Die Methode des Assessment Centers (AC) gilt in der Wissenschaft und Praxis als das valideste eignungsdiagnostische Instrument für den Managementbereich und der Auswahl von Führungskräften (vgl. Sarges 2001, S. VII). Hierbei wird es mittlerweile in den meisten großen Unternehmen zur Auswahl, Identifizierung und Förderung des Führungskräftenachwuchses mit großem Erfolg eingesetzt. Dabei spielt das Potential- AC in den Unternehmen eine besondere Rolle. Hierdurch soll erfasst werden, ob die Mitarbeiter und der Führungskräftenachwuchs das Potential aufweisen, auf die zukünftigen Anforderungen zielgerichtet zu reagieren. Dies ermöglicht eine unternehmensstrategiegerechte und frühzeitige Anpassung der Qualifikationen des Personals, um den kommenden Anforderungen gerecht zu werden. In dieser Seminararbeit ist zu erarbeiten, ob ein Potential- AC auch für Universitäten in Deutschland eine Rolle spielen könnte und welche Vorteile durch die Durchführung zu erwarten sind. Dazu ist es erforderlich die Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs zu bestimmen. Hierbei soll in dieser Arbeit ein Überblick über die an einer Universität prinzipiell durchführbaren Methodiken der Anforderungsanlyse gegeben werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff und die Idee eines Assessment Centers vorgestellt. Dabei wird auf seine interessante geschichtliche Entwicklung eingegangen und die aktuellen Anwendungsgebiete der Assessment Center in den Unternehmen kurz dargestellt. Anschließend werden die Möglichkeiten und der Sinn eines Potential- ACs für den wissenschaftlichen Nachwuchs erörtert. Die Möglichkeiten werden auch von Grenzen begleitet, die daraufhin kurz vorgestellt werden. Abschließend soll noch auf die Frage eingegangen werden, mit welchen Analysemethoden ein Anforderungsprofil für den wissenschaftlichen Nachwuchs an Universitäten erstellt werden kann. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Assessment Center – Eine Einführung
2.1 Begriff und Idee des Assessment Centers
2.2 Geschichtliche Entwicklung
2.3 Anwendungsgebiete des AC´s
3. Das AC für den wissenschaftlichen Nachwuchs
3.1 Möglichkeiten
3.2 Grenzen
3.3 Methodiken zur Analyse der Anforderungen
4. Fazit
1. Einleitung
Die Methode des Assessment Centers (AC) gilt in der Wissenschaft und Praxis als das valideste eignungsdiagnostische Instrument für den Managementbereich und der Auswahl von Führungskräften (vgl. Sarges 2001, S. VII). Hierbei wird es mittlerweile in den meisten großen Unternehmen zur Auswahl, Identifizierung und Förderung des Führungskräftenachwuchses mit großem Erfolg eingesetzt.
Dabei spielt das Potential- AC in den Unternehmen eine besondere Rolle. Hierdurch soll erfasst werden, ob die Mitarbeiter und der Führungskräftenachwuchs das Potential aufweisen, auf die zukünftigen Anforderungen zielgerichtet zu reagieren. Dies ermöglicht eine unternehmensstrategiegerechte und frühzeitige Anpassung der Qualifikationen des Personals, um den kommenden Anforderungen gerecht zu werden.
In dieser Seminararbeit ist zu erarbeiten, ob ein Potential- AC auch für Universitäten in Deutschland eine Rolle spielen könnte und welche Vorteile durch die Durchführung zu erwarten sind. Dazu ist es erforderlich die Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs zu bestimmen. Hierbei soll in dieser Arbeit ein Überblick über die an einer Universität prinzipiell durchführbaren Methodiken der Anforderungsanlyse gegeben werden.
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff und die Idee eines Assessment Centers vorgestellt. Dabei wird auf seine interessante geschichtliche Entwicklung eingegangen und die aktuellen Anwendungsgebiete der Assessment Center in den Unternehmen kurz dargestellt. Anschließend werden die Möglichkeiten und der Sinn eines Potential- ACs für den wissenschaftlichen Nachwuchs erörtert. Die Möglichkeiten werden auch von Grenzen begleitet, die daraufhin kurz vorgestellt werden. Abschließend soll noch auf die Frage eingegangen werden, mit welchen Analysemethoden ein Anforderungsprofil für den wissenschaftlichen Nachwuchs an Universitäten erstellt werden kann.
2. Das Assessment Center – Eine Einführung
2.1 Begriff und Idee des Assessment Centers
Allgemein wird unter dem Begriff Assessment Center (AC) eine Gruppe von Prüfverfahren verstanden, in denen meist 6 bis 12 Kandidaten von mehreren geschulten Beobachtern in einer Vielzahl von Handlungssituationen (Übungen, Tests, Interviews, u.a) über einen längeren Zeitraum (meist zwei bis drei Tage) beobachtet und beurteilt werden, die charakteristisch für bestehende oder zukünftige Arbeitssituationen und Aufgabenfelder sein sollen (vgl. Berthel/Becker 2003, S. 177f; Breisig/Schulze 1998, S. 29; Obermann 1992, S. 11;). Das zentrale Kennzeichen eines Assessment Centers ist daher das „Mehrfach-Prinzip“.
Die Kernidee besteht darin, mit dem Mitarbeiter oder Bewerber nicht nur über die kritischen Punkte der neuen Position zu sprechen, sondern diese Aufgaben in der Form von Rollenübungen und Fallstudien zu „leben“. Direkte Fachkenntnisse werden in der Regel nicht erfasst.
Im Vordergrund eines ACs steht die Beurteilung sozialer Kompetenzen oder überfachlicher Fähigkeiten des Kandidaten, die als erfolgsrelevant zur Erfüllung der zukünftigen Tätigkeit im Unternehmen angesehen werden. Diese Anforderungen, die vor der Durchführung des ACs stellenspezifisch seitens des Arbeitgebers festgelegt werden sollten (mehr dazu im Abschnitt 3.3), sind über mehrere Methoden und Verfahren abzuprüfen.
Es muss also ein einzelnes Anforderungskriterium über unterschiedliche Übungen innerhalb des ACs mehrfach unabhängig voneinander beobachtet werden. Obermann (1992, S. 13) bezeichnet dies als Prinzip der Methodenvielfalt, welches in einer Multi- Trait Multi- Method Matrix abgebildet werden kann (siehe Abb. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Weitere übliche Bausteine eines ACs sind:
- Fähigkeits-, Leistungs-, und Interessenstests
- Fallstudien
- Aufgabensimulationen (z.B. Postkorb)
- Vorträge und Präsentationen
- Gruppendiskussionen ohne und mit Rollenvorgaben
- Gruppenaufgaben mit Wettbewerbs- und/oder Kooperationscharakter
- Rollenspiele
- Einzel- und Gruppeninterviews
(Vgl. Krüger-Basener 1992, S. 196).
2.2 Geschichtliche Entwicklung
Der Vorläufer aller heutigen AC wurde Mitte der 20er Jahre bei der Deutschen Wehrmacht entwickelt und diente zur Auswahl des Offiziersnachwuchses (vgl. Jeserich 2000, S. 717).
Der Anlass zur Entwicklung dieses Auswahlverfahrens lässt sich in einen sozialen Aspekt und einen berufsbezogenen Aspekt unterteilen. Die damalige Rekrutierung folgte den historisch gewachsenen Privilegien und erfolgte hauptsächlich aus den besser gestellten Schichten wie dem Adel und dem Großbürgertum. Es sollte grundsätzlich die ungerechte Rekrutierungspolitik geändert werden und die Auswahl der Offiziere nicht mehr nach rein sozialer Herkunft erfolgen.
Die Auswahl der Offiziere sollte von nun an nach der Befähigung erfolgen und hierfür wurde die Erfassung der gesamten Persönlichkeit als wichtig erachtet (vgl. Sarges 2001, S. VIII). Für die Erfassung der gesamten Persönlichkeit wurden ganzheitlich ausgerichtete Prüfverfahren, eine so genannte Breitbandmessung vieler als wichtig erachteter Merkmale, als sinnvoll angesehen.
Das entwickelte Auswahlverfahren besaß hierdurch wesentliche Merkmale von modernen ACn: Die Prüfung von mehreren Bewerbern in Gruppen über einen Zeitraum von drei Tagen, die Beurteilung durch mehrere Beobachter, die Methodenvielfalt der Verfahrensbausteine sowie situative Elemente wie Interaktionsübungen künftiger Tätigkeiten (vgl. Guldin 1996, S. 9).
Während des zweiten Weltkriegs verbreitete sich die Idee des neuen Auswahlverfahrens über England (ebenfalls für die Offiziersrekrutierung) in die USA zur Auswahl von Geheimdienstagenten (vgl. Obermann 1992, S. 28; Sarges 2001, S. VIII). Der Begriff Assessment Center wurde erstmals 1938 in den USA durch den Persönlichkeitsforscher Henry Murray geprägt (vgl. Guldin 1996, S. 4).
Den Weg in die zivile Nutzung ebnete die Langzeitstudie Management Progress Study (1956-1966) der Firma AT&T in den USA. Es wurden über 400 bereits bei AT&T beschäftigte Führungsnachwuchskräfte mittels einer Assessment Center Methodik mit dem Ziel untersucht, diejenigen Persönlichkeitsfaktoren zu identifizieren, die für den Berufserfolg im Management mitverantwortlich sind. Die Kandidaten wurden mit mehreren Tests und Fragebögen, mit vielen Einzel- und Gruppenaufgaben sowie mit Interviews untersucht. Die Ergebnisse und Einschätzungen der Beobachter wurden weder dem Teilnehmer noch den Führungskräften im Unternehmen mitgeteilt, um keine selbsterfüllenden Prophezeiungen auszulösen.
Die Studie ergab eine prädiktive Validität des ACs bei der Vorhersage des Berufserfolges und des tatsächlichen Eintretens dessen von r = .46 und war somit deutlich höher als andere gebräuchliche Instrumente der Personaldiagnostik (vgl. Guldin 1996, S. 11).
Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie verbreitete sich die AC Methodik recht schnell in den USA und kam über England und multinationale Konzerne zurück nach Europa. Bereits zum Ende der 70er Jahre wurde das AC auch in Deutschland in vielen Unternehmen zur Auswahl des Managementnachwuchses verwendet (vgl. Sarges 2001, S. IX). Heutzutage werden AC in vielen Varianten und Anwendungsgebieten mit verschiedenen Zielsetzungen in Unternehmen durchgeführt.
2.3 Anwendungsgebiete des AC´s
In der Literatur und Praxis werden in der Regel vier Anwendungsgebiete von ACn beschrieben: das AC als Auswahlinstrument, zur Potentialdiagnostik, für die Personalentwicklung und die Erfolgskontrolle (vgl. Breisig/Schulze 1998, S. 36).
Auswahl AC
Das ursprüngliche Ziel eines ACs ist die Auswahl eines geeigneten Kandidaten für eine zu besetzende Stelle. Die Auswahl und Einstellung neuer Mitarbeiter ist für jedes Unternehmen mit hohen Kosten verbunden. Nicht nur monetär gesehen bestehen Gefahren, eine Fehlbesetzung hat auch negative Auswirkungen auf das Unternehmensklima und den Umgang unter den Mitarbeitern. Um die Auswahl unter möglichst rationalen Gesichtspunkten zu treffen ist ein AC besser geeignet als ein Bewerberinterview. Durch ein AC ergeben sich Einblicke in den individuellen Arbeitsstil, in die Rhetorik, zeigt das Entscheidungsverhalten sowie die strategische Denkweise der Kandidaten und deren Teamverhalten (vgl. Obermann 1992, S. 16).
Auswahl AC für externe Kandidaten werden von Unternehmen am ehesten für Führungsnachwuchskräfte oder für Vertriebskräfte zur Prüfung ihrer Verkaufsfähigkeiten eingesetzt. Die Trainee- Programme bei Unternehmen sind für externe Kandidaten, meist Berufsanfänger mit Hochschulabschluss, der Einstieg in eine Führungslaufbahn. Da Berufsanfänger den Einstieg offensiv suchen, akzeptieren diese zumeist die Offenlegung ihrer Stärken und Schwächen gegenüber dem Unternehmen und auch mit beobachtenden Konkurrenten.
Das Auswahl AC für externe Kandidaten spielt auch bei Weiterbildungsinstituten und firmenübergreifenden Ausbildungen (z.B. Berufsakademie, spezielle Fachhochschulen) eine große Rolle, da es sich hierbei um eine Investition in Form von Ausbildungskosten in die zukünftigen Mitarbeiter handelt. Somit soll das AC die Eignung und Fähigkeit zur Ausbildung und den späteren auszuübenden Beruf sicherstellen (vgl. Krüger-Basener 1992, S. 197).
Offene Stellen im Unternehmen werden auch bevorzugt mittels eines AC mit internen Kandidaten besetzt. Hierbei spielt die „Verliererproblematik“ eine besondere Rolle, also was mit den nicht erwählten Kandidaten geschieht, die nach wie vor im Unternehmen verbleiben und auch weiterhin für das Unternehmen interessant sind. Diese können auf deren aktuellen Positionen noch Erfolg haben oder können auch für eine andere Stelle vorbereitet werden. Damit das Ergebnis des Auswahl- AC nicht zu sehr die Motivation und Moral der übrigen internen Kandidaten mindert, bietet sich der Verweis auf eine temporäre Nicht-Eignung einhergehend mit gezielten Personalentwicklungsmaßnahmen an (vgl. Obermann 1992, S. 22).
Potential- AC
Das AC wird in deutschen Unternehmen am häufigsten für die Potentialanalyse interner Kandidaten verwendet (vgl. ebenda, S.19).
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- Arbeit zitieren
- Tobias A. Mayr (Autor:in), 2006, Das Assessment Center zur Potentialdiagnostik von wissenschaftlichem Nachwuchs an Universitäten - Möglichkeiten und Grenzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69107
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