„Das Genie, die Klugheit und der Geist eines Volkes offenbaren sich in seinen Sprichwörtern.“ (Francis Bacon) Mit dieser Äußerung des Staatsmannes und Philosophen Francis Bacon wird ausgedrückt, dass Sprichwörter und auch sie umfassende Phraseologismen in besonderer Weise als Träger kultur- und gesellschaftsspezifischer Erfahrungen gelten. Wenn Phraseologismen als Träger einer bestimmten Kultur fungieren, stellt sich die Frage, ob durch die unterschiedlichen Herkunftskulturen der Schüler Schwierigkeiten auftreten können. In der vorliegenden Arbeit soll daher die Frage erörtert werden, inwiefern Phraseologismen als Kulturzeichen zu betrachten sind und welche Schwierigkeiten damit im Zusammenhang mit DaF- Unterricht verbunden sind. Dafür sollen Beispiele aus dem deutschen und dem spanischen Sprachgebrauch herangezogen werden. Durch den begrenzten Umfang der Ausführung soll hier Phraseologismen, die nicht isiomatisch sind, lediglich umrissen und auf die grammatikalischen Besonderheiten nicht näher eingegangen werden. Zunächst diskutiere ich anhand verschiedener theoretischer Konzepte, was unter dem Begriff „Phraseologie“ zu verstehen ist, welche Funktionen Phraseologismen haben und welchen Beitrag sie zur Sprache leisten. Anschließend soll untersucht werden, inwiefern Phraseologismen als Kulturträger fungieren und dies exemplarisch an einigen Phraseologismen des Deutschen und des Spanischen veranschaulicht werden. Daran anknüpfend wird die Einordnung der Phraseologie in den DaF-Unterricht und ihre Bedeutung dargestellt und die möglichen Probleme herausgearbeitet, die für Fremdsprachenlerner Deutschlerner entstehen können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Phraseologismen
2.1. Begriffsdefinition
2.2. Funktionen der Phraseologismen
2.3. Gegenstand und Anwendungsbereich von Phraseologismen
3. Phraseologismen und Kultur
3.1. Phraseologismen als Kulturträger
3.2. Beispiele
4. Phraseologie im DaF-Unterricht
4.1. Einordnung in den DaF-Unterricht
4.2. Probleme für Fremdsprachenlerner
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Das Genie, die Klugheit und der Geist eines Volkes offenbaren sich in seinen Sprichwörtern.“ (Francis Bacon)
Mit dieser Äußerung des Staatsmannes und Philosophen Francis Bacon wird ausgedrückt, dass Sprichwörter und auch sie umfassende Phraseologismen in besonderer Weise als Träger kultur- und gesellschaftsspezifischer Erfahrungen gelten.
Wenn Phraseologismen als Träger einer bestimmten Kultur fungieren, stellt sich die Frage, ob durch die unterschiedlichen Herkunftskulturen der Schüler Schwierigkeiten auftreten können. In der vorliegenden Arbeit soll daher die Frage erörtert werden, inwiefern Phraseologismen als Kulturzeichen zu betrachten sind und welche Schwierigkeiten damit im Zusammenhang mit DaF- Unterricht verbunden sind. Dafür sollen Beispiele aus dem deutschen und dem spanischen Sprachgebrauch herangezogen werden. Durch den begrenzten Umfang der Ausführung soll hier Phraseologismen, die nicht isiomatisch sind, lediglich umrissen und auf die grammatikalischen Besonderheiten nicht näher eingegangen werden.
Zunächst diskutiere ich anhand verschiedener theoretischer Konzepte, was unter dem Begriff „Phraseologie“ zu verstehen ist, welche Funktionen Phraseologismen haben und welchen Beitrag sie zur Sprache leisten. Anschließend soll untersucht werden, inwiefern Phraseologismen als Kulturträger fungieren und dies exemplarisch an einigen Phraseologismen des Deutschen und des Spanischen veranschaulicht werden. Daran anknüpfend wird die Einordnung der Phraseologie in den DaF-Unterricht und ihre Bedeutung dargestellt und die möglichen Probleme herausgearbeitet, die für Fremdsprachenlerner Deutschlerner entstehen können.
2. Phraseologismen
2.1. Begriffsdefinition
Was aber ist unter Phraseologie genau zu verstehen? Der Fremdwörter-DUDEN definiert Phraseologie als „die Gesamtheit typischer Wortverbindungen bzw. Redewendungen einer Sprache“ (Duden Redaktion, 1983, 320). Diese Definition ist zwar verständlich, aber zu weit gefasst. Der Philologe Harald Burger (2003, 11-15) fasst unter Phraseologismen alle Ausdrücke zusammen, die mindestens drei Merkmale aufweisen:
- Polylexikalität: Die Phraseologismen bestehen aus mindestens zwei Wörtern.
- Festigkeit: Die Wortverbindungen sind als Einheit bekannt und werden als solche abgerufen. Sie sind stabil in dem Sinne, dass sie lexikalisch-semantisch fixiert sind, die Bedeutung ist also an die Realisierung bestimmter Komponenten gebunden. Ein Austausch dieser Komponenten durch lexikalisch ähnliche und die Änderung der Abfolge der Wörter ist nicht möglich. Dabei können die Verbindungen auch von der morphosyntaktischen und semantischen Regeln der Standardsprache abweichen.
- Idiomatizität: Idiomatisch sind die Wortverbindungen dann, wenn die Bedeutung und der Satzbau der Einheit nicht aus der semantischen Bedeutung und den syntaktischen Regeln der einzelnen Komponenten abgeleitet werden kann. Die Phraseologismen lassen sich durch die Art der Idiomatizität nochmals unterteilen, je nachdem, ob und wieviele Komponenten idiomatisch im semantischen Sinn sind. Sie sind kaum idiomatisch, wenn die normale Bedeutung der Wörter beibehalten wird (z.B. dick und fett). Von teilidiomatisch spricht man, wenn mindestens eine Komponente die eigentliche Bedeutung beibehält (z.B. klipp und klar). Vollidiomatisch sind die Wortverbindungen dann, wenn alle Wörter ihre eigentliche Bedeutung verlieren und in der Verwendung „umgedeutet“ werden (z.B. gang und gäbe).[1]
Die Phraseologie beschäftigt sich also mit festen Wortverbindungen, die aus mindestens zwei Wörtern bestehen und idiomatisch sind. Aus einzelnen Wörtern entstehen also neue Wortgruppen, die Phraseologismen. Aus diesen wiederrum werden die Idiome abgeleitet, also solche Wortgruppen, bei denen sich die ursprüngliche Bedeutung und Anordnungsregeln der einzelnen Komponenten verändern. Die Bedeutungsveränderung vollzieht dadurch, dass die wörtliche Bedeutung auf ein übertragenes, abstraktes Bild, eine Metapher, übertragen wird. Burger nennt daher Phraseologismen, die teil- oder vollidiomatisiert sind, metaphorische Idiome (ebd, 84). Laut der Sprachwissenschaftlerin Barbara Wotjak (1996, 4-5) umfassen Phraseologismen Kollokationen (im normalen Gebrauch verbundene Wörter wie Zähne putzen), Funktionsverbgefüge (bestehend aus einem sinnleeren Verb und einem abgeleiteten Nomen wie z.B. zur Verfügung stehen), Wortidiome (Wortverbindungen, die ein Wort ersetzen, also wortwertig sind, wie z.B. alles unter einen Hut bekommen), Satzidiome (idiomatische Redewendungen, die als vollständiger Satz benutzt werden wie z.B. Ach du grüne Neune!) und auch Sprichwörter (z.B. Wer nicht wagt der nicht gewinnt).
Burger (2003, 39-48) unterscheidet hingegen neun Formen von Phraseologismen:
1. Feste Phrase: Damit bezeichnet er satzwertige Wortverbindungen, die in einem bestimmten Kontext verwendet werden wie z.B. jmdm. geht ein Licht auf.
2. Topische Formeln: Sie sind ebenfalls satzwertig, stehen aber nicht in einem bestimmten Kontext. Beispiele hierfür sind Sprichwörter wie z.B. Wer als letzter kommt, den bestraft das Leben und Gemeinplätze, also Selbstverständlichkeiten wie z.B. von nichts kommt nichts.
3. Strukturmodelle: Die Komponenten sind so angeordnet, dass sie auch eine bestimmte Weise interpretiert werden können, die einzelnen Komponenten sind m.E. austauschbar. Beispiele hierfür sind Zahn um Zahn oder von Mann zu Mann.
4. Zwillingsformeln: Zwei (ähnliche oder gleiche) Wörter werden zu einer Formel verbunden wie z.B. fix und fertig.
5. Komparative Phraseologismen: Hierbei wird ein Verb durch einen festen Vergleich spezifiziert oder präzisiert wie z.B. schlau wie ein Fuchs oder dastehen wie versteinert.
6. Kinegramme: Gebräuchliches nonverbales Verhalten wird versprachlicht wie z.B. mit den Schultern zucken.
7. Geflügelte Worte: Dieser Ausdruck geht auf eine bestimmte Quelle zurück, wie z.B. Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage (aus „Hamlet“ von William Shakespeare).
8. Autorphraseologismen: Damit sind Wortverbindungen gemeint, die ein Autor entwickelt und dass nur im Kontext des Textes verständlich wird. Als Beispiel führt Burger auf den Steinen sitzen in Thomas Manns „Die Buddenbrooks“ an.
9. Onymische Phraseologismen: Diese Wortverbindungen werden als Eigennamen betrachtet, wie z.B. Das Rote Kreuz.
Phraseologismen sind also Verbindungen mehrerer Wörter, die eine Einheit bilden und deren Gesamtbedeutung oft nicht direkt aus der Bedeutung der Einzelelemente abgeleitet werden kann. Die Wortgruppen können unterschiedliche syntaktische Formen annehmen. Burger (2003, 37) unterscheidet zudem zwischen satzgliedwertigen und satzwertigen Phraseologismen. Satzgliedwertig sind die Wortverbindungen dann, wenn sie ein Satzglied oder ein Wort ersetzen, wie z.B. stehlen wie ein Rabe. Als satzwertig werden sie bezeichnet, wenn die Wortgruppe einen ganzen Satz ersetzen kann, wie z.B. Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!.
Satzgliedwertige Phraseologismen können unterschiedliche Wortarten in einem Satz ersetzen. Sie fungieren in einem Satz meist als Verben (z.B. ins Gras beißen). Anwendung finden sie jedoch auch als Ersatz für Nomen (z.B. roter Faden oder schwere Jungs), Adverbien (z.B. unter der Hand) und Adjektive (z.B. gut gepolstert sein). Auch phraseologische Vergleiche (z.B. dümmer, als die Polizei erlaubt) und Paarformeln sind in den Kernbereich der Wortidiome zu integrieren. Bei den Paarformeln kann es sich um Synonyme (z.B. Hab und Gut, kurz und bündig), Antonyme (z.B. auf Gedeih und Verderb) oder Alliterationen (z.B. Feuer und Flamme sein) handeln (Chrissou, 2001, 94).
2.2. Funktionen der Phraseologismen
Besonders charakteristisch ist die Verwendung von Phraseologismen im Zusammenhang mit Wortspielen, in der Werbung oder in literarischen Texten. Sie werden vom Sprecher eingesetzt, um bestimmte Effekte zu erreichen. Nach dem Philologen Wolfgang Fleischer (1997, 218-221) können Phraseologismen sechs unterschiedliche Funktionen haben:
1. Soziale Funktion: Phraseologismen können vom Sprecher dazu verwendet werden, um auf das Verhältnis zwischen den Gesprächsteilnehmern hinzuweisen. Beispiel hierfür ist etwa: Nun halt‘ mal die Luft an! im Gegensatz zu Bitte beruhigen Sie sich!
2. Emotionale Wertung: Der Sprecher hat eine bestimmte negative oder positive Haltung gegenüber einem Sachverhalt und kann diese Haltung durch die gewählte Wortverbindung indirekt übermitteln, wie z.B. etw. über einen Kamm scheren.
3. Kritische Ironie: Der Sprecher bedient sich veralteter Wortverbindungen, um sich von etwas durch Ironie zu distanzieren oder den Sachverhalt negativ zu bewerten, wie z.B. Bruder Leichtfuß. Zum Zweck der kritischen Ironie können diese Wortverbindungen auch modifiziert werden, wie z.B. Skeptiker vom Dienst.
4. Beschönigung: Phraseologismen können eingesetzt werden, um Anstößiges oder unangenehme Sachverhalte zu beschönige bzw. zu verhüllen, wie z.B. den Löffel abgeben.
5. Anschaulichkeit: Durch die Anwendung bestimmter Wortverbindungen kann die Aussage des Sprechers bildlich verdeutlicht werden, wie z.B. ... am Kelch des bürgerlichen Denkens nippen.
6. Vereinfachung: Der Sprecher kann mit den eingesetzten Phraseologismen Sachverhalte vereinfachen und auf eine allgemein anerkannte Form bringen, wie z.B. etw. geht unter die Haut.
[...]
[1] Teilidiomatisierte und vollidiomatisierte Phraseologismen werden unter dem Begriff „Idiome“ zusammengefasst. Kaum idiomatische Wortgruppen sollen in dieser Arbeit außer Acht gelassen und die Begriffe Phraseologismen und Idiome synonym verwendet werden.
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- Anna-Lisa Esser (Author), 2006, Phraseologie im DaF-Unterricht: Stolpersteine oder Chance? Eine Analyse am Beispiel deutscher und spanischer Redewendungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67890
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