„Weil es der ganzen Welt vor Augen steht, daß nirgends der Bauer unter schwererer Bedrückung lebt als allein in Polen (...) “
(Stefan Garczynski, Wojewode von Posen, 1742)
Die soziale und wirtschaftliche Lage von Polens Bauern im 18. Jahrhundert wurde nach der Einschätzung von vielen aufgeklärten Menschen wie Stefan Garczynski, dem deutschen Schriftsteller Joachim Schulz und dem englischen Historiker Coxe als dramatischer, unterdrückter und rückständiger eingestuft als in allen vergleichbaren Nationen und sogar offen mit der antiken Sklaverei verglichen. Polen galt als Land in dem die Gutsherrschaft und Leibeigenschaft eine deutliche Ausprägung aufwies. Diese Hausarbeit soll sich der Frage widmen, ob tatsächlich die Lage der polnischen Bauern dermaßen schlecht einzuschätzen war, wie es Garcynski und Andere behaupteten oder ob nicht die von ihnen vorgenommene Verallgemeinerung der wirtschaftlichen und sozialen Lage deutlich hinterfragt werden muß.
Dazu werde ich im Folgenden auf die rechtliche Lage der Bauern eingehen und die Wirtschaftsstruktur Polens im 18. Jahrhundert betrachten. Ein Vergleich mit anderen Nationen (vor allem Preußen) bietet sich an einigen Stellen an. Das 18. Jahrhundert, das in der polnischen Geschichte als ein Jahrhundert der großen Umbrüche bezeichnet werden kann (man denke an die polnischen Teilungen, die Persönlichkeit Stanislaw August, etc.), bietet außerdem interessante Reformansätze, die mit dem absoluten Schwerpunkt der polnischen Landwirtschaft von mir aufgegriffen werden sollen. Zum Abschluß der Hausarbeit soll ein Resümee stehen, in dem ich zu einer eigenen Einschätzung der wirtschaftlichen und sozialen Situation der polnischen Bauern gelangen möchte und die oben genannte Ausgangsfrage beantworten will.
Die Auswahl der von mir berücksichtigten Literatur umfaßt neben Werken, die die Sozialstruktur Polens und die wirtschaftliche Entwicklung bzw. deren Wandel betrachten, bewußt auch einen Reisebericht von Joachim Friedrich- Wilhelm Schulz (der Polen im Jahre 1793 bereiste) und einen Aufsatz von Zbigniew Kwasny, die in einer sehr wertvollen Weise der Ausgangsfrage dienlich sein werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Fronarbeit als Organisationsform der polnischen Landwirtschaft
- III. Die rechtliche Lage der untertänigen polnischen Bauern
- IV. Die wirtschaftliche Entwicklung der polnischen Landwirtschaft und damit verbundene Konflikte im Fronwesen
- V. Reformbestrebungen zur Verbesserung der Lage in der polnischen Landwirtschaft und der Bauern und ihre Durchsetzbarkeit
- VI. Resümee oder „Waren Polens Bauern im 18. Jahrhundert allesamt gleichwertig versklavt?“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der sozialen und wirtschaftlichen Lage der polnischen Bauern im 18. Jahrhundert. Sie hinterfragt die These, dass die Bauern in dieser Zeit unter besonders schwerer Bedrückung lebten und vergleicht die Situation mit der in anderen Ländern, insbesondere Preußen.
- Rechtliche Lage der Bauern
- Wirtschaftsstruktur Polens im 18. Jahrhundert
- Fronarbeit als Organisationsform der polnischen Landwirtschaft
- Reformansätze zur Verbesserung der Lage der Bauern
- Vergleich der Situation mit der in anderen Ländern, insbesondere Preußen
Zusammenfassung der Kapitel
II. Die Fronarbeit als Organisationsform der polnischen Landwirtschaft
Der überwiegende Teil der polnischen Bauern war im 18. Jahrhundert Leibeigene. Die Leibeigenschaft in Polen unterschied sich von der in Westeuropa, da sie auf der Nutzung des herrschaftlichen Ackerlandes beruhte. Die Fronarbeit wurde in Form von „Vorwerksproduktion“ organisiert, wobei die Bauern ein sensibles Gleichgewicht zwischen der Größe ihres eigenen Landes und den Bedürfnissen des Gutsherren finden mussten.
III. Die rechtliche Lage der untertänigen polnischen Bauern
Die Bauern wurden in verschiedene Kategorien (Vollbauern, Halbbauern, etc.) eingeteilt, wobei die Größe des ihnen zur Verfügung gestellten Landes die Höhe der Fronarbeit bestimmte. Neben den wöchentlichen Frondiensten mussten die Bauern auch zusätzliche Arbeiten wie die Haupterntezeit, Holzfällen und Wachdienste leisten.
IV. Die wirtschaftliche Entwicklung der polnischen Landwirtschaft und damit verbundene Konflikte im Fronwesen
Der Umfang der Fronarbeit variierte je nach Landesteil, Gutsform und Kategorie des Bauern. Ein Vollbauer auf einem Adelsgut musste wöchentlich etwa drei Tage Fronarbeit leisten. Dieser Vergleich mit Ostpreußen zeigt, dass die Fronlasten in Polen im Allgemeinen höher waren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die soziale und wirtschaftliche Lage der polnischen Bauern im 18. Jahrhundert, insbesondere die Leibeigenschaft, die Fronarbeit, die Vorwerksproduktion, die rechtliche Lage der Bauern und die wirtschaftliche Entwicklung der polnischen Landwirtschaft. Zudem werden Reformansätze und ein Vergleich mit der Situation in anderen Ländern, insbesondere Preußen, beleuchtet.
- Quote paper
- Sebastian Schneemelcher (Author), 2003, Die soziale und wirtschaftliche Lage der polnischen Bauern im 18. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68500