Seit dem Beginn des Schuljahres 2005/2006 unterrichte ich die vier Schülerinnen und elf Schüler des Leistungskurses 12. Die Arbeitsatmosphäre ist entspannt und freundlich, die Leistungsbereitschaft gut. Das
Leistungsvermögen ist insgesamt durchschnittlich, wobei einige Schüler erhebliche Schwierigkeiten haben, das in einem Leistungskurs geforderte Niveau zu erreichen. Auch in der aktiven Beteiligung gibt es
gravierende Unterschiede. In Übersetzungsphasen wird der Unterricht vor allem von x,y und z voran getrieben, während sich die übrigen Schüler aufgrund von grammatikalischen Schwächen oder der fälschlichen Annahme, nur Richtiges äußern zu dürfen, zurückhalten. Hier ist es Aufgabe der Lehrerin, die
stilleren Schüler zu ermutigen und die sprachlichen Defizite durch gezielte Förderung zu beheben. In Vertiefungsphasen ist die Beteiligung breiter, sodass sich hier freiere Gespräche entwickeln. Charakteristisch
sind für diese Lerngruppe neben Defiziten in der Metasprache und der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, die eine Neigung zur Umgangssprache impliziert, eine vergleichsweise geringe Auseinandersetzung mit der
gesellschaftlichen und politischen Aktualität sowie der Rückstand in Bezug auf die Reife, der sich oftmals in mangelnder Ernsthaftigkeit äußert.
1. Bild der Lerngruppe
Seit dem Beginn des Schuljahres 2005/2006 unterrichte ich die vier Schülerinnen[1] und elf Schüler des Leistungskurses 12[2]. Die Arbeitsatmosphäre ist entspannt und freundlich, die Leistungsbereitschaft gut. Das Leistungsvermögen[3] ist insgesamt durchschnittlich, wobei einige Schüler erhebliche Schwierigkeiten haben,
das in einem Leistungskurs geforderte Niveau zu erreichen. Auch in der aktiven Beteiligung gibt es gravierende Unterschiede. In Übersetzungsphasen wird der Unterricht vor allem von x,y und z voran getrieben, während sich die übrigen Schüler aufgrund von grammatikalischen Schwächen oder der fälschlichen Annahme, nur Richtiges äußern zu dürfen, zurückhalten. Hier ist es Aufgabe der Lehrerin, die stilleren Schüler zu ermutigen und die sprachlichen Defizite durch gezielte Förderung zu beheben. In Vertiefungsphasen ist die Beteiligung breiter, sodass sich hier freiere Gespräche entwickeln. Charakteristisch sind für diese Lerngruppe neben Defiziten in der Metasprache und der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, die
eine Neigung zur Umgangssprache impliziert[4], eine vergleichsweise geringe Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen und politischen Aktualität sowie der Rückstand in Bezug auf die Reife, der sich oftmals in mangelnder Ernsthaftigkeit äußert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Lernvoraussetzungen
a) Inhaltlich
Die Schüler wissen, dass Ovid sein Lehrprogramm in drei Stufen gliedert: Er schreitet vom Finden (invenire) über das Erobern (capere) zum Behalten (tenere) des Mädchens voran. Am Beispiel von Theater, Circus, Triumphzug und Gladiatorenspielen haben die Schüler erkannt, dass Ovid seinen Schülern verschiedene Orte in Rom, die Anziehungspunkt für eine breite Öffentlichkeit sind, für die Suche nach einem Mädchen empfiehlt und für ein erfolgreiches Werben differenzierte Ratschläge erteilt. Dabei haben die Schüler festgestellt, dass das von Ovid empfohlene Flirtverhalten einer rational geplanten Liebesjagd ähnelt.
b) Methodisch
Jedem Abschnitt ist ein Steckbrief beigegeben, der den Lernwortschatz aufführt, textbezogen wichtige grammatische und sprachlich-stilistische Erscheinungen sowie methodische Verfahren thematisiert. Diese Steckbriefe werden den Schülern vor der Lektüre des Textes ausgehändigt und dienen als Leitfaden für die selbstständige Vorbereitung. Auf diese Weise wird zum einen der lateinische Text vorentlastet, zum anderen das selbstständige und eigenverantwortliche Arbeiten der Schüler gefordert und gefördert.
Der Unterricht läuft grundsätzlich in dem Vierschritt Erschließen- Übersetzen- Vorbereitung der Interpretation- Interpretation[5] ab. Da die Dichtersprache den Schülern erhebliche Schwierigkeiten bereitet, kommt der Methodenschulung in dieser Phase des Kurses besondere Bedeutung zu. Die Schüler arbeiten mit einer Übersetzungsanleitung, die sie durch die Vorgabe einzelner Erschließungsschritte dazu anleitet, den Text[6] methodisch sinnvoll zu erschließen. Die Ergebnisse der Vorstrukturierung werden im Plenum besprochen und durch farbige Markierungen auf einer OHP-Folie visualisiert[7]. Um die Transparenz des Übersetzungsvorgangs zu gewährleisten und die Einsicht in die Struktur des lateinischen Textes zu fördern, werden die Schüler außerdem dazu angehalten, ihre Übersetzung im Plenum zu kommentieren[8].
Als Einstieg in die Vertiefung kennen die Schüler die inhaltliche Zusammenfassung mit eigenen Worten, auf deren Basis die Kernaussagen des Textes über Leitfragen herausgearbeitet werden, sowie lokale und globale Öffnung.
c) Arbeits-/Sozialformen
Erschließung und Erstellung der Arbeitsübersetzung erfolgen wahlweise in Partner- oder Einzelarbeit. Die Arbeitsübersetzung wird im Plenum vorgestellt und dient als Basis der im Lehrer-Schüler-Gespräch erarbeiteten guten Übersetzung. In problemlösenden Phasen wird den Schülern zunächst Raum zur Entwicklung von Ideen im Austausch mit dem Partner gegeben, ehe eine Klärung im Unterrichtsgespräch erfolgt.
3. Einordnung in den Unterrichtszusammenhang
In der dieser vorangegangenen Stunde wurden mit der Thematisierung des Ablaufs eines convivium die textpragmatischen Verstehensvoraussetzungen geschaffen sowie mit der Übersetzung und Interpretation der VV 231-236 – einer Allegorie auf die Wechselwirkung von Wein (=Bacchus) und Liebe (=Amor) der Boden für die nun folgende Konkretisierung der Wirkung des Weins sowie der Wechselwirkung von Weingenuss und Liebe bereitet. Ausgehend von der Interpretation der Verse 243f., die mit den negativen Konsequenzen des Weingenusses für junge Männer die Nahtstelle zwischen den Ausführungen über die positiven Wirkungen und den Warnungen bilden, wird in der dieser folgenden Stunde der zweite Teil des Abschnitts erarbeitet, sodass die Schüler bei der Gesamtinterpretation als Kerngedanken die Warnung Ovids vor einem unkontrollierten Verlieben infolge von Trunkenheit und schummriger Atmosphäre erkennen.
4. Didaktisch-methodische Vorüberlegungen
a) Didaktische Begründung der Textauswahl
Erotik ist ein elementares Lebensgefühl, Liebe unentbehrliches Lebenselixier. Die zeitlose Relevanz ovidscher Liebesdichtung liegt auf der Hand. Gerade im Alltag von Schülern der Adoleszenz nimmt die Frage, wo und wie sie den passenden Partner kennen lernen, einen zentralen Platz ein. Dabei orientieren sie sich oftmals an den durch die Massenmedien vorgegebenen Rollenmustern und Stereotypen von Sexualität und Liebe[9]. Das Thema Kennenlernen eines Mädchens beim convivium birgt ein hohes Aktualisierungspotenzial, da das Gastmahl durchaus mit der modernen „Party“ verglichen werden kann und somit zum unmittelbaren Erfahrungsbereich der Schüler gehört. Bei der Interpretation von Ovids Ratschlägen werden die Schüler mit großer Wahrscheinlichkeit darüber reflektieren, wie ihr Verhalten, insbesondere der Umgang mit Alkohol, auf das andere Geschlecht wirkt bzw. wie sie auf dessen Verhalten reagieren, sodass sie zum Durchdenken eigener Verhaltensmuster angeregt werden. Da Ovid die von den Massenmedien völlig ausgeblendete Seite von Liebe, nämlich ihre psychologische Bedeutung als elementarer Teil menschlichen Lebens und Verhaltens, thematisiert, kann die Lektüre ovidscher Liebesdichtung kompensatorische Dienste leisten, sodass im Idealfall bei der Auseinandersetzung mit den Gedichten eine kritische Reflexion über das durch die Medien transportierte Bild von Liebe und Sexualität initiiert wird und die Jugendlichen zu einer eigenen, d.h. einer von den Medien unbeeinflussten Einstellung zu Liebe und Sexualität gelangen können[10]. Auf diese Weise trägt der Lateinunterricht einen Teil zur Persönlichkeitsentwicklung der Schüler bei. Gelingt es im Laufe der Lektüreeinheit, dass die Schüler ernsthaft und frei von Hemmungen Stellung zur Liebesthematik nehmen, so ist dies Indiz für den Aufbau eines unverkrampften Verhältnisses zur Sexualität und somit für die Erfüllung des übergeordneten Lernziels der gymnasialen Oberstufe: Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung[11].
b) Sachanalyse
Innerhalb des Lehrganges über die Kunst des Liebens nähert Ovid sich dem Ende der Thematik des invenire. Mit der Empfehlung ein convivium zu besuchen verlässt Ovid erstmals die Öffentlichkeit und wendet sich der Intimsphäre zu. Die Chancen für das Kennenlernen einer Frau sind hier begünstigt durch die physische Nähe und die schummrige Atmosphäre überaus günstig.
Beim convivium herrscht simplicitas, also Offenheit und Aufrichtigkeit, die zur Folge hat, dass man sich ungekünstelt (artes excutiente deo) gibt und seine Meinung frei heraus sagt. Das Instrument dazu ist der Wein (in vino veritas). Der Schüler wird in VV 229-252 zunächst vor den Gefahren eines convivium gewarnt und erst in einem zweiten Schritt (in VV 565-602) in den Strategien der Eroberung beim Gastmahl unterwiesen.
Die Gefahren, die das convivium birgt, resultieren aus der Wechselwirkung von Amor und Bacchus. Ovid macht gleich zu Beginn darauf aufmerksam, dass beim convivium mehr als Wein geboten wird: Est aliquid praeter vina, quod inde petas. Mit einer Allegorie wird verdeutlicht, wie Wein und Liebe durch ihr Zusammenspiel ihre jeweils eigene berauschende Wirkung steigern (VV 231-236). Nach dieser Einleitung legt Ovid die Wirkung des Weins differenziert dar, indem er zunächst darauf hinweist, dass Wein enthemmt und die Herzen für die Liebe öffnet (Vina parant animos faciuntque caloribus aptos). Dann aber lobt er unvermittelt den Wein, da er Sorgen vertreibt und simplicitas bewirkt, die auch jemanden ohne großes Selbstwertgefühl (pauper) Mut fassen lässt. So bleibt noch unklar, wie Ovid dem Weingenuss gegenüber steht. Verwirrung entsteht auch dadurch, dass sich nicht im ersten Zugriff erschließen lässt, wer sich hinter deo verbirgt. Das hat zur Folge, dass der Leser völlig desorientiert und konfus die Wirkung von Wein und Liebe gleichsam am eigenen Leibe spüren kann. Hierin zeigt sich Ovids pädagogisches Geschick, da er seine Schüler in eine derart unangenehme Verfassung versetzt, dass sie bereitwillig die folgenden Lehren aufnehmen[12].
[...]
[1] Im Folgenden wird für die Lernenden einheitlich die Bezeichnung Schüler verwendet.
[2] xx ist Grundkursschüler.
[3] Detaillierte Angaben zu Stärken und Schwächen der Schüler in Arbeitsverhalten und Leistungsvermögen, s. kommentierter Sitzplan.
[4] Sprachliche Unbeholfenheiten und Verstöße gegen die deutsche Grammatik werden sowohl im Unterrichtsgespräch als auch in schriftlichen Arbeiten konsequent verbessert, wobei stets Alternativen aufgezeigt werden.
[5] Bei der Interpretation wird zwischen textinterner und textexterner Interpretation unterschieden.
[6] Da es auf dem Markt keine Textausgabe gibt, die die in den Thematischen Schwerpunkten aufgeführten Textstellen auch nur annähernd abdeckt, stelle ich Texte und Hilfen selbst zusammen.
[7] Da die Texterschließungskompetenz der Schüler sich beständig verbessert, werden mittlerweile nur noch die Struktur besonders schwieriger Passagen visualisiert.
[8] Von diesem Verfahren der Metakognition profitieren sowohl die übersetzenden als auch die zuhörenden Schüler: Der Übersetzer steht gleichsam über sich, verfolgt nochmals die Strukturen des Textes und den Gedankengang, der zur Übersetzung führt. Die Zuhörer können die Übersetzungsstrategie nachvollziehen und sich die Methoden der Problemlösung aneignen.
[9] Mit Sex und Erotik werden sie seit dem Grundschulalter in den Medien konfrontiert. Dieser vordergründigen Aufklärung stehen jedoch in der Realität zum einen gravierende Wissensdefizite, z.B. um Verhütung, und zum anderen ein gehemmtes Verhalten im Bereich Liebe gegenüber, das sich auch in Gesprächen über Sexualität und Liebe durch Albernheiten oder Verkrampfung äußert.
[10] F. Maier, Antike und Gegenwart. Ovid. Ars amatoria. Lieben-Bezaubern-Erobern. Lehrerkommentar, Bamberg 2001, S. 8f.
[11] Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.), Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Latein (Gymnasiale Oberstufe), Hannover 1982
[12] J. Wildberger, Ovids Schule der „elegischen“ Liebe, Erotodidaxe und Psychagogie in der Ars amatoria, Frankfurt 1998, S.80f.
- Arbeit zitieren
- Ines Bauermeister (Autor:in), 2005, Latein 12. Klasse Gymnasium: Ars amatoria VV 237-244, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65527
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