Pole Poppenspäler ist eine der bekanntesten Novellen Theodor Storms. Ihren Anfang nahm sie gleich nach der Fertigstellung der Novelle Viola tricolor Ende Oktober 1873 und bereits am 24. Januar 1874 war das vollständige Poppenspäler-Manuskript fertig gestellt. Pole Poppenspäler war eine Auftragsarbeit - Theodor Storm schrieb die Novelle auf Bitte hin für die Zeitschrift Deutsche Jugend, in dessen vierten Band sie auch Ende Juni 1874 mit sechs Illustrationen von Carl Offterdinger erstmals erschien. Die erste Ausgabe als Buch lag 1875 zusammen mit der Novelle Waldwinkel bei Georg Westermann in Braunschweig vor. Heinrich Wolgast war es zu verdanken, dass Storms Novelle 1898 dann auch als separate und kostengünstige Buchausgabe erschien und somit bald zum Kanon des Literaturunterrichts gehörte.
Storms Zeitgenossen waren im Allgemeinen sehr angetan von Pole Poppenspäler und auch heute noch erfreut sich die Novelle großer Beliebtheit - gehört sie doch zu den meistgelesenen Schullektüren unter den historischen Texten.
Im Folgenden soll nun anhand einiger Interpretationen untersucht werden, ob der Dichter der programmatischen Bedeutung - für die Jugend zu schreiben - mit seiner Novelle gerecht geworden ist.
Im Hauptteil dieser Arbeit (3. Kapitel) werden einige gehaltvolle Anregungen dargestellt, die Storm offensichtlich für seine Novelle inspirierten und die in seine Arbeit an Pole Poppenspäler mit eingegangen sind. Eine besonders bedeutende Quelle scheint hier das Puppenspiel Doctor Johannes Faust von Karl Simrock zu sein. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Pole Poppenspäler für die Jugend
3. Persönliche Anregungen für Pole Poppenspäler
3.1 Das Motiv des Puppenspiels
3.2 Erlebnis vor dem Gefangenenhaus
3.3 Karl Simrocks Doctor Johannes Faust
4. Resümee
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Pole Poppenspäler ist eine der bekanntesten Novellen Theodor Storms. Ihren Anfang nahm sie gleich nach der Fertigstellung der Novelle Viola tricolor Ende Oktober 1873 und bereits am 24. Januar 1874 war das vollständige Poppenspäler -Manuskript fertig gestellt.
Pole Poppenspäler war eine Auftragsarbeit – Theodor Storm schrieb die Novelle auf Bitte hin für die Zeitschrift Deutsche Jugend, in dessen vierten Band sie auch Ende Juni 1874 mit sechs Illustrationen von Carl Offterdinger erstmals erschien. Die erste Ausgabe als Buch lag 1875 zusammen mit der Novelle Waldwinkel bei Georg Westermann in Braunschweig vor. Heinrich Wolgast war es zu verdanken, dass Storms Novelle 1898 dann auch als separate und kostengünstige Buchausgabe erschien und somit bald zum Kanon des Literaturunterrichts gehörte.
Storms Zeitgenossen waren im Allgemeinen sehr angetan von Pole Poppenspäler und auch heute noch erfreut sich die Novelle großer Beliebtheit – gehört sie doch zu den meistgelesenen Schullektüren unter den historischen Texten.
Im Folgenden soll nun anhand einiger Interpretationen untersucht werden, ob der Dichter der programmatischen Bedeutung – für die Jugend zu schreiben – mit seiner Novelle gerecht geworden ist.
Im Hauptteil dieser Arbeit (3. Kapitel) werden einige gehaltvolle Anregungen dargestellt, die Storm offensichtlich für seine Novelle inspirierten und die in seine Arbeit an Pole Poppenspäler mit eingegangen sind. Eine besonders bedeutende Quelle scheint hier das Puppenspiel Doctor Johannes Faust von Karl Simrock zu sein.
2. Pole Poppenspäler für die Jugend
Da Pole Poppenspäler eine Auftragsarbeit für die Jugendliteratur war (übrigens ist es Storms einziger ausdrücklicher Beitrag zur Jugendliteratur), kommt Storms Novelle programmatische Bedeutung zu. Das Ziel, eine Erzählung für die Jugend zu schreiben scheint Storm geglückt zu sein und seit den pädagogischen Bemühungen der Jugendschriftenbewegung unter der Leitung von Literaturpädagoge Heinrich Wolgast (1860-1920) wurde Storms Pole Poppenspäler zum Muster der Schullektüre ernannt.[1]
Interessant ist allerdings Storms Ansicht zur „Jugendschriftstellerei“ – er äußerte sich hierzu wie folgt im Nachwort seiner ersten Pole Poppenspäler -Buchausgabe (1875):
„Die Schwierigkeit der »Jugendschriftstellerei« war in ihrer ganzen Größe vor mir aufgestanden. »Wenn du für die Jugend schreiben willst«, - in diesem Paradoxon formulierte es sich mir - »so darfst du nicht für die Jugend schreiben! – Denn es ist unkünstlerisch, die Behandlung eines Stoffes so oder anders zu wenden, je nachdem du dir den großen Peter oder den kleinen Hans als Publikum denkst.«
Durch diese Betrachtungsweise aber wurde die große Welt der Stoffe auf ein nur kleines Gebiet beschränkt. Denn es galt einen Stoff zu finden, der, unbekümmert um das künftige Publikum und nur seinen inneren Erfordernissen gemäß behandelt, gleichwohl, wie für den reifen Menschen, so auch für das Verständnis und die Teilnahme der Jugend geeignet war.“[2]
Aus diesem Zitat geht hervor, dass es für Storm keine ausdrückliche und spezielle Schriftstellerei für die Jugend gab.
Heinrich Wolgast war der gleichen Auffassung wie Storm („Die Jugendschrift in dichterischer Form muß ein Kunstwerk sein“[3] ) und war deshalb auch der Meinung, dass es Theodor Storm gelungen sei, Pole Poppenspäler für die Jugend auszurichten. Wolgast argumentierte weiter mit dem Motiv des Puppenspiels, das seiner Meinung nach im Mittelpunkt der Erzählung stünde, und dass das Interesse der Jugend mehr oder weniger von den Stoffen (der zu behandelnden Lektüre) abhinge. Wolgast argumentierte für das Puppenspiel, da diesem seit Goethes Aus meinem Leben und Wilhelm Meister ein Ehrendenkmal gesetzt wurde und daraus „leidenschaftliches Interesse“ am Marionettentheater resultiere sowie eine „Bildungsquelle“ darstelle:
„Eine dichtgedrängte Kinderschar vor der Kasperbude, ist jedem von Jahrmärkten und Volksfesten her ein gewohnter, vielleicht auch erinnerungsreicher Anblick. Mit den Helden unserer Novelle durchlebt der kindliche Leser alle Wonnen, die das Puppentheater bieten kann. […] Dann die in eigener Ausführlichkeit gegebenen Stü name="_ftnref4" title="">[4]
Auch heute noch ist Pole Poppenspäler eine der meist gelesenen Lektüren im Schulunterricht. Allerdings kann man in der heutigen Zeit wohl weniger davon ausgehen, dass das Marionettentheater reges Interesse bei Kindern / Jugendlichen auslöst, und auch damals wollte Theodor Storm seinen Lesern schon zeigen, wie unzeitgemäß die Kunst des Puppenspielers war: indem er die letzte Aufführung Tendlers scheitern sowie den Kasperl sterben läßt.[5]
Es stellt sich hier nun die Aufgabe, anhand neuerer Auslegungen darzustellen, ob und inwiefern Pole Poppenspäler als Jugendnovelle zu verstehen ist. In diesem Sinne veröffentlichte Rüdiger Frommholz 1987 den Aufsatz Theodor Storms „Pole Poppenspäler“ – Kinder- oder Künstlergeschichte?.[6] Es wurde hier untersucht, ob die Novelle jugendgeeignet ist. Hierfür wurden die beiden poetisch gestalteten Motive „Kinderglück“ sowie „Puppenspiel“ exemplarisch betrachtet. Frommholz kam zu dem Schluss, dass die Novelle „keinesfalls als Kindergeschichte, sondern als vollgültige Dichtung gewertet“ werden sollte, sie aber „jugendgemäß ist und damit Jugendeignung besitzt, […].“[7]
Winfried Freund versteht Pole Poppenspäler als Entwicklungsnovelle, in der es um den Reifeprozess für die Liebe Liseis und Pauls geht:
„Storms Novelle für die Jugend ist weniger eine tragische Künstlergeschichte um einen alternden Puppenspieler als eine glücklich endende Entwicklungs- und Liebesgeschichte, in der das Ich den Weg zum Du findet. Nicht der alte Puppenspieler steht im Vordergrund, sondern das Liebespaar.“[8]
Zudem stellt Freund die Tatsache heraus, dass Storm „den Erwartungen der Jugendlichen nach einem Happy-End entgegen [kommt], das dazu angetan ist, in ihnen Vertrauen und Lebenszuversicht zu erwecken.“[9]
3. Persönliche Anregungen für Pole Poppenspäler
3.1 Das Motiv des Puppenspiels
Das Motiv des Puppenspiels, welches sich vor allem in der Binnenhandlung der Kindheit Pole Poppenspälers findet, ist besonders stark durch die Biographie Storms geprägt. So lässt sich hieraus ersehen, „dass er über eine subtile Kenntnis des Puppenspiels verfügte, zu dem er eine lebenslange Neigung bewahrte, wie sie auch Goethe besaß.“[10] Und auch Storms Tochter Gertrud schrieb - sich an den Vater erinnernd - : „Als mein Vater Quartaner war, schenkte ihm seine Großmutter Woldsen ein Puppenspiel zum Geburtstag. Diesem Puppentheater verdankte der Knabe Stunden unsäglichen Glückes.“[11]
In der Novelle wird auch Pauls Interesse für das Puppenspiel geweckt und er ist bei einer Aufführung „wie verzaubert“ davon:
„[…] diese seltsamen Bewegungen, diese feinen und schnarrenden Puppenstimmchen, die denn doch wirklich aus ihrem Munde kamen, - es war ein unheimliches Leben in diesen kleinen Figuren, das gleichwohl meine Augen wie magnetisch auf sich zog. […].“[12]
Vor allem aber zieht ihn die Figur des Kasperls magisch an. So sagt er über diesen Schelm: „Wenn dieser Bursche nicht lebendig war, so war noch niemals etwas lebendig gewesen. […] Ich war ganz vernarrt in den lieben Kerl!“[13]
Nach Rüdiger Frommholz folgt nun unmittelbar auf diese erste Phase des Staunens die zweite Phase: die der „Wolllust des Aufmerkens und Forschens“[14], in der sich für Paul eine Desillusionierung des Puppenspiels vollzieht. Das geschieht, indem Paul Liseis Verbot die Puppen anzufassen ignoriert und gleichwohl den „Tod“ der Puppe des Kasperls hervorruft: „Auf einmal tat es einen leisen Krach im Innern der Figur.“[15] Damit wird klar, dass der Kasper doch nur eine richtige Holzpuppe darstellt und Pauls Verzauberung bricht. Darauf folgt aber eine ganz entscheidende Entwicklung für die Beziehung zwischen Paul und Lisei, denn indem das Zauberhafte nun seinen Tod gefunden hatte, wird der Weg für das Lebendige frei - Paul findet zu Lisei: „Im Widerstreit zwischen Illusion und Wirklichkeit, zwischen faszinierender Marionette und zauberhaftem Mädchen lässt der Dichter, der leidenschaftlich bekannte »Wie köstlich ist es zu leben, bloß zu leben« , das Lebendige siegen.“[16]
[...]
[1] Vgl. Eversberg, Gerd: Pole Poppenspäler – zensiert. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 38 (1989) S. 55-62. S. 55.
[2] Storm, Theodor: Pole Poppenspäler. Stuttgart: Reclam 2002. S. 73.
[3] Wolgast, Heinrich: Das Elend unserer Jugendliteratur. 7. Auflage. Worms 1950. S. 25.
[4] Wolgast, Heinrich: Pole Poppenspäler. In: Jugendschriften-Warte 4 (5). Hamburg 1897. S. 13-15. S. 14.
[5] Vgl. Storm, Theodor: Pole Poppenspäler. Stuttgart: Reclam 2002. S. 63-68.
[6] Frommholz, Rüdiger: ´ Pole Poppenspäler ´ – Kinder- oder Künstlergeschichte? In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 36 (1987). S. 19-36.
[7] Ebd. S. 33.
[8] Freund, Winfried: Erläuterungen zu Theodor Storm: Pole Poppenspäler. In: Königs Erläuterungen und Materialien (Band 194). Bange Verlag, Hollfeld 2003. S. 7.
[9] Freund, Winfried: Erläuterungen zu Theodor Storm: Pole Poppenspäler. In: Königs Erläuterungen und Materialien (Band 194). Bange Verlag, Hollfeld 2003. S. 7.
[10] Frommholz, Rüdiger: ´ Pole Poppenspäler ´ – Kinder- oder Künstlergeschichte? In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 36 (1987). S. 19-36. S. 26.
[11] Storm, Gertrud: Vergilbte Blätter aus der grauen Stadt. Regensburg und Leipzig 1922. S. 23 f.
[12] Storm, Theodor: Pole Poppenspäler. Stuttgart: Reclam 2002. S. 16.
[13] Ebd. S. 16 f..
[14] Vgl. Frommholz, Rüdiger: ´ Pole Poppenspäler ´ – Kinder- oder Künstlergeschichte? In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 36 (1987). S. 19-36. S. 27.
[15] Storm, Theodor: Pole Poppenspäler. Stuttgart: Reclam 2002. S. 22.
[16] Frommholz, Rüdiger: ´ Pole Poppenspäler ´ – Kinder- oder Künstlergeschichte? In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 36 (1987). S. 19-36. S. 27 f..
- Arbeit zitieren
- Vanessa Lichtsinn (Autor:in), 2007, Theodor Storm: Pole Poppenspäler - eine Referatsausarbeitung -, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68540
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