In Frankreich ist am 09. Dezember 1905 ein Gesetz in Kraft getreten, das eine vollständige „Trennung von Staat und Kirche“ vorschreibt und damit einen (vorläufigen) Endpunkt in einer langen, teils „unheiligen“ Union zwischen Monarchie und katholischer Kirche setzte. Der meist negativ behaftete Begriff Laizismus (laïcism) wurde synonym für dieses Gesetz verwendet; spricht man von ihm, meint man damit hauptsächlich eine ideologische Trennung von Staat, der das Gemeinwohl aller im Auge haben sollte, und Kirche, die, so der Vorwurf, nur dem Gemeinwohl von Wenigen (z. B. dem Klerus) verpflichtet ist - meist im Gegensatz zur heute akzeptierten und sogar von beiden Seiten für gut befundenen institutionellen Trennung.
Neben dem revolutionären Begriff Laizismus fand ein weiterer Begriff Verwendung: Die Laizität (laïcité). Das Wort Laïcité tauchte erstmals zwischen 1870 und 1875 auf, zu einer Zeit also, als die mächtige katholische Kirche mit der französischen Republik um die Vormachtstellung im Staate rang. Die Laïcité wurde 1946 schließlich explizit in die französische Verfassung eingeführt.
Der Laizismus steht heute für eine weitgehend negative Interpretation dieser Trennung und ist eher im Sinne von „antireligiös“ bzw. „antikatholisch“ zu verstehen. Dabei wird der katholischen Kirche jedwede gute und selbstlose Absicht bei Fragen die Gesellschaft und den einzelnen Bürger betreffend in Abrede gestellt und beim Bemühen um Mitsprache stets ein verdeckter Klerikalismus vermutet. Laizismus wird daher eher als aggressiver Kampfbegriff gebraucht, der keine wie auch immer geartete Einflussnahme durch die (katholische) Kirche duldet. Wurzel für diese ablehnende Haltung ist die Aufklärung, die jegliche durch die Tradition gelieferten Werte in Frage stellte und vom Einzelnen verlangte, sein Schicksal nicht als Gott gegeben hinzunehmen, sondern selbst aktiv zu werden und es selbstverantwortlich zu gestalten.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Der Laizismus in Frankreich in Theorie und Praxis
- 1.1 Das Gesetz von 1905
- 1.2 Die Praxis
- 2 Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Deutschland
- 2.1 Die theoretische Grundlegung
- 2.2 Die praktische Auslegung
- 3 Laizität, Konkordate und die Toleranz – Welche Republik gewinnt den „Wettstreit“ um Freiheit und Gleichberechtigung?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Debatte um den Laizismus in Frankreich und Deutschland im Vergleich. Ziel ist es, die theoretischen Grundlagen und die praktische Umsetzung des Laizismus in beiden Ländern zu analysieren und die Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Staat und Kirche zu beleuchten. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der jeweiligen Ansätze und der Frage nach der Toleranz gegenüber verschiedenen Religionsgemeinschaften.
- Der Laizismus in Frankreich: Theorie und Praxis
- Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Deutschland
- Vergleich der französischen und deutschen Modelle hinsichtlich Toleranz und Gleichberechtigung
- Die Rolle der Konkordate
- Die Bedeutung von Laizität und Laizismus
Zusammenfassung der Kapitel
1 Der Laizismus in Frankreich in Theorie und Praxis: Dieses Kapitel analysiert das französische Gesetz von 1905, welches eine vollständige Trennung von Staat und Kirche vorschreibt. Es differenziert zwischen den Begriffen Laizismus (als negativ konnotierte, antireligiöse Interpretation der Trennung) und Laizität (als positive Bezeichnung der institutionellen Trennung). Das Kapitel untersucht die theoretischen Grundlagen des Gesetzes und seine konkreten Bestimmungen hinsichtlich Gewissensfreiheit, Schulwesen und der Rechtspersönlichkeit von Religionsgemeinschaften. Es stellt die Frage, ob die in der Theorie postulierte strikte Trennung in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden kann und welche Kompromisse notwendig sind.
2 Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Deutschland: Im Gegensatz zum französischen Laizismus wird hier das deutsche Verhältnis zwischen Staat und Kirche beleuchtet. Das Kapitel untersucht die theoretischen Grundlagen dieses Verhältnisses, das durch Konkordate und die besondere Stellung der Kirchen im Rechtssystem geprägt ist. Es analysiert die praktische Umsetzung dieser theoretischen Grundlagen und untersucht die Zusammenarbeit und die Grenzen der Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens. Der Fokus liegt auf den Unterschieden im Umgang mit Religion im Vergleich zu Frankreich.
Schlüsselwörter
Laizismus, Laizität, Frankreich, Deutschland, Staat, Kirche, Trennung von Staat und Kirche, Konkordate, Toleranz, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung, Gewissensfreiheit, katholische Kirche, Verfassung, Neutralität.
Häufig gestellte Fragen zu: Seminararbeit - Laizismus in Frankreich und Deutschland
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit vergleicht den Laizismus in Frankreich und das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland. Sie analysiert die theoretischen Grundlagen und die praktische Umsetzung in beiden Ländern und untersucht die Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Staat und Kirche, insbesondere im Hinblick auf Toleranz und Gleichberechtigung verschiedener Religionsgemeinschaften.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt den französischen Laizismus (inklusive des Gesetzes von 1905 und seiner praktischen Anwendung), das deutsche Verhältnis von Staat und Kirche (unter Berücksichtigung von Konkordaten), einen Vergleich beider Modelle hinsichtlich Toleranz und Gleichberechtigung, die Rolle von Konkordaten und die Bedeutung von Laizität und Laizismus.
Wie ist die Seminararbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel, die den französischen Laizismus (Theorie und Praxis) und das deutsch-kirchliche Verhältnis (ebenfalls Theorie und Praxis) untersuchen. Sie enthält ein Inhaltsverzeichnis, eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter.
Was ist der Unterschied zwischen Laizismus und Laizität?
Die Arbeit unterscheidet zwischen Laizismus, der als negativ konnotierte, antireligiöse Interpretation der Trennung von Staat und Kirche verstanden wird, und Laizität, die als positive Bezeichnung der institutionellen Trennung gilt.
Welchen Fokus legt die Arbeit auf den Vergleich der beiden Länder?
Der Vergleich konzentriert sich auf die unterschiedlichen Ansätze im Umgang mit Religion, die Rolle der Konkordate in Deutschland im Gegensatz zur strikten Trennung in Frankreich, und die Frage, welches Modell mehr Toleranz und Gleichberechtigung gewährleistet.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Laizismus, Laizität, Frankreich, Deutschland, Staat, Kirche, Trennung von Staat und Kirche, Konkordate, Toleranz, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung, Gewissensfreiheit, katholische Kirche, Verfassung und Neutralität.
Welche konkreten Aspekte des französischen Laizismusgesetzes von 1905 werden untersucht?
Das Kapitel zum französischen Laizismus untersucht die theoretischen Grundlagen des Gesetzes von 1905, seine konkreten Bestimmungen zu Gewissensfreiheit, Schulwesen und der Rechtspersönlichkeit von Religionsgemeinschaften, und die Frage, inwieweit die theoretisch postulierte strikte Trennung in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird.
Wie wird das deutsche Verhältnis von Staat und Kirche beschrieben?
Das Kapitel zum deutschen Verhältnis von Staat und Kirche analysiert die theoretischen Grundlagen, die durch Konkordate und die besondere Stellung der Kirchen im Rechtssystem geprägt sind. Es untersucht die praktische Umsetzung und die Zusammenarbeit (und deren Grenzen) zwischen Staat und Kirche in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens.
- Quote paper
- Mirjam Rothenbacher (Author), 2007, Die Debatte um den Laizismus - Frankreich und Deutschland im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68690