liberalisierungsbeschleunigung und Errichtung eines EU-Binnenmarktes vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problematik
1.1 Einleitung
1.2 Historischer Abriss der Liberalisierung des deutschen Elektrizitätsmarktes
1.3 Charakteristika des deutschen Elektrizitätsmarktes
2. Anreizregulierung
2.1 Grundlagen der Anreizregulierung
2.2 Auswirkungen der Anreizregulierung auf die Produktqualität
2.3 Methoden der Anreizregulierung
2.3.1 „Profit-sharing“- oder “Sliding-scale”-Regulierung
2.3.2 Yardstick-Regulierung
2.3.3 Preisobergrenzen-Regulierung (Price-Caps)
2.3.3.1 Price-Cap im Einproduktfall
2.3.3.2 Price-Cap bei zwei und mehr Produkten
2.3.4 Erlösobergrenzen-Regulierung (Revenue-Cap)
2.3.5 Wahl der Regulierungsform durch das Unternehmen
2.4 Rolle und Bestimmung des X-Faktors
2.4.1 Funktionsweise des X-Faktors
2.4.2 Festlegung der Höhe des X-Faktors
2.4.3 Zusammenspiel von X-Faktor und der Länge der Regulierungsperiode
2.4.4 Bestimmung der relativen Produktivität durch Benchmarking-Ansätze
2.4.5 Funktionsweise, Vor- und Nachteile der verschiedenen Benchmarkingverfahren
2.4.5.1 Data Envelopment Analysis (DEA)
2.4.5.2 Methode der kleinsten Quadrate
2.4.5.3 Corrected Ordinary Least Squares (COLS)
2.4.5.4 Stochastic Frontier Analysis (SFA)
2.4.5.5 Törnquist-Index
2.4.5.6 Malmquist-Index
3. Anreizregulierungskonzept der Bundesnetzagentur
3.1 Beeinflussbare und nicht-beeinflussbare Kostenbestandteile
3.2 Erreichbarkeit und Übertreffbarkeit
3.3 Zumutbarkeit
3.4 Effizienzvorgaben und konkrete Ausgestaltung
3.4.1 Bestimmung des generellen X-Faktors
3.4.2 Kritik an der Bestimmung des generellen X-Faktors
3.4.3 Bestimmung des individuellen X-Faktors
3.4.4 Kritik an der Bestimmung des individuellen X-Faktors
3.5 Qualitätsregulierung und Investitionshemmnisse
3.5.1 Maßnahmen zum Abbau von Investitionshemmnissen
3.5.2 Implementierung der Qualitätsregulierung
3.6 Regulierung der Transportnetzbetreiber
3.6.1 Erlösobergrenzenregulierung bei Transportnetzbetreibern
3.6.2 Investitionsbudgets für Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen
3.7 Regulierungsformel
3.8 Internationale Erfahrungen
3.9 Bewertung des Konzeptes der Bundesnetzagentur
3.9.1 Die Berechnung des generellen X-Faktors weist methodische Mängel auf
3.9.2 Durchschnittsorientiertes Benchmarking hat politisch-ökonomische Vorteile
3.9.3 Mehr Wettbewerb, höhere Produktivität, aber nicht unbedingt sinkende Strompreise
3.9.4 Die Bundesnetzagentur steht vor großen Herausforderungen
4. Fazit
Anhang
I. Beispiel zum Vergleich von Durchschnitts- und Frontier-Benchmarking-Ansätzen
II. Entwicklung der Strompreisbestandteile für das produzierende Gewerbe
Bibliographie
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problematik
1.1 Einleitung
Im März 2000 formulierten die Regierungschefs der Europäischen Union auf dem Gipfel in Lissabon ein neues strategisches Ziel für das kommende Jahrzehnt. Das Ziel, die Union zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. In diesem Zusammenhang wurde dazu aufgerufen, die Liberalisierung in den Bereichen Gas, Strom, Postdiensten und Beförderung zu beschleunigen. Angestrebt wurde die Verwirklichung eines voll funktionsfähigen EU-Binnenmarktes.[1]
Der Elektrizitätsmarkt gehört zu den Netzindustrien. Diese Industrien zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Produkte auf Netzinfrastrukturen beruhen. Netzindustrien erfordern meist einen hohen Einsatz von Kapital, der zum Aufbau des Netzes nötig ist. Dieses Kapital wird in der Form versunkener Kosten („Sunk costs“) gebunden und führt dazu, dass die Konsumenten nach Aufbau des Netzes über einen Verhandlungsvorteil verfügen.[2] In solchen Infrastrukturen, wie etwa dem Stromnetz, bestehen monopolistische Engpässe (auch „Bottlenecks“ genannt), wenn es einerseits nicht möglich ist, parallele Infrastrukturen aufzubauen bzw. dies mit zu hohen Kosten verbunden wäre, und andererseits jedes Unternehmen, welches in der Branche tätig sein möchte, auf die Nutzung der Engpass-Struktur angewiesen ist. Man spricht in diesem Fall von einer „Essential facility“.[3] Der Zugang Dritter zum monopolistischen Bottleneck wird in der Regulierungstheorie als „Third Party Access“ (TPA) bezeichnet. Bei Stromhändlern, die Zugang zu den Übertragungs- und Verteilungsnetzen brauchen, liegt dieser Fall vor. Stromerzeugung und -lieferung hingegen werden in der Regel als wettbewerbsfähige Bereiche angesehen.[4] Monopolistische Bottlenecks rufen einen Regulierungsbedarf hervor, der zum Ziel hat, den Wettbewerb auf den vor- bzw. nachgelagerten Märkten zu ermöglichen.[5] Dafür müssen einerseits Unternehmen auf diesen Märkten diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur bekommen, und andererseits die Zugangsgebühren reguliert werden, um Monopolpreise und allokative Ineffizienz zu vermeiden.[6]
In Deutschland begann der Prozess der Liberalisierung des Strommarktes mit dem 1998 erlassenen Energiewirtschaftsgesetz. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern entschied sich Deutschland damals, keine Regulierungsbehörde für den Elektrizitätsmarkt einzurichten. Die deutsche Regierung vertraute darauf, dass die Marktkräfte in der Lage seien, sich selbst zu regulieren. Eine Kontrolle der Netzzugangsbedingungen fand z.B. nur in vermeintlichen Missbrauchsfällen ex post auf Grundlage des geltenden Kartellrechts statt.[7] Erst seit dem Jahr 2006 gibt es mit der Bundesnetzagentur (ehemals Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) eine nationale Regulierungsbehörde, welche die Aufsicht über die Energiewirtschaft übernommen hat.
Aus juristischer Sicht ist der Strommarkt in Deutschland vollständig geöffnet. So können sowohl Industrie- als auch Haushaltskunden ihren Stromanbieter frei wählen. Die praktische Umsetzung dieser Liberalisierung hat sich jedoch als schwierig erwiesen. Unternehmen, die zur Stromlieferung die bestehenden Netze nutzen, zahlen Netznutzungsentgelte an die Netzbetreiber. Diese Netznutzungsentgelte stellen mehr als ein Drittel des Endstrompreises dar.[8] Häufig sind die Netzbetreiber ehemalige Monopolisten, marktmächtige Altunternehmen (sogenannte „Incumbents“). Die Ermittlung der Höhe der Netznutzungsentgelte erfolgte bisher ausschließlich auf Basis der Kosten des Netzbetriebs. Eine Kontrolle der Angemessenheit der ausgewiesenen Kosten ist jedoch schwierig, da die Netzbetreiber häufig vertikal integrierte Unternehmen sind, die nicht nur in der Stromübertragung und -verteilung, sondern auch selbst in der Stromerzeugung und Lieferung an die Endverbraucher aktiv sind. In der Vergangenheit existierte oft keine getrennte Buchhaltung für diese verschiedenen Bereiche. Ein noch schwerwiegenderer Nachteil dieser rein kostenbasierten Entgeltermittlung sind fehlende Anreize für Produktivitätssteigerungen.[9] Aufgrund der Erstattung aller Kosten des Netzbetriebs durch die Netznutzungsentgelte ergeben sich für die Netzbetreiber keine Vorteile aus Kostenreduktionen, wie sie z.B. durch eine höhere Effizienz erzielt werden können. Im Gegenteil, der Netzbetreiber hat Anreize zuviel zu investieren und eine von der Minimalkostenkombination abweichende Kostenstruktur zu wählen (sogenannter Averch-Johnson-Effekt).[10] Das Konzept der Anreizregulierung versucht, diese Missstände zu beheben. Die Netzbetreiber sollen so reguliert werden, dass sie, in größtmöglicher Analogie zum vollkommenen Wettbewerb, Anreize zu möglichst großer Effizienz und geringen Kosten haben und die Gewinne aus diesen Effizienzsteigerungen außerdem, zumindest teilweise, an die Endkunden weitergereicht werden. Während in einzelnen Ländern der Europäischen Union die Anreizregulierung bereits seit langem genutzt wird (der Strommarkt in Großbritannien unterliegt beispielsweise seit 1990 einer Anreizregulierung), könnte ihre Einführung auf dem Elektrizitätsmarkt in Deutschland frühestens im Jahr 2008 beginnen.
Diese Arbeit stellt, nach einem kurzen historischen Abriss der Liberalisierung des deutschen Strommarktes und einer Darstellung der Charakteristika des deutschen Strommarktes, die verschiedenen Konzepte der Anreizregulierung, ihre Anwendung auf den Strommarkt und die mit ihnen verbundenen Anreizstrukturen vor. Davon ausgehend wird das Konzept der Bundesnetzagentur für die Einführung einer Anreizregulierung auf dem deutschen Elektrizitätsmarkt dargestellt und analysiert.[11] Es wird auf die Reaktionen der Wissenschaft und der verschiedenen Marktakteure auf dieses Konzept eingegangen und abschließend eine Bewertung vor dem Hintergrund der europaweit geforderten Liberalisierungsbeschleunigung und Errichtung eines EU-Binnenmarktes vorgenommen.
1.2 Historischer Abriss der Liberalisierung des deutschen Elektrizitätsmarktes
Die Versorgung mit elektrischer Energie ist eine Branche, die traditionell zahlreichen staatlichen Interventionen unterworfen ist. Dies wird häufig dadurch begründet, dass der sicheren Energieversorgung eine so große Bedeutung zugeschrieben wird, dass sie nicht den „Marktrisiken des freien Wettbewerbs“ unterworfen werden soll.[12] Außerdem werden staatliche Eingriffe in den Energiesektor durch Besonderheiten der leitungsgebundenen Energieversorgung (natürliche Monopole) und durch externe Effekte erklärt.[13] In Deutschland galt bis 1998 das „Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft“, welches aus dem Jahre 1935 stammte.
Während in früheren Jahren die Energieversorgungssicherheit oberste Priorität hatte, führte die zunehmende Globalisierung der Produktmärkte bis in die 80er Jahre dazu, dass zunehmend Effizienzüberlegungen im Mittelpunkt standen.[14] Im Februar 1997 trat die EU-Binnenmarktrichtlinie für Elektrizität 96/92/EG in Kraft und war bis zum 19. Februar 1999 in nationales Recht umzusetzen.[15] Ihr Ziel war die Errichtung von wettbewerbsorientierten Elektrizitätsmärkten in den einzelnen Mitgliedsstaaten und die Schaffung eines EU-Binnenmarktes für Elektrizität, wobei sie sich primär auf den Wettbewerb auf Erzeugungsebene konzentrierte.[16] Diese Richtlinie gab in Deutschland den Anstoß für die formalrechtliche Öffnung des Strommarktes. Im April 1998 trat das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) in Kraft, welches Energieversorgungsunternehmen verpflichtete, anderen Unternehmen einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten.[17] Eine Entflechtung der vertikal integrierten Stromunternehmen („Unbundling“) wurde 1998 im EnWG nicht verlangt, nur eine getrennt ausgewiesene Buchhaltung für die verschiedenen Bereiche der Produktionskette (Stromerzeugung, -übertragung, -verteilung und -lieferung).[18] Obwohl die EU-Richtlinie eine schrittweise Öffnung des Strommarktes zuließ, entschied sich die deutsche Regierung für eine sofortige und vollständige Liberalisierung. Wie bereits erwähnt, wurde jedoch keine nationale Regulierungsbehörde eingerichtet, sondern auf die Selbstregulierung der Marktkräfte und eine bloße ex post Missbrauchskontrolle vertraut (verhandelter Netzzugang). Deutschland war das einzige EU-Mitgliedsland, welches diesen Ansatz wählte.
Die Bedingungen für den Netzzugang wurden von den Marktakteuren in mehreren sogenannten Verbändevereinbarungen festgeschrieben.[19] Obwohl diese Vereinbarungen keine rechtliche Verbindlichkeit besitzen, waren sie für die Bedingungen der Netznutzung und die Höhe der Netznutzungsentgelte von erheblicher Bedeutung.[20] Die erste Verbändevereinbarung aus dem Jahre 1998 beruhte auf einem transaktionsbezogenen Netznutzungskonzept, d.h. dass Unternehmen, welche das Stromnetz nutzen wollten, ihre Einspeisungen und Entnahmen im Voraus detailliert angeben mussten. Das Durchleitungsentgelt wurde als entfernungsabhängiges Entgelt festgelegt, welches auf einem fiktiven Strompfad ohne jeglichen Bezug zum tatsächlichen physikalischen Leitungsweg beruhte. Die Vereinbarung enthielt zudem eine Vielzahl diskriminierender Elemente, die neue Anbieter als Konkurrenten weitgehend ausschlossen.[21] Mit der zweiten Verbändevereinbarung fand der Wechsel zu einem transaktionsunabhängigen Netzpunkttarif statt, die Durchleitungsentgelte wurden durch Netznutzungsentgelte abgelöst. Diese Netznutzungsentgelte wurden dabei ausschließlich auf Basis der in einem theoretischen Modell beanspruchten Netzebenen und Umspannungen ermittelt und waren entfernungsunabhängig. Als Kalkulationsbasis für die Nutzungsentgelte dienten die kalkulatorischen Kosten des jeweiligen Netzbetreibers. Die dritte und letzte Verbändevereinbarung (VV II+) versuchte im Vergleich zur zweiten Vereinbarung vor allem einen besseren Vergleich der Netznutzungsentgelte zwischen verschiedenen Netzen zu ermöglichen. Durch die Einführung von Strukturklassen, denen die Netzbetreiber anhand verschiedener Charakteristika durch den Verband der Netzbetreiber (VDN) zugeordnet wurden, sollten begründete Unterschiede in der Höhe der Nutzungsentgelte transparenter werden. Dies konnte jedoch nur ungenügend erreicht werden und die Höhe des Netznutzungsentgelts blieb eine zentrale Streitfrage.[22] So beklagten Anbieter, dass die Höhe der erhobenen Netznutzungsentgelte in manchen Fällen eine unüberwindliche Hürde für wettbewerbsfähige Stromentgelte darstellt.[23] In einem Monitoringbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit aus dem Jahr 2003 wird zusammenfassend festgehalten, dass die in der VV II+ vorgesehenen Verfahren „bisher nicht geeignet [sind], Effizienzanreize zu setzen und eine flächendeckende Orientierung der Netzbetreiber an den Kosten der elektrizitätswirtschaftlich rationalen Betriebsführung zu gewährleisten“.[24]
In Folge des Gipfels von Lissabon des Europäischen Rates wurde 2003 eine zweite EU-Binnenmarktrichtlinie verabschiedet, welche die Liberalisierung in den Mitgliedsländern vorantreiben und die bis dahin nicht erlangte Errichtung eines EU-Binnenmarktes für Elektrizität ermöglichen soll.[25] In dieser Richtlinie werden die Mitgliedsländer verpflichtet, den Strommarkt bis zum 1. Juli 2004 für alle Nicht-Haushalts-Kunden und ab dem 1. Juli 2007 für alle Kunden komplett zu öffnen, so dass diese ihren Stromanbieter frei wählen können. Darüber hinaus werden die vertikal integrierten Unternehmen des Stromsektors nun auch zum „Unbundling“ verpflichtet, so dass Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber „hinsichtlich [ihrer] [..] Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt unabhängig von den übrigen Tätigkeitsbereichen sein“ müssen.[26] Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsländer auch, eine oder mehrere Regulierungsbehörden einzurichten. Die Regulierungsbehörde hat dabei die Aufgabe, „Nichtdiskriminierung, echten Wettbewerb und ein effizientes Funktionieren des Markts sicherzustellen“ sowie ein Monitoring der Elektrizitätswirtschaft vorzunehmen.[27]
Die Umsetzung dieser zweiten EU-Binnenmarktrichtlinie brachte für Deutschland fundamentale Änderungen mit sich, da vom Ansatz des verhandelten Netzzugangs zu einem regulierten Netzzugang übergegangen werden musste. Deutschland konnte, wie zahlreiche andere Mitgliedsländer, die EU-Richtlinie daher nicht fristgemäß zum 1. Juli 2004 umsetzen.[28] Das neue Energiewirtschaftsgesetz trat erst am 13. Juli 2005, mit ungefähr einem Jahr Verspätung, in Kraft. Es sieht vor, dass die Netznutzungsentgelte vorab durch die zuständige Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur, genehmigt werden müssen. Darüber hinaus beauftragt der Gesetzgeber die Bundesnetzagentur, ein System der Anreizregulierung für den Elektrizitätsmarkt auszuarbeiten, welches diese im Juli 2006 der Bundesregierung vorlegte. Es kann frühestens im Jahr 2008 in Kraft treten.
1.3 Charakteristika des deutschen Elektrizitätsmarktes
Strom lässt sich in technischer Hinsicht als Kombination von Spannung und Frequenz beschreiben.[29] Die Produktion von Elektrizität umfasst die Spannungs- und Frequenzhaltung. Die zu einem bestimmten Zeitpunkt produzierte oder vom Kunden abgenommene Menge Strom drückt sich als elektrische Leistung (Watt) aus, während die elektrische Arbeit (Watt mal Stunde, Wh) die abgenommene Menge pro Zeiteinheit ausdrückt. Die Nachfrage nach Strom ist relativ preisunelastisch – die Nachfrage der Industriekunden ist dabei etwas elastischer als die der Haushaltskunden.[30] Strom ist nicht direkt speicherbar und daher müssen Angebot und Nachfrage jederzeit übereinstimmen.[31] Aufgrund dieser Eigenschaft ist für die bereitzustellenden Erzeugungskapazitäten vor allem die Spitzenlast (kurzzeitig auftretende hohe Energienachfrage) entscheidend. Ein großes Stromnetz bietet daher Vorteile gegenüber isolierten kleineren Netzen, wenn die Spitzenlast an verschiedenen Orten des Netzes nicht zeitgleich auftritt. Andererseits geht mit der Übertragung von Strom auch Energie verloren. Allerdings wird Strom nicht in dem Sinne transportiert, dass ein bestimmter Verbraucher den vom Erzeuger für ihn eingespeisten Strom aus dem Netz entnimmt. Aussagen über die Benutzung des Stromnetzes können daher nur auf Verträgen beruhen und bedürfen einer Messung der bei Verbrauch und Einspeisung vorliegenden Mengen.
Die Transport- und Verteilungsnetze werden nach der vorliegenden Spannung untergliedert. Für den Transport über weite Strecken und die Anbindung der Erzeuger an das Verteilernetz dient das Höchstspannungsnetz. Die Endkunden sind über die Verteilnetze angeschlossen. Die verschiedenen Verteilnetze sind untereinander nicht direkt verbunden, sondern nur über das Höchstspannungsnetz.
Die Transport- (oder Übertragungs-)Netze[32] in Deutschland werden heute von vier Unternehmen, den sogenannten Verbundunternehmen, betrieben: EnBW AG, E.ON Energie AG, RWE AG und Vattenfall Europe AG. Ihre Anzahl lag zu Beginn der Liberalisierung 1998 noch bei acht Unternehmen. Die heutige Struktur ergab sich in der Folge durch Unternehmenszusammenschlüsse. Die vier Unternehmen betreiben das Höchstspannungsnetz jeweils in verschiedenen Regionen, in denen sie alleinige Betreiber des Transportnetzes sind (sie verfügen über sogenannte „Gebietsmonopole“). Neben ihrer Tätigkeit als Übertragungsnetzbetreiber sind diese vier Unternehmen bzw. ihre Tochterunternehmen jedoch auch in der Stromerzeugung aktiv und vereinigen rund 80% der inländischen Stromerzeugung und Stromerzeugungskapazitäten auf sich.[33] Letztlich sind sie in allen Geschäftsfeldern des Strommarktes (Erzeugung, Übertragung, Verteilung und Vertrieb) aktiv. Die vier Verbundunternehmen halten neben ihren eigenen Aktivitäten in diesen Bereichen Anteile an einer Vielzahl der mehr als 50 regionalen und ungefähr 840 kommunalen Stromversorgungsunternehmen.[34] RWE und E.ON verfügten 2002 beispielsweise über 210 Minderheitsbeteiligungen (ab 10%) an Regionalversorgern und Stadtwerken.[35] Bei Vattenfall und EnBW hingegen liegen solche Beteiligungen nur in geringem Umfang vor.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Struktur des deutschen Elektrizitätsmarktes
Quelle: KNIEPS, BRUNEKREEFT (2003)
Nur wenige der regionalen Unternehmen sind somit wirklich unabhängig. Abgesehen von den Anteilen der Verbundunternehmen sind die kommunalen Versorger in der Regel im Besitz der Kommunen. Regionale und kommunale Stromunternehmen unterscheiden sich ökonomisch betrachtet kaum: Kommunale Versorger sind sowohl Verteilnetzbetreiber als auch Versorger (d.h. Belieferer der Endkunden), regionale Anbieter können selbst Verteiler sein, aber auch Zulieferer der kommunalen Versorger. Unter dem Dach der kommunalen Versorger sind häufig auch Gas-, Wasserversorgung und öffentlicher Personennahverkehr vereint, so dass beispielsweise Verluste im öffentlichen Personennahverkehr in der Vergangenheit oft durch Einnahmen aus der Energieversorgung gedeckt wurden.[36] Insgesamt gibt es in Deutschland ca. 900 Verteilnetzbetreiber und mehr als 1000 Stromerzeuger.[37]
Es ergibt sich in Deutschland eine Struktur, die durch Abbildung 1 veranschaulicht werden kann. Man erkennt zwei Hauptstrukturen: Zum einen die Verbundunternehmen, die den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in den Bereichen Erzeugung und Transport haben, zum anderen die regionalen und kommunalen Versorger, die primär in den Bereichen Verteilung und Versorgung aktiv sind. Eine klare Trennung zwischen diesen beiden Strukturen gibt es jedoch nicht, da die Verbundunternehmen auch Verteilungs- und Versorgungstätigkeiten nachgehen und die regionalen und kommunalen Versorger teilweise auch über Erzeugungskapazitäten in geringem Umfang verfügen.
Auf dem deutschen Elektrizitätsmarkt werden somit wettbewerbsfähige und monopolistische Bereiche unter einem Dach vereint (Erzeugung und Transport bei den Verbundunternehmen, Verteilung und Versorgung bei den regionalen und kommunalen Versorgern). Aus wettbewerbspolitischer Sicht wäre eine Trennung von wettbewerbsfähigen und monopolistischen Bereichen zu befürworten und die vorliegende vertikale Integration ist negativ zu beurteilen.[38] Sie kann unter einer kostenbasierten Regulierung (etwa einer Rate-of-return-Regulierung[39]) z.B. dazu führen, dass die Verbundunternehmen Anreize haben, Kosten aus den unregulierten Bereichen in die regulierten Bereiche zu verschieben, da sie die Kosten in den regulierten Bereichen erstattet bekommen.[40] Sollte dies etwa aufgrund unzureichend getrennter Buchführung der Bereiche möglich sein, so haben sie deutliche Vorteile gegenüber anderen Unternehmen, die nur in den unregulierten Bereichen tätig sind.
Im Jahr 2004 lag der gesamte Stromendverbrauch in Deutschland bei 513 Terra-Wattstunden (TWh).[41] Stromexporte und -importe in Deutschland lagen bei 51 bzw. 48 TWh, somit nahezu ausgeglichen. Fast die Hälfte der deutschen Bruttostromerzeugung stammt aus Kohle (Braun- und Steinkohle, 47%), 26% aus Kernenergie und 11% aus Erdgas.[42] Wasserkraft und Windkraft vereinen zu ungefähr gleichen Teilen etwa 9% der Erzeugung auf sich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 - Strompreise privater Verbraucher zum
1. Januar 2006, Jährlicher Verbrauch 3500 kWh
Quelle: EUROSTAT (2006-b)
Die deutschen Strompreise liegen im EU-Vergleich auf einem hohen Niveau, mehr als ein Drittel über dem europäischen Durchschnitt. Bei der zeitlichen Entwicklung der Strompreise in Deutschland ist eine Phase sinkender Strompreise nur von September 1999 bis Juli 2000 zu verzeichnen.[43] Dies dürfte an der Liberalisierung des Strom-marktes seit 1998 und dem Markteintritt neuer Anbieter im Jahr 1999 gelegen haben.[44]
Der Tiefststand der Strompreise wurde im Sommer 2000 erreicht, und die Strompreise sind seitdem deutlich gestiegen (um rund ein Viertel zwischen Januar 1999 und Juni 2006).[45] Diese Preiserhöhungen können zumindest teilweise durch die Überwälzung von neuen bzw. erhöhten Steuern und Abgaben (Kraft-Wärme-Kopplungs-Abgabe, Einführung und Erhöhung der Stromsteuer) auf die Verbraucher erklärt werden. Außerdem haben die neuen Anbieter Probleme, eine gefestigte Marktposition einzunehmen. So haben auch heute erst etwa vier Prozent aller Endhaushaltskunden den Stromanbieter gewechselt.[46] Dies wird durch unzureichende Gewinnmargen aufgrund der Kombination von vertikal integrierter Industriestruktur und verhandeltem Netzzugang erklärt.[47] Die Verbundunternehmen und integrierten Netzbetreiber haben Anreize, in den wettbewerbsfähigen Bereichen Preise gleich oder in der Nähe der Grenzkosten zu setzen. Bei den Netzzugangsgebühren hingegen haben die alteingesessenen Unternehmen Anreize, hohe Entgelte zu berechnen, da sie im Bereich der Netze Monopolisten sind. Beides führt dazu, dass Marktneulinge enorme Schwierigkeiten haben können, Strom zu Preisen anzubieten, die mit denen der alteingesessenen Unternehmen konkurrieren können. Faire Wettbewerbsverhältnisse im Sinne eines „level playing fields“ liegen somit kaum vor. Es scheint so, dass symmetrische Bedingungen auf den wettbewerblichen Märkten, die den Netzbereichen vor- und nachgelagert sind, nur über die Regulierung der Netzzugangsgebühren erreicht werden können.[48]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 - Preismonitor für Strom Juni 06, STATISTISCHES BUNDESAMT
Der kontinuierliche Anstieg des Strompreises kann jedoch nicht durch einen parallelen Anstieg der Netznutzungsentgelte erklärt werden. Diese sind in den letzten Jahren relativ stabil geblieben und liegen bei 5,47 Cent/kWh auf der Niederspannungsebene (Standardabweichung 0,58), 2,76 Cent/kWh auf der Mittelspannungsebene (Standardabweichung 0,36) und 1,3 Cent/kWh auf der Hochspannungsebene (Standardabweichung 0,16).[49] Auf der für die Endverbraucher entscheidenden Niederspannungsebene liegen die Netznutzungsentgelte damit aber deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 4,5 Cent/kWh.[50]
2. Anreizregulierung
2.1 Grundlagen der Anreizregulierung
Die Anreizregulierung ist eine Form der Regulierung, bei der Regeln eingeführt werden, die das regulierte Unternehmen dazu antreiben sollen, bestimmte, erwünschte Ziele zu erreichen, ihm zur Erreichung der Ziele aber teilweise unternehmerische Freiheit einräumen.[51] In der Regel sollen die regulierten Unternehmen Anreize haben, ihre Produktivität zu steigern und sich der produktiven Effizienz (d.h. einer Produktion zu den geringstmöglichen Kosten) anzunähern, wobei gleichzeitig andere Ziele, wie etwa sinkende Endkundenpreise, eine Rolle spielen.[52],[53] Auf einem Wettbewerbsmarkt liegen Anreize zu Produktivitätssteigerungen vor, da jedes Unternehmen durch eine höhere Produktivität Spielraum für Preissenkungen gewinnt oder bei gleich bleibenden Preisen die Gewinnmarge erhöhen kann. In beiden Fällen erzielt das Unternehmen Vorteile. Würde ein Unternehmen auf einem Wettbewerbsmarkt die Produktivitätssteigerungspotentiale nicht nutzen, die Konkurrenten hingegen schon, so würde es auf Dauer der Konkurrenz nicht gewachsen sein und aus dem Markt ausscheiden müssen.
Betrachtet man jedoch den Fall natürlicher Monopole, die einer Kostenregulierung („Cost of service-regulation“) unterliegen (wie er etwa in der Vergangenheit bei den Stromnetzen vorlag), so ergibt sich eine vollkommen andere Anreizstruktur. Die Unternehmen dürfen ihre Preise, etwa die Netznutzungsentgelte, so festsetzen, dass alle dem Netzbetrieb zuzurechnenden Kosten abgedeckt werden.[54] Eine reine kostenbasierte Regulierungsform gewährleistet daher theoretisch, dass den Unternehmen keine Produzentenrente verbleibt.[55] Aus diesem Grund haben die Unternehmen jedoch auch keinen Anreiz, Produktivitätspotentiale zu nutzen, denn eine gesteigerte Produktivität führt zwar zu sinkenden Endkundenpreisen, lässt den Unternehmensgewinn aber unverändert. Obwohl die Produzentenrente bei einer Kostenregulierung theoretisch gleich null ist, können die Endkundenpreise daher höher sein als in einer Situation, in der die Produzentenrente positiv ist, die Unternehmen dafür aber Anreize zu Produktivitätssteigerungen haben.[56]
Die Anreizregulierung entkoppelt daher – zeitlich begrenzt – die dem regulierten Unternehmen zugestandenen Erlöse von den Kosten des Unternehmens.[57] Damit die Unternehmen Anreize haben, ihre Produktivität zu steigern, z.B. durch Kostensenkungen, nimmt die Anreizregulierung zumindest vorübergehend einen Zustand allokativer Ineffizienz, d.h. einen Preis höher als die Durchschnittskosten[58], in Kauf.[59] Das Ziel der Anreizregulierung ist es dabei zum einen, bestehendem oder drohendem Marktversagen entgegenzuwirken. Zum anderen sollen die Gewinne, die aus der Nutzung des natürlichen Monopols resultieren, an die Kunden weitergereicht werden.[60] Der Regulierer in einer Anreizregulierung reguliert die Unternehmensentscheidungen nur indirekt, denn er kontrolliert weniger einzelne Entscheidungen, sondern belohnt resultierende Produktionsstrukturen, wenn diese eine Annäherung an die produktive Effizienz bedeuten.[61] Dadurch überlässt die Anreizregulierung dem Unternehmen relativ viel unternehmerische Freiheit. Gleichzeitig hilft dies auch, die aus den asymmetrischen Informationen zwischen Regulierer und Unternehmen resultierenden Probleme einzudämmen. Selbst wenn das Unternehmen sehr viel besser über seine Möglichkeiten der Produktivitätsverbesserung informiert ist als der Regulierer, kann dieser in einer funktionierenden Anreizregulierung darauf vertrauen, dass das regulierte Unternehmen seine Produktivität so stark steigert wie möglich. Die Anreizregulierung kann die Informationsasymmetrie sogar abmildern, denn durch die in der Regulierung erreichten Produktivitätssteigerungen des Unternehmens, erhält der Regulierer u.U. auch Informationen über weitere Produktivitätsreserven. Zusammenfassend lässt sich aufgrund dieser Eigenschaften sagen, dass Anreizregulierung insbesondere dann anwendbar ist, wenn die regulierten Unternehmen sehr viel besser über ihre Situation und/oder ihre unternehmerischen Entscheidungen sowie deren Auswirkungen bescheid wissen als der Regulierer und außerdem die Ziele und Präferenzen des Unternehmens nicht mit denen der Gesellschaft übereinstimmen. In einer solchen Situation kann die Anreizregulierung das Unternehmen dazu motivieren, seinen Informationsvorsprung zu Gunsten des gesellschaftlichen Nutzens einzusetzen.[62]
Als Nebenbedingungen einer Anreizregulierung sind die Sicherung einer hohen Qualität des Produktes bzw. der angebotenen Dienstleistung sowie der Umweltschutz zu nennen.[63] Ohne Berücksichtigung der Qualität könnte das Unternehmen beispielsweise Anreize dafür haben, seine Kosten in Bereichen zu senken, die negative Folgen für die Produktqualität mit sich bringen.[64]
Nach Pfeifenberger und Tye muss eine Anreizregulierung zumindest die folgenden vier Anforderungen erfüllen:[65]
- 1. Einfachheit. Der zugrundeliegende Mechanismus muss verständlich und klar definiert sowie möglichst einfach anzuwenden sein.
- 2. Anreizkompabilität . Die Anreizstrukturen sollten durch unternehmerisches Handeln abbildbar sein und weitestgehend mit den Renditezielen der Unternehmen übereinstimmen. Dafür muss bei der Regulierung vor allem zwischen durch das Unternehmen beeinflussbaren Aspekten und solchen, die nicht beeinflussbar sind, unterschieden werden. Die Strukturen sollten zu einer möglichst allokativ effizienten Preisstruktur und der Förderung produktiver Effizienz führen. Außerdem sollten sie keine Anreize für unerwünschtes Verhalten geben.
- 3. Fairness. Die Anreize sollten sich in positiver und negativer Hinsicht in akzeptablen Grenzen bewegen und dem Gedanken des „risk sharing“ zwischen Produzenten und Konsumenten folgen. Dabei sollten sie sowohl für die Konsumenten wie auch für die Unternehmen von Vorteil sein.
- 4. Planungssicherheit. Der zugrundeliegende Mechanismus sollte im Vorhinein über die vorgegebene Planungszeit klar festgelegt werden und eine gewisse feste Mindestlaufzeit beinhalten.
Formen der Anreizregulierung, welche die zugestandenen Erlöse des regulierten Unternehmens nicht an den Kapitaleinsatz oder einen anderen speziellen Input binden, können auch technologische Verzerrungen (etwa den Einsatz nicht-optimaler Produktionsverfahren) und die Regulierungskosten vermindern.[66] Das Problem einer Über-Kapitalisierung, wie es u.U. unter einer Rate-of-return-Regulierung auftritt (Averch-Johnson-Effekt), kann so vermieden werden.
Die praktische Umsetzung der Anreizregulierung ist eine Herausforderung, denn zum einen sollen die Effizienzgewinne an die Kunden weitergereicht werden, zum anderen entstehen diese Gewinne aber nur, wenn den Unternehmen ausreichend große Zugewinne an Produzentenrente durch die Produktivitätssteigerungen in Aussicht gestellt werden. Eine Anreizregulierung kann somit nur funktionieren, wenn sie sowohl die Konsumenten als auch die Produzenten an den Effizienzgewinnen teilhaben lässt, wie Pfeifenberger und Tye dies in ihrer „Fairness“-Anforderung formulieren. Bei der praktischen Umsetzung ist weiterhin darauf zu achten, dass die im Vergleich zur kostenbasierten Regulierung vorteilhaften Anreizstrukturen, welche durch eine Anreizregulierung in der Theorie erzielt werden können, auch tatsächlich eintreten. Dies ist nicht immer eindeutig und vollständig der Fall, beispielsweise da die Entkopplung der zugestandenen Preise von den aufgetretenen Kosten zwar kurzfristig, nicht aber vollkommen und für immer erfolgen kann.[67]
[...]
[1] „Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Lissabon), 23. und 24. März 2000“, http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/ec/00100-r1.d0.htm.
[2] Newberry (2001), Kapitel 1.
[3] Knieps (2005), S. 102-104.
[4] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, Keller, S.131 / Newberry (2001), Kapitel 6.1.
[5] Blankart, Cwojdzinski, Fritz (2004), S. 498.
[6] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, S. 25.
[7] Heck (2006), S. 31.
[8] Bundesnetzagentur (2006-d), S.4. Der genaue Wert liegt bei 39% für einen Stromverbrauch von 3500 kWh/Jahr, darunter 1300 kWh Nachtstrom und bei Versorgung im Niederspannungsbereich (Standardwohnung mit 90 Quadratmetern).
[9] Sappington (2002), Kapitel 4.1.
[10] Dieser Effekt geht zurück auf Averch, Johnson (1962). Siehe dazu z.B. Sappington (2002), Kapitel 4.1. Seine praktische Relevanz ist jedoch nicht eindeutig bewiesen (Vogelsang (2002), S. 10).
[11] Bundesnetzagentur (2006-c).
[12] Heck (2006), S. 30.
[13] Als negative externe Effekte werden etwa energiebedingte Umwelteffekte aufgeführt, als positiver externer Effekt wird häufig die strategische Bedeutung der Energieversorgungssicherheit genannt.
[14] Schulz, Riechmann (2002), S. 10.
[15] „Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt“ vom 19. Dezember 1996.
[16] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, Keller, S. 141.
[17] „Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen haben anderen Unternehmen das Versorgungsnetz zu Durchleitungen zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihnen in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden.“, § 6 Abs. 6, EnWG vom 24. April 1998.
[18] Heck (2006), S. 31.
[19] Verbändevereinbarung (1998); Verbändevereinbarung II (1999); Verbändevereinbarung II plus (2001).
[20] De Wyl, Müller-Kirchenbauer (2003), S. 778.
[21] Nill-Theobald, Theobald (2001), S. 184.
[22] Blankart, Cwojdzinski, Fritz (2004), S. 504.
[23] De Wyl, Müller-Kirchenbauer (2003), S. 810.
[24] BMWA (2003), S. 33.
[25] „Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG“.
[26] Artikel 10 (1) und 15 (1) der EU-Richtlinie 2003/54/EG.
[27] Artikel 23 (1) der EU-Richtlinie 2003/54/EG.
[28] Heck (2006), S. 33.
[29] Beschreibung der Eigenschaften des Stroms in Anlehnung an Knieps, Brunekreeft (2003): S. 132.
[30] „Haushaltskunden haben in der Regel nur wenig Möglichkeiten, ihre Stromnachfrage kurzfristig an steigende Preise anzupassen. Bei Industriekunden ist eine Anpassung der Nachfrage an steigende Strompreise in begrenztem Umfang möglich, (…). Die geringe Preiselastizität der Stromnachfrage bedeutet, dass eine Rationierung der nachgefragten Menge über eine Erhöhung des Preises nur sehr beschränkt möglich ist.“, Monopolkommission (2004), Kapitel 6.
[31] Eine Speicherung von Strom kann nur durch die Wandlung in eine andere Energieform erfolgen, z.B. in Batterien oder aber auch in Pumpspeicherkraftwerken.
[32] Der Begriff bezeichnet hier das Hoch-/Höchstspannungsnetz mit 220 bzw. 380 kV.
[33] Angabe für 2003, Eurostat (2005).
[34] Heck (2005), S. 32.
[35] Bundeskartellamt (2002), S. 163.
[36] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, Keller, S. 146-155.
[37] Stand August 2006, Bundesnetzagentur.
[38] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, Keller, S. 146-155.
[39] Der Begriff kann als Rendite-Regulierung übersetzt werden, wird jedoch auch in der deutschsprachigen Literatur meist unübersetzt benutzt.
[40] Sappington (2002), Kapitel 4.1.
[41] Eurostat (2006-a).
[42] Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2006).
[43] Verbraucherpreisindex für Strom, Statistisches Bundesamt.
[44] Statistisches Bundesamt (2004); Knieps, Brunekreeft (2003), S. 157-158.
[45] Statistisches Bundesamt (2004) in Verbindung mit dem Preismonitor des Statistischen Bundesamtes, Juni 2006.
[46] Bund der Energieverbraucher e.V.
[47] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, Keller, S. 158.
[48] Knieps, Brunekreeft (2003): Brunekreeft, Keller, S. 159.
[49] Stand 04/2005, VDEW/VDN (2006-a), S. 8-9.
[50] Angaben für 2005, Bund der Energieverbraucher (2006). Eine Graphik mit der zeitlichen Entwicklung des Stompreises und seiner Bestandteile für das produzierende Gewerbe findet sich in Anhang II.
[51] Sappington (1994), S. 246.
[52] Der Begriff der produktiven Effizienz wird hier in Abgrenzung zur allokativen Effizienz (d.h. Preise gleich Grenzkosten (first-best-Lösung) oder Preise gleich Durchschnittskosten (second-best-Lösung)) verwendet. Produktivität bezeichnet hier (im Sinne der totalen Produktivität) das Verhältnis von Output zu eingesetzten Inputfaktoren, wobei diese in der Regel zu Faktorpreisen bewertet werden.
[53] Vogelsang (2002), S. 8.
[54] In der Regel darf das Unternehmen zusätzlich eine Kapitalverzinsung einpreisen, die zumindest den Opportunitätskosten, also der Verzinsung am Kapitalmarkt, entspricht. Dann ergibt sich der Fall einer „Rate-of-return“-Regulierung.
[55] Joskow (2006), S. 4.
[56] Joskow (2006), S. 4.
[57] Bundesnetzagentur (2006-c), Randnr. 2.
[58] Da es sich bei den Stromnetzen um natürliche Monopole mit fallenden Durchschnittskosten handelt, liegen die Grenzkosten stets unterhalb der Durchschnittskosten und eine Bepreisung zu Grenzkosten erlaubt keine Kostendeckung, so dass hier von der Second-Best-Lösung ausgegangen wird.
[59] „…higher profits now (i.e. economic profits) are a quid pro quo for reduced prices later…”, O’Neill, Vass (1996), S. 4.
[60] Bundesnetzagentur (2006-c), Randnr. 3.
[61] Vogelsang (2002), S. 6.
[62] Sappington (1994), S. 247.
[63] Sappington (1994), S. 248.
[64] S. dazu auch 2.2.
[65] Pfeifenberger, Tye (1995), S. 770-771.
[66] Sappington (2002), Kapitel 4.1.
[67] Sappington (2002), Kapitel 4.2.
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