Gewalt unter Jugendlichen ist ein Thema, das in den letzten Jahren enorm an Brisanz gewonnen hat. Immer häufiger hört man von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und sogar Kindern oder von Übergriffen Jugendlicher auf Erwachsene. In den Berichterstattungen steht meist die körperliche Gewalt im Mittelpunkt, wobei Begriffe wie „psychische Demoralisierung“, „Mobbing“ und „Rassismus“ ebenso in diesen Zusammenhang gehören. Insgesamt scheint es, als nehme die Zahl gewaltbereiter Jugendlicher und das Ausmaß, in dem gewaltvolle Handlungen vollzogen werden, stetig zu. Auch wenn explizite Belege hierfür bisher nicht erbracht werden konnten, steht jedoch außer Frage, dass Gewalt von/unter Kindern und Jugendlichen ein ernst zu nehmendes Problem darstellt (vgl. Hurrelmann, Rixius, Schirp 1999, S. 11-12). In enger Verbindung mit Gewalt und Gewaltbereitschaft steht das Thema „Angst“. Sowohl körperliche als auch psychische Übergriffe lösen bei angegriffenen Personen Angst aus. Ein Gewaltopfer fühlt sich üblicherweise bedroht. Dass aber auch Täter Ängsten ausgesetzt sind, die neben weiteren sozialen Grundlagen und Einflüssen einen Grund für die Bereitschaft zu gewaltbesetzter Auseinandersetzung darstellen, rückt meist in den Hintergrund (Hurrelmann, Rixius, Schirp 1999, S. 12-18). Im Folgenden soll zunächst ein Überblick darüber gegeben werden, was Angst überhaupt ist, von welchem Nutzen sie für den Menschen sein kann und wodurch sie entsteht. Im Anschluss daran wird der Zusammenhang von Angst und Gewalt unter Jugendlichen aufgegriffen, wobei Opfer- und Täterängste gleichermaßen thematisiert werden. Auf dieser Grundlage wird das Phänomen des Angst-Gewalt-Teufelskreises erklärt. Abgerundet wird diese Hausarbeit schließlich durch nennenswerte Ansätze zum Versuch, den Teufelskreis von Angst und Gewalt zu durchbrechen und präventiv einzuschreiten. Das sich anschließende Fazit gibt Aufschluss über bisherige Erfolge und weiteren Handlungsbedarf. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erläuterungen zum Begriff „Angst
3. Theorien zur Entstehung von Ängsten
3.1 Die Psychoanalytische Theorie nach Freud
3.2 Der Lerntheoretische Ansatz nach Watson
3.3 Die Kognitive Theorie nach Lazarus
4. Der Zusammenhang von Angst und Gewalt bei Kindern und Jugendlichen
5. Auswege aus der Angst-Gewalt-Spirale
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Gewalt unter Jugendlichen ist ein Thema, das in den letzten Jahren enorm an Brisanz gewonnen hat. Immer häufiger hört man von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und sogar Kindern oder von Übergriffen Jugendlicher auf Erwachsene. In den Berichterstattungen steht meist die körperliche Gewalt im Mittelpunkt, wobei Begriffe wie „psychische Demoralisierung“, „Mobbing“ und „Rassismus“ ebenso in diesen Zusammenhang gehören. Insgesamt scheint es, als nehme die Zahl gewaltbereiter Jugendlicher und das Ausmaß, in dem gewaltvolle Handlungen vollzogen werden, stetig zu.
Auch wenn explizite Belege hierfür bisher nicht erbracht werden konnten, steht jedoch außer Frage, dass Gewalt von/unter Kindern und Jugendlichen ein ernst zu nehmendes Problem darstellt (vgl. Hurrelmann, Rixius, Schirp 1999, S. 11-12).
In enger Verbindung mit Gewalt und Gewaltbereitschaft steht das Thema „Angst“.
Sowohl körperliche als auch psychische Übergriffe lösen bei angegriffenen Personen Angst aus. Ein Gewaltopfer fühlt sich üblicherweise bedroht. Dass aber auch Täter Ängsten ausgesetzt sind, die neben weiteren sozialen Grundlagen und Einflüssen einen Grund für die Bereitschaft zu gewaltbesetzter Auseinandersetzung darstellen, rückt meist in den Hintergrund (Hurrelmann, Rixius, Schirp 1999, S. 12-18).
Im Folgenden soll zunächst ein Überblick darüber gegeben werden, was Angst überhaupt ist, von welchem Nutzen sie für den Menschen sein kann und wodurch sie entsteht.
Im Anschluss daran wird der Zusammenhang von Angst und Gewalt unter Jugendlichen aufgegriffen, wobei Opfer- und Täterängste gleichermaßen thematisiert werden. Auf dieser Grundlage wird das Phänomen des Angst-Gewalt-Teufelskreises erklärt.
Abgerundet wird diese Hausarbeit schließlich durch nennenswerte Ansätze zum Versuch, den Teufelskreis von Angst und Gewalt zu durchbrechen und präventiv einzuschreiten.
Das sich anschließende Fazit gibt Aufschluss über bisherige Erfolge und weiteren Handlungsbedarf.
2. Erläuterungen zum Begriff „Angst“
Eine übliche Lexikondefinition des Begriffs Angst lautet folgendermaßen: „[Angst ist ein] Affekt oder Gefühlszustand, der im Unterschied zur Furcht einer unbestimmten Lebensbedrohung entspricht. […]“ (Bibliographisches Institut und F.A. Brockhaus 2006).
Angst wird auch als „Gefahrenschutzinstinkt“ bezeichnet, der den menschlichen Körper darauf vorbereitet, auf eine akute Bedrohung zu reagieren. Stark vereinfacht kann man also sagen, dass Angst eine natürliche und lebensnotwendige Reaktion des Menschen auf Gefahr ist. Sie sorgt in einer konkreten Gefahrensituation, wie z.B. die Bedrohung durch ein gefährliches Tier oder den drohenden Absturz aus großer Höhe dafür, dass der Mensch sich entweder nach Kräften wehrt oder aber die Flucht ergreift. In der Regel ist dieses Gefühl also von Nutzen (vgl. Gerstmayr 2006).
Ist die Angst jedoch ohne berechtigt zu sein auf ein bestimmtes Objekt gerichtet, so spricht man von einer Phobie. Menschen, die sich beispielsweise vor Spinnen fürchten oder Angst davor haben, einen großen Platz zu überqueren, nennt man Phobiker. Hierbei handelt es sich allerdings nicht mehr um Angst im üblichen Sinne, sondern um eine Angst störung (vgl. Wolf 2005, S. 17). In dieser Arbeit geht es jedoch um Ängste in engem Zusammenhang mit psychischer und körperlicher Gewalt, also um gerechtfertigte, auf kein spezielles Objekt gerichtete Ängste.
Psychische und körperliche gewalttätige Übergriffe sind in unserer heutigen Gesellschaft bekanntlich keine Seltenheit mehr. Auf diese neue Art von Bedrohung reagieren Menschen ebenfalls mit Angst, man spricht hierbei von einer Form der sozialen Angst. Diese Art von Angst kann stark blockieren und begleitet die Betroffenen meist in jedem Lebensbereich, sprich, sie tritt nicht nur in der konkreten Gefahrensituation auf. Menschen mit sozialen Ängsten sind häufig verunsichert und misstrauisch gegenüber anderen Menschen (vgl. Zimbardo, Gerrig 2003, S. 614-615). Inwiefern diese Art von Ängsten im Zusammenhang mit Gewalt auftritt, wird in Kapitel Vier ausführlich beschrieben.
3. Theorien zur Entstehung von Ängsten
3.1 Die Psychoanalytische Theorie nach Freud
Der Psychoanalytiker Sigmund Freud erklärte sich die Entstehung von Ängsten durch das gestörte Miteinander dreier Komponenten innerhalb der menschlichen Psyche: Dem Es, das stellvertretend für die Triebhaftigkeit des Menschen steht, dem Ich, das mit dem menschlichen Verstand gleichzusetzen ist und dem Über-Ich, das sozusagen als Kontrollinstanz über dem Es wacht. Diese Kontrollinstanz bildet sich in den ersten Lebensjahren durch von der Gesellschaft vorgegebene Normen und Moralvorstellungen.
Das Ich vermittelt gewissermaßen zwischen Es und Über-Ich und versucht, beiden gerecht zu werden. Wird jedoch einer dieser Komponenten übermächtig, gerät das psychische Gleichgewicht ins Wanken (vgl. Zimbardo, Gerrig 2003, S. 533).
Freud unterscheidet zwischen Formen von nützlicher Angst und abnormaler, übertriebener Angst. Zur ersten Sorte gehören die Primär - und die Realangst. Hierbei befinden sich Es und Über-Ich im Gleichgewicht, das Ich kann also seine Aufgabe als Vermittler erfüllen. Die Primärangst ist laut Freud die Angst des Säuglings, von der Mutter getrennt zu werden und unterversorgt zu sein. Sie ist demnach lebensnotwendig. Die Realangst warnt den erwachsenen Menschen später vor realen Gefahren, hier nimmt das Ich diese Warnung als notwendig und vernünftig an.
Zur zweiten Sorte von Ängsten gehören laut Freuds Konzept die Neurotische und die Moralische Angst. Treten diese Ängste auf, so liegt das daran, dass das Ich nicht mehr in der Lage ist, ein Gleichgewicht zwischen Es und Über-Ich herzustellen. Im ersten Fall, wenn also neurotische Ängste auftreten, ist das Es, das stellvertretend für die menschlichen Triebe steht, übermächtig geworden, so dass es dem Ich, also dem Verstand, nicht mehr gelingt, diese auf vernünftige Art und Weise im Zaum zu halten. Vereinfacht kann man auch sagen, dass der Verstand zwar wahrnimmt, dass die auftretenden Ängste unnatürlich sind, er jedoch keine Möglichkeit hat, die psychischen Vorgänge zu regulieren.
Im entgegen gesetzten Fall, wenn also das Über-Ich bzw. das Gewissen übermächtig wird, tritt die Moralische Angst auf. Hierbei werden die Schuld- und Schamgefühle des Menschen so groß, dass sie mit Vernunft nicht mehr zu regulieren sind. Das Es wird in diesem Fall unterdrückt und kann nicht im gesunden Maße ausgelebt werden, wodurch es über kurz oder lang zu einer Art Ausbruch kommen muss. „Bei Androhung schwerer Strafe kommt es nicht nur zu Es -Gedanken, sondern auch zu Es -Äußerungen.“ (Gerstmayr 2006)
Beiden Arten von unnatürlicher übertriebener Angst ist gemeinsam, dass der Konflikt zwischen Es und Über-Ich zu extrem wird und das Ich seine Fähigkeit zu regulieren, einbüßt (vgl. Gerstmayr 2006 und Vetter 2001, S.89-99).
3.2 Der Lerntheoretische Ansatz nach Watson
John B. Watsons angsttheoretischer Ansatz, der später von Iwan Pawlow weiter ausgeführt wurde, beschäftigt sich mit der Fähigkeit des Menschen, zu lernen. Watson stellte fest, dass menschliche Verhaltensweisen als Konsequenz auf der Grundlage von Erfahrungen entstehen können. Das heißt konkret, dass z.B. jemand, der immer wieder oder einmal auf sehr einprägsame Art und Weise erfahren hat, dass eine Herdplatte im angestellten Zustand heiß ist, die Platte in Zukunft nicht mehr leichtsinnig anfassen wird. Je öfter der Mensch in die gleiche Situation gerät und immer wieder die gleiche Erfahrung macht, desto mehr verfestigt sich die Annahme über eine gewisse Gesetzmäßigkeit.
Ebenso lässt sich dieses Prinzip auf das Erlernen von Angst anwenden. Menschen können lernen, dass eine bestimmte Situation oder ein bestimmter Gegenstand Gefahr bedeutet und reagieren mit Angst, bzw. meiden die Situation oder den Gegenstand. Reagiert der Mensch in angemessenem Maße mit Angst, d.h., ist eine ängstliche Reaktion berechtigt, so erweist sich die Tatsache, dass die menschliche Psyche bestimmte Situationen, Gegenstände oder Lebewesen als gefährlich abspeichert, als sinnvoll und nützlich. Dass Angst demnach lernbar ist, zeigt Watsons folgender Versuch mit einem kleinen Jungen und einer Ratte.
Er führte den Jungen in einen Versuchsraum, indem sich bereits eine Ratte befand. Zunächst reagierte er furchtlos und neugierig auf das Tier. Daraufhin ließ man bei den folgenden Versuchsdurchgängen einen unangenehm lauten Ton hinter dem Jungen ertönen, woraufhin dieser erschrak. Je öfter Watson dieses Prozedere wiederholte, desto mehr Furcht entwickelte der Junge vor der Ratte. Ursprünglich hatte der laute Ton diese Reaktion bei ihm ausgelöst. Da er jedoch dieses Geräusch automatisch mit der in den Raum gelassenen Ratte in Verbindung brachte, führte letztendlich gegen Ende des Versuchs das alleinige Auftreten des Tieres bei ihm zu einer Angstreaktion.
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- Jasmin Kollé (Author), 2006, Gewalt und Ängste, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68010
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