Die „Waldeinsamkeit“ von Heinrich Heine wurde im Oktober 1851 innerhalb des Gedichtbandes „Romanzero“ veröffentlicht. Der „Romanzero“ besteht aus drei Büchern, wobei das zweite Buch mit der Überschrift „Lamentationen“ den Kern des Zyklus bildet. Vergleichbar ist der Aufbau dieses Gedichtbandes mit dem eines Altares, wodurch die „Lamentationen“ als Mittelstück seitlich von der historisch-mythologischen Vorgeschichten, den „Historien“ (erstes Buch), und der folgenden Nachgeschichte, den „Hebräischen Melodien“ (drittes Buch), eingerahmt wird.
Da sich innerhalb des zweiten Buches das lyrische Ich in direkter Selbstdarstellung über sein Leben äußert, das seit 1848 zunehmend von der Krankheit des Dichters geprägt ist, erhält es einen sehr persönlichen Charakter.
Die „Waldeinsamkeit“ ist das erste Gedicht der „Lamentationen“, worin seine Bedeutung in diesem Teil schon angezeigt wird. Es bildet den Eingang zu dem Kern des Werkes und kann somit auch als ein Prolog bezeichnet werden.
Der Titel „Waldeinsamkeit“ lässt vermuten, dass es sich hier um eine Isolierung des lyrischen Ichs in eine menschenscheue, romantische Welt handeln könnte.
Das Gedicht umfasst insgesamt 39 Strophen und lässt sich, wie auch das Gesamtwerk, in drei Abschnitte unterteilen. Auch hier liegt das Hauptgewicht wieder auf dem Mittelteil (Strophe 3-31). Eingebunden wird dieser Teil mit dem Gegensatz von Jugend, Gesundheit und Hoffnung zu Beginn des Gedichtes und Alter, Krankheit und Verlust am Ende des Gedichtes.
Während dieser Arbeit soll das Hauptaugenmerk auf dem Mittelteil des Gedichtes liegen, also auf Heines Leben mit dem Elementargeistern. Helmut Koopmann schrieb in seinem Aufsatz, dass Heine „die Beschreibung einer romantischen Welt, wie wir sie plastischer nicht aus der ‚Harzreise’ kennen“ und „die Kulisse, die hier entfaltet wird, [sagt] dabei nichts über eine individuell erlebte Waldeinsamkeit aus[sagt], sondern beschreibt diese formelhaft, wie dergleichen Szenerien in der Romantik immer beschrieben sind“. Diese Aussage soll anhand von Heines Aufsätzen „Elementargeister“ (1835) und „Shakespeares Mädchen und Frauen“ (1838) näher beleuchtet und auch kritisch hinterfragt werden.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die „Waldeinsamkeit“
2.1. Der junge Dichter
2.2. Die poetische Welt der Elementargeister
2.3. Der Verlust
3. Die „Waldeinsamkeit“ als eine Kulisse des Shakespeareschen „Sommernachtstraum“
3.1. Heines literarische Darstellung im Vergleich zu den Illustrationen von Johann Heinrich Füssli
4. Schlussbemerkung
5. Literaturverzeichnis
6. Abbildungsverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
Die „Waldeinsamkeit“ von Heinrich Heine wurde im Oktober 1851 innerhalb des Gedichtbandes „Romanzero“ veröffentlicht. Der „Romanzero“ besteht aus drei Büchern, wobei das zweite Buch mit der Überschrift „Lamentationen“ den Kern des Zyklus bildet. Vergleichbar ist der Aufbau dieses Gedichtbandes mit dem eines Altares, wodurch die „Lamentationen“ als Mittelstück seitlich von der historisch-mythologischen Vorgeschichten, den „Historien“ (erstes Buch), und der folgenden Nachgeschichte, den „Hebräischen Melodien“ (drittes Buch), eingerahmt wird.
Da sich innerhalb des zweiten Buches das lyrische Ich in direkter Selbstdarstellung über sein Leben äußert, das seit 1848 zunehmend von der Krankheit des Dichters geprägt ist, erhält es einen sehr persönlichen Charakter.[1]
Die „Waldeinsamkeit“ ist das erste Gedicht der „Lamentationen“, worin seine Bedeutung in diesem Teil schon angezeigt wird. Es bildet den Eingang zu dem Kern des Werkes und kann somit auch als ein Prolog bezeichnet werden.[2]
Der Titel „Waldeinsamkeit“ lässt vermuten, dass es sich hier um eine Isolierung des lyrischen Ichs in eine menschenscheue, romantische Welt handeln könnte.
Das Gedicht umfasst insgesamt 39 Strophen und lässt sich, wie auch das Gesamtwerk, in drei Abschnitte unterteilen. Auch hier liegt das Hauptgewicht wieder auf dem Mittelteil (Strophe 3-31). Eingebunden wird dieser Teil mit dem Gegensatz von Jugend, Gesundheit und Hoffnung zu Beginn des Gedichtes und Alter, Krankheit und Verlust am Ende des Gedichtes.[3]
Während dieser Arbeit soll das Hauptaugenmerk auf dem Mittelteil des Gedichtes liegen, also auf Heines Leben mit dem Elementargeistern. Helmut Koopmann schrieb in seinem Aufsatz, dass Heine „die Beschreibung einer romantischen Welt, wie wir sie plastischer nicht aus der ‚Harzreise’ kennen“ und „die Kulisse, die hier entfaltet wird, [sagt] dabei nichts über eine individuell erlebte Waldeinsamkeit aus[sagt], sondern beschreibt diese formelhaft, wie dergleichen Szenerien in der Romantik immer beschrieben sind“.[4] Diese Aussage soll anhand von Heines Aufsätzen „Elementargeister“ (1835) und „Shakespeares Mädchen und Frauen“ (1838) näher beleuchtet und auch kritisch hinterfragt werden.
2. Die „Waldeinsamkeit“
Zunächst möchte ich mich dem Inhalt des Gedichtes widmen, wobei ich mir die Frage gestellt habe, warum Heinrich Heine die „Waldeinsamkeit“ als Einführung in die „Lamentationen“, dem persönlichsten Buch des Romanzero, gewählt hat.
2.1. Der junge Dichter
Ich hab in meinen Jugendtagen
Wohl auf dem Haupt einen Kranz getragen;
Die Blumen glänzten wunderbar,
Ein Zauber in dem Kranze war.
Der schöne Kranz gefiel wohl Allen,
Doch der ihn trug hat Manchem missfallen;
Ich floh den gelben Menschenneid,
Ich floh in die grüne Waldeinsamkeit.[5]
In der Anfangsstrophe besinnt sich das lyrische Ich zurück auf seine Jahre als junger Dichter, wobei er diese Zeit fast zu glorifizieren scheint. Fast ironisch zeigt sich Heine als romantische Jünglingsgestalt, die „wohl“ einen Kranz aus glänzenden Blumen auf dem Haupt trug, welcher mit einem Zauber behaftet war. Der Kranz weist ihn als Dichter aus und steht gleichermaßen für Größe, Glanz, Erfolg und Können, womit die vergangenen Jugendjahre hier deutlich idealisiert werden.[6] Das Wörtchen „wohl“ im zweiten Vers bestätigt diese Aussage, wenn stattdessen Worte wie: vielleicht, wahrscheinlich oder vermutlich eingesetzt werden. Weiterhin wird mit dem Kranz aus Blumen auch eine für die Romantik charakteristische Naturverbundenheit gleich zu Beginn des Gedichtes hervorgehoben.
Bereits in der zweiten Strophe legt sich ein Schatten über diese Zeit. Zwar wird der Erfolg des jungen Dichters geehrt, doch „gelbe[r] Menschenneid“ ließ ihn vor der vertrauten äußeren Welt fliehen in eine „grüne Waldeinsamkeit“.
Auffällig ist hier die Gegenüberstellung der Farben gelb und grün. Das Bild des Menschen, welcher gelb vor Neid wird, ist bekannt und auch Goethe sagte über diese Farbe folgendes:
„eine heitere, muntere und sanfte Farbe; aber sie gleitet leicht ins Unangenehme“[7]
Der Farbe grün hingegen wird ein vermittelnder Charakter zugesprochen.
In ihr vereinigen sich Sinnbilder wie Freiheit, Ruhe und Erwartung. Eigenschaften, die das lyrische Ich nur in Abgeschiedenheit von der heimischen Welt zu finden scheint.[8]
2.2. Die poetische Welt der Elementargeister
Der zweite und umfangreichste Abschnitt ist meiner Meinung nach wieder in drei Teilabschnitte zu gliedern. In der dritten bis fünften Strophe wird der Übertritt des Poeten aus der vertrauten, bodenständigen Welt hinein in die Welt des Waldes beschrieben, wobei ein Bezug zu der anscheinenden, realen Welt noch immer vorhanden ist.
Im Wald, im Wald! Da konnt ich führen
Ein freies Leben mit Geistern und Tieren;
Feen und Hochwild von stolzem Geweih,
Sie nahten sich mir ganz ohne Scheu.
Beim Lesen fällt auf, dass der Dichter hier das Waldleben beinahe hierarchisch unterteilt. Zwar lebt er frei mit Geistern und Tieren, doch Feen und Hochwild scheinen eine gesonderte Stellung einzunehmen, denn sie nahten sich ihm ohne „Scheu“ und „Zagnis“. Die Aufnahme in dieses Reich gilt als etwas Besonderes und ist nicht jedem gewährt.
Sie nahten sich mir ganz ohne Zagnis,
Sie wussten, das sei kein schreckliches Wagnis;
Daß ich kein Jäger, wusste das Reh.
Daß ich kein Vernunftmensch, wusste die Fee.
Der Jäger bedroht die Tierwelt und der Vernunftmensch bedroht mit Sinn für Wirklichkeit und Erklärbarkeit die Existenz der Feen. Die Tiere und insbesondere die „Elementargeister“[9] bilden eine gesonderte Gesellschaftsform, die der Sagenwelt und des Volksglaubens. So bekommt hier das Hochwild eine Botenfunktion zwischen der geistlichen und menschlichen Welt. Sie gelten als sanfte Tiere und symbolisieren Wiedergeburt und Neuanfang.[10]
Festzuhalten mit Hinsicht auf den Schluss des Gedichtes ist das Reh, welches in der Bedrohung lebt, einem Jäger zum Opfer zu fallen.
In den folgenden 24 Strophen baut sich dem Leser eine sehr detailliert und farbig beschriebene Welt auf, in der sich die „Elementargeister“ um den Dichter tummeln.
Hierin bekommen Luftgeister, in Gestalt von Elfen, Erdgeister, repräsentiert durch Zwerge, Wassergeister, in Gestalt von Nixen, und der Feuergeist, symbolisiert durch die Salamander, ihr Gastspiel.[11] Alle Figuren bilden Elemente von Heines Dichtung und sind somit auch ein großer Bestandteil seines Lebens gewesen, was die ausführliche Darstellung dieser Welt der Illusion erklärt.
[...]
[1] Bartelt, Frauke: Entstehung und zeitgenössische Aufnahme des „Romanzero“ von Heinrich Heine. Diss. Christian-Albrecht-Universität zu Kiel. Kiel 1973. S. 34.
[2] Koopmann, Helmut: Heines „Romanzero“. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 97. 1978. Sonderheft. S. 55ff.
[3] Bartelt 1973. S. 44.
[4] zitiert nach: Koopmann 1978. S.58.
[5] diese, sowie auch die folgenden Strophen, zitiert nach: Heine, Heinrich: Romanzero. Mit einem Nachwort von Joseph A. Kruse und zeitgenössischen Illustrationen. Frankfurt am Main 1981. S. 107-113.
[6] Bartelt 1973. S.45.
[7] zitiert nach: Hg.: Biedermann, Hans : Knaurs Lexikon der Symbole. München 1998. S. 162.
[8] Biedermann 1998. S.171f.
[9] Heine, Heinrich: Elementargeister. In: Sämtliche Schriften in 7 Bänden. Hg. Klaus Briegleb. München 1976. Bd.5. S. 311- 374.
[10] Biedermann 1998. S . 194 -197.
[11] Heine 1976. Bd. 5. S. 311- 343.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2006, Die Bildlichkeit in Heinrich Heines 'Waldeinsamkeit', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67651
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