Wie steht es jetzt also um die Wirkung von Mediengewalt auf die Rezipienten? Die vorliegende Arbeit soll einen unaufgeregten Einblick in die aktuelle Forschung geben, wobei der Fokus auf der Wirkung von Mediengewalt auf die neuronalen Strukturen der Konsumenten gerichtet ist. Es wird ein kurzer Einblick in bestehende Wirkungstheorien gegeben, die neuronalen und neuropsychologischen Grundlagen kurz erklärt und es werden dann die Resultate einiger aktuellster Studien (vor allem aus dem angelsächsischen Raum) zum Thema Gehirn und Mediengewalt vorgestellt und zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
II Mediengewalt und Gehirn
1. Zum Begriff „Mediengewalt“
2. Effekte von Mediengewalt
2.1 Kurzfristige Wirkungen
2.2 Längerfristige Wirkungen
3. Neurophysiologische Grundlagen
3.1 Gehirnentwicklung und -funktionen
3.2 Gehirnstrukturen
3.2.1 Grundlagen
3.2.2 Hirnareale und Gewalt
3.3 Untersuchungsmethoden bildgebender Verfahren
4. fMRI-Studien zur Wirkung von Mediengewalt
4.1 Wirkung von TV-Gewalt
4.2 Wirkung von PC- und Video-Spiel-Gewalt
4.3 Beurteilung der Resultate der Studien
III Fazit
IV Literatur
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Thesen zur Mediengewaltwirkung
Abbildung 2: Schematische Darstellung eines Neurons
Abbildung 3: Hirnregionen nach Brodmann
Abbildung 4: Hirnareale zur Gefühlsregulierung
I Einleitung
Gewalt in der Unterhaltung ist wohl schon so alt wie die Unterhaltung selbst. Und fast ebenso alt dürfte die Diskussion darüber sein, wie viel Gewalt der Gesellschaft über die Medien zumutbar ist. Mit zunehmender Medialisierung der Gesellschaft, wurde al- lerdings auch die Mediengewalt immer breiter gestreut. Längst sind wir über die Krimi- nalromane des 19. Jahrhunderts hinweg - heute gibt es (1991) täglich 70 Morde im Unterhaltungsprogramm (vgl. Kunczik/Zipfel 1997: 202), Cartoons und Zeichentrickfil- me wie Simpsons (mit beispielsweise der „Itchy & Scratchy Show“) oder „Beavis & Butthead“, die auch von vielen Kindern und Jugendlichen gerne gesehen werden und schliesslich erlauben es die rasanten Fortschritte in Informatik und Technik, dass heu- te gewalthaltige Video- und Computerspiele immer realistischer werden.
Manfred Spitzer, ein vehementer Kritiker des modernen Bildschirm-Medien-Konsums sagt: „Wären Bildschirme nie erfunden worden, dann gäbe es alleine in den USA jährlich etwa 10'000 Morde und 70'000 Vergewaltigungen weniger sowie 700'000 weniger Gewaltdelikte gegen Personen“ (Spitzer 2005: 8). Er fährt weiter mit einer düsteren Prognose: „Aufgrund der Bildschirm-Medien wird es in Deutschland im Jahr 2020 jährlich etwa 40'000 Todesfälle durch Herzinfarkt, Gehirninfarkt, Lungenkrebs und Diabetes-Spätfolgen geben; hinzu kommen jährlich einige hundert zusätzliche Morde, einige tausend zusätzliche Vergewaltigungen und einige zehntausend zusätzliche Gewaltdelikte gegen Personen.“ (Spitzer 2005: 12). Sein oft zitiertes Fazit daher: Medien machen „dick, dumm, krank und traurig“ (Aufenanger 2005).
Die Debatte zu diesem Thema ist nicht neu, wird aber zunehmend aggressiver geführt. Es handelt sich dabei um ein politisch und ökonomisch heikles Thema, viele Interes- sen sind involviert, es herrscht Unsicherheit und wohl teilweise auch Angst bei der Frage, welchen Einfluss Medien denn nun tatsächlich auf die Rezipienten haben.
Auch die Wissenschaft hat sich mit dem Thema auseinander gesetzt. Die Schätzun- gen zur Anzahl Studien gehen dabei jedoch auseinander: von 250 (vgl. Winterhoff- Spurk 2001: 73) bis zu über 5000 Studien (vgl. Kunczik/Zipfel 2002: 149) ist die Rede. So viele Studien es gibt, so breit sind auch die Resultate und Theorien - sie sprechen Mediengewalt alles zu, von gewalthemmender bis zu gewaltfördernder Wirkung (vgl. Kapitel 2.2 in der vorliegenden Arbeit). Und schliesslich lässt auch die Qualität der Forschung und der entsprechenden Berichte im Einzelfall durchaus Fragen zu. So steht im Forschungsbericht „Television and Behavior“ von 1982 innerhalb eines einzi- gen Absatzes zu lesen „dass die jüngsten Forschungsergebnisse die früheren Befun- de bestätigen würden, wonach zwischen Fernsehgewalt und späterer Aggressivität eine Kausalbeziehung“ bestehe - wenige Zeilen weiter wird gesagt, „dass bislang keine einzige Studie den eindeutigen Nachweis dafür erbrachte habe, dass der Konsum von Fernsehgewalt zu späterer Aggressivität führe“ (Kunczik/Zipfel 1997: 197).
Wie steht es jetzt also um die Wirkung von Mediengewalt auf die Rezipienten? Die vorliegende Arbeit soll einen unaufgeregten Einblick in die aktuelle Forschung geben, wobei der Fokus auf der Wirkung von Mediengewalt auf die neuronalen Strukturen der Konsumenten gerichtet ist. Es wird ein kurzer Einblick in bestehende Wirkungstheorien gegeben, die neuronalen und neuropsychologischen Grundlagen kurz erklärt und es werden dann die Resultate einiger aktuellster Studien (vor allem aus dem angelsäch- sischen Raum) zum Thema Gehirn und Mediengewalt vorgestellt und zusammenge- fasst.
Hinweis:
In Kapitel 3.3 des Hauptteils der vorliegenden Arbeit wird ein kurzer Überblick über die tech- nischen Hintergründe von bildgebenden Verfahren der Gehirnforschung präsentiert. Dabei wird häufig auf die Online Enzyklopädie „Wikipedia“ verwiesen. Dem Autor ist klar, dass es sich dabei nicht um eine wissenschaftliche Quelle handelt. Aufgrund der Schwierigkeit Grundlagen-Fachliteratur zu diesem Thema zu beschaffen (die dabei für eine fachfremde Person verständlich sein sollte) wurde die Quelle jedoch in diesem speziellen Fall von der Seminarleitung akzeptiert.
II Mediengewalt und Gehirn
1. Zum Begriff „Mediengewalt“
Der Begriff der Mediengewalt ist und bleibt aktuell und in aller Munde. Allerdings: was genau definiert die Forschung als Mediengewalt? Dass die Frage nach einer solchen Definition nicht trivial ist zeigt die Tatsache, dass in der Literatur eine Vielzahl von Definitionsversuchen zu finden ist.
Huesmann und Taylor (2006: 395) versuchen es mit einer relativ weit fassenden Defi- nition:
“[…] we define media violence as visual portrayals of act of physical aggression by one human against another.”
Unz, Schwab und Winterhoff-Spurk (2001: 1) erweitern ihre Definition der Mediengewalt um eine vorbereitende Komponente:
“Gewalt in Fernsehnachrichten liegt nach unserem Verständnis dann vor, wenn die unmittelbare Vorbereitung, die Durchführung und/oder die unmittelbaren Folgen intendierter oder nicht-intendierter, für Menschen oder Dinge physisch schädigender Handlungen oder Ereignisse in Text und/oder Bild vorkommen.”
Kunczik und Zipfel (1997: 194) ihrerseits streichen die Intention heraus und legen Wert darauf, dass auch psychische Gewalt erfasst wird:
“Unter personaler Gewalt (Aggression) wird […] die beabsichtigte physische und/oder psychische Schädigung einer Person, von Lebewesen und Sachen durch eine andere Person verstanden.”
Diese kurze Auswahl zeigt, dass der Begriff der Mediengewalt nicht so einfach definierbar ist. Im Allgemeinen werden in bestehender Literatur jedoch Definitionen verwendet oder aufgestellt, die der Begriffsbestimmug von Kunczik/Zipfel am nächsten kommen. In der aktuellen Arbeit wird daher der Begriff der Mediengewalt analog zur Definition von Kunczik/Zipfel verwendet.
2. Effekte von Mediengewalt
Die Frage nach der Wirkung von Mediengewalt auf die Rezipienten ist wohl schon fast so alt wie die Massenmedien selbst. Goldstein führt in seinem Essay zur Anziehungs- kraft von gewalthaltiger Unterhaltung einen Zeitungsbericht aus London aus dem Jah- re 1890 an, wo berichtet wird, dass ein Einbrecher angibt, von einem Kriminalbuch zu seiner Tat angeregt geworden zu sein (vgl. Goldstein 1999: 271). Die teils hitzigen Dis- kussionen zu den Wirkungen von Mediengewalt führten in den USA schliesslich mit dem „Telecummunication Reform Act“ 1996 zur Einführung des V-Chip (Violence Chip im TV-Gerät) zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor dem Konsum von Gewalt, Sex und vulgärer Sprache (vgl. Kunczik/Zipfel 2002: 149 f.). Jedoch: wie sieht die For- schung die Wirkung von Mediengewalt? In der Antwort auf diese Frage zeigen sich zwei Kategorien von Wirkungen: kurzfristige Wirkungen einerseits und langfristige Wir- kungen andererseits, die beide ihrerseits unabhängig von den Effekten der Zeit- Verlagerung (Medienkonsum hindert am Ausführen anderer Tätigkeiten und hat damit auch Einfluss auf das Verhalten) sind (vgl. Huesmann/Taylor 2006: 401).
2.1 Kurzfristige Wirkungen
Bei den kurzfristigen Wirkungen handelt es sich um Folgen, die während oder unmittelbar im Anschluss an die Rezeption von Mediengewalt auftreten. Bonfadelli unterscheidet dabei die Typen Erregung (Medieninhalte und -eigenschaften können zu einer physiologischen Aktivierung führen, was seinerseits zu Angst oder Aggression führen kann), Ärger, Furcht, Imitation sowie die Entstehung von aggressiv geprägter vs. ängstlicher Kognition (vgl. Bonfadelli 2004: 264 ff.).
Huesmann und Taylor ihrerseits unterscheiden drei Kategorien von kurzfristigen Wirkungen: Priming, Erregung sowie die unmittelbare Imitation. Während die Erregung und die Imitation auch von Bonfadelli aufgeführt werden, meint Priming den neurophysiologischen Prozess von Gedächtnisassoziationen. Dabei werden beim Rezipieren von gewissen Inhalten auch Hirnbereiche aktiviert, die assoziativ mit dem betrachteten Inhalt verknüpft sind. So ist eine Waffe wohl assoziativ verknüpft mit dem Konzept der Aggression (vgl. Huesmann/Taylor 2006: 401 f.).
2.2 Längerfristige Wirkungen
Dass die Diskussion um die Wirkung von Mediengewalt in dieser aggressiven Art ge- führt wird liegt unter anderem daran, dass, obschon dieser Bereich der Medienwir- kungsforschung mit geschätzten 5000 Studien wohl so ausgiebig untersucht wurde wie kaum ein anderer (vgl. Kunczik/Zipfel 2002: 149), die Theorien und Meinungen der Experten insbesondere zu den längerfristigen Wirkungen von Mediengewalt diametral auseinander gehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Thesen zur Mediengewaltwirkung (vgl. Mangold 2004: 599) Die in Abbildung 1 aufgeführten Theorien zeigen deutlich, wie weit die Positionen der Theorien längerfristiger Wirkungen voneinander entfernt sind. Allerdings sei hier er- wähnt, dass insbesondere die Katharsisthese, die aussagt, dass der Konsum von Me- diengewalt den Drang nach Gewalt in der Realität stillt, heute als widerlegt gilt und von keinem ernsthaften Wissenschaftler mehr vertreten wird (vgl. Kunczik/Zipfel 2002: 152 f.). Auch ohne dies bleibt die Breite der Theorien damit immer noch verblüffend gross und die Frage letztlich offenbar unbeantwortet, wie Mediengewalt tatsächlich auf die Rezipienten wirkt. Insbesondere die Untersuchung der langfristigen Wirkungen ist wissenschaftlich ausgesprochen schwer und lediglich mit grossem Aufwand zu reali- sieren.
Es würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, wollten alle in Abbildung 1 gelisteten Theorien erklärt werden. Allerdings soll auf zwei gemäss Huesmann/Taylor zentrale Theorien eingegangen werden. Die sozial-kognitive Lerntheorie geht davon aus, dass soziale Verhaltensmuster auch durch Beobachtung im Umfeld (Familie, Peer-Group, Medien) gelernt werden können. Dabei ist die gelernte soziale Reaktion zeitlich unabhängig von der Lernsituation. Folge davon kann sein, dass ein Kind mit Angst oder Wut auf eine neue Situation regiert, die jener ähnelt, welche es in den Me- dien beobachtet hat.
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