Das Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte wurde durch verschiedene Finanzskandale großer amerikanischer Firmen, wie dem Energiekonzern Enron oder dem Telekommunikationsunternehmen Worldcom nachhaltig geschädigt. Dem entstandenen Vertrauensverlust versuchte der amerikanische Gesetzgeber mit der Verabschiedung des Sarbanes-Oxley Act (SOA) entgegenzuwirken, der mit der Unterzeichnung von Präsident George W. Bush am 30. Juli 2002 rechtskräftig wurde. Benannt wurde das Gesetz nach den beiden Autoren, Senator Paul S. Sarbanes und dem Kongressabgeordneten Michael G. Oxley. 1 Dem Gesetzestext geht folgender Einführungssatz voraus: “An Act to protect investors by improving the accuracy and reliability of corporate disclosures made pursuant to the securities laws, and for other purposes.” 2 Ziel des Gesetzes ist es demnach, die Anleger durch genauere und verlässlichere Unternehmenspublizität zu schützen. Das Gesetz soll einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Corporate Governance von börsennotierten Unternehmen leisten. Die Einzelvorschriften zielen darauf ab, die Qualität der Finanzberichterstattung und der veröffentlichten Informationen börsennotierter Unternehmen zu verbessern, indem die Verantwortlichkeiten des Managements und des Board of Directors genauer definiert, die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer bestärkt, leistungsfähigere interne Kontrollen vorgeschrieben und härtere Strafen bei Nichteinhaltung der Vorschriften eingeführt werden. Die Regelungen zielen darauf ab, das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wiederzugewinnen. Auch wenn der Sarbanes-Oxley Act ein US-amerikanisches Gesetz ist, hat er dennoch unmittelbare Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, die an einer amerikanischen Börse gelistet sind. Denn unabhängig vom Stammsitz des Unternehmens unterliegen alle Gesellschaften, die an US-amerikanischen Börsen notiert sind, den Regelungen des SOA. Darüber hinaus unterliegen auch Tochtergesellschaften von Unternehmen, deren Aktien an amerikanischen Börsen gehandelt werden, den Vorschriften des SOA. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Vorgehensweise und Aufbau
2. Der Sarbanes-Oxley Act of 2002
2.1. Anlass und Auslöser
2.1.1. Der Fall Enron
2.1.2. Der Fall Worldcom
2.2. Ziele des Sarbanes-Oxley Act
2.2.1. Geltungsbereich des Sarbanes-Oxley Act
2.2.2. Die Securities and Exchange Commission – Die Durchsetzungsbehörde
2.3. Inhalt des Gesetzes
2.3.1. Title I – Public Company Accounting Oversight Board
2.3.2. Title II – Auditor Independence
2.3.3. Title III – Corporate Responsibility
2.3.4. Title IV – Enhanced Financial Disclosures
2.3.5. Title V – XI
2.4. Corporate Governance
2.4.1. Der Begriff Corporate Governance
2.4.2. Corporate Governance Systeme
2.4.2.1. Monistische Systeme
2.4.2.2. Dualistische Systeme
2.5. Unterschiedliche Managementmethoden im Zusammenhang mit dem SOA
2.5.1. Compliance Management
2.5.2. Risikomanagement
2.5.3. Anti-Fraud Management
2.5.4. Verflechtungen
3. Auswirkungen des SOA auf deutsche Unternehmen
3.1. Section 301 – Einrichtung eines Audit Committee
3.1.1. Aufgaben eines Audit Committee gemäß Sarbanes-Oxley Act
3.1.2. Das Audit Committee in deutschen Unternehmen
3.1.3. Vergleich Section 301 – deutsches Recht
3.2. Section 302 – Disclosure Controls and Procedures
3.2.1. Ausgestaltung von Disclosure Controls and Procedures
3.2.2. Aufgaben eines Disclosure Committee
3.2.3. Vergleich Section 302 – deutsches Recht
3.3. Section 404 – Einrichtung und Dokumentation eines Internen Kontrollsystems der Finanzberichterstattung
3.3.1. Begriff des Internen Kontrollsystems
3.3.2. COSO als Rahmenwerk für das Interne Kontrollsystem
3.3.3. Definition des Internen Kontrollsystems nach COSO
3.3.4. Komponenten des Internen Kontrollsystems
3.3.4.1. Kontrollumfeld
3.3.4.2. Risikobeurteilungen
3.3.4.3. Kontrollaktivitäten
3.3.4.4. Information und Kommunikation
3.3.4.5. Überwachung des internen Kontrollsystems
3.3.5. Vergleich Section 404 – deutsches Recht
3.4. Der Deutsche Corporate Governance Kodex
4. Empirische Untersuchung
4.1. Literaturanalyse zu Kosten - Nutzenaspekten
4.1.1. Studie: SEC Final Rule Management’s Reports on Internal Control Over
Financial Reporting and Certification of Disclosure in Exchange Act
Periodic Reports
4.1.2. Studie: FEI Survey on Sarbanes-Oxley Section 404 Implementation
4.1.3. Studie: Sarbanes-Oxley Section 404 Work - Looking at the benefits
4.1.4. Studie: Auswirkungen des SOA auf deutsche Unternehmen: Kosten, Nutzen
Folgen für US-Börsennotierungen
4.1.5. Studie: Der SOA als Instrument der Corporate Governance
4.1.6. Zusammenfassung
4.2. Die eigene Befragung
4.2.1. Vorgehensweise und Aufbau
4.2.2. Abschnitt 1: Fragen zu den Unternehmen
4.2.3. Abschnitt 2: Fragen zu den Zielen des SOA
4.2.4. Abschnitt 3: Fragen zu Nutzenaspekten des SOA
4.2.5. Abschnitt 4: Fragen zu der Kosten-/ Nutzenrelation des SOA
4.2.6. Ergebnis
5. Fazit und Ausblick
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Gliederung und Inhalt des Sarbanes-Oxley Act
Abbildung 2: COSO Würfel
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Das Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte wurde durch verschiedene Finanzskandale großer amerikanischer Firmen, wie dem Energiekonzern Enron oder dem Telekommunikationsunternehmen Worldcom nachhaltig geschädigt. Dem entstandenen Vertrauensverlust versuchte der amerikanische Gesetzgeber mit der Verabschiedung des Sarbanes-Oxley Act (SOA) entgegenzuwirken, der mit der Unterzeichnung von Präsident George W. Bush am 30. Juli 2002 rechtskräftig wurde. Benannt wurde das Gesetz nach den beiden Autoren, Senator Paul S. Sarbanes und dem Kongressabgeordneten Michael G. Oxley.[1]
Dem Gesetzestext geht folgender Einführungssatz voraus: “An Act to protect investors by improving the accuracy and reliability of corporate disclosures made pursuant to the securities laws, and for other purposes.”[2] Ziel des Gesetzes ist es demnach, die Anleger durch genauere und verlässlichere Unternehmenspublizität zu schützen. Das Gesetz soll einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Corporate Governance von börsennotierten Unternehmen leisten. Die Einzelvorschriften zielen darauf ab, die Qualität der Finanzberichterstattung und der veröffentlichten Informationen börsennotierter Unternehmen zu verbessern, indem die Verantwortlichkeiten des Managements und des Board of Directors genauer definiert, die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer bestärkt, leistungsfähigere interne Kontrollen vorgeschrieben und härtere Strafen bei Nichteinhaltung der Vorschriften eingeführt werden. Die Regelungen zielen darauf ab, das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wiederzugewinnen.
Auch wenn der Sarbanes-Oxley Act ein US-amerikanisches Gesetz ist, hat er dennoch unmittelbare Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, die an einer amerikanischen Börse gelistet sind. Denn unabhängig vom Stammsitz des Unternehmens unterliegen alle Gesellschaften, die an US-amerikanischen Börsen notiert sind, den Regelungen des SOA. Darüber hinaus unterliegen auch Tochtergesellschaften von Unternehmen, deren Aktien an amerikanischen Börsen gehandelt werden, den Vorschriften des SOA. Das Gesetz hat seit seiner Verabschiedung eine intensive Diskussion über die Kosten und den Nutzen der
Vorschriften ausgelöst. Kritiker bezeichnen den SOA als einen „kolossalen Fehler“[3], wohingegen Michael Oxley das Gesetz in einem Interview verteidigt:„Mit diesem Gesetz haben die Investoren wieder ihr Vertrauen in die Börse zurück gewonnen und das war die wichtigste Voraussetzung für die allgemeine Wirtschaftserholung.“[4]
Ziel meiner Thesis ist es, die Auswirkungen der gesetzlichen Anforderungen des SOA auf deutsche börsennotierte Unternehmen herauszuarbeiten. Welche Konsequenzen haben die Vorschriften des SOA auf deutsche Unternehmen? Sind die Abschnitte des SOA mit deutschem Recht kompatibel? Gibt es vergleichbare rechtliche Initiativen in Deutschland, bedingt durch den SOA? Diese Fragen möchte ich in meiner Bachelor Thesis analysieren. In einer, von mir durchgeführten Befragung deutscher Wirtschaftsunternehmen, die den Vorschriften des SOA unterliegen, möchte ich insbesondere Nutzenpotenziale des Gesetzes identifizieren. Wird die Intention der Gesetzgeber erreicht? Wird tatsächlich das Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte wiederhergestellt? Welchen Einfluss hat der SOA auf die Corporate Governance der Unternehmen? Welchen Nutzen versprechen sich betroffene Unternehmen selbst vom SOA? Welche Auswirkungen hat der SOA auf das interne Kontrollsystem der Unternehmen? Im Fokus der Kritik stehen die Kosten der Anforderungen des SOA. Aus diesem Grund werde ich die Nutzenaspekte der Vorschriften des SOA den entstandenen Kosten des SOA gegenüberstellen. Wie sehen Unternehmen das Kosten- Nutzenverhältnis kurzfristig? Gibt es einen Unterschied in der Relation von Kosten und Nutzen bei einer langfristigen Betrachtung? Diese zentralen Fragen möchte ich in der vorliegenden Arbeit erörtern, basierend auf einer Analyse der Gesetzesvorschriften des SOA und einer Befragung deutscher Wirtschaftsunternehmen.
1.1 Vorgehensweise und Aufbau
Im zweiten Kapitel werde ich zwei Finanzskandale in den USA skizzieren, die als Auslöser für die Verabschiedung des SOA gelten. Danach werde ich die einzelnen Abschnitte des Gesetzes genauer beschreiben und die zentralen Fachbegriffe für diese Arbeit definieren, um ein einheitliches Verständnis der Begriffe und eine gemeinsame Ausgangsbasis zu schaffen. Um die Auswirkungen des SOA auf deutsche Unternehmen verstehen zu können, werde ich zudem, die unterschiedlichen Kontrollstrukturen deutscher und amerikanischer Unternehmen darstellen. Im dritten Kapitel behandle ich dann die direkten Folgen des SOA für deutsche Unternehmen. Dabei gehe ich auf drei bedeutende Abschnitte des SOA genauer ein: Section 301 - die Schaffung eines Audit Committee, Section 302 - Einrichtung von Disclosure Controls and Procedures und Section 404 - die Einrichtung und Dokumentation des Internen Kontrollsystems, die den größten Implementierungsaufwand darstellt und in der Öffentlichkeit am häufigsten kritisiert wurde. In meinem praktischen Teil werde ich zuerst anhand ausgewählter Studien die Kostenseite des SOA, aber auch etwaige Nutzenpotenziale aufzeigen. Basierend auf einer eigenen empirischen Untersuchung werde ich weitere Nutzenpotenziale des SOA identifizieren und diese in eine Kosten- Nutzenrelation setzen.
2. Der Sarbanes-Oxley Act of 2002
2.1 Anlass und Auslöser
Um den Hintergrund der Verabschiedung des Sarbanes-Oxley Act aufzuzeigen, widmet sich dieses Kapital zwei weitreichenden Finanzskandalen in den USA, die als Auslöser für die Verabschiedung des Sarbanes-Oxley Act durch den US-Kongress im Juli 2002, gelten. An den Fällen Enron und Worldcom kann man beispielhaft erkennen, welche Auswirkungen die Nichteinhaltung von Corporate Governance Richtlinien und eine unzureichende Selbstregulierung der Wirtschaftsprüfer haben können.[5]
2.1.1 Der Fall Enron
Enron wurde 1985 durch die Fusion zweier Gaskonzerne gegründet und wurde schnell ein Begünstigter der liberalisierten und deregulierten Energiemärkte in den USA. Mit der Freigabe der Preise für Strom und Gas wurde die Produktion und der Transport immer weiter in den Hintergrund geschoben. Stattdessen verdiente der schnell wachsende Konzern immer mehr Geld mit dem Großhandel von Energie,[6] seit 1998 auch über EnronOnline, einer Rohstoff-Handelsplattform im Internet.[7] Um weiteres Wachstum zu generieren, dehnte Enron seine Geschäftstätigkeit aus und verfolgte dabei eine Diversifikationsstrategie. Bis 2001 wurde das Unternehmen zu einem Mischkonzern, das international Gasleitungen, Elektrizitätswerke, Faserstoffe und Papierwerke, Breitbandkapazitäten und Wasserwerke besaß, betrieb und mit den gleichen Produkten und Dienstleistungen in den Finanzmärkten großflächig handelte. Dieses Wachstum und das neue Geschäftsmodell beeindruckte die Finanzmärkte und wenige hinterfragten die Unternehmensstrategie Enrons.[8]
Die Grundidee des damaligen CEO Skilling war das „Asset light“ Unternehmen. Assets, Vermögenswerte, die nicht für das Geschäft erforderlich waren, lagerte Enron in andere Unternehmungen aus. Diese Strategie sollte einer Minderung von Gewinnen durch fehlende Anlagenrenditen vorbeugen. Viele Unternehmensbereiche waren unprofitabel, aber solange das Unternehmen Gewinne vermeldete, störte das niemanden.[9]
Bei dem Höchststand des Aktienkurses von 90 US-Dollar im August 2000 gehörte Enron, gemessen an der Marktkapitalisierung, zu den sieben größten Unternehmen der Welt und beschäftigte 20 000 Mitarbeiter.[10] Seit 1996 stieg der Börsenwert des Konzerns um 50 Mrd. US-Dollar und Enron meldete 20 Quartale in Folge steigende Gewinne.[11]
Am 16. Oktober 2001 verkündet Enron, überraschend für die Öffentlichkeit, einen Verlust von 638 Mio. US-Dollar für das 3. Quartal. Darüber hinaus war zu erfahren, dass das Eigenkapital von Enron um 1.2 Mrd gesunken war.[12] Im November 2001 korrigierte Enron sein Betriebsergebnis der vergangenen vier Jahre um 586 Mio. Dollar nach unten. Enrons Kreditwürdigkeit wurde auf „junk“ herabgestuft, was zum sofortigen Zusammenbruch des Unternehmens führte. Der Aktienkurs rutschte unter einen US-Dollar und am 2. Dezember 2001 meldet Enron Konkurs an. Es handelte sich um die bis dahin größte Firmenpleite der US-Geschichte.[13] In der rückwirkenden Betrachtung wird deutlich, welche Unkenntnis über die Geschäftstätigkeit des Konzerns herrschte. Insbesondere aufgrund der verschachtelten, intransparenten Finanzstruktur Enrons hatte die Öffentlichkeit keinen Überblick über die Geschäftstätigkeit des Konzerns und die Profitabilität einzelner Bereiche. Das Management schönte jahrelang die Bilanzen, verschleierte Schulden und wies viel zu hohe Gewinne aus. Methoden der Bilanzfälschung beinhalteten sog. Ringgeschäfte. Kern dieser Ringgeschäfte war es, dass zwei Unternehmen wechselseitige Lieferungen beispielsweise von Strom in gleicher Menge vereinbarten, dies eigentlich keinen Effekt hatte, doch Enron seine einseitige Lieferverpflichtung aus dem „Geschäft“ als Umsatz verbuchte.[14]
Weiterhin etablierte Enron Offshore Partnerschaften mit tausenden von Unternehmen, die unter der Kontrolle von Enron standen, jedoch nicht in den Konsolidierungskreis des Konzerns miteinbezogen wurden. Enron machte dabei praktisch Geschäfte mit sich selbst und wies diese Einnahmen in der eigenen Bilanz aus. Weiterhin verlagerte Enron Schulden systematisch auf diese Offshore Gesellschaften.[15] Es bestanden über 1 Mrd. US-Dollar Verbindlichkeiten, die in der Konzernbilanz nicht ausgewiesen wurden, um auf diese Weise die relativ geringen Vermögenswerte zu verschleiern.[16]
Alle Organe, u.a. das Audit Committee, die Abschlussprüfer, Finanzanalysten, Banken, welche ein Bindeglied zwischen den Managern des Unternehmens und den Anlegern darstellten, wurden harter Kritik ausgesetzt, da sie die Probleme des Unternehmens nicht erkannten.[17] Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen sah sich besonders der Kritik an ihrer mangelnden Informationspolitik und fragwürdigen Bilanzierungspraktiken ausgesetzt.. Andersen sollte als unabhängiger Abschlussprüfer agieren und attestierte, bis zur Aufdeckung des Finanzskandals, die Ergebnisse der Finanzberichterstattung. Die Risiken der Finanzpolitik Enrons wurden nicht ausgewiesen und publiziert. Durch die nachträgliche Vernichtung von Enron Dokumenten, an der Arthur Andersen beteiligt war, wurde Arthur Andersen im März 2002 wegen Behinderung der Justiz für schuldig befunden.[18] Im Mai 2005 wurde das Urteil jedoch aufgehoben. Im Oktober 2006 wurde Ex-Enron CEO Skilling zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt.[19]
2.1.2 Der Fall Worldcom
Einen zweiten gravierenden Finanzskandal verursachte das amerikanische Telekommunikationsunternehmen Worldcom, bei dessen Insolvenz es sich nun um die größte Firmenpleite der US-Geschichte handelt. Worldcom stieg in den 90er Jahren durch eine Vielzahl von Akquisitionen zum zweitgrößten US-Anbieter für Ferngespräche und zum führenden Betreiber von Internet-Infrastrukturen auf. Genau wie andere Unternehmen der Telekommunikationsbranche hatte Worldcom mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, wies 2001 jedoch noch Umsätze von 39,2 Mrd. US-Doller aus.[20]
Am 25. Juni 2002 gab Worldcom bekannt, mit Hilfe von Falschbuchungen in Höhe von 3,85 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2001 und für das erste Quartal 2002 hohe fiktive Gewinne verbucht zu haben.[21] Kosten für die Nutzung fremder TK-Infrastruktur wurden in dieser Zeit nicht als Aufwand, sondern als Anlagevermögen ausgewiesen und konnten damit über einen längeren Zeitraum abgeschrieben werden.[22] Auf diese Weise hatte Worldcom im Jahr 2001 Netto-Verluste verhindern und 1,4 Mrd. US-Dollar Gewinn vermelden können.[23]
Als Konsequenz stürzten die Aktien des Unternehmens von 64,50 US- Dollar im Jahr 1999 auf unter 1 US-Dollar im Juli 2002 ab. Am 21. Juli 2002 beantragte Worldcom Gläubigerschutz.[24] Für eine Ausweitung des Skandals sorgte eine interne Überprüfung, bei der sich herausstellte, dass Rückstellungen manipuliert wurden, sodass dadurch 3,8 Mrd. US-Dollar in den Jahren 1999-2001, als zusätzlicher Gewinn ausgewiesen werden konnte. Worldcom gab zusätzlich bekannt, dass bei einer rückwirkenden Korrektur der Bilanzen eine Gesamtsumme von 50,6 Mrd. US-Dollar des Goodwill (ideellen Firmenwertes) und anderen immateriellen Vermögenswerten abgeschrieben werden musste, was einer Halbierung des Buchwertes entsprach.[25]
Bei Worldcom, genauso wie bei Enron, wurden insbesondere die Wirtschaftsprüfer und Vorstandsmitglieder kritisiert, deren Verantwortungsbewusstsein als unzureichend angesehen wurde. Die interne Revision deckte die Bilanzmanipulationen bei Worldcom
auf, es stellt sich jedoch die Frage, wie die Bilanzmanipulationen in Milliardenhöhe über einen längeren Zeitraum unentdeckt bzw. unveröffentlicht blieben und die beauftragte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen den Jahresabschluss testieren konnte.[26]
Die beschriebenen Vorfälle beim Enron und Worldcom stellen die gravierendsten Finanzskandale in jüngster Vergangenheit dar und die Liste der Beispiele von Manipulationen, sowohl im amerikanischen, als auch im europäischen Raum, lässt sich weiter fortführen.
Wesentliche Gemeinsamkeiten der Vorfälle liegen in betrügerischen Handlungen von Vorstandsmitgliedern, deren Manipulationen über einen längeren Zeitraum unentdeckt blieben. Auf der einen Seite kann man schlussfolgern, dass verantwortungsbewusste Unternehmensführung, sowie ethisches und moralisches Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Stakeholdern eines Unternehmens, an Bedeutung verloren zu haben scheint. Darüber hinaus belegen die Vorfälle aus Sicht der Gesetzgeber, dass insbesondere bisherige Reporting und Kontrollmechanismen nicht dazu beigetragen haben, Handlungen und Entscheidungen der Unternehmensführung hinreichend zu überwachen. Die Hauptgründe für diese Unternehmenszusammenbrüche scheinen in ineffektiven internen Kontrollsystemen und zu engen Verbindungen zwischen den externen Abschlussprüfern und den Unternehmen zu liegen, was eine weitere Gemeinsamkeit der beschriebenen Unternehmenszusammenbrüche darstellt. In beiden Fällen blieben die Bilanzmanipulationen unentdeckt bzw. unveröffentlicht, was die eingeschränkte Funktion der externen Wirtschaftsprüfer als Kontrollinstanz unterstreicht. Die Reichweite der jüngsten Finanzskandale ist dennoch weit größer als bisher betrachtet. Investoren haben einen generellen Vertrauensverlust in die Kapitalmärkte erlitten, was letztlich zu einer Schwächung der Finanzmärkte führte.[27]
2.2 Ziele des Sarbanes-Oxley Act
Vor dem Hintergrund dieser Finanzskandale unterzeichnete US-Präsident George W. Bush den Sarbanes-Oxley Act am 30. Juli 2002 mit den Worten: „and now, with a tough new
law, we will act against those who have shaken confidence in our markets, using the full authority of government to expose corruption, punish wrongdoers, and defend the rights and interests of American workers and investors (...) and today, I sign the most far reaching reforms of American business practices since the time of Franklin Delano Rooselvelt.“[28]
Aufgrund der beschriebenen Finanzskandale in den USA wurde das Vertrauen der Investoren in die Kapitalmärkte nachhaltig geschädigt. Dies war der Auslöser für eine riesige Vernichtung von Börsenkapital wie sonst nur beim Börsenkrach 1929/1930. Im Fokus der Gesetzgebung steht daher das Vertrauen der Anleger in die Integrität der Kapitalmärkte wiederherzustellen. Im Grundsatz fordert der SOA zunächst die Verbesserung der Corporate Governance und die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer, die als wesentliche Auslöser der Unternehmenszusammenbrüche gesehen werden.[29]
Die ausgearbeiteten gesetzlichen Vorschriften und Regelungen sollen die Qualität und Korrektheit der Berichterstattung von finanz- und nicht-finanzbezogenen Informationen generieren. Wichtiger Bestandteil ist dabei die Implementierung eines wirksamen internen Kontrollsystems. Das Management der betroffenen Unternehmen ist dazu verpflichtet, die Wirksamkeit des Internen Kontrollsystems der Finanzberichterstattung periodisch zu überprüfen und zu dokumentieren. Darüber hinaus muss das Management die Korrektheit der Finanzberichterstattung bestätigen und die persönliche Verantwortung für die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzberichterstattung übernehmen. In erster Linie hat das Gesetz präventiven Charakter, damit in Zukunft mögliche Formen von Missmanagement rechtzeitig erkannt und verhindert werden können. Der SOA beinhaltet Maßnahmen mit Auswirkungen auf verschiedene Zielgruppen, wie das Top Management des Unternehmens (CEO, CFO), das gesamte Unternehmen und die Wirtschaftsprüfer.[30] In meiner Arbeit konzentriere ich mich jedoch besonders auf die von den Sarbanes-Oxley Regelungen betroffenen Unternehmen, stelle die Anforderungen an die Wirtschaftsprüfer hinten an.
2.2.1 Geltungsbereich des Sarbanes-Oxley Act
Der Anwendungsbereich des SOA erstreckt sich auf alle Unternehmen, die den Vorschriften des Security Exchange Act von 1934 unterliegen.
Dies sind alle Gesellschaften, unabhängig vom Stammsitz des Unternehmens, deren Wertpapiere an den US-amerikanischen Wertpapierbörsen (NYSE, NASDAQ, AMEX) gehandelt werden oder die Wertpapiere anderweitig öffentlich in den USA anbieten und daher der US-amerikanischen Börsenaufsicht, der Securities and Exchange Commission (SEC) unterliegen. Diese Unternehmen werden als Emittenten (Issuer) bezeichnet. Auch sog. „Foreign Private Issuer“ unterliegen den Regelungen des SOA. Als Foreign Private Issuer (FPIs) werden Unternehmen mit Stammsitz außerhalb den USA bezeichnet, deren Wertpapiere auf den amerikanischen Kapitalmärkten gehandelt werden. Weiterhin wirkt sich das Gesetz auf Tochtergesellschaften von US-amerikanischen und sonstigen SEC-registrierten Unternehmen aus. Aus diesem Grund sind auch zahlreiche deutsche Gesellschaften von den Regelungen des Sarbanes-Oxley Act betroffen.[31]
2.2.2 Die Securities and Exchange Commission – Die Durchsetzungsbehörde
Die Securities and Exchange Commission (SEC) ist die Aufsichtsbehörde für das Wertpapiergeschäft in den USA mit Sitz in Washington. Sie wurde, als Reaktion auf den damaligen Börsenkrach, durch den Securities Exchange Act 1934 vom amerikanischen Kongress gegründet.[32]
Die zentrale Aufgabe der SEC ist die Überwachung des Börsenhandels, um Investoren zu schützen und den fairen, geordneten und effizienten Kapitalmarkt aufrechtzuerhalten. Die SEC besteht aus fünf Kommissaren, welche vom Präsidenten der USA, unter Beratung und Einverständnis des Senats, für jeweils fünf Jahre berufen werden.[33] Alle Unternehmen, die sich am amerikanischen Kapitalmarkt notieren lassen möchten, müssen sich bei der SEC registrieren und unterliegen den Anordnungen der SEC. Die SEC stellt sicher, dass die Unternehmen Informationen, die für die Anleger wichtig sein könnten, veröffentlichen - etwa über die finanzielle Situation des Unternehmens.[34] Es liegt weiterhin im Verantwortungsbereich der SEC Ausführungsregelungen und Detailbestimmungen für die Vorschriften des SOA zu formulieren und aufzuerlegen.[35]
2.3 Inhalt des Gesetzes
Der SOA gliedert sich in elf Abschnitte, die sich auf die dem Gesetz unterworfenen Unternehmen, dessen Management und die dem Gesetz unterworfenen Wirtschaftsprüfer beziehen. Abbildung 1 zeigt eine Übersicht über die Abschnitte des SOA, die im Folgenden näher erläutert werden. Die Regelungen des Gesetzes wurden vom Gesetzgeber nicht bis ins Detail formuliert, sondern die SEC wurde beauftragt, konkrete Ausführungen der Vorschriften zu entwickeln. In diesem Kontext bildet der SOA einen Regelungsrahmen, der von der SEC zu Detailregelungen in den sog. „Final Rules“ gestaltet wird.[36]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Gliederung und Inhalt des Sarbanes-Oxley Act[37]
2.3.1 Abschnitt I: Public Company Accounting Oversight Board
Der erste Abschnitt des Sarbanes-Oxley Act widmet sich der Einrichtung eines Prüf- und Überwachungsorgans für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, dem Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB). Die Hauptaufgabe dieser Institution besteht in der Überwachung des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer und der Kontrolle der Prüfungen börsennotierter Unternehmen.[38] „Die Schaffung einer solchen Institution wurde als notwendig erachtet, nachdem die amerikanischen Wirtschaftsprüfer erhebliche Schwächen hinsichtlich ihrer Fähigkeit gezeigt hatten, sich selbst zu regulieren.“[39] Ziel der Einrichtung des PCAOB ist die Sicherstellung der Qualität der Jahresabschlussprüfung, um die Interessen der Anleger zu schützen, sowie die Glaubwürdigkeit in informative, genaue und unabhängige Finanzberichte wiederzugewinnen.[40] Das Board ist eine privatrechtliche Non-Profit Organisation; es handelt sich, im Gegensatz zur SEC, nicht um eine behördliche Institution; seine Mitglieder stehen nicht in einem Beamtenverhältnis, wie das Gesetz in Section 101 (b) ausdrücklich betont.[41] Das Board setzt sich aus fünf hauptamtlichen, von der SEC für jeweils fünf Jahre eingesetzten, Mitgliedern zusammen. Unter ihnen dürfen höchstens zwei Wirtschaftsprüfer, sog. „Certified Public Accountants“ (CPA) sein.[42] Die SEC ist für die Überwachung der Arbeit des Boards zuständig und mit Durchsetzungsbefugnissen ausgestattet. Jede Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Jahresabschlüsse von in den USA gelisteten Unternehmen prüfen will, muss sich beim PCAOB registrieren lassen.[43] Mit der Registrierung sind umfassende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen durch das PCAOB verbunden.
2.3.2 Abschnitt II: Auditor Independence
Der zweite Abschnitt des Sarbanes-Oxley Act befasst sich mit der Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer. Wirtschaftsprüfer sind wichtige Bausteine, um den Anlegern zu signalisieren, dass Jahresabschlüsse gemäß den geltenden Vorschriften aufgestellt wurden. Um dieser Aufgabe in vollem Maße gerecht werden zu können, ist es essentiell, dass Wirtschaftsprüfer wirtschaftlich unabhängig von dem geprüften Unternehmen sind. Nur so kann eine glaubhafte, „objektive“ Beurteilung der Finanzberichterstattung gewährleistet werden.
In Section 201 werden alle prüfungsfremden Dienstleistungen aufgeführt, die nicht durch den Abschlussprüfer erbracht werden dürfen, wie z.B. Buchführung, Implementierung eines Finanzinformationssystems, Leistungen als Investmentberater oder Dienstleistungen der internen Revision.[44] Ausschlaggebend für das Verbot bestimmter Dienstleistungen ist, dass der Abschlussprüfer sonst seine eigene Arbeit im Rahmen der Abschlussprüfung prüft, ggf. wirtschaftliche Interessenskonflikte bestehen und damit seine Unabhängigkeit nicht mehr gewährleistet ist. Darüber hinaus müssen alle Prüfungs- und prüfungsfremden Dienstleistungen, die ein Unternehmen in Anspruch nimmt, durch das unternehmenseigene Audit Committee genehmigt werden. Zur Sicherstellung der persönlichen Unabhängigkeit regelt der SOA weiterhin, dass spätestens alle fünf Jahre ein Wechsel der unterzeichnenden Abschlussprüfer zu erfolgen hat.[45]
[...]
[1] vgl. o.V. www.sox-online.com/
[2] Sarbanes-Oxley Act (2002), http://www.law.uc.edu/CCL/SOact/soact.pdf
[3] vgl. Fockenbrock, et al, (2006) www.handelsblatt.de
[4] vgl. Weiss, (2004) www.handelsblatt.com
[5] vgl. Menzies (2004) S.2
[6] vgl. Luther (email)
[7] vgl. Hillenbrand (2004), www.spiegel.de
[8] vgl. Healy / Palepu (2002), http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=301475, S.8
[9] vgl. Menzies (2004) S.8
[10] vgl. Bratton (2002) S.1
[11] vgl. Hillenbrand (2004), www.spiegel.de
[12] vgl. von Frentz, (2003) http://www.manager-magazin.de/
[13] vgl. Hillenbrand, (2004) http://www.spiegel.de/
[14] vgl. Luther (email)
[15] vgl. Healy / Palepu, (2002), S.12-14
[16] vgl. Menzies (2004) S.9
[17] vgl. Healy / Palepu (2002), S.14
[18] vgl. Menzies (2004) S.8f.
[19] vgl. o.V., (2006) http://www.handelsblatt.com/
[20] vgl. Jickling / Lyke,(2002), www.state.gov, S.2
[21] vgl. o.V.(1), (2002, http://www.heise.de/
[22] vgl. Menzies (2004) S.10
[23] vgl. o.V. http://www.heise.de/
[24] vgl. o.V. (2). http://www.heise.de
[25] vgl. Jickling / Lyke, (2002), www.state.gov, S.4-5
[26] vgl. Caspari H. / Caspari I. / Maier., (2005) S. 719
[27] vgl. Menzies (2004) S.10-11
[28] Whitehouse, http://www.whitehouse.gov/
[29] vgl. Menzies (2006) S.62
[30] vgl. PWC (1), o.J, www.pwc.com/de/ ,S.2
[31] vgl. Menzies, 2004 ,S. 13-14
[32] vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2000)
[33] vgl. SEC, http://www.sec.gov/about/whatwedo.shtml
[34] vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2000)
[35] vgl. Atkins (1), http://www.sec.gov/
[36] vgl. Gesse / Moritz (2005) S.8
[37] in Anlehnung an Menzies (2004) S.15
[38] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002) 101 (a)
[39] Atkins (2), http://www.sec.gov/
[40] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002), Section 101 (a)
[41] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002), Section 101 (b)
[42] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002), Section 101 (e)
[43] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002), Section 102
[44] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002) Sec. 201
[45] vgl. Sarbanes-Oxley Act (2002) Sec. 202 (1)
- Quote paper
- Janina Neumann (Author), 2006, Sarbanes-Oxley Act. Auswirkungen auf deutsche Wirtschaftsunternehmen., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66855
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