Auch wenn auf Grund der aktuellen guten konjunkturellen Lage die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen auf den niedrigsten Stand seit Jahren gefallen ist, hat die Rezession nach dem Börsencrash im Jahr 2000/2001 die Bedeutung außergerichtlicher Sanierungsversuche verdeutlicht. Private workouts scheitern dabei oftmals nicht an der Unrentabilität bzw. der schlechten finanziellen Lage des Unternehmens, sondern vielmehr an den Koordinations- und Interessenskonflikten der Gläubiger. Diese verhindern oftmals die Umsetzung eines effizienten Sanierungsplans aus egoistisch motivierten Gründen, wie z.B. der Minimierung der zu tragenden Sanierungskosten oder der Aneignung profitabler Vermögenswerte des Unternehmens.
Im Rahmen dieser Arbeit sollen diese bei Sanierungsversuchen auftretenden Konflikte zwischen den einzelnen Gläubiger bzw. den Gläubigergruppen untersucht und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Dazu werden zunächst in Kapitel 2 einige unterschiedliche Sanierungsinstrumente vorgestellt, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie durch Koordinations- und Gläubigerprobleme gekennzeichnet sind. Insbesondere außergerichtliche Sanierungen mittels „exchange offers“ sind davon betroffen. In Kapitel 3 werden dann die einzelnen Konflikte detaillierter untersucht sowie Lösungsmöglichkeiten und empirische Ergebnisse vorgestellt. Im Fokus der Analyse stehen dabei hauptsächlich das Verhalten der beteiligten Banken sowie insolvenzrechtliche Aspekte. Die Arbeit endet mit einer abschließenden Betrachtung.
Inhaltsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1)Einführung in die Problematik
2.) Theoretische Überlegungen zu einigen ausgewählten Sanierungsinstrumenten
2.1) Das Modell von Gertner und Scharfstein (1991)
2.2) Außergerichtliche Restrukturierung von Bank- und Anleihekrediten
2.2.1) Restrukturierung von Bankkrediten
2.2.2) Privat Workouts mittels Exchange Offers
2.3) Aufnahme neuen Eigenkapitals durch Aktienemission
2.4) Restrukturierung der Vermögenswerte
2.5) Strategische Insolvenz
3.) Gläubigerkonflikte und ihr Einfluss auf den Sanierungserfolg
3.1) Die Holdout Problematik bei außergerichtlichen workouts
3.2) Informationsasymmetrien und Interessenskonflikte
3.3) Koordinationsprobleme bei mehreren Gläubigern und modelltheoretische Erklärung der Notwendigkeit eines Insolvenzrechts
3.4) Lösungsansätze zur Überwindung der mit Gläubigerkonflikten verbunden Ineffizienzen
3.4.1) Poolbildung und die Bedeutung von Banken
3.4.2) Insolvenzrechtliche Lösungsansätze
3.4.3) Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
4.) Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis:
Symbolverzeichnis
Modell von Gertner/Scharfstein (1991):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Modell von Longhofer/Peters (1999):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1)Einführung in die Problematik
Auch wenn auf Grund der aktuellen guten konjunkturellen Lage die Anzahl der Unterneh- mensinsolvenzen auf den niedrigsten Stand seit Jahren gefallen ist, hat die Rezession nach dem Börsencrash im Jahr 2000/2001 die Bedeutung außergerichtlicher Sanierungsversuche verdeutlicht. Private workouts scheitern dabei oftmals nicht an der Unrentabilität bzw. der schlechten finanziellen Lage des Unternehmens, sondern vielmehr an den Koordinations- und Interessenskonflikten der Gläubiger. Diese verhindern oftmals die Umsetzung eines effizien- ten Sanierungsplans aus egoistisch motivierten Gründen, wie z.B. der Minimierung der zu tragenden Sanierungskosten oder der Aneignung profitabler Vermögenswerte des Unterneh- mens.
Im Rahmen dieser Arbeit sollen diese bei Sanierungsversuchen auftretenden Konflikte zwi- schen den einzelnen Gläubiger bzw. den Gläubigergruppen untersucht und Lösungsmöglich- keiten aufgezeigt werden. Dazu werden zunächst in Kapitel 2 einige unterschiedliche Sanie- rungsinstrumente vorgestellt, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie durch Koordinati- ons- und Gläubigerprobleme gekennzeichnet sind. Insbesondere außergerichtliche Sanierun- gen mittels „exchange offers“ sind davon betroffen. In Kapitel 3 werden dann die einzelnen Konflikte detaillierter untersucht sowie Lösungsmöglichkeiten und empirische Ergebnisse vorgestellt. Im Fokus der Analyse stehen dabei hauptsächlich das Verhalten der beteiligten Banken sowie insolvenzrechtliche Aspekte. Die Arbeit endet mit einer abschließenden Be- trachtung.
2.) Theoretische Überlegungen zu einigen ausgewählten Sanierungsinstrumenten
2.1) Das Modell von Gertner und Scharfstein (1991)
In ihrem Modell gehen Gertner und Scharfstein von einem von der Insolvenz bedrohten Un- ternehmen aus, dessen Verbindlichkeiten sich aus Bankkrediten und öffentlich platzierten Anleihen zusammensetzen. Der Schuldner hat dabei die Möglichkeit, entweder mit der Bank oder mit einer inhomogenen Gruppe von Anleihenbesitzern wiederzuverhandeln oder aber neues Eigenkapital aufzunehmen, um die laufenden Ausgaben und Investitionen zu finanzie- ren.1 Bezüglich der Laufzeiten der Kredite wird angenommen, dass es sich bei den Bankver- bindlichkeiten, mit dem Nennwert B, um kurzfristige Forderungen mit einer Fälligkeit zum Zeitpunkt t=1 handelt. Im Gegensatz dazu ist ein Teil q des Nennwerts der Anleihe D zwar ebenfalls in t=1 fällig, ein anderer Teil 1-q hingegen zum späteren Zeitpunkt t=2.2
Die Vermögenswerte Y des Unternehmens bestehen aus Barmitteln und/oder Umlaufvermö- gen. Zudem hat das Untenehmen die Möglichkeit ein Investitionsprojekt I in t=1 zu tätigen. Dieses generiert in t=2 einen stochastischen Cash Flow von X verteilt im Intervall [0, ∞) mit einem Erwartungswert von X. Da sich das Unternehmen in einer finanziellen Schieflage be- findet, sind dessen Vermögenswerte geringer als der Nennwert der Verbindlichkeiten: Y < B +D. Folglich erhalten im Insolvenzfall die Anteilseigner des Unternehmens nichts. Die Ban- ken und Bondhalter teilen sich, gemäß der in den USA geltenden „absolut priority rule“ fol- gend und gleiche Rangfolge der Verbindlichkeiten vorausgesetzt, den Liquidationserlös Y, wobei die Bank [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]und die Eigentümer der Anleihen[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]erhalten.3
Da weiterhin[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]gilt, benötigt das Untenehmen zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], um seinen Zahlungsverpflichtungen in t=1 nachkommen und gleichzeitig investieren zu können.4 Jegliche bilateralen Übereinkommen führen dabei zu einem Vermögenstransfer zu Gunsten der nicht beteiligten Partei. Dieser fällt umso größer aus, je nachrangiger die zusätzlichen Mittel gestellt sind.5
2.2) Außergerichtliche Restrukturierung von Bank- und Anleihekrediten
2.2.1) Restrukturierung von Bankkrediten
Sehen sich Banken auf Grund einer drohenden Insolvenz des finanzierten Unternehmens mit einem möglichen Ausfall ihrer Kredite konfrontiert, so werden sie darauf in unterschiedlicher Weise reagieren. Sie lockern zum Beispiel die finanziellen Beschränkungen, indem Zins- und Tilgungsleistungen gestundet, neue Finanzmittel zur Verfügung gestellt oder bestimmte Ver- tragsklauseln aufgehoben werden.6 Allerdings ist gerade die Gewährung von Zahlungsauf- schüben nur für eine kurzfristige Verbesserung der Liquiditätslage geeignet, um somit Zeit für eine im Rahmen der Sanierung notwendigen Wiederverhandlung aller Verbindlichkeiten zu erlangen. Daneben dienen der Verzicht auf Zins- und Tilgungszahlungen sowie Kapitalforde- rungen und Rangrücktrittserklärungen als weitere Instrumente der Restrukturierung.7 Auf Krisen reagieren Banken aber auch mit der Straffung des Finanzierungsrahmens des betroffen Unternehmens, indem sie bspw. Kreditlinien reduzieren, verstärkt Sicherheiten verlangen oder die Zins- und Tilgungszahlungen zu beschleunigen versuchen. In den seltensten Fällen verzichten die Kreditinstitute wie oben genannt vollständig auf Forderungen. Die Bereitschaft kreditwirtschaftliche Lockerungen zu gewähren wird dabei positiv durch den Besicherungsbe- stand beeinflusst.8
Im Modell von Gertner/Scharfstein (1991) kann das Unternehmen seinen anfänglichen Bankkredit B verlängern und sich zusätzliche Mittel in Höhe von I + qD - Y leihen, um damit das Investitionsprojekt zu finanzieren und die Anleihe zurückzuzahlen. Zur Vereinfachung wird davon ausgegangen, dass das neue Bankkapital nachrangig ist.
Zum Zeitpunkt t=2 sind dann zwei Fälle denkbar:9
I. Fällt der generierte Cash Flow der Investition zu gering aus, wodurch[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist, erhält die Bank als Liquidationserlös [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
II. Ist das Projekt jedoch erfolgreich, gilt also[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], so wird der nach Bedie- nung der Anleihe verbleibende Erlös X - (1 - q)D zwischen der Bank und den Kapitaleig- nern aufgeteilt.
Die Bank wird die zur Investition zusätzlich erforderlichen Mittel nur dann zur Verfügung stellen, wenn der Ertrag der Bank bei Fortführung größer ist als bei der Liquidation:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].
Mit dem Marktwert V
der Anleihe in Abhängigkeit des Bankkredits und des Investitionspro- D jektes ergibt sich für Gleichung (1):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Ungleichung impliziert einen Vermögenstransfer in Höhe der rechten Seite von der Bank und den Eigenkapitalgebern hin zu den Anleihegläubigern. Ist der Kapitalwert der In- vestition größer als diese Differenz, wird das Unternehmen seine Bankverbindlichkeiten re- strukturieren und das Projekt durchführen. Da der Vermögenstransfer sowohl positiv als auch negativ sein kann, ergeben sich daraus mögliche Ineffizienzen durch Über- bzw. Unterinvesti- tionen.10
2.2.2) Privat Workouts mittels Exchange Offers
Zu einem der am häufigsten verwendeten Instrumente innerhalb des „financial restructuring“ zur Verhinderung der Insolvenz gehören „exchange offers“. Insbesondere in den USA werden Anleihen häufig auf diese Weise restrukturiert. Der Grund dafür liegt in dem „Trust Indenture Act“ von 1939, der vorschreibt, dass Änderungen von Zins- und Tilgungsleistungen sowie der Laufzeit einer Anleihe einstimmig von deren Haltern beschlossen werden müssen, wodurch folglich eine Wiederverhandlung erschwert wird.11 12
Bei einer „exchange offer“ erhalten die bisherigen Halter der Unternehmensanleihen eine An- sammlung neuer Wertpapiere, bestehend aus frischen Verbindlichkeiten, Eigenkapital und/oder Barmitteln13, im Austausch gegen ihre bisherigen Verbindlichkeiten.14 Der Erfolg solcher „Swap-Angebote“ ist dabei abhängig von bestimmten Mindestanforderungen bei ihrer Zeichnung. Vor allem zwei Merkmale sind charakteristisch für „exchange offers“ als Wieder- verhandlungsinstrument. Zum einen entscheiden die Gläubiger selbst wie viel und welchen Teil ihrer Verbindlichkeiten sie einzutauschen bereit sind, und somit letzten Endes wie groß der gewährte Schuldenerlass ist. Als zweites Charakteristikum sind die im vorab festgelegten Angebotsmodalitäten für das Zustandekommen des „Swaps“ zu nennen, die vorschreiben, dass eine ausreichend große Zahl neuer Wertpapiere gezeichnet werden muss.15
Innerhalb der „exchange offers“ erfreut sich zur Restrukturierung erstrangiger Verbindlichkei- ten insbesondere der Umtausch von bestehenden Forderungen in neue Schuldtitel größerer Beliebtheit. Bei solch einer vom Unternehmen ausgegebenen Offerte erhalten die Gläubiger die Möglichkeit ihren bisherigen Anteil am Fremdkapital gegen eine geringere Forderungs- menge einzutauschen. Um die Reduzierung des realen Schuldenbestandes jedoch auszuglei- chen, ist diese gegenüber den Ansprüchen der nicht an der Ausschreibung teilnehmenden Gläubigern vorrangig.16
Eine zweite Ausprägung ist die Umwandlung von Anleiheforderungen in Beteiligungskapital des Unternehmens. Hierzu werden Verbindlichkeiten in neu emittiertes Eigenkapital eingetauscht. Nach der Festlegung der Bedingungen des „Swaps“ - unter anderem der minimal bzw. maximal zu tauschende Betrag, der zu zahlende Höchstpreis ausgedrückt als Anteil des Nennwertes der Verbindlichkeiten - werden die jungen Aktien entweder am Kapitalmarkt oder in einer nicht öffentlichen Platzierung ausgegeben.17
„Exchange offers“ werden auch deshalb im Vergleich zu anderen Restrukturierungsmaßnah- men häufiger verwendet, weil der Schuldner von einer Art Preisdifferenzierung profitiert. Da die Gläubiger sich mit ungleichen Anteilen ihres Kreditportfolios an der Tauschaktion beteili- gen, sind auch die von ihnen gewährten Schuldenerlasse verschieden. Folglich werden sich diejenigen Geldgeber des Unternehmens, die einen hohen Liquidationserlös im Insolvenzfall erwarten, nur marginal an der Zeichnung des Austauschangebotes beteiligen und umgekehrt. Aus diesen unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften kann der Schuldner Vorteile für sich erzielen.18
Allerdings existieren auch bei „exchange offers“ einige Probleme, die eine erfolgreiche Durchführung der selbigen erschweren bzw. verhindern können. Zum einen ist dabei die Holdout Problematik zu nennen, bei der die Eigentümer der Bonds atomistisch handeln und folglich einen begrenzten Anreiz zur Partizipation haben.19 Zum anderen können Informationsasymmetrien selbst bei einer effektiven Koordination der Gläubigerhandlungen dazu führen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber der außergerichtlichen Restrukturierung der Verbindlichkeiten vorgezogen wird.20
2.3) Aufnahme neuen Eigenkapitals durch Aktienemission
Eine andere Möglichkeit zur Unternehmenssanierung ist die Aufnahme neuen Eigenkapitals durch die Emission junger Aktien. Somit werden - sofern vorhanden - kapitalwertpositive Investitionsprojekte finanziert. Allerdings wurde insbesondere im US-amerikanischen Raum diesem Restrukturierungsinstrument bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.21 Die ökono- mische Begründung dafür liegt in dem „debt-overhang“ Problem. Befindet sich eine Unter- nehmung in einer finanziellen Schieflage, so kann davon ausgegangen werden, dass der Wert ihrer Aktiva bei Liquidation den Nennwert ihrer Verbindlichkeiten unterschreitet. In dieser Situation sind die Residualansprüche der Eigenkapitaleigner wertlos und jegliche zusätzliche Eigenkapitalinfusion vermindert nur das Risiko der Fremdkapitalgeber. Folglich würde eine zur Sanierung durchgeführte Aktienemission nur einen Vermögenstransfer zugunsten der Gläubiger bewirken.22 Als Resultat sind stark verzerrte Investitionsanreize der Eigenkapital- geber zu beobachten, die die zu emittierenden jungen Aktien nicht zeichnen werden, selbst dann nicht wenn das neu aufgenommene Kapital der Finanzierung kapitalwertpositiver Pro- jekte dient und zum Sanierungserfolg beiträgt.23
Gertner/Scharfstein(1991) zeigen dies modelltheoretisch. Die Aktionäre werden nur dann zusätzliche Mittel bereitstellen, wenn sie bei Fortführung des Geschäftsbetriebes mindestens genau so gut gestellt sind wie bei Liquidation:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Oder anders ausgedrückt, wenn der Kapitalwert des Investitionsprojektes größer ist als die Summe der Vermögensübertragung an die Gläubiger.24 Im Gegensatz zum Fall der Restrukturierung der Bankverbindlichkeiten erhält selbige hier eine positive Transferleistung. Zudem erhöht sich der Wert der Anleihe, da der in t=2 noch ausstehende Anteil ausbezahlt wird bevor die Eigenkapitalgeber eine Zahlung erhalten. Folglich wird die Unternehmung dieses Sanierungsinstrument nicht verwenden.25
Diese Schlussfolgerung scheint jedoch nur für die in die unter amerikanischem Konkursrecht geltende „Debtor-in-Possesion“ Regelung (DIP) zuzutreffen. Gemäß DIP ist es einer insol- venten Unternehmung erlaubt neues vorrangiges Kapital aufzunehmen, auch wenn dies gegen bezüglich der Rangfolge bereits existierenden Vertragsklauseln verstößt. Für den Schuldner erhöht sich der Anreiz einer „in-court“ Restrukturierung deutlich.26 Für andere Länder, insbe- sondere Deutschland und Großbritannien ist dies zumindest empirisch widerlegbar. Hier fin- den Eigenkapitalemissionen zur Unternehmenssanierung eine weitaus häufigere Anwen- dung.27 Dabei sind eine positive Korrelation zwischen dem Erfolg der Aktienplatzierung und dem Wertschöpfungspotential des Unternehmens sowie eine negative Abhängigkeit bezüglich des Vermögenstransfers zu Gunsten der „alten“ Eigenkapitalgeber und der Gläubiger zu beo- bachten. Beide haben zudem gegenüber Neuinvestoren einen höheren Anreiz zur Zeichnung, der weiter zunimmt, je höher die bereits bestehende Vermögensanlage ist.28
2.4) Restrukturierung der Vermögenswerte
Neben den bereits vorgestellten Maßnahmen existiert als weiters Sanierungsinstrument die Restrukturierung bzw. der Verkauf einzelner Vermögenswerte des Unternehmens. Ziel dabei ist es verlustbringende, nicht zum Kerngeschäft gehörende oder profitable Aktiva abzustoßen, um mit dem daraus resultierenden Erlös die finanzielle Situation des Unternehmens zu verbessern.29 Allerdings bergen gerade diese so genannten „asset sales“ bei finanziell ange- schlagenen Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten in sich, da davon ausgegangen werden kann, dass sich auch ein Großteil der Branche mit wirtschaftlichen und pekuniären Problemen konfrontiert sieht. Folglich dürfte sich innerhalb desselben Industriezweiges kein potentieller Käufer finden, der in der Lage ist die notwendigen Finanzmittel aufzubringen. Dies wiederum führt dazu, dass nur branchenfremde Unternehmen als Abnehmer in Frage kommen, die sich ihrerseits jedoch mit nicht zu vernachlässigenden Kosten der Wissensbeschaffung für den produktiven Umgang mit dem erlangten Vermögenswert konfrontiert sehen. Der Erlös des erzwungenen Aktivaverkaufs ist somit im Vergleich zum Optimum geringer.30
Als weiteres Hindernis kommt hinzu, dass für die Aktionäre des Unternehmens kein großer Anreiz besteht Vermögenswerte zu verkaufen, um damit bestehende Verbindlichkeiten bzw. Zins- und Tilgungsleistungen zu bedienen. Durch die Veräußerung von Aktiva schmälert sich nämlich die Eigenkapitaloption eines zukünftigen Wertanstiegs der assets. Diese Argumenta- tionskette impliziert, dass der Druck seitens der Gläubiger eine entscheidende Rolle bei der Liquidationsentscheidung und der Verwendung des draus resultierenden Erlöses spielt. Durch den großen Einfluss der Gläubigergruppen auf den Sanierungsprozess profitieren eben diese von der Restrukturierung der Vermögenswerte zu Lasten der Eigenkapitalgeber.31
Allerdings existieren auch innerhalb der Kreditgeber Interessenskonflikte, die auf den unterschiedlichen Status und die Rangfolge der Kreditbesicherung zurückzuführen sind. Erstrangig besicherte Gläubiger haben kaum Anreize Vermögensveräußerungen voranzutreiben, da sie im Falle der Insolvenz mit hoher Wahrscheinlichkeit fast vollständig ausbezahlt werden.32 Neben dem klassischen Verkauf von Vermögenswerten existiert noch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten der Restrukturierung des Unternehmensportfolios, so zum Beispiel „equity carve-outs“, „Spin-offs“ oder „Sell-offs“.33
2.5) Strategische Insolvenz
Das letzte in diesem Kapitel vorzustellende Restrukturierungsinstrument ist die strategische Insolvenz. Die dahinter stehende Implikation ist, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dann als strategisch angesehen wird, wenn es durch einen Anspruchsberichtigten des Unter- nehmens auf Kosten der anderen veranlasst wurde.34 Allerdings dürfte der Fall des freiwilli- gen aus strategischen Überlegungen initiierten Konkurses nur eine unter dem amerikanischen Konkursrecht denkbare Alternative sein. Grund dafür ist die äußerst schuldnerfreundliche Ausgestaltung des „Chapter 11“, welches dem Unternehmen im Insolvenzfall eine Vermö- gensumverteilung zum Nachteil der Gläubiger erlaubt.35 Demgegenüber ist ein formaler In- solvenzantrag in Deutschland in den meisten Fällen gleichbedeutend mit einem Kontrollver- lust des Schuldners über die laufende Geschäftstätigkeit und einer starken Tendenz hin zur Liquidation des Unternehmens. Folglich werden die meisten Unternehmer bzw. Manager, die sich zwar in einer finanziellen Schieflage befinden aber dennoch ein Interesse an der Fortfüh- rung des Unternehmens haben, zunächst versuchen eine erfolgreiche Restrukturierung auf privater Ebene durchzuführen.36
Das den meisten strategischen Konkursen zu Grunde liegende Element ist dabei die Beseiti- gung eines speziellen Unternehmensproblems, beispielsweise bei Arbeitsverträgen oder Pro- dukthaftungsansprüchen. Daneben kann der Konkurs auch von einem Gläubiger in die Wege geleitet werden, um seine eigenen Ansprüche auf Kosten anderer zu schützen.37 Allerdings werden die möglichen Vorteile einer strategischen Insolvenz durch die im Ver- gleich zu einer außergerichtlichen Restrukturierung höheren direkten und indirekten Kosten wieder aufgehoben. Dies sind insbesondere auf Grund der Komplexität des Vorgangs und der verfahrensrechtlichen Anforderungen hohe Kosten für Anwälte und Wirtschaftsprüfer, eine höhere zeitliche Beanspruchung des Managements sowie Verluste durch eine negative Sig- nalwirkung. Dies führt unter anderem zu Kundenverlusten, der Reduzierung der Vermögens- werte und Opportunitätskosten der Gläubiger.38 Folglich kann der Anreiz den Konkurs als strategisches Mittel einzusetzen durch höhere Restrukturierungskosten gesenkt werden. Um dies zu erreichen bestünde die Möglichkeit die Anzahl der Geldgeber zu erhöhen.39 Dies birgt allerdings den Nachteil in sich, dass es verstärkt zu Gläubiger- und Interessenskonflikten kommt, die eine erfolgreiche Unternehmenssanierung möglicherweise behindern. Auf eben solche teilweise bereits angesprochenen Hindernisse wird nun im folgenden Kapitel genauer eingegangen.
[...]
1 Vgl. Jostarndt (2006), S. 4
2 Vgl. Gertner/Scharfstein (1991), S. 5.
3 Ebenda.
4 Vgl. Gertner/Scharfstein (1991), S. 6.
5 Vgl. Jostarndt (2006), S. 4.
6 Vgl. Asquith et al (1994), S. 626.
7 Vgl. Lützenrath et al (2006), S. 116, 124 und 128. 2
8 Vgl. Asquith et al (1994), S. 626.
9 Siehe für nachfolgende Analyse Gertner/Scharfstein (1991), S. 6f.
10 Vgl. Gertner/Scharfstein (1991), S. 7f.
11 Vgl. Senbet/Seward (1995), S. 933f.
12 Der „Trust Indenture Act“ führt zu einem besonders starken Holdout Verhalten (siehe 3.1), vgl. Gislon et al (1990), S. 322.
13 Der Austausch von Schuldverschreibungen gegen Barmittel wird oft auch als „tender offer“ bezeichnet, siehe zum Beispiel Chatterjee et al (1995).
14 Vgl. Bernardo/Talley (1996), S. 872.
15 Vgl. Detragiache/Garella (1996), S. 316.
16 Vgl. Bernardo/Talley (1996), S. 875.
17 Vgl. Lys/Sivaramakrishnan (1988), S. 273 und 275. 4
18 Vgl. Detragiache/Garella (1996), S. 308.
19 Vgl. Chatterjee et al (1995), S. 335.
20 Vgl. James (1996), S. 713.
21 Vgl. Senbet/Seward (1995), S. 942.
22 Vgl. Jostarndt (2006), S. 1.
23 Vgl. Höll/Jostarndt (2006), S. 1.
24 Vgl. Franks/Sanzhar (2006), S. 12f.
25 Vgl. Gertner/Scharfstein (1991), S. 9.
26 Vgl. Jostarndt (2006), S. 1.
27 Vgl. Franks/Sanzhar (2006), S. 3.
28 Vgl. Höll/Jostarndt (2006), S. 26.
29 Vgl. Sudarsanam/Lai (2001), S. 186.
30 Vgl. Shleifer/Vishny (1992), S. 1344.
31 Vgl. Brown et al (1994), S. 235f.
32 Vgl. Asquith et al (1994), S. 645.
33 Für eine detaillierte Darstellung dieser Restrukturierungsinstrumente vgl. z.B. Achleitner (2002) S. 360ff.
34 Vgl. Moulton/Thomas (1993), S. 127.
35 Vgl. Jostarndt (2005a), S. 1.
36 Vgl. Jostarndt (2005b), S. 1.
37 Vgl. Moulton/Thomas (1993), S. 127.
38 Vgl. Webb (1986), S. 280.
39 Vgl. Bolton/Scharfstein (1996), S. 2f.
- Quote paper
- Markus Maisch (Author), 2006, Methoden und Erfolgsdeterminanten des Corporate Restructuring, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66179
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.