In den vergangenen zehn Jahren ließ sich eine deutlich zunehmende Tendenz bei der Publikation ‚Junger deutschsprachiger Literatur’ feststellen. Hierunter fasst man die oftmals autobiographischen Werke über das Jugenddasein nach 1965 geborener AutorInnen zusammen. Zu den Bekanntesten unter ihnen zählen unter anderem Tanja Dückers (geb. 1968), Bettina Galvagni (geb. 1976), Jakob Hein (geb. 1971), Sarah Kahn (geb. 1971), Selim Özdogan (geb. 1971) und Malin Schwerdtfeger (geb. 1972). Da die AutorInnen „mit ihrer Sprache“ über „ihre Welt“ und „über ihre Empfindungen“ schreiben, wird die Literatur erneut zum „Selbstverständigungsmedium einer neuen Generation“ 1 . Diese neue deutschsprachige Popliteratur löste die in den 1960er Jahren erstmals unter diesem Begriff aufkommende ‚Popliteratur’ ab, welche unterhaltsam war und Fernsehen, Mode und Musik sehr offen gegenüber stand. Im Autorkonzept der 1990er Jahre stellt die „Literatur tendenziell ein sekundäres Medium dar“, weil die „ersten künstlerischen Versuche“ meist in anderen Medien gemacht wurden. 2 Obwohl die ‚Jugend’ in den Texten oft fokussiert wird, handelt es sich nicht um Jugend- sondern Allgemeinliteratur. Die Werke sind hauptsächlich an Leser gerichtet, die sich in der Phase der Postadoleszenz befinden, also zwischen zweiundzwanzig und fünfunddreißig Jahren alt sind. 3 Diese Entwicklung einer eigenen Literatur für diese Altersgruppe lässt sich unter anderem auf den Bedeutungsgewinn der Zwischenphase zwischen Jugend- und Erwachsenenstatus zurückführen. Gründe für diese neue Wertschätzung der Jugendphase sind in der ideologischen, aber vor allem auch strukturell bedingten Verlängerung des Jugendstatus sowie eines daraus resultierenden verspäteten Eintritts ins Erwachsenendasein zu sehen. [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definition
2.1 Die weibliche Adoleszenz betrachtet aus der Sicht psychoanalytischer und soziologischer Modellbildung
2.2 Der weibliche Adoleszenzroman
3 Die Darstellung einer weiblichen Adoleszenz in Sarah Khans Roman Gogo-Girl (1999 )
3.1 Mutter – Tochter – Konflikt
3.2 Entwicklung einer weiblichen Identität
3.3 Ausbildung, Bildung, Studium
3.4 Peergroup / Jugendkulturen
3.5 Identitätskrise ?
4 Ruth – Gogo-Girl ein Adoleszenzroman ?
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In den vergangenen zehn Jahren ließ sich eine deutlich zunehmende Tendenz bei der Publikation ‚Junger deutschsprachiger Literatur’ feststellen. Hierunter fasst man die oftmals autobiographischen Werke über das Jugenddasein nach 1965 geborener AutorInnen zusammen.
Zu den Bekanntesten unter ihnen zählen unter anderem Tanja Dückers (geb. 1968), Bettina Galvagni (geb. 1976), Jakob Hein (geb. 1971), Sarah Kahn (geb. 1971), Selim Özdogan (geb. 1971) und Malin Schwerdtfeger (geb. 1972).
Da die AutorInnen „mit ihrer Sprache“ über „ihre Welt“ und „über ihre Empfindungen“ schreiben, wird die Literatur erneut zum „Selbstverständigungsmedium einer neuen Generation“[1]. Diese neue deutschsprachige Popliteratur löste die in den 1960er Jahren erstmals unter diesem Begriff aufkommende ‚Popliteratur’ ab, welche unterhaltsam war und Fernsehen, Mode und Musik sehr offen gegenüber stand.
Im Autorkonzept der 1990er Jahre stellt die „Literatur tendenziell ein sekundäres Medium dar“, weil die „ersten künstlerischen Versuche“ meist in anderen Medien gemacht wurden.[2] Obwohl die ‚Jugend’ in den Texten oft fokussiert wird, handelt es sich nicht um Jugend- sondern Allgemeinliteratur. Die Werke sind hauptsächlich an Leser gerichtet, die sich in der Phase der Postadoleszenz befinden, also zwischen zweiundzwanzig und fünfunddreißig Jahren alt sind.[3]
Diese Entwicklung einer eigenen Literatur für diese Altersgruppe lässt sich unter anderem auf den Bedeutungsgewinn der Zwischenphase zwischen Jugend- und Erwachsenenstatus zurückführen.
Gründe für diese neue Wertschätzung der Jugendphase sind in der ideologischen, aber vor allem auch strukturell bedingten Verlängerung des Jugendstatus sowie eines daraus resultierenden verspäteten Eintritts ins Erwachsenendasein zu sehen.
Zu den zentralen Themenkomplexen in der Adoleszenzliteratur zählen die Suche nach der eigenen Identität im Zuge des Erwachsenwerdens und die dazugehörige typische adoleszente Befindlichkeit, sowie die Abgrenzung von der eigenen Elterngeneration (Angehörige der Alternativkulturen der 1970er und 1980er Jahre).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Daher wird ein Schwerpunkt vor allem auf die konflikthaften Mutter-Tochter-Konstellationen gesetzt.
Die Darlegung der eigenen Gefühlswelten sowie die Beschäftigung mit dem eigenen Selbst dominieren ebenso wie die Themen Frauenfreundschaften und Liebesleben.
Eine eher untergeordnete Rolle spielen oft indirekt dargestellte politische Themen oder gesellschaftliche Situationen, insbesondere von Frauen.
Der Schwerpunkt meiner Hausarbeit liegt im Bereich der weiblichen Adoleszenzliteratur. Ich werde mich daher zunächst mit einer Definition der weiblichen Adoleszenz und des weiblichen Adoleszenzromans beschäftigen, bevor ich daran anschließend die Darstellung einer weiblichen Adoleszenz in Sarah Khans Roman Gogo-Girl analysiere.
2 Definition
2.1 Weibliche Adoleszenz betrachtet aus der Sicht psychoanalytischer und soziologischer Modellbildung
Die Adoleszenz lässt sich in ihrer Funktion als Entwicklungsaufgabe am ehesten durch ihre wichtigsten Aufgabenfelder beschreiben. Hierzu gehören „die Unterordnung der Partialtriebe unter das Primat der Genitalität“, „die Ablösung von den Eltern, das Finden von Sexualpartnern außerhalb der Familie“ und „die Umgestaltung der seelischen Struktur“.[4]
Der Beginn der Adoleszenz wird markiert durch die Menarche welche die Mädchen oft in ein Wechselbad der Gefühle drängt.
Die Tatsache, dass ein Mädchen plötzlich einen fast erwachsenen Frauenkörper hat, löst schwierige Gefühle in der Beziehung zur Mutter aus. Es wird endgültig klar, dass das Mädchen von der Mutter getrennt ist, nicht mehr beschützter Teil von ihr, der wenig Verantwortung tragen musste – und zugleich löst die Tatsache, dass Mutter und Tochter sich gleichen, viele verwickelte Gefühle aus, in denen es um Konkurrenz und Eifersucht geht, was wieder mit den Liebes- und Abhängigkeitswünschen in Konflikt kommt.[5]
Neben den inneren Umgestaltungen werden von der Realität zunehmend Ansprüche gestellt. Die Mädchen sollen eine eigenständige persönliche Identität entwickeln, welche nicht nur auf der Sexualität fundiert. Diese Phase grenz t sich ein zwischen dem 17. und 21. Lebensjahr.
Die hinzukommende Entfernung von den elterlichen Geboten wird häufig begleitet durch intensive Gefühle „der Leere, der Trauer, der Depression“.[6] Angst und Schuldgefühle treten auf, wenn durch die Intensivierung der sexuellen Bedürfnisse der Drang nach Masturbation aufkeimt. Die Fähigkeiten zum abstrakten und logischen Denken reifen in der Adoleszenz aus bis allgemeine Gesetze entwickelt und Schlussfolgerungen sowie Hypothesen entwickelt werden können.
Aktuelle Untersuchungen weisen auf, dass sich weibliche Adoleszente durch ein beträchtliches Selbstbewusstsein auszeichnen. Trotz zuvor beschriebener Unsicherheiten im Selbstfindungsprozess haben die jungen Frauen eine konkrete Vorstellung über ihre Zukunft. Diese entspricht meistens einer qualifizierten beruflichen Ausbildung, ökonomischer Unabhängigkeit (sowohl von den Eltern als auch von einem Mann) sowie der Selbstverwirklichung.
[...]
[1] Hielscher, Martin: Geschichte und Kritik. Die neue Lesbarkeit und ihre Notwendigkeit. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 31 (2001), H. 124, S. 56-64.
[2] Frank, Dirk: „Talking about my generation“. Generationskonstrukte in der zeitgenössischen Pop-Literatur. In: Der Deutschunterricht 52 (2000), H. 5, S. 69-85, hier: S. 72.
[3] Vgl. Kaulen, Heinrich: Der Autor als Medienstar und Entertainer. Überlegungen zur neuen deutschen Popliteratur. In: Lesen zwischen Neuen Medien und Pop-Kultur. Kinder- und Jugendliteratur im Zeitalter multimedialen Entertainments. Hg. von Hans-Heino Ewers. Weinheim [u.a.]: Juventa Vlg. 2002. (Jugendliteratur-Theorie und Praxis) S. 209-228, hier: S. 216.
[4] Jongbloed-Schurig, Ulrike: Weibliche und männliche Adoleszenz aus psychoanalytischer Sicht. In: „Mit fünfzehn hat es noch Träume...“. Lebensgefühl und Lebenswelten in der Adoleszenz. Hg. von Hafeneger, Bruno, Mechthild Jansen, Christina Klose. Opladen: Leske und Budrich 1998, S. 99-111, hier S. 99.
[5] Ebd., S. 100.
[6] Ebd
- Quote paper
- Stefanie Wagenbrenner (Author), 2005, Sarah Khans Roman Gogo-Girl (1999) - ein Adoleszenzroman?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66894
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