Alle Jahre wieder, so heißt es seit neun Jahren auf dem Münchner Olympiagelände. Alle Jahre wieder findet dann nämlich Lilalu, das größte Kinderzirkusfestival im süddeutschen Raum statt. Alle Jahre wieder können hier Kinder als Ferienprogramm eine Woche lang Zirkus nicht nur bestaunen, sondern selbst am Zirkusleben als Clown, Ziegendompteur oder Zauberin teilnehmen und schließlich in einer großartigen Galavorstellung ihre in dieser Woche erlernten Künste darbieten. Alle Jahre wieder … Die Überschrift eines Artikels der Süddeutschen Zeitung lässt anderes vermuten: „Sozialreferat kippt Kinderzirkus Lilalu“. Auch wenn hier nicht auf die dafür Ausschlag gebenden Gründe eingegangen werden soll, bringt dieser Zeitungsbeitrag ins Bewusstsein, dass Zirkus ein Mittel sein kann, kindliche Freizeit thematisch zu gestalten. Doch handelt es sich bei diesen Angeboten lediglich um Ablenkungs- und Feriengestaltungsmöglichkeiten? Oder könnte man im pädagogischen Sinne auch von bildenden Aspekten dieser Arbeit sprechen?
Tatsächlich etabliert sich seit den frühen 1980er Jahren ein Praxisfeld, das unter dem Stichwort Zirkuspädagogik zusammengefasst werden kann. Im Wesentlichen geht es hier darum, mit den Mitteln des Zirkus bestimmte pädagogische Ziele zu erreichen. Dies könnte auch als der kleinste gemeinsame Nenner bezeichnet werden, denn sowohl in Bezug auf die Mittel als auch auf die Ziele finden sich äußerst unterschiedliche Vorgehensweisen. So wollen beispielsweise die einen allein das Ziel Spiel erreichen und nutzen dazu die dem Zirkus inne wohnende Faszination zur Motivation von Kindern, um dann mit Hilfe von diversen, den Zirkusdisziplinen entsprechenden Spielmaterialien und -angeboten dieses Spiel anzuregen. Andere bieten Zirkus entsprechend dem einleitend genannten Lilalu - als Ferienprogramm an, bei dem innerhalb kurzer Zeiträume intensiv zirzensisches Leben nachempfunden werden kann. Und wieder andere arbeiten mit komplexen Settings, die denen des professionellen Zirkus nicht unähnlich sind: Zirkuskünste werden über längere Zeiträume konzentrierttrainiert,um später zu einer qualitativ hochwertigenAufführungzu gelangen; die pädagogische Zielsetzung richtet sich dementsprechend völlig anders aus als im davor genannten Fall. Zwischen diesen Polen existieren darüber hinaus eine Vielzahl von Formen zirkuspädagogischer Projekte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Vom Zirkus zur Zirkuspädagogik
- 2.1. Zum Phänomen Zirkus
- 2.1.1. Historischer Überblick
- 2.1.2. Die Zirkuskünste
- 2.2. Die Entdeckung des Zirkus durch die Pädagogik
- 2.3. Die aktuelle Situation der Zirkuspädagogik
- 2.3.1. Organisation und Struktur in Deutschland
- 2.3.2. Formen und Anwendungsfelder
- 2.3.2.1. Zirkus in der Schule
- 2.3.2.2. Außerschulischer Kinder- und Jugendzirkus
- 2.4. Zusammenfassung
- 3. Bildung
- 3.1. Zu Entstehungszusammenhang und Begriffsgeschichte
- 3.1.1 Von der Hinführung zur Gottesähnlichkeit zur Selbstgestaltung des Menschen
- 3.1.2 Von Verfallsgeschichte und Begriffskritik zur pädagogischen Grundkategorie
- 3.2 Dimensionen des Bildungsbegriffs
- 3.3 Zusammenfassung
- 3.4. Bildungsaspekte der Zirkuspädagogik?
- 4. Die Qualitative Untersuchung
- 4.1. Das Erhebungsverfahren
- 4.1.1. Überlegungen zum Methodischen Vorgehen
- 4.1.2. Das ExpertInneninterview
- 4.1.2. Der Leitfaden
- 4.1.3. Die Stichprobe
- 4.1.4. Beschreibung der Untersuchungssituation – Vorstellung der GesprächspartnerInnen
- 4.2. Die Datenauswertung
- 4.2.1. Überlegungen zum Auswertungsverfahren
- 4.2.2. Das Vorgehen
- 4.3. Darstellungsform der Ergebnisse
- 5. Darstellung und Interpretation der Ergebnisse
- 5.1. Die Praxis der Zirkuspädagogik und ihre grundlegenden Konzepte und Ziele
- 5.2. Zwischenbilanz
- 5.3. Dimensionen von Bildung in der Zirkuspädagogik
- 6. Zusammenfassung
- 7. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bildungsbedeutsamkeit der Zirkuspädagogik. Ziel ist es, zirkuspädagogische Arbeit, ihre Ziele, Grundannahmen und Arbeitsformen zu beschreiben und zu analysieren, inwieweit diese Praxis eine bildende Wirkung hat. Der Bildungsbegriff selbst wird dabei kritisch beleuchtet.
- Beschreibung der Zirkuspädagogik und ihrer verschiedenen Ausprägungen
- Analyse des Bildungsbegriffes in der Pädagogik
- Identifizierung möglicher Bildungsaspekte in der Zirkuspädagogik
- Qualitative Untersuchung mittels ExpertInneninterviews
- Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Bildungsdimensionen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Zirkuspädagogik ein und stellt die Forschungsfrage nach den Bildungsaspekten dieser Praxis. Sie veranschaulicht die Vielfalt zirkuspädagogischer Angebote, von einfachen Ferienprogrammen bis hin zu professionell angelegten Zirkusprojekten, und betont die Notwendigkeit, deren bildende Wirkung zu untersuchen. Die Komplexität des Bildungsbegriffes wird angedeutet und die Vorgehensweise der Arbeit skizziert.
2. Vom Zirkus zur Zirkuspädagogik: Dieses Kapitel liefert einen historischen Überblick über den Zirkus und seine Entwicklung. Es beschreibt die verschiedenen Zirkuskünste und beleuchtet den Übergang vom traditionellen Zirkus zur pädagogischen Nutzung seiner Elemente. Es werden verschiedene Formen und Anwendungsfelder der Zirkuspädagogik in Deutschland dargestellt, von Zirkusprojekten in Schulen bis hin zu außerschulischen Angeboten. Die Zusammenfassung dieses Kapitels bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung und den aktuellen Stand der Zirkuspädagogik.
3. Bildung: Das Kapitel befasst sich eingehend mit dem Bildungsbegriff und seiner Geschichte. Es analysiert verschiedene Dimensionen des Bildungsbegriffs, unter Berücksichtigung unterschiedlicher Bildungstheorien und ihrer jeweiligen Konzepte von der Relation des Subjekts zur Welt. Die verschiedenen Interpretationen und Debatten um den Bildungsbegriff werden umfassend dargestellt. Die Zusammenfassung dieses Kapitels fasst die wesentlichen Erkenntnisse zur Vielschichtigkeit des Bildungsbegriffes zusammen und bildet die Grundlage für die spätere Analyse der Bildungsaspekte in der Zirkuspädagogik.
4. Die Qualitative Untersuchung: Dieses Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise der qualitativen Untersuchung. Es erläutert die Wahl des ExpertInneninterviews als Erhebungsverfahren, detailliert den Aufbau des Leitfadens und die Auswahl der Interviewpartner. Die Durchführung der Interviews und die anschließende Datenauswertung werden genau dargestellt. Die Kapitelteil zu den Ergebnissen wird hier nicht zusammengefasst, da er im nächsten Kapitel analysiert wird.
5. Darstellung und Interpretation der Ergebnisse: Dieses Kapitel analysiert die Ergebnisse der durchgeführten ExpertInneninterviews. Es beleuchtet die Praxis der Zirkuspädagogik anhand ihrer grundlegenden Konzepte und Ziele, wie z.B. Training, Rolle des Trainers, Gruppenarbeit, Selbstständigkeit, Körperlichkeit, Partizipation, Bedeutung der Aufführung, Leistung und Scheitern. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf verschiedene Bildungsaspekte interpretiert (motorisch, sozial, emotional, politisch-ethisch-religiös, kognitiv, ästhetisch). Die Zwischenbilanz dieses Kapitels bereitet den Weg für die abschließende Zusammenfassung der Arbeit.
Schlüsselwörter
Zirkuspädagogik, Bildung, qualitative Forschung, ExpertInneninterviews, Bildungsaspekte, Zirkuskünste, pädagogische Ziele, Sozialisation, Körperlichkeit, Partizipation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Bildungsdimensionen der Zirkuspädagogik
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Bildungsbedeutsamkeit der Zirkuspädagogik. Sie beschreibt und analysiert zirkuspädagogische Arbeit, ihre Ziele, Grundannahmen und Arbeitsformen und fragt nach deren bildender Wirkung. Dabei wird der Bildungsbegriff kritisch beleuchtet.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Beschreibung der Zirkuspädagogik und ihrer verschiedenen Ausprägungen; Analyse des Bildungsbegriffes in der Pädagogik; Identifizierung möglicher Bildungsaspekte in der Zirkuspädagogik; Qualitative Untersuchung mittels ExpertInneninterviews; Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Bildungsdimensionen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung; Vom Zirkus zur Zirkuspädagogik (mit Unterkapiteln zur Geschichte des Zirkus, den Zirkuskünsten, der Entwicklung der Zirkuspädagogik und ihren Anwendungsfeldern); Bildung (mit Unterkapiteln zur Begriffsgeschichte und den Dimensionen des Bildungsbegriffs); Die Qualitative Untersuchung (Methodenbeschreibung, ExpertInneninterviews, Datenauswertung); Darstellung und Interpretation der Ergebnisse (Analyse der Ergebnisse der Interviews im Hinblick auf verschiedene Bildungsaspekte); Zusammenfassung; Ausblick.
Welche Methode wurde angewendet?
Die Arbeit verwendet eine qualitative Forschungsmethode. Es wurden ExpertInneninterviews durchgeführt, um Daten über die Praxis der Zirkuspädagogik und deren Bildungsaspekte zu erheben und zu analysieren.
Welche Ergebnisse wurden erzielt?
Die Ergebnisse der ExpertInneninterviews werden im fünften Kapitel dargestellt und interpretiert. Sie beleuchten die Praxis der Zirkuspädagogik anhand ihrer grundlegenden Konzepte und Ziele (Training, Rolle des Trainers, Gruppenarbeit, Selbstständigkeit, Körperlichkeit, Partizipation, Bedeutung der Aufführung, Leistung und Scheitern) und analysieren diese im Hinblick auf verschiedene Bildungsaspekte (motorisch, sozial, emotional, politisch-ethisch-religiös, kognitiv, ästhetisch).
Welche Bildungsaspekte werden in der Zirkuspädagogik identifiziert?
Die Arbeit identifiziert verschiedene Bildungsaspekte in der Zirkuspädagogik, die im Detail im fünften Kapitel anhand der Ergebnisse der qualitativen Untersuchung erläutert werden. Diese umfassen motorische, soziale, emotionale, politisch-ethisch-religiöse, kognitive und ästhetische Bildung.
Wie ist der Bildungsbegriff in der Arbeit definiert?
Die Arbeit analysiert den Bildungsbegriff kritisch und umfassend, wobei verschiedene Dimensionen und Bildungstheorien berücksichtigt werden. Die verschiedenen Interpretationen und Debatten um den Bildungsbegriff werden dargestellt. Eine prägnante Definition wird im dritten Kapitel entwickelt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Zirkuspädagogik, Bildung, qualitative Forschung, ExpertInneninterviews, Bildungsaspekte, Zirkuskünste, pädagogische Ziele, Sozialisation, Körperlichkeit, Partizipation.
- Quote paper
- Jörn Killinger (Author), 2006, Bildungsaspekte der Zirkuspädagogik - Eine Studie zur Bildungsbedeutsamkeit der Zirkuspädagogik auf der Basis von ExpertInneninterviews, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67409