In Deutschland sind Krankenhäuser ein bedeutender Wirtschaftszweig, der knapp 1,1 Mio. Menschen Beschäftigung bietet. Es entstehen Einkommen in Höhe von ca. 35 Mrd. €, so dass dieser auch eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung hat (vgl. Henke, Göpffarth 2005, 23; Statistisches Bundesamt 2006, 22). Am 31.12.2004 gab es in Deutschland 2166 Krankenhäuser, in denen das ganze Jahr über insgesamt 16,8 Mio. Patienten behandelt und 147 Mio. Berechnungs- und Belegungstage erbracht wurden. In diesem Jahr nahm als zweites Jahr in Folge die Anzahl der behandelten Patienten um 2,9 % ab. Die Zahl der Krankenhäuser hat sich entsprechend um 31 Einrichtungen verringert. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Personalstruktur. Während im Vergleich zu 2003 die Zahl der beschäftigten ärztlichen Vollkräfte um 3,1 % zunahm, wurde das nichtärztliche Personal um 3,0 % reduziert (vgl. Statistisches Bundesamt 2006, 22). Die Ursprünge der Krankenhäuser reichen bis in das Mittelalter zurück, wobei die ersten Hospitäler Gründungen der Kirche waren. Im 18. Jahrhundert wurden dann die ersten Universitätskliniken gegründet und mit Beginn des 18. - 19. Jahrhunderts übernahmen die Städte und Gemeinden mehr und mehr die Verantwortung für die Spitäler. Diese Entstehungsgeschichte erklärt die heute noch existierenden Trägerschaftsformen von Krankenhäusern: kirchliche Krankenhausträger, Universitäten sowie Landkreise und Gemeinden. Darüber hinaus werden Krankenhäuser u. a. von Sozialversicherungsträgern, von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege sowie von privatwirtschaftlichen Trägern geführt (vgl. Müller-Groh 2002, 1). lm Gegensatz zum früheren Hospital ist das heutige Krankenhaus ein hochtechnisierter Medizinbetrieb, in dem sämtliche ärztlichen, pflegerischen, medizintechnischen, kommunikations- und informationstechnischen Angelegenheiten der Patientenversorgung und -betreuung aufeinander abgestimmt angeboten werden (vgl. Schirmer 2003, 19). Steigende Kosten im Gesundheitswesen und gleichzeitiger Einnahmenrückgang der gesetzlichen Krankenversicherungen haben den Gesetzgeber in den letzten Jahren bewogen, die Rahmenbedingungen der Krankenhäuser deutlich zu reformieren (vgl. Kalbitzer 2004, 1). [...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Einleitung
1. Krankenhäuser als Dienstleistungsanbieter
1.1 Finanzielle Rahmenbedingungen von Krankenhäusern
1.2 Krankenhausleistungen als Dienstleistungen
1.3 Organisationsgestaltung im Krankenhaus
1.3.1 Aufbauorganisation
1.3.1.1 Aufgabenverteilung
1.3.1.2 Verteilung von Entscheidungs- und Weisungsrechten
1.3.2 Ablauforganisation
1.4 Charakterisierung des Pflegebereiches
1.4.1 Kennzeichen und Merkmale professioneller Pflege im Krankenhaus
1.4.2 Stationäre Pflegeeinheiten
1.4.3 Funktionsbereiche
1.4.4 Struktur und Aufbau von stationären Pflegeeinheiten
1.4.4.1 Funktionspflege
1.4.4.2 Bereichspflege
1.4.4.3 Primary Nursing
1.4.4.4 Mischsysteme
1.5 Zwischenfazit
2. Das Pflegemanagement als Element des Krankenhaus- managements
2.1 Das Management im Krankenhaus
2.2 Aufgaben des Managements im Krankenhaus
2.3 Das Pflegemanagement im Krankenhaus
2.3.1 Konzeptionen des Pflegemanagements
2.3.2 Definition von Pflegemanagement
2.3.3 Aufbau des Pflegemanagements
2.3.4 Aufgabenfelder des Pflegemanagements
2.4 Zwischenfazit
3. Controlling in der Pflege
3.1 Controllingansätze aus der allgemeinen Betriebswirtschafts-lehre
3.2 Controlling-Konzeptionen im Krankenhaus
3.3 Controllingdimensionen
3.3.1 Metacontrolling
3.3.2 Strategisches und operatives Controlling
3.3.3 Funktionales Controlling
3.3.3.1 Planung und Kontrolle
3.3.3.2 Information
3.3.3.3 Koordination
3.3.4 Institutionales Controlling
3.4 Reichweite des Controlling
3.4.1 Strategisches Controlling
3.4.2 Operatives Controlling
3.5 Controllinginstrumente
3.6 Pflege-Controlling
3.6.1 Controllingansatz auf Grundlage der betriebswirtschaftlichen Zielsetzungen der Effizienz und Effektivität
3.6.2 Controllingansätze, die zwischen strategischem und operativem Controlling differenzieren
3.6.3 Strategisches Pflege-Controlling
3.6.4 Operatives Pflege-Controlling
3.7 Zwischenfazit
4. Instrumente des operativen Pflege-Controlling.
4.1 Qualitätscontrolling
4.1.1 Begriff der Qualität
4.1.2 Anwendungen des Qualitätscontrolling innerhalb des operativen Pflege-Controlling
4.1.2.1 Service-Blueprint
4.1.2.2 Pflegeprozessanalyse
4.1.2.3 Pflegevisite
4.1.2.4 ServQual
4.2 Kosten- und Erlöscontrolling
4.2.1 Kosten- und Leistungsrechnung in der Pflege
4.2.2 Deckungsbeitragsrechnung
4.2.3 Planung und Budgetierung
4.2.4 Prozesskostenrechnung
4.2.5 Target Costing
4.2.6 Clinical Pathways
4.2.7 Sachkostencontrolling
4.2.8 Personalkostencontrolling
4.2.8.1 Personalbedarfsplanung
4.2.8.2 Instrumente zur Pflegepersonalbedarfsermittlung auf den stationären Pflegeeinheiten
4.2.8.3 Spezifische Instrumente auf Intensivstationen
4.2.8.4 Personalplanung in den Funktionsbereichen
4.3 Case Controlling
4.3.1 Bereichsinternes Case Controlling
4.3.2 Bereichsübergreifendes Case Controlling
4.4 Berichtswesen
4.4.1 Zielsetzungen und Anforderungen des Berichtswesens
4.4.2 Kennzahlen
4.4.2.1 Bedeutung und Arten von Kennzahlen
4.4.2.2 Anforderungen an Kennzahlen für das Pflegemanagement
4.4.2.3 Kennzahlensysteme
4.4.2.3.1 Charakterisierung von Kennzahlensystemen
4.4.2.3.2 Krankenhausbezogene Kennzahlensysteme
4.4.2.3.3 Benchmarking
4.4.3 EDV-Einsatz im Berichtswesen
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zweistufiges Modell der Leistungserstellung im Krankenhaus
Abbildung 2: Der Pflegeprozess nach Fiechter und Maier
Abbildung 3: Die Phasen des klassischen Management-Handelns
Abbildung 4: Controllingmatrix des Pflege-Controlling nach Fließ et al
Abbildung 5: Operatives Pflegecontrolling
Abbildung 6: Methoden- und Perspektivenübersicht ausgewählter Instrumente des operativen Qualitätscontrolling in der Pflege
Abbildung 7: Ausschnitt aus dem Pflege-Blueprint einer Entbindungsstation
Abbildung 8: Beispielhaftes Formblatt zur Ermittlung der Pflegeergebnisqualität
Abbildung 9: Gliederungsmöglichkeiten des operativen Kosten- und Erlöscontrolling in der Pflege
Abbildung 10: Auszug aus dem Kontorahmen der Anlage 4 der KHBV
Abbildung 11: Auszug aus dem Kostenstellenrahmen der Anlage 5 der KHBV
Abbildung 12: Beispiele von Gliederungsschemata für die Deckungsbeitrags- rechnung
Abbildung 13: Aufbau eines Abteilungsbudgets
Abbildung 14: Prozesskostenrechnung am Beispiel einer Operation
Abbildung 15: Arten von Kennzahlen
Abbildung 16: Methoden- und Perspektivenübersicht der Instrumente des operativen Qualitätscontrolling in der Pflege
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Betriebsstrukturen von Krankenhäuser
Tabelle 2: Wesensmerkmale von Dienstleistungen
Tabelle 3: Center-Konzepte der Spartenorganisation
Tabelle 4: Positionen im Top-, Middle- und Lower-Management der Pflege
Tabelle 5: Explizit zugewiesene Aufgaben der pflegerischen Leitung in den Rechtsregelungen der Bundesländer
Tabelle 6: Controllingverständnis ausgewählter deutscher Wissenschaftler
Tabelle 7: Dimensionen des Controlling
Tabelle 8: Aufgaben des strategischen und operativen Controlling im Krankenhaus
Tabelle 9: Kernaufgaben des operativen Pflege-Controlling
Tabelle 10: Prozessual-funktional operatives Pflege-Controlling
Tabelle 11: Pflegerelevante Merkmale und Kriterien der Qualitätsdimensionen
Tabelle 12: Ansatzpunkte der Pflegevisite
Tabelle 13: Qualitätsdimensionen von ServQual
Tabelle 14: Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung als Kernfunktion des Controlling
Tabelle 15: Zielsetzungen von Clinical Pathways
Tabelle 16: Zielsetzungen des Personalcontrolling
Tabelle 17: Hauptaufgaben des operativen Personalcontrolling
Tabelle 18: Anhaltszahlen zur personellen Besetzung von Intensivstationen
Tabelle 19: Anforderungen an Kennzahlen
Tabelle 20: Betriebswirtschaftliche Anforderungen an die EDV.
Tabelle 21: Teilgebiete der Kostenrechnung
Einleitung
In Deutschland sind Krankenhäuser ein bedeutender Wirtschaftszweig, der knapp 1,1 Mio. Menschen Beschäftigung bietet. Es entstehen Einkommen in Höhe von ca. 35 Mrd. €, so dass dieser auch eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung hat (vgl. Henke, Göpffarth 2005, 23; Statistisches Bundesamt 2006, 22). Am 31.12.2004 gab es in Deutschland 2166 Krankenhäuser, in denen das ganze Jahr über insgesamt 16,8 Mio. Patienten behandelt und 147 Mio. Berechnungs- und Belegungstage erbracht wurden. In diesem Jahr nahm als zweites Jahr in Folge die Anzahl der behandelten Patienten um 2,9 % ab. Die Zahl der Krankenhäuser hat sich entsprechend um 31 Einrichtungen verringert. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Personalstruktur. Während im Vergleich zu 2003 die Zahl der beschäftigten ärztlichen Vollkräfte um 3,1 % zunahm, wurde das nichtärztliche Personal um 3,0 % reduziert (vgl. Statistisches Bundesamt 2006, 22).
Die Ursprünge der Krankenhäuser reichen bis in das Mittelalter zurück, wobei die ersten Hospitäler Gründungen der Kirche waren. Im 18. Jahrhundert wurden dann die ersten Universitätskliniken gegründet und mit Beginn des 18. – 19. Jahrhunderts übernahmen die Städte und Gemeinden mehr und mehr die Verantwortung für die Spitäler. Diese Entstehungsgeschichte erklärt die heute noch existierenden Trägerschaftsformen von Krankenhäusern: kirchliche Krankenhausträger, Universitäten sowie Landkreise und Gemeinden. Darüber hinaus werden Krankenhäuser u. a. von Sozialversicherungsträgern, von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege sowie von privatwirtschaftlichen Trägern geführt (vgl. Müller-Groh 2002, 1). lm Gegensatz zum früheren Hospital ist das heutige Krankenhaus ein hochtechnisierter Medizinbetrieb, in dem sämtliche ärztlichen, pflegerischen, medizintechnischen, kommunikations- und informationstechnischen Angelegenheiten der Patientenversorgung und -betreuung aufeinander abgestimmt angeboten werden (vgl. Schirmer 2003, 19).
Steigende Kosten im Gesundheitswesen und gleichzeitiger Einnahmenrückgang der gesetzlichen Krankenversicherungen haben den Gesetzgeber in den letzten Jahren bewogen, die Rahmenbedingungen der Krankenhäuser deutlich zu reformieren (vgl. Kalbitzer 2004, 1). Beispielhaft können die Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips durch das Gesundheitsstrukturgesetz (vgl. Greiling 2005, 39) und die Einführung eines für die meisten Krankenhäuser geltenden leistungsorientierten und pauschalisierten Entgeltsystem (DRG[1] -System) genannt werden (vgl. Schwaiberger 2005, 25). Die Reformen haben zu weitreichenden Veränderungen für die Krankenhäuser geführt. An die Stelle der Kostenerstattung treten zunehmend die effiziente Leistungserbringung und die strategische Marktpositionierung zur Existenzsicherung des Krankenhauses (vgl. Eichhorn, Greiling 2003, 33). Um Kosteneinsparungen zu Lasten der Behandlungsqualität von Patienten zu verhindern, sehen sich Krankenhäuser steigenden gesetzlichen Mindestqualitätssicherungsvorschriften gegenüber. In diesem Zusammenhang können die geforderten Qualitätsberichte nach §137 SBG V und Mindestmengenvereinbarungen von Krankenhausleistungen genannt werden (vgl. Greiling 2005, 40f; Gandjour et al. 2003, 189f.).
Durch die Veränderungen der Rahmenbedingungen gewinnt der Einsatz betriebswirtschaftlicher Managementinstrumente zunehmend an Bedeutung. Unabhängig von der Trägerschaft lassen sich seit Mitte der 1990er Jahre im gesamten Krankenhaussektor einschneidende aufbau- und ablauforganisatorische Reorganisationsprozesse (z. B. Rechtsformumwandlungen, Etablierung von Organisations- und Personalentwicklungsabteilungen und Prozessoptimierungen) beobachten, die darauf abzielen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit zu erhöhen (vgl. Greiling 2005, 40f.). In Verbindung mit dem Ziel der Krankenhaussteuerung gewinnt Controlling eine immer größere Bedeutung (vgl. Thiele 2002, 192).
Der Diplomstudiengang Pflege/Pflegemanagement an der Fachhochschule für Sozialwesen in Esslingen beinhaltet zwei Praxissemester. Mein erstes Praxissemester absolvierte ich erfolgreich in der Pflegedirektion eines großen Krankenhauses. Neben der Mitarbeit in verschiedenen Projekten bildeten die Mitarbeiterführung und insbesondere die Wahrnehmung von Aufgaben des operativen Controlling (z. B. Berechnung des Pflegepersonalbedarfs in der psychiatrischen Abteilung, Mitwirkung bei der Entwicklung von Clinical Pathways) die Schwerpunkte meines Praktikums. Da hierdurch mein besonderes Interesse an Controlling geweckt wurde, fasste ich den Entschluss, mich im Rahmen meiner Diplomarbeit mit dem Thema „Controlling in der Pflege“ auseinanderzusetzen.
Da Controlling jedoch sehr weitreichend und umfassend ist und ich während meines Praxissemesters Einblicke in das operative Controlling erhielt, beschloss ich daher, mich auf das operative Controlling für das Pflegemanagement im Krankenhaus zu konzentrieren und es theoretisch aufzuarbeiten.
Entsprechend legte ich den Titel meiner Arbeit fest: Operatives Controlling für das Pflegemanagement im Krankenhaus. Die handlungsleitende Fragestellung dieser Diplomarbeit lautet:
Wie kann operatives Controlling das Pflegemanagement im Krankenhaus in seiner Funktion unterstützen?
Daraus habe ich weitere konkretere Zielsetzungen für die vorliegende Diplomarbeit abgeleitet:
- Die Organisationsformen des Pflegebereichs im Krankenhaus beschreiben,
- die Aufgaben des Pflegemanagements im Krankenhaus aufzeigen,
- die theoretischen Grundlagen des operativen Controllings darstellen sowie
- Operative Controllinginstrumente für das Pflegemanagement vorstellen.
Diese Zielsetzungen bilden zugleich den groben Gliederungsrahmen meiner Diplomarbeit.
Im ersten Kapitel möchte ich die vorhandenen finanziellen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser beschreiben, eine Betrachtung der Krankenhausleistungen als Dienstleistungen vornehmen, die Krankenhausorganisation vorstellen sowie den Pflegebereich im Krankenhaus charakterisieren. Auf diesem Kapitel wird in den folgenden aufgebaut. Daraufhin werde ich im zweiten Kapitel auf die Strukturen und Aufgaben des Krankenhausmanagements näher eingehen. Dabei konzentriere ich mich insbesondere auf das Pflegemanagement. Im dritten Kapitel werde ich nach einer Betrachtung des Controlling aus Sicht der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und Krankenhausbetriebslehre Konzeptionen des Controlling in der Pflege vorstellen. Im vierten Kapitel gehe ich dann ausführlich auf operative Controllinginstrumente in der Pflege ein. Das Kapitel habe ich anhand der Controllinggrößen Qualität, Kosten, Erlöse und Case (Fall) gegliedert. Aufgrund seiner Relevanz widme ich dem Berichtswesen ein eigenes Unterkapitel. Die abschließende Zusammenfassung ist eine Reflektion über die wesentlichen Inhalte meiner Diplomarbeit.
1. Krankenhäuser als Dienstleistungsanbieter
Dieses Kapitel dient dazu, vorhandene finanzielle Rahmenbedingungen und weitere Grundlagen zu beschreiben, auf die in den folgenden Kapiteln aufgebaut wird. Innerhalb dieses Kapitels wird auf die Betriebsstrukturen, die finanziellen Rahmenbedingungen, die dienstleistungsbezogene Charakterisierung der Krankenhausleistungen, die Krankenhausorganisation sowie auf die Charakterisierung des Pflegebereichs eingegangen.
Nach § 2 Nr. 1 KHG (Krankenhausfinanzierungsgesetz) sind Krankenhäuser:
„Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfestellung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können.“ (krankenhaus umschau 2005, 5)
Krankenhäuser nehmen noch weitere wichtige Aufgaben wahr. So findet in Krankenhäusern ein Großteil der Aus-, Fort und Weiterbildung der Gesundheitsberufe und der medizinischen Forschung statt. (vgl. Hajen et al. 2004, 165). Krankenhäuser können nach folgenden Betriebsstrukturen gegliedert werden:
Tabelle 1: Betriebsstrukturen von Krankenhäuser
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigenerstellung, vgl. Hajen et al. 2004, 165f.; Statistisches Bundesamt 2006, 4f.; Henke, Göpffarth 2005, 25; Sozialministerium 2000, 17f.; Simon 2005, 183-205
1.1 Finanzielle Rahmenbedingungen von Krankenhäusern
Ziel des KHG ist nach § 1 KHG „die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen.“ (krankenhaus umschau 2005, 5).
Seit der Einführung des KHG 1972 erfolgt die Finanzierung der Krankenhauskosten als duale Finanzierung (vgl. Haubrock 2002, 321). Das bedeutet, dass nach § 4 KHG Krankenhäuser wirtschaftlich gesichert werden, indem Investitionskosten aus Fördermitteln der Bundesländer abgegolten werden und sie leistungsgerechte Erlöse der Krankenversicherungen zur Deckung der Betriebskosten erhalten, die auch für Investitionen verwendet werden dürfen (vgl. Haubrock 2005, 245). Hinsichtlich der Erlöse der Krankenversicherungen kann zwischen dem leistungsorientierten und pauschalisierten DRG-System nach § 17b KHG und den ausschließlich für psychiatrischen Einrichtungen und Abteilungen nach § 17b Abs. 1 KHG geltenden Abteilungs-[2] und Basispflegesätzen[3] unterschieden werden (vgl. Haubrock 2005, 251-266, krankenhaus umschau 2005, 5-7). Unterschiedliche Vergütungsstrukturen sind auch entsprechend der jeweiligen Form der Krankenhausbehandlung (z. B. ambulante, stationäre Behandlung) vorhanden (vgl. Witte, Link 2005, 125). Weitere Finanzquellen für Krankenhäuser sind u. a. Vergütungen für Wahlleistungen nach § 17 KHEntG (Krankenhausentgeltgesetz), Zuzahlungen von Patienten, Spenden und Zuschüsse der Krankenhausträger (vgl. Straub 2002, 51). Weiterführende Informationen zur Krankenhausfinanzierung finden sich bspw. in Haubrock 2005 und Simon 2005.
1.2 Krankenhausleistungen als Dienstleistungen
Krankenhäuser als Erbringer von Gesundheitsleistungen werden dem Dienstleistungsbereich zugeordnet (vgl. Eichhorn 1975, 13). Dienstleistungen können nach Berekoven wie folgt definiert werden:
„Dienstleistungen […] sind der Bedarfsdeckung Dritter dienende Prozesse mit materiellen und/oder immateriellen Wirkungen, deren Vollzug und deren Inanspruchnahme einen synchronen Kontakt zwischen Leistungsgeber und Leistungsnehmer beziehungsweise deren Objekten von der Bedarfsdeckung her erfordert.“ (Berekoven 1983, 23)
Dienstleistungen und somit auch Krankenhausleistungen sind durch drei Wesensmerkmale genau bestimmbar und gegenüber Sachleistungen abzugrenzen. Diese werden in der nachfolgenden Tabelle dargestellt:
Tabelle 2: Wesensmerkmale von Dienstleistungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
vgl. Haller 2001, 5-8
Patienten nehmen Krankenhausleistungen i. d. R. zur Wiederherstellung oder Verbesserung ihres Gesundheitszustandes in Anspruch. Dabei setzt die Leistungserstellung im Krankenhaus ihr Einverständnis und ihre Mitwirkung voraus (vgl. Morra 1996, 29). Entsprechend sind die Leistungen mit einem hohen Grad an Individualität gekennzeichnet und nur gering standardisierbar (vgl. Herder-Dornreich, Wasem 1986, 112). Auch ist die Entscheidungsfindung der Patienten für oder gegen Krankenhausleistungen häufig erschwert, da diese die Konsequenzen nicht abschätzen können und viele Dienstleistungen im Krankenhaus, im Gegensatz zu Wandlung oder Umtausch bei Sachleistungen, nicht rückgängig gemacht werden können (z. B. Operationen) (vgl. Thill 1999, 47).
Der Leistungserstellungsprozess der Krankenhausleistungen kann nach Eichhorn als ein gesteuerter, interaktiver Prozess mit komplexen Beziehungen und differenziertem Mitteleinsatz umschrieben werden, der durch die Interaktionen zwischen den Patienten und dem Krankenhaus geprägt ist (vgl. Eichhorn 1987, 12). Das in der Fachliteratur häufig beschriebene zweistufige Produktionsmodell geht auf Eichhorn (vgl. Eichhorn 1975, 15-19) zurück und zeigt den Leistungserstellungsprozess im Krankenhaus auf:
Abbildung 1: Zweistufiges Modell der Leistungserstellung im Krankenhaus
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Straub 1997, 56
Primäres Ziel der Leistungserstellung ist die positive Beeinflussung bzw. Veränderung des Status des Gesundheitszustandes des Patienten (Outcome). Als Output wird die mengen- und wertmäßige Abgabe von Gesundheitsleistungen bezeichnet. Zur Erzeugung des Outputs werden Inputs eingesetzt. Als Primär-Input werden Leistungen aus den Bereichen ärztliche Behandlung, Pflege, Hotelleistung und Verwaltung bezeichnet. In diese Leistungen geht wiederum eine Kombination von originären Produktionsfaktoren „Menschliche Arbeit, Betriebsmittel und Sachgüter“ (Sekundär-Input) ein (vgl. Straub 1997, 57; Schär 2002a, 115).
1.3 Organisationsgestaltung im Krankenhaus
Die Grundlage zur Ausbildung von Organisationen bildet nach Picot et al. die Knappheit der Güter:
„Es gehört zu den vom Einzelnen selbst überprüfbaren Grundtatbeständen der ökonomischen Wirklichkeit, dass Menschen Knappheit empfinden, wenn sie ihre Bedürfnisse an den zu ihrer Befriedigung verfügbaren Gütern messen. Diese Knappheit bildet den Ausgangspunkt des sogenannten Wirtschaftens. Darunter fallen alle menschlichen Aktivitäten, die im Dienste der Knappheitsverringerung unternommen werden. Letztlich geht es darum, den vorhandenen Ressourcenbestand so einzusetzen, dass ein Höchstmaß an Bedürfnisbefriedigung realisiert wird. [...] Der größte Beitrag zur Knappheitsbewältigung wird durch Arbeitsteilung und Spezialisierung erbracht.“ (vgl. Picot et al. 1997, 1)
Organisationen dienen der Schaffung einer Ordnung arbeitsteiliger Prozesse nach Maßgabe des ökonomischen Prinzips[4] und der Entlastung der Unternehmensleitung durch generelle Regeln zur Erledigung häufig sich wiederholender Aufgaben (Routineaufgaben) (vgl. Wöhe, Döring 2005, 131). Im Folgenden wird auf die Aufbau- und Ablauforganisation näher eingegangen.
1.3.1 Aufbauorganisation
Die Aufbauorganisation lässt sich zusammenfassend beschreiben als „Hierarchische Ordnung zur dauerhaften Regelung von Rechten und Pflichten von Personen und Abteilungen“ (Wöhe, Döring 2005, 132). Im Folgenden wird in Anlehnung an Picot et al. die Aufgabenverteilung, die Verteilung von Entscheidungsrechten sowie die Verteilung von Weisungsrechten thematisiert (vgl. Picot et al. 1997, 165-181):
1.3.1.1 Aufgabenverteilung
Im Rahmen der Aufgabenverteilung wird die komplexe Gesamtaufgabe des Unternehmens in Teilaufgaben zerlegt. Inhalt der Aufgabenverteilung ist die Bildung von Teilaufgaben und die Bildung von organisatorischen Einheiten als Träger dieser Teilaufgaben (vgl. Thiele 2002, 52). Die Zerlegung der Gesamtaufgabe kann nach den Kriterien: Verrichtung, Objekt, Rang, Phase und Zweck erfolgen (vgl. Schreyögg 1998, 113-125). Von besonderer praktischer Bedeutung sind einerseits die Verrichtungs- und andererseits Objektanalyse. Im Rahmen der Verrichtungsanalyse werden Tätigkeiten (z. B. Beschaffung, Produktion, Absatz) an verschiedenen Objekten (Produkten) und in der Objektanalyse verschiedenen Tätigkeiten an je einem Objekt (Produkt) betrachtet. Eine verrichtungsorientierte Aufgabenanalyse führt zu einer funktionalen, eine objektorientierte Aufgabenanalyse führt zu einer divisionalen Organisationsstruktur (Spartenorganisation[5] ) (vgl. Wöhe, Döring 2005, 134). Nach § 33 LKHG (Landeskrankenhausgesetz) ist in Baden-Württemberg für die überwiegende Zahl der Krankenhäuser die divisionale Organisationsform vorgeschrieben (vgl. LKHG 2004, 15; Reinhart 2002a, 396):
„Für das Krankenhaus ist eine Betriebsleitung zu bilden. Der Betriebsleitung gehört ein Krankenhausdirektorium an, das sich aus einem Leitenden Arzt, dem Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungsbereichs und der Leitenden Krankenpflegekraft zusammensetzt […]“ (LKHG 2004, 15).
Hinsichtlich der Spartenorganisation können folgende Center-Konzepte unterschieden werden (vgl. Krüger 1994, 103):
Tabelle 3: Center-Konzepte der Spartenorganisation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigenerstellung
Das Cost Center kann als zentrales Konzept angesehen werden und besitzt den geringsten Handlungsspielraum unter den Center-Konzepten (vgl. Krüger 1994, 104). Strehlau-Schwoll empfiehlt, die Krankenhausverwaltung als Cost Center zu betreiben (vgl. Strehlau-Schwoll, 1999, 37). Dezentrale Konzepte sind hingegen das Profit Center und das Investment Center. Die häufigste Lösung ist das Profit Center. Dieses setzt voraus, dass alle gewinn- bzw. ergebnisbestimmenden Größen durch Maßnahmen der Sparte beeinflusst werden können. Dazu zählen insbesondere Kosten und die Leistung nach Art, Menge, Preis, Qualität und Zeitdauer (vgl. Krüger 1994, 104).
Die durch die Zerlegung der Gesamtaufgaben erhaltenen Teilaufgaben werden zu wirtschaftlich sinnvollen Aufgabenkomplexen zusammengefasst. Dieser Vorgang wird als Aufgabensynthese bezeichnet (vgl. Wöhe, Döring 2005, 134). Hinsichtlich der Aufgabenanalyse und -synthese gibt es in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur eine Vielzahl von verschiedenen Ansätzen und Methoden (vgl. Staehle 1999, 675-685). Durch die Aufgabensynthese entstehen als kleinste organisatorische Einheit Stellen. Diese können nach Bea et al. wie folgt definiert werden:
„Stellen entstehen durch die Zuordnung von Aufgaben, Personen und Sachmitteln zu kleinsten leistungsbereiten Organisationseinheiten.“ (Bea et al. 1993, 121)
Stellen können nach drei Arten unterschieden werden. Leitungsstellen sind mit Entscheidungs- und Weisungsrechten ausgestattet und können auch als Instanzen bezeichnet werden. Ausführende Stellen sind auf der untersten Ebene der Unternehmenshierarchie angesiedelt. Sie besitzen Ausführungskompetenzen, haben allerdings kein Weisungsrecht. Stabstellen sind Leitungshilfsstellen ohne Entscheidungs- und Weisungsbefugnis. Sie dienen der Entlastung von Instanzen (vgl. Thiele 2002, 53; Krüger 1994, 50). Eine Stelle wird unabhängig von dem jeweils Ausführenden gebildet. Eine Zusammenfassung mehrerer Stellen unter einheitlicher Leitung wird als Abteilung bezeichnet (vgl. Staehle 1999, 698).
Nach Trill haben sich viele Krankenhausorganisationen über Jahre hinweg ohne bewusste Gestaltungsprozesse entwickelt und sind oft stark personenabhängig. Eine typische Krankenhausorganisation gibt es nur hinsichtlich der medizinischen Fachabteilungen (z. B. Chirurgie, Innere Abteilung). Die Zuordnung der verschiedenen Stellen und Abteilungen kann jedoch aufgrund der Krankenhausgröße oder infolge unterschiedlicher Machtkonstellationen (z. B. unter den Chefärzten der Kliniken) zwischen den Krankenhäusern stark variieren (vgl. Trill 1996, 125).
1.3.1.2 Verteilung von Entscheidungs- und Weisungsrechten
Entscheidungsrechte beziehen sich auf die Kompetenz, die Aufgabenerfüllung in Unternehmen inhaltlich zu gestalten. Die Verteilung von Entscheidungsrechten besteht aus den Komponenten Delegation und Partizipation. Im Rahmen der Delegation wird geklärt, welche organisatorischen Einheiten welche inhaltlichen Gestaltungsbefugnisse erhalten. Mit dem Delegationsgrad wird ausgesagt, dass, je mehr Entscheidungsrechte auf nachgeordnete Stellen verlagert werden, umso höher ist der Delegationsgrad. Mit steigendem Delegationsgrad sind auch die Qualifikationsanforderungen an die nachgeordneten Stellen verbunden. Von der Entscheidungsdelegation ist die Partizipation an Entscheidungen zu unterscheiden. Die Partizipation beschreibt das Ausmaß, in dem Personen der nachgeordneten Ebene an der Entscheidungsfindung der/den übergeordneten Ebene(n) beteiligt werden (vgl. Picot et al. 1997, 170). Die durch die Aufgabenverteilung und Verteilung der Entscheidungsrechte entstandene Struktur wird durch die Gestaltung der Weisungs- bzw. Anordnungsrechte konkretisiert (vgl. Wöhe, Döring 2005, 141). Hinsichtlich der Ausgestaltung des Weisungsrechts kann zwischen verschiedenen Grundformen (z. B. Einliniensystem, Mehrliniensystem) unterschieden werden. Ausführliche Darstellungen finden sich bspw. in Picot et al. 1997, 173-180; Schreyögg 1998, 160-198. Als Hierarchie wird die Über-/Unterordnung von Organisationseinheiten bezeichnet, die sich in der stufenweisen Schaffung von Instanzen ausdrückt (vgl. Wöhe, Döring 2005, 137). Nach Bernhard und Walsh nimmt die Zufriedenheit des Pflegepersonals bei einer flachen Organisationsstruktur mit einer größeren Dezentralisierung und kürzeren Kommunikationswegen zu (Bernhard, Walsh 2000, 49).
1.3.2 Ablauforganisation
Nach Wöhe und Döring kann die Ablauforganisation wie folgt definiert werden:
„Gegenstand der Ablauforganisation ist die zeitliche und räumliche Gestaltung der Arbeitsabläufe nach Maßgabe des ökonomischen Prinzips.“ (Wöhe, Döring 2005, 147)
Die Ablauforganisation knüpft an die Ergebnisse der Aufgabenanalyse und -synthese (vgl. Kap. 2.4.1) an. Bei der Ablauforganisation stehen die Leistungsprozesse im Vordergrund, die sich bei und zwischen den Stelleninhaberinnen und Stelleninhabern vollziehen (vgl. Wöhe, Döring 2005, 147f.; Krüger 1994, 119-138).
Nach Eichhorn und Schubert ist für die klassische Krankenhausorganisation insgesamt eine ausgeprägte hierarchische Strukturierung, Spezialisierung sowie einseitige, fachspezifische Professionalisierung der Mitarbeiter mit hochgradiger Arbeitsteilung und zersplitterten Leistungsprozessen kennzeichnend. Dadurch werden eigentlich notwendige integrative und prozessbezogene Organisationsformen verhindert. Die divisionale, an Berufsgruppen orientierte Organisationsform (vgl. Kap. 2.4.1) bedingt eine mangelhafte berufsgruppenübergreifende handlungsorientierte Abstimmung, die eine der Hauptursachen für Kosten- und Qualitätsprobleme in der Krankenhausversorgung darstellt (vgl. Eichhorn 2001, 52-54; Schubert 2003, 201). Ein weiteres Defizit in der Organisation und Kommunikation ist nach Grusdat et al., dass neben der allgemeinen Formulierung der Zwecksetzung häufig keine konkreten bereichsübergreifenden und operationalisierbaren Zielsetzungen existieren. Das hat zur Folge, dass in den einzelnen Leistungsbereichen berufliche Orientierungen verwirklicht werden, die erheblich voneinander abweichen können, z. B. das Professionsverständnis von Pflege und Medizin (vgl. Grusdat et al. 1996, 8f.). Im Folgenden wird der Pflegebereich im Krankenhaus nun genauer charakterisiert.
1.4 Charakterisierung des Pflegebereiches
Im Krankenhaus sind Pflegekräfte überwiegend in stationären Pflegeeinheiten und in Funktionsbereichen eingesetzt (vgl. Lingenberg, Reimann 1995, 17). Bevor ich jedoch darauf eingehen möchte, ist es sinnvoll, die Kennzeichen und Merkmale professioneller Pflege näher zu betrachten.
1.4.1 Kennzeichen und Merkmale professioneller Pflege im Krankenhaus
In Deutschland wurden erste Gesetze zur systematischen Ausbildung in der Krankenpflege im Jahr 1907 auf Reichsebene erlassen. Die vorrangigen Aufgaben für Pflegende bestanden darin, die Kranken für die ärztliche Behandlung vorzubereiten und den Arzt in seinen Arbeiten durch die Übernahme einiger Aufgaben zu unterstützen. Weiterhin gab es vermeintlich haushaltsnahe Versorgungsaufgaben (vgl. Steppe 2000, 78; Voges 2002, 104). Diese Aufgabenteilung hinterließ ihre Spuren unter anderem in der Unterscheidung zwischen der Grund- und Behandlungspflege (vgl. Präsident des Landtags NRW; Enquête-Kommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“; Eichhorn 1975, 341-345). Die Synonyme für Grund- und Behandlungspflege sind „Allgemeine Pflege“ und „Spezielle Pflege“ (vgl. Müller 2001, 120). Die Differenzierung pflegerischer Aufgaben in Grund- und Behandlungspflege lässt sich jedoch aus pflegewissenschaftlicher Sicht nicht begründen, sie behindert die Kontinuität und Effektivität personenorientierter Pflege (vgl. Müller 2001, 110-119).
Auf internationaler Ebene kann von einem Grundverständnis von professioneller Pflege gesprochen werden, das sich in den Definitionen einschlägiger Fachliteratur und in der Bezugnahme auf klassische Pflegetheorien ausdrückt (vgl. Präsident des Landtags NRW; Enquête-Kommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“ 2005, 30).
In der deutschen Krankenpflege ist das von Juchli modifizierte RLT-Modell (=Roper-Logan-Tierney-Modell) (vgl. Juchli 1994, 74-94) am weitesten verbreitet (vgl. Präsident des Landtags NRW; Enquête-Kommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“ 2005, 31). Ziel des RLT-Modells ist es, Patienten auf Grundlage des Pflegeprozesses individuell dabei zu helfen, (aktuelle oder potenzielle) Probleme in ihren Lebensaktivitäten zu vermeiden, sie zu lindern, zu lösen oder aber positiv damit umzugehen (vgl. Roper, Logan, Tierney 2002, 136f.).
Der Pflegeprozess besitzt die Zielsetzung, auf systematische Art und Weise den Bedürfnissen des Patienten nach pflegerischer Betreuung zu entsprechen. Er besteht aus logischen, voneinander abhängigen Überlegungs-, Entscheidungs- und Handlungsschritten, die auf eine bestimmte Zielsetzung ausgerichtet sind (vgl. Christian 1994, 643). In Abbildung 5 wird der Pflegeprozess nach Fiechter und Maier grafisch dargestellt. Nach Wierz bildet der Pflegeprozess das Handlungsgerüst für die Pflege. Dieser muss immer in Beziehung zu einem theoretischen Hintergrund (z. B. zu einer Pflegetheorie) und/oder zu einem Pflegeleitbild[6] gesetzt werden (vgl. Wierz 2000, 71-75). Innerhalb des Pflegeprozesses muss als oberstes Denk- und Handlungsprinzip sowohl die Autonomie als auch die Partizipation der Patienten berücksichtigt werden (vgl. Heering, Heering 1994, 376).
Abbildung 2: Der Pflegeprozess nach Fiechter und Maier
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fiechter, Maier 1998, 19
Das Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel hat folgende Definition professioneller Pflege entwickelt (vgl. Spichiger et al. 2006, 46-50):
„Professionelle Pflege fördert und erhält Gesundheit, beugt gesundheitlichen Schäden vor und unterstützt Menschen in der Behandlung und im Umgang mit Auswirkungen von Krankheiten und deren Therapien. Dies mit dem Ziel, für betreute Menschen die bestmöglichen Behandlungs- und Betreuungsergebnisse sowie die bestmögliche Lebensqualität in allen Phasen des Lebens bis zum Tod zu erreichen.“ (Spichiger et al. 2006, 51)
Hiervon kann abgeleitet werden, dass professionelle Pflege sich am Pflegeprozess orientiert, auf Evidenz, reflektierter Erfahrung und den individuellen Präferenzen der Betreuten basiert sowie ethische Richtlinien berücksichtigt (vgl. Spichiger et al. 2006, 51).
1.4.2 Stationäre Pflegeeinheiten
Patientenzimmer, Arbeitsräume und Dienstzimmer für das Personal bilden eine Baueinheit, die als Stationen oder Pflegegruppen (Pflegeeinheiten) bezeichnet werden. Ihre Differenzierung erfolgt nach medizinischen Fachbereichen (Chirurgie, Innere Medizin etc.), der Pflegeintensität (High -, Intermediate -, Normal -, Low Care bzw. Intensiv- und Normalpflege) oder dem Alter der Patientinnen und Patienten (Kinderstation, Geriatrie) (vgl. Lingenberg, Reimann 1995, 17; Howe-Lehmann, Richter 2006, 104f.)
1.4.3 Funktionsbereiche
„Funktionsbereiche sind betriebliche Einheiten mit der Aufgabe, direkt (z. B. durch eine Operation) oder indirekt (z. B. durch Sterilisieren der Instrumente für die Operation) den Patienten einer speziellen Therapie zuzuführen bzw. Hilfen für die Diagnostik bereitzustellen.“ (Lingenberg, Reimann 1995, 19)
Pflegekräfte können in Funktionsbereichen mit Vor- und Nachbereitungsarbeiten für diagnostische und therapeutische Maßnahmen, mit der Hilfestellung bei der Durchführung sowie mit der Patientenbetreuung beauftragt sein. Zu den Funktionsbereichen zählen im Wesentlichen die Operationsabteilung, Anästhesie, Ambulanzen, Endoskopie und Sterilisation (vgl. Lingenberg, Reimann 1995, 19; Tauch 2004, 314).
1.4.4 Struktur und Aufbau von stationären Pflegeeinheiten
Damit die Arbeit systematisch und strukturiert erfolgen kann, bedient sich die Pflege auf den Pflegeeinheiten verschiedener Formen der Arbeitsorganisation, die auch als Pflegesysteme bezeichnet werden. Organisation und Struktur der pflegerischen Arbeit wirkt sich dabei nicht nur auf die Pflegenden aus, sondern auch auf die Patienten. Patientenzufriedenheit, Pflegequalität und Berufszufriedenheit werden stark vom praktizierten Pflegesystem geprägt (vgl. Lieser 2004, 77; Reinhart 2002a, 398-402). Im Folgenden möchte ich die charakteristischen Merkmale der Pflegesysteme jeweils kurz aufzeigen.
1.4.4.1 Funktionspflege
Die Funktionspflege orientiert sich an der hierarchischen Aufbauorganisation mit klaren Gliederungen und Unterstellungsbeziehungen, die sich auf der Ebene der ausführenden Stellen in einer funktionsorientierten, tayloristischen[7] Arbeitsteilung widerspiegelt. Diese Arbeitsteilung orientiert sich an der Vorstellung, dass eine technikbestimmte Spezialisierung der Pflege zu einer rationellen Arbeitsweise führt und ein Höchstmaß an Qualität erbringt. Im Rahmen der Funktionspflege erhalten die Pflegenden von der Stationsleitung bzw. deren Stellvertretung pflegerische Einzeltätigkeiten zugewiesen, die sie bei allen Patienten nacheinander durchführen (vgl. Büssing 1997, 20; Lieser 2004, 80). Die Funktionspflege wird vielfach kritisiert, weil sie einer umfassenden Betreuung und Versorgung kranker Menschen zuwider läuft, da der Fokus der Pflege nicht auf den Patienten, sondern auf den rationellen Arbeitsablauf auf der Station gerichtet ist (vgl. Lieser 2004, 81; Elkeles 1997, 52-58).
1.4.4.2 Bereichspflege
Bereichspflege wird auch als Zimmerpflege oder Gruppenpflege bezeichnet. Im Rahmen der Bereichspflege wird die Pflegestation in mehrere Pflegebereiche aufgeteilt. Die Größe der einzelnen Bereiche variiert je nach Pflegebedürftigkeit der Patienten. Auf Intensivstationen[8] kann auch eine Einzelpflege stattfinden, in der eine Pflegekraft während ihres Dienstes ausschließlich für einen Patienten bzw. eine Patientin zuständig ist (vgl. Lieser 2004, 80f.). Alle pflegerischen Maßnahmen und Tätigkeiten für Patienten werden von den Pflegenden in den Bereichen zusammenhängend erbracht. Daher sind die Möglichkeiten einer individuellen und ganzheitlich[9] orientierten Pflege gegeben, jedoch nicht garantiert. Die Stationsleitung entlastet die Pflegenden in den Bereichen von administrativen Tätigkeiten (vgl. Reinhart 2002a, 400). Im Gegensatz zur Funktionspflege unterliegen Pflegende in diesem System einer höheren Anforderungsvielfalt und besitzen größere Tätigkeitsspielräume (vgl. Gertz 2002, 28).
1.4.4.3 Primary Nursing
Das Pflegesystem Primary Nursing wird auch als Primärpflege, Bezugspflege oder Bezugspersonenpflege bezeichnet. Die Primary Nurse entwickelt mit ihren Patienten eigenständig auf dem Pflegeprozess basierende Pflegepläne inklusive der Entlassplanung und kommuniziert in diesem Zusammenhang mit den am Behandlungsprozess beteiligten Personen (z. B. Angehörigen, Ärzten, Sozialdienst). Sie ist vom Tag der Aufnahme bis zur Entlassung für alle Belange des Patienten zuständig. Während der Abwesenheit der Primary Nurse werden die Patienten einer Associate Nurse zugeteilt. Diese führt die von der Primary Nurse geplanten Pflegemaßnahmen durch und besitzt die Durchführungsverantwortung. Als Vorteil des Primary Nursing gilt, dass eine umfassende, patientenzentrierte und qualitativ hochwertige Pflege gelingt (vgl. Lieser 2004, 79f.; Büssing, Glaser 1996, 14). Primary Nursing stellt hohe Anforderungen an die als Primary Nurse tätigen Pflegenden. Auch muss für eine erfolgreiche Implementierung und Aufrechterhaltung des Systems ein klar strukturierter Organisationsrahmen mit einer dezentralen Entscheidungsfindung und einem adäquaten Führungsverhalten der Vorgesetzten vorhanden sein (vgl. Peters 2002, 39; Straßburger, Frank 2006, 41f.).
1.4.4.4 Mischsysteme
In der Praxis finden sich meist Mischformen aus den verschiedenen genannten Pflegesystemen. Als handlungsleitendes Pflegesystem wird vielfach die Bereichspflege gewählt, bei der in unterschiedlichem Ausmaß einzelne Tätigkeiten funktionell verrichtet werden. Nach Lieser ist dies aus pflegefachlicher und ökonomischer Sicht vertretbar, wenn die pflegeprozessbezogenen Maßnahmen patientenzentriert organisiert sind, während Tätigkeiten, die auf die Beziehung zwischen Pflegeperson und Patient keinen direkten Einfluss haben (z. B. administrative Tätigkeiten), einzelnen Pflegenden übertragen werden (vgl. Lieser 2004, 81).
1.5 Zwischenfazit
Krankenhäuser übernehmen eine wichtige Funktion innerhalb des Gesundheitssystems und in der Ausbildung von Gesundheitsberufen. Innerhalb der letzten Jahre hat sich in der Krankenhausfinanzierung mit weitreichenden Auswirkungen ein Wechsel von der Kostenerstattung hin zu leistungsorientierten Entgeltsystemen entwickelt.
Krankenhausleistungen sind Dienstleistungen, die sich von Sachleistungen durch verschiedene Merkmale abgrenzen. Der Leistungserstellungsprozess im Krankenhaus dient dazu, den Gesundheitszustand des Patienten positiv zu beeinflussen, und ist durch komplexe Beziehungen und einem differenzierten Mitteleinsatz geprägt.
Hinsichtlich der Organisationsgestaltung der Krankenhäuser kann zusammengefasst werden, dass sie sich häufig ohne bewusste Gestaltungsprozesse entwickelten. Dies äußert sich in berufsgruppenspezifischen Organisationsbereichen, ausgeprägten hierarchischen Strukturierungen, Spezialisierungen sowie einer einseitigen fachspezifischen Professionalisierung der Mitarbeiter mit hochgradiger Arbeitsteilung und zersplitterten Leistungsprozessen. Notwendiges berufsgruppenübergreifendes prozesshaftes Denken und Handeln ist so nur eingeschränkt möglich.
Bei der Betrachtung der historischen Entwicklung der Krankenpflege wird deutlich, dass die Pflege im Krankenhaus traditionell geprägt ist und sich dies auch in vorhandenen Pflegesystemen äußert. Entsprechend den Kennzeichen und Merkmalen professioneller Pflege und arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse (vgl. DAK-BGW 2000, 92f.) sind patientenzentrierte Pflegesysteme (z. B. Bereichspflege, Primary Nursing) zu bevorzugen.
2. Das Pflegemanagement als Element des Krankenhausmanagements
2.1 Das Management im Krankenhaus
Veränderungen der Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen erhöhen die Anforderungen an Führungskräfte in Krankenhäusern. Für das Krankenhausmanagement wird es zunehmend wichtiger, Chancen zu erkennen, Risiken zu vermeiden bzw. deren Auswirkungen zu reduzieren, die Stärken des Krankenhauses zu betonen und auszubauen sowie vorhandene Schwächen zu reduzieren (vgl. Trill 1996, 9).
Der Begriff „Management“ kann sowohl im institutionellen als auch im funktionalen Sinn verstanden werden (vgl. Ulrich, Fluri 1995, 13).
Im institutionellen Sinn umfasst das Management alle Instanzen in einer Organisation. Diese Begriffsauffassung geht somit weit über die oberen Führungsebenen hinaus, für die im deutschen Sprachgebrauch häufig der Begriff „Manager“ reserviert ist (vgl. Steinmann, Schreyögg 2000, 6). Hierarchisch kann das Management in das obere, mittlere und untere Management (Top-, Middle- und Lower-Management) gegliedert werden (vgl. Staehle 1999, 89-95). Nach Reinhart nimmt das Krankenhausdirektorium die Stellung des Top-Managements ein (vgl. Reinhart 2002a, 397).
Im funktionalen Sinn ist Management nicht auf Personen oder Positionen festgelegt, sondern bezieht sich auf die Aufgaben, Prozesse und Funktionen, die für die Steuerung und Leitung von Organisationen erforderlich sind (vgl. Wöhrle 2003, 27). Entsprechend werden Konzepte und Methoden benötigt, um komplexe und arbeitsteilige Krankenhäuser zur Zielerfüllung zu führen, sie entsprechend zu gestalten (vgl. Schreyögg 2000, 17-28).
Nach Mühlbauer unterscheiden die wesentlichen Ansätze fünf universelle Managementmethoden: Planung, Realisation (Organisation, Personaleinsatz und Führung) sowie Kontrolle, die in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen (vgl. Mühlbauer 2005, 272f.). Der Managementprozess bildet eine systematische Abfolge von Phasen ab, die die fünf Managementmethoden umfassen. Wöhrle bezeichnet „Koordination“ und „Entscheidung“ als Metafunktionen, da sie sich über alle Managementmethoden erstrecken (vgl. Wöhrle 2003, 48). Abbildung 3 zeigt den Managementprozess auf.
Abbildung 3: Die Phasen des klassischen Management-Handelns
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
vgl. Mühlbauer 2005, 273; Wöhrle 2003, 48
2.2 Aufgaben des Managements im Krankenhaus
Hentze beschreibt das Management im Krankenhaus als zielgerichtet, zukunftsbezogen, entscheidungs- und handlungsorientiert. Es ist sowohl auf die Sicherung des Krankenhausbestandes als auch auf die zukünftige (Fort-)Entwicklung des Krankenhauses gerichtet ist und strebt eine dauerhafte Effizienz[10] der Leistung und Zufriedenheit der Mitglieder und Patienten des Krankenhauses an. Das Management im Krankenhaus umfasst die Aufgaben, die an Inhaberinnen und Inhaber der ausführenden Stellen wegen ihrer Tragweite nicht delegiert werden können. Diese Aufgaben sind durch den o. g. Managementprozess gekennzeichnet, der sich auf alle Funktionen, die der Leistungserstellung und Leistungsverwertung dienen (z. B. Patientenbehandlung, Personalwirtschaft, Rechnungswesen), erstreckt (vgl. Hentze 1984, 33). Eichhorn und Schmidt-Rettig unterscheiden zwischen strategischen, operativen und dispositiven Managementaufgaben:
Strategische Aufgaben
„Strategische Grundsatzaufgaben sind langfristig orientiert. Sie befassen sich mit dem Setzen von langfristigen Zielen (Zielsystem) sowie der Zuteilung vorhandener und erwarteter Ressourcen, die zur Zielerreichung erforderlich sind.“ (Eichhorn, Schmidt-Rettig 2001, 22)
Strategische Aufgaben sind auf eine bewusste, proaktive Gestaltung von externen Umweltbeziehungen und internen Konfigurationen (Unternehmensphilosophie, -kultur, Organisationsstruktur) ausgerichtet. Hierbei sind Existenzsicherungs- und Wachstumsstrategien von besonderem Interesse (vgl. Eichhorn; Schmidt-Rettig 2001, 22). Strategische Aufgaben gehören zur Kompetenz des Top-Managements (Krankenhausträger, Krankenhausdirektorium) (vgl. Eichhorn; Schmidt-Rettig 2001, 22; Reinhart 2002a, 397). Die Detaillierung der strategischen Grundsatzaufgaben in einzelne Handlungsstrategien, die Strategieimplementierung sowie die Umsetzung der Strategien in operative Handlungsprogramme ist Aufgabe des Middle- und Lower-Managements (vgl. Reinhart 2002a, 397).
Operative Aufgaben
Die operativen Aufgaben gehen von den vorgegebenen langfristigen Zielen und Grundsatzstrategien aus. Diese legen i. d. R. für ein Jahr im Detail und für weitere zwei bis drei Jahre in groben Zügen operationalisierte Ziele für feste Perioden, konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung, den Personalbedarf sowie Investitions-, Finanz- und Erfolgsbudgets fest (vgl. Eichhorn; Schmidt-Rettig 2001, 22).
Dispositive Aufgaben
Die dispositiven Aufgaben regeln im Krankenhaus kurzfristig die regelmäßig kontinuierlich oder periodisch ablaufenden Prozesse, für die, im Gegensatz zu den strategischen und operativen Aufgaben, Kapazitäten, Verfahren, Leistungen und Bedarf vorgegeben sind. Die zu den dispositiven Aufgaben gehörenden relevanten Bereiche sind vor allem Einkauf, Lagerhaltung, Leistungserstellung und Personaleinsatz (vgl. Eichhorn; Schmidt-Rettig 2001, 22f.).
2.3 Das Pflegemanagement im Krankenhaus
2.3.1 Konzeptionen des Pflegemanagements
Nach Rosenthal ist „Pflegemanagement“ eine Wortschöpfung jüngeren Datums, das sich aber nicht nur aus den Begriffen „Pflege“ und „Management“ zusammensetzt, sondern auch die dahinter liegende pflegewissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Perspektive verbindet (vgl. Rosenthal 2005, 4). In der Praxis kann sich das Pflegemanagement hinsichtlich der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche sehr unterscheiden (vgl. Moers 2003, 30). Dies mag meiner Auffassung nach zum einen daran liegen, dass sich Krankenhausorganisationen oftmals ohne bewusste Gestaltungsprozesse entwickelt haben und andererseits daran, dass sich Pflegemanagement nach Rosenthal zwischen „Baum und Borke“ befindet, was die wissenschaftliche Konzeptualisierung betrifft. So hat sich die Pflegewissenschaft bisher kaum mit dem Thema Pflegemanagement beschäftigt. Auch die Krankenhausbetriebslehre als spezielle Betriebswirtschaftslehre nahm bisher keine explizite Beschreibung des Pflegemanagements vor (vgl. Rosenthal 2005, 26).
Rosenthal charakterisiert die ihm vorliegenden Konzeptionen von Pflegemanagement nach verschiedenen Ansätzen. Die Charakterisierung kann dazu dienen, die Besonderheiten des Pflegemanagements trennschärfer zu erfassen und die konstituierenden Elemente des Pflegemanagements in ihrer Konstellation auszuloten (vgl. Rosenthal 2005, 5-26). Dabei ist anzumerken, dass Konzeptionen von Pflegemanagement oftmals mehrere der folgenden Ansätze beinhalten.
Disziplinbezogener Ansatz
Innerhalb des disziplinbezogenen Ansatzes kann zwischen einer pflegewissenschaftlichen Ausrichtung und einer betriebswirtschaftlichen Ausrichtung unterschieden werden (vgl. Rosenthal 2005, 5):
Pflegewissenschaftliche Ausrichtung
Die Pflegewissenschaft, deren Gegenstand das pflegerische Handeln ist, kann der Sozialwissenschaft zugeordnet werden (vgl. Uzarewicz, Dibelius 2001, 198-205). Nach Bartholomeyczik hat sich die Pflegewissenschaft bisher wenig mit dem Thema Pflegemanagement beschäftigt. Ein Bereich der Pflegeforschung befasst sich mit der „Pflege als Organisation“. Im Mittelpunkt stehen hier die Analyse von Einrichtungen und Versorgungssystemen sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Dieser Bereich schließt auch das Qualitätsmanagement (vgl. Kap. 4.1.2) und die Wirtschaftlichkeit pflegerischer Einrichtungen und Krankenhäuser ein (Bartholomeyczik 2000, 72).
Betriebswirtschaftliche Ausrichtung
Nach Haubrock ist das Pflegemanagement ein unverzichtbarer Bestandteil des Krankenhausmanagements. Es besitzt die Aufgabe, den Leistungserstellungsprozess durch den Einsatz des Pflegepersonals und der pflegerischen Sachgüter anhand des Managementprozesses (vgl. Kap. 2.1) so zu steuern, dass die Krankenhausziele erreicht werden (vgl. Haubrock 2001, 232). Nach Ptak haben vor allem drei Teilgebiete der angewandten Betriebswirtschaftslehre eine besondere Bedeutung: Die Kosten- und Leistungsrechnung, das Marketing sowie das Controlling. Insbesondere das bereichs- und funktionsübergreifende Controlling nimmt als zentrales betriebliches Steuerungsinstrument für das Pflege- und Krankenhausmanagement eine Schlüsselfunktion ein (vgl. Ptak 2004, 36).
Der führungsbezogene Ansatz
Innerhalb dieses Ansatzes wird die Mitarbeiterführung[11] als bedeutsamer Teil des Managements angesehen, sowohl berufsgruppen- und institutionsübergreifend als auch berufsgruppen- und institutionsspezifisch (vgl. Rosenthal 2005, 12). Grundlage für eine qualifizierte und professionell ausgeführte Pflege sind entsprechende Führungsprozesse des Pflegemanagements, die diese fördern (vgl. Bernhard, Welsh 2000, 14).
Der institutionsbezogene Ansatz
Nach Rosenthal lässt sich der institutionsbezogene Ansatz in einen aufgaben- und handlungsorientierten Bereich differenzieren. In diese Bereiche fließen sowohl hierarchiespezifische als auch hierarchieübergreifende Überlegungen ein. Hierarchiespezifische Konzepte des Pflegemanagements beziehen sich auf eine bestimmte Position im Hierarchiegefüge, z. B. auf die Stationsleitung (Lower-Management) oder auf die Pflegedienstleitung (Middle-Management). Hierarchieübergreifende Konzepte betonen die für alle Leitungspositionen geltenden Aufgabenstellungen oder Handlungsaspekte (vgl. Rosenthal 2005, 14; Reinhart 2002a, 397).
[...]
[1] DRG (Diagnosis Related Groups)
[2] Abteilungspflegesätze beinhalten die Kosten, die aufgrund der ärztl. und pfleger. Leistungserstellung in einer bettenführenden Abteilung entstehen. Bei den Abteilungspflegesätzen handelt es sich um tagesgleiche Pflegesätze, d. h. jeder stationäre Aufenthaltstag wird gleich entgolten (vgl. Haubrock 2005, 265).
[3] Der Basispflegesatz ist für das gesamte Krankenhaus einheitlich und beinhaltet die Kosten für alle nicht ärztl. und pfleger. Leistungen. Er ist ebenfalls ein sog. tagesgleicher Pflegesatz (vgl. Haubrock 2005, 265).
[4] „Das ökonomische Prinzip verlangt, das Verhältnis aus Produktionsergebnis (Output, Ertrag) und Produktionseinsatz (Input, Aufwand) zu optimieren“ (Wöhe, Döring 2005, 49). „Zum einen kann eine Kostenminimierung bei konstanter Leistung angestrebt werden (Minimalprinzip), zum anderen kann ein Leistungsmaximum bei konstanten Kosten anvisiert werden (Maximalprinzip) (vgl. Jungmann-Ginkel, Kober 1993, 53).
[5] Gliederung eines Unternehmens nach Tätigkeitsbereichen (z. B. Produktion, Buchhaltung, Marketing) (vgl. Wöhe, Döring 2005, 144)
[6] „Ein Pflegeleitbild formuliert die […] zu erreichenden Pflegeziele. Diese Ziele sollen zugleich visionär und realistisch […] sein. Leitbilder gehen von ethischen Grundhaltungen und Normen aus und formulieren darauf aufbauend die pflegerischen Ziele.“ (Eisenreich 2003, 259)
[7] Tayloristisch bedeutet die Arbeitsorganisation nach dem Managementansatz von F. W. Taylor. Sie kann so charakterisiert werden, dass die Arbeitsprozesse in möglichst kleine Aufgabenelemente zerlegt werden, damit diese von kurz angelernten darauf spezialisierten Arbeitnehmern verrichtet werden kann. Weiteres Kennzeichen ist die strikte Trennung von ausführenden und planenden Tätigkeiten (Funktionsmeisterprinzip) (vgl. Staehle 1999, 23f.)
[8] Eine Intensivstation ist eine Betteinheit für die intensive Diagnostik und Behandlung in lebensbedrohlichen, meist akuten Notsituationen oder kritischen Erkrankungsphasen (vgl. Hoffmann-La Roche AG, Urban & Schwarzenberg 1993, 838).
[9] Ganzheitliche Pflege beinhaltet, dass der Pflegeprozess Anwendung findet, eine Patientenorientierung vorhanden ist und Pflegende vollständige Pflegeaufgaben besitzen. Vollständige Pflegeaufgaben lassen sich durch Anforderungsvielfalt, Tätigkeitsspielräume, Möglichkeiten der sozialen Interaktion, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten, Ganzheitlichkeit und Sinnhaftigkeit kennzeichnen (vgl. Büssing, Glaser 1996, 6-8).
[10] Die Effizienz lässt sich nach dem Verhältnis der eingesetzten Mittel zur Zielerreichung beurteilen (vgl. Neugebauer 1996, 33f.).
[11] Zur Mitarbeiterführung existiert eine Vielzahl an Fachliteratur. Einen umfassenden Überblick geben bspw. Leuzinger, Luterbacher, 2000.
- Arbeit zitieren
- Thomas Bodmer (Autor:in), 2006, Operatives Controlling für das Pflegemanagement im Krankenhaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65304
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