Der Filmemacher D.W: Griffith definierte sich selbst gerne als klassischen Vertreter des Künstlertyps des 19. Jahrhunderts, mit einem erzieherischen Auftrag. In diesem Geiste schuf er 1916 einen Film mit vier ineinander verwobenen Handlungssträngen, die jeweils die menschliche Intoleranz und ihre Folgen von der Antike bis zur Gegenwart zum Thema haben: "Intolerance".
Um den Film besser verstehen zu können, empfiehlt es sich, einen Blick auf die damalige politisch-gesellschaftliche Situation der Vereinigten Staaten zu werfen, da gerade bei der Entstehung von »Intolerance« der historische Kontext eine entscheidende Rolle spielt, als einer der Hauptgründe für das grandiose Scheitern des Films bei den Massen.
Inhalt
1. Historische Einordnung
1.1 Kurzer Abriß der Produktionsgeschichte
1.2 Die USA zur Zeit der Produktion
1.3 Intolerance als »wissenschaftlich fundiertes Lehrstück«?
1.4 »The St. Bartholomew`s Day Massacre«
1.5 »The Fall of Babylon«
1.6 Intoleranz als Motto?-»The Nazarene«
1.7 Die neuzeitliche Episode
2. Soziale Botschaft
2.1 Eine Predigt gegen Intoleranz?
2.2 Soziales Engagement oder Film als Therapie?
3. Schlußbemerkung und Fazit
4. Literaturangaben
»Our play is made of four separate stories, laid in different periods of history, each with its own set of characters. Each story shows how hatred and intolerance, through all the ages, have battled against love and charity. Therefore, you will find our place turning from one of the four stories to another, as the common theme unfolds in each.
(Zwischentitel am Anfang zu »Intolerance«)
1. Historische Einordnung
1.1 Kurzer Abriß der Produktionsgeschichte
Die Erläuterung der Produktionsgeschichte gehörte zwar nicht in erster Linie zu meinem Teil des Referates, dennoch erschien es mir sinnvoll die wichtigsten Stationen stichwortartig zu erwähnen, um die folgende historische Einordnung zu veranschaulichen:
- Europäische Monumental- und Ausstattungsfilme (wie bspw. »Cabiria« von Pastrone) inspirierten David Wark Griffith und wurden zu Vorbildern des späteren Films.
- 1914, Beginn der Dreharbeiten zu »The mother and the law«
- 1915, kurz vor Abschluß der Dreharbeiten wird Griffith von einer Ausstellung in San Francisco zu der Babylon-Episode inspiriert und beschließt, »The mother and the law« in vier verschiedenen Zeitperioden vergleichend zu erzählen. Die vier Geschichten wurden unabhängig voneinander fertiggestellt, erst beim Schnitt entsteht die parallele Erzählstruktur.
- 1919 Griffith schneidet »The mother and the law« und »The Fall of Babylon« neu und veröffentlicht (ökonomisch wie er war) beide als eigenständige Filme.
-In den folgenden Jahren hatte Griffiths Werk mit seiner Jahrhunderte umfassende Episodenstruktur Einfluß auf die Werke anderer Regisseure gehabt (z.B. auf den dreieinhalbstündigen Prunkfilm »Veritas vincit« oder auf das russische Kino).
“The film began its existence, before the release of »The birth of a Nation« created those two roles for Griffith, as a modest feature about city struggles called »The mother and the Law« . It ended, one year and $400,000 later as four narratively distinct historial episodes intercut around the theme of intolerance. Still sometimes regarded as Griffith`s apology for the lapses of »The birth of a nation«, it was intended as just the opposite: an epic refutation of Birth`s detractors (a stance reinforced by his 1916 pamphlet »The Rise and Fall of Free Speech in America«, wich uses »Intolerance: The Root of All Censorship« as its refrain).”[1]
1.2 Die USA zur Zeit der Produktion
Um den Film besser verstehen zu können, empfiehlt es sich, einen Blick auf die damalige politisch-gesellschaftliche Situation der Vereinigten Staaten zu werfen.
Gerade bei der Entstehung von »Intolerance« spielt der historische Kontext eine entscheidende Rolle und war gleichzeitig ein Hauptgrund für das Scheitern des Films bei den Massen.
Die allgemeine Geisteshaltung in den USA in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg war von Optimismus und Fortschrittsglauben geprägt. Auch in »Intolerance« spiegelt sich diese Naivität in Sachen Weltverbesserung wieder. Es war noch nicht an der Zeit für Amerika sich als »Weltpolizei« zu fühlen.
Als der erste Weltkrieg in Europa ausbrach unterstützten die USA die Eng-länder und Franzosen, zunächst durch Waffenlieferungen und Kredite. Am 1. Februar 1917 jedoch eröffnete die deutsche Marine den uneingeschränkten U-Boot-Krieg. Dies führte zu einer Wende der neutralen Haltung der Amerikaner. Am 6. April 1917 gaben die USA ihre offizielle Politik der Nichteinmischung auf und erklärten dem deutschen Reich den Krieg. Die Lage der Mittelmächte wurde daraufhin aussichtslos und Amerika begann seinen Aufstieg zur Welt-macht.
Bis zu dem Zeitpunkt waren die Amerikaner, was die Kriegsbegeisterung anging, eher zurückhaltend -jedoch nur vordergründig aus reinem Pazifismus; eher aus der Einstellung heraus »mit den Problemen der anderen haben wir nichts zutun- wir kümmern uns besser um uns selbst«.[2]
So ging denn auch die Taktik Griffiths, einem Film mit einer (pseudo-) pazi-fistischen Botschaft zu drehen (um damit den Geschmack der Masse zu treffen) nicht auf, da spätestens mit dem Eintritt der USA in den Krieg wenige Monate nach der Uraufführung solche Aussagen nicht mehr gefragt waren (Obwohl man es Griffith durchaus hätte zutrauen könnte, daß er in letzter Minute den Film noch einmal umschneidet - mit einer guten Moral, versteht sich).
Er selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bereits den Höhepunkt seines Ruhms erreicht und wurde zurecht als »Vater« des amerikanischen Spielfilms bezeichnet.
“Das Problem mit Griffiths Ruhm ist ein Dilemma: Noch nehmen wir das Kino nicht ernst genug (...); gleichzeitig nehmen wir den Film zu ernst und suchen nach einer respektablen Vaterfigur, eine Rolle, die Griffith so gut verkörperte”[3]
1.3 Intolerance als »wissenschaftlich fundiertes Lehrstück«?
Das Hauptmotiv Griffiths, den Amerikanern eine »Lektion« in Sachen Toleranz zu erteilen, waren sicherlich persönliche Gründe oder, enger gefasst, verletzter Stolz und das Gefühl, in der Vergangenheit falsch verstanden worden zu sein:
“Auf die öffentlichen Angriffe antwortete er mit einem Pamphlet `The Rise and Fall of Free Speech in America´. Sein Hauptargument hieß Toleranz. Er warb bereits -Griffith hatte begriffen, wie verkaufs fördernd publizistische Debatten sind- für seinen nächsten Film Intolerance.”[4]
Griffith definierte sich selbst gerne als Künstlertyps des 19. Jahrhunderts, mit einem erzieherischen Auftrag:
“(...) the classical cinema has a genius father (Griffith), a first-born (Birth of a Nation), and a magnificent freak (Intolerance) The father wishes to be the historian for the masses and bring them the truth about the past.”[5]
Der positive Ausgang der modernen Episode zeigt, daß die amerikanische Ge-sellschaft die erste in der Geschichte der Menschheit ist, welche, wenn sie die Fehler der Geschichte erkennt und vermeidet, eine Chance zur Weiterentwick-lung hat. Amerika ist für Griffith so etwas wie ein » melting-pot« der Hochkul-turen, in dem sich sämtliche positiven Eigenschaften vereinigen. Man könnte diese Auffassung mit dem Satz “Amerikaner sind die besseren Menschen” zusammenfassen. Auf seine Art ist »Intolerance« also ein höchst patriotischer Film (wie von Griffith nicht anders zu erwarten war). Dementsprechend geht die neuzeitliche Geschichte auch als einzige Episode des Films positiv aus.
[...]
[1] Simmon, Scott: The Films of D.W.Griffith,. Cambridge 1993, p. 10-11.
[2] Vgl.: Rückert/Lachner (Hrsg.):Grundriss der Geschichte, Paderborn 1971, S. 118ff.
[3] Monaco, James: Film verstehen, Reinbeck bei Hamburg 1995, S. 288.
[4] Metzler Film Lexikon, hrsg. von Töteberg, Michael, Stuttgart/Weimar 1995, S. 73-74.
[5] Rosen, Philip: Securing the Historical: Histography and the classical cinema; In: Cinema Histories, Cinema Practices - the american Film Institute; Monograph Series Vol. 4, Los Angeles 1984, p. 22)
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