Bis zum heutigen Zeitpunkt unterscheiden sich die einzelnen Lehrerkategorien zum Teil noch immer im Hinblick auf ihre Ausbildungsvoraussetzungen, ihre Ausbildungswege, ihrem Selbstverständnis, in ihren berufsständischen
Organisationsformen usw. Auch innerhalb einer Lehrerkategorie kann man nicht immer von einer einheitlichen Sozialgeschichte sprechen. So trifft dies zum Beispiel bei den Volks- und Hauptschullehrern und -lehrerinnen zu.
Inhalt
1. Zur Geschichte des Lehrberufes
1.1 Sozialgeschichtlicher Abriss der Lehrerberufe
1.1.1 Sozialgeschichtlicher Abriss des Volks- und Hauptschullehrerberufes
1.1.2 Sozialgeschichtlicher Abriss des Gymnasiallehrberufs
1.1.3. Sozialgeschichtlicher Abriss des Lehrberufes an Berufsbildenden Schulen
1.1.4 Zusammenfassung der Geschichte des Lehrberufes
2. Zur Feminisierung des Lehrberufes
2.1. Die Verweiblichung des Lehrberufes – 1946/47 bis 2002/03
3. Wo arbeiten Lehrerinnen – wo Lehrer?
3.1. Der Pflichtschulbereich – ein idealer Beruf für Frauen?
3.2. Lehrer und Lehrerinnen an verschiedenen schulischen Organisationen
4. Aussagen von Experten/Expertinnen zum Thema „Pflichtschule“
5. Frau Direktor oder Herr Direktorin?
5.1. Direktorin vs. Direktor
5.2. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Positionsverteilung
6. Thesen, die durch die Mehrheit der Interviews belegt wurden
6.1. Der Pflichtschulbereich, aber vor allem die Volksschule, ist ein typisch frauenspezifischer Arbeitsbereich
6.2 Je höher die Funktion in der hierarchischen Schulverwaltung und je höher der „Schultyp“, desto geringer wird der Frauenanteil
6.3 Karriere und Familie lassen sich für Frauen schwerer vereinbaren als für Männer
7. Literaturverzeichnis
1. Zur Geschichte des Lehrberufes
1.1 Sozialgeschichtlicher Abriss der Lehrerberufe
Bis zum heutigen Zeitpunkt unterscheiden sich die einzelnen Lehrerkategorien zum Teil noch immer im Hinblick auf ihre Ausbildungsvoraussetzungen, ihre Ausbildungswege, ihrem Selbstverständnis, in ihren berufsständischen Organisationsformen usw. Auch innerhalb einer Lehrerkategorie kann man nicht immer von einer einheitlichen Sozialgeschichte sprechen. So trifft dies zum Beispiel bei den Volks- und Hauptschullehrern und –lehrerinnen zu[1].
1.1.1 Sozialgeschichtlicher Abriss des Volks- und Hauptschullehrerberufes
Meist stammte der Volksschullehrer aus der unteren Gesellschaftsschicht bzw. unteren Mittelschicht. Im Laufe des 12. Jahrhunderts glich der Lehrerberuf immer stärker den Handwerksberufen. Selbst 1891 verrichtete der Lehrer, nachdem die Schulen kirchlichen Institutionen unterlagen, noch niedrige Kirchendienste. Zu diesen Diensten gehörten unter anderem: das Auf- und Zuschließen der Kirche sowie das Lüften der Kirche und Sakristei, das Aufstellen der Sammelbuchsen, die Besorgung von Hostien u.v.m[2].
Während der Volksschullehrer, wie bereits erwähnt, der unteren bzw. der unteren Mittelschicht angehörte, stammte die Volksschullehrerin aus höheren Schichten der Gesellschaft. Bezüglich der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung gab es zunächst keine gemeinsame Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen. Die Lehrerinnenausbildung kannte jedoch keine Unterschiede zwischen den Lehrerinnen an den Volksschulen und jenen an den höheren Töchterschulen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Frauen bereits im Mittelalter als Lehrfrauen tätig waren, als Nonnen und später Gouvernanten.
Trotz allem kann von einer Volksschullehrerin erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts gesprochen werden. Das heißt, von einer Frau, die in den öffentlichen Schuldienst eintrat. Schon damals griff man auf die Frau als „Arbeitsreserve“ zurück. Der Grund hierfür war, dass die allgemeine Schulpflicht einen enormen Bedarf an Lehrern nach sich zog, welcher jedoch von den männlichen Bewerbern nicht gedeckt werden konnte[3].
Die sozialgeschichtliche Entwicklung des Lehrerinnenberufes war gekennzeichnet durch einen andauernden Konkurrenzkampf mit ihren männlichen Kollegen. Damit verbunden war die Abwertung des Lehrerinnenstandes und der Lehrerin[4]. So meinte Diesterweg: „Das Weib gehört noch viel eher in die Kirche als in die Schule. Besser aber ist: es schweigt dort wie hier[5].“
Auch wurde gewarnt, dass in Ländern, die einen hohen Anteil an Frauen in den Schulen hätten, ein minderwertiges Schulwesen sich bald herausschälen würde. Verweiblichung in der Schule wurde mit Verweichlichung in der Schule gleichgesetzt. Lediglich bzw. höchstens in der Unterstufe wurde die Arbeit der Lehrerin, als Handarbeitslehrerin oder Turnlehrerin, anerkannt[6].
Erst die Weimarer Verfassung brachte die Gleichheit zwischen männlichen und weiblichen Lehrkräften. So besagt §28 der Verfassung: “Alle Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte werden beseitigt[7].“ Die Ausführungsbestimmungen ließen jedoch noch lange auf sich warten. 1920 bestimmte die Reichskonferenz: „Die Bildung der Lehrerin entspricht auf allen Stufen der der Lehrer[8].“
Somit durften die Lehrerinnenanwärter gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen die Akademien für Lehrerbildung besuchen. Für die Männer gab es neben diesen Akademien jedoch noch andere Institutionen. Aufgrund dessen entstand der Eindruck, dass die Ausbildung der weiblichen Lehrer, nur so nebenbei mitgenommen wurde[9].
Während des dritten Reiches vollzog sich wieder ein Rückschritt in der Lehrerbildung, die in besonderem Maße die Lehrerin traf. Schließlich wurde 1945 die Lehrerbildung wieder so gestaltet, wie in der Weimarer Zeit. Ab diesem Zeitpunkt gab es keine geschlechtspezifischen Ausbildungswege mehr[10].
1.1.2 Sozialgeschichtlicher Abriss des Gymnasiallehrberufs
Meist bezeichnet man den Gymnasiallehrer überspitzt als säkularisierten Theologen. Dabei ist zu erwähnen, dass die Lehrer der Kloster-, Dom- und Stiftschulen, in der Regel Mönche, Priester oder Geistliche waren, die nach dem Theologiestudium auf ihr erstes Amt warteten. Auch galt das theologische Examen zugleich als Lehrabschlussprüfung[11].
Mit der Errichtung des Oberschulkollegiums im Jahre 1787, der Einführung des Abiturs im Jahr 1788 sowie dem allgemeinen Landrecht von 1794, wodurch die Lehrer an Universitäten und Gelehrtenschulen zu Staatsbeamten wurden, entstand allmählich ein homogener Gymnasiallehrerbestand, welcher jedoch im Unterschied zu den Volksschullehrern, rechtlich und wirtschaftlich abgesichert war.
Weiters ist noch die soziale Rekrutierung der Gymnasiallehrer-Studenten zu erwähnen, da die soziale Herkunft ein mitverursachender Faktor für die Einstellung des Gymnasiallehrers zur Arbeitswelt sowie zur Produktion ist und ebenso sein Bild von der Gesellschaft prägt. So stammen die Gymnasiallehrer-Studenten überwiegend aus Beamtenfamilien[12].
1.1.3. Sozialgeschichtlicher Abriss des Lehrberufes an Berufsbildenden Schulen
Zu den Lehrern an Berufsbildenden Schulen zählen alle, welche an gewerblichen, hauswirtschaftlichen, kaufmännischen, landwirtschaftlichen und bergbaulichen Berufs- und Berufsaufbauschulen und den Berufsschulen und Fachschulen unterrichten. Die Lehrenden gliedern sich nach Ausbildung, Stellung und Arbeitsbereich in folgende Gruppen[13]:
- Diplom-Handelslehrer
- Gewerbelehrer
- Landwirtschaftslehrer
- Religionslehrer
- Fachlehrerfür Stenographie, Schreibmaschine, Bürokunde
- Lehrwerksmeister
Noch im 19. Jahrhundert unterrichteten überwiegend Volksschullehrer an den wenigen bestehenden Fortbildungsschulen und dies nur nebenamtlich. In erster Linie wird nun auf den Diplom-Handelslehrer sowie auf den Gewerbelehrer eingegangen. Der Grund ist jener, dass im kaufmännischen Sektor, eben beim Diplom-Handelslehrer, früher und stärker als in anderen beruflichen Bereichen, die Forderung nach dem beruflichen Handelslehrer gestellt wurde. Durften 1917, wie bereits erwähnt, Volksschullehrer an Fortbildungsschulen unterrichten, war ab 1917 ein bestandenes Diplom-Handelslehrerexamen für die Anstellung an kaufmännischen Schulen notwendig[14].
Der Beruf des Gewerbelehrers begann erst in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Wie bereits erwähnt, unterrichteten im 19. Jahrhundert noch überwiegend Volksschullehrer an den Fortbildungsschulen. Lange Zeit wurde diskutiert, ob Handwerksmeister- oder Volksschullehrer hauptamtlich eingesetzt werden sollten. Zwischen 1906 und 1913 richteten einige deutsche Bundesländer einen mindestens einjährigen Gewerbelehrkurs für Volksschullehrer und Praktiker ein. Nach dem Ersten Weltkrieg schließlich, setzte sich durch die Reichsverfassung von 1919, die in Artikel 148 die Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr ausdehnte, allgemein die Forderung nach einer speziellen Gewerbeausbildung, und zwar in hochschul- oder institutmäßiger Form, durch.
Die Diplomhandels- und Gewerbelehrer stammen überwiegend aus Volksschullehrerfamilien sowie aus anderen mittleren Schichten. Bis heute kann man sagen, dass der Beruf des Diplomhandels- und Gewerbelehrers eher dem männlichen Berufsträger zugeordnet werden kann[15].
1.1.4 Zusammenfassung der Geschichte des Lehrberufes
Zusammenfassend kann man feststellen, dass das berufliche Selbstverständnis, innerhalb der einzelnen Lehrergruppen in ihrer sozialgeschichtlichen Entwicklung, ihrer Vor- und Ausbildungsbedingungen, unterschiedlich ist. So definiert sich der Gymnasiallehrer überwiegend als Fachwissenschaftler, während sich der Volks- und Hauptschullehrer als Pädagoge oder Didaktiker sieht. Der Handels- und Gewerbelehrer leitet sein berufliches Selbstverständnis einerseits aus seiner Eigenschaft als Fachmann der Wirtschaft oder Technik ab, andererseits sieht er sich in diesen bereichen als Fachmann für Pädagogik[16].
2. Zur Feminisierung des Lehrberufes
2.1. Die Verweiblichung des Lehrberufes – 1946/47 bis 2002/03
Weshalb spricht man ausgerechnet im Lehrberuf von einer Femininisierung? Ursprünglich war der Beruf des Lehrers ein typischer Männerberuf.
Aufgrund dessen haben sich Frauen diesen Beruf, eben in Konkurrenz mit den Männern, im vorigen und diesem Jahrhundert erkämpfen müssen. Gerade im Pflichtschulbereich, vor allem an den Volksschulen, sind mehr Lehrerinnen als Lehrer anzutreffen.
Den Lehrkräften im Pflichtschulbereich aber vor allem an den Volksschulen, werden Eigenschaften des weiblichen Stereotypes zugeschrieben, wie Geduld, Einfühlsamkeit u.v.a. Auch die Fähigkeit der Kindererziehung, die im Allgemeinen dem Aufgabengebiet der Frau zugeschrieben wird, zählt zu den typisch weiblichen Eigenschaften[17].
[...]
[1] Vgl. Nave-Herz, R.(1977): Die Rolle des Lehrers S.1
[2] Ebenda, S. 1 ff
[3] Ebenda, S. 7.
[4] Ebenda, S. 8f.
[5] Nave-Herz, R. (1977): Die Rolle des Lehrers, S. 9.
[6] Ebenda, S. 9.
[7] Nave-Herz, R. (1977): Die Rolle des Lehrers, S. 10.
[8] Nave-Herz, R. (1977): Die Rolle des Lehrers, S. 10.
[9] Ebenda, S. 11.
[10] Ebenda, S. 11f.
[11] Ebenda. S. 12.
[12] Ebenda, S. 13.
[13] Vgl. Nave-Herz, R. (1977): Die Rolle des Lehrers, S. 14.
[14] Ebenda, S. 14.
[15] Ebenda, S. 15.
[16] Ebenda, S.16.
[17] Vgl. Ammann, T. (2004): Zur Berufszufriedenheit von Lehrerinnen, S. 97.
- Quote paper
- Andreas Bauer (Author), 2006, Frau Lehrer, Herr Direktor? Geschlechtsspezifische Aspekte der Positionsverteilung in schulischen Organisationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68583
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