Die Interkulturelle Pädagogik fragt danach, wie sie Subjekten dazu verhelfen kann, die Beziehung zum Anderen in einer fried- und respektvollen Weise zu gestalten. So zeigt die vorliegende Examensarbeit, welche Bedeutung das „dialogische Prinzip“ Bubers und Levinas´ Ethik der Verantwortung in dieser Hinsicht für die Interkulturelle Pädagogik haben.
Entgegen des häufig vorfindbaren Denkens unserer Zeit thematisieren Buber und Levinas, dass der Mensch kein egoistisches Wesen ist, dem es um Selbstbehauptung und Bewahrung seiner Identität geht, sondern dass er Wesen in Beziehung zum Anderen ist, hier in sein Ich findet, Identität entwickelt.
Nach Buber geschieht zwischenmenschliche Beziehung in der Begegnung, in der ich den Anderen als wirklichen Menschen in seiner Anderheit bejahe, als Person annehme. Beziehung ereignet sich als dialogische, ist ein wechselseitiges Geben und Nehmen.
Levinas zeichnet die menschliche als eine ethische Beziehung zweier Getrennter, absolut Verschiedener, deren Gemeinsamkeit in ihrer Verschiedenheit besteht. Der jeweils Andere geht den Einen unendlich an, der Eine ist für den Anderen verantwortlich.
Interkulturelle Pädagogik hat es mit der aus Migrationsprozessen resultierenden ethnischen, sprachlichen und kulturellen Alterität zu tun. Fremdheit und Anderheit sind mit Buber, Levinas und den Erkenntnissen der Interkulturellen Pädagogik als relationales Phänomen und notwendige Bedingung für Eigenheit zu sehen.
Die philosophischen Ansätze Bubers und Levinas´ werden grundlegend dargestellt und verglichen, Anknüpfungspunkte für die allgemeine Pädagogik formuliert, daraufhin die Interkulturelle Pädagogik als Fachgebiet in den Erziehungswissenschaften vorgestellt. Die Identitätskonzeptionen Bubers, Levinas´ und diejenigen im Umfeld der Interkulturellen Pädagogik werden aufgezeigt, der Umgang mit dem differenten Anderen anhand der Erkenntnisse der Interkulturellen Pädagogik dargestellt. Aus den Ergebnissen werden Konsequenzen für die Interkulturelle Pädagogik im Hinblick auf Subjektbildung gezogen und als Fazit eine kleine Programmatik für eine Interkulturelle Pädagogik entworfen, die sich im Sinne Bubers und Levinas´ die Schaffung einer humaneren Schule, Gesellschaft und letztendlich globalisierten Welt zum Ziel macht und deren Schule die Personalisationsfunktion in den Mittelpunkt stellt.
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Fragestellung der Arbeit
1.2 Quellen und Anmerkungen zur Literatur
1. Vorgehensweise
2. Martin Buber
2.1 Leben
2.2 Ansatz
2.3.1 Die Beziehung zum Anderen: Das dialogische Prinzip
2.3.2 Ich-Es
2.3.3 Ich-Du
2.3.4 Das dialogische Prinzip
2.3.5.1 Das Erzieherische
2.3.5.2 Zur Pluralität in der Bildungsarbeit
3. Emmanuel Levinas
3.1 Leben
3.2 Ansatz
3.3 Die Beziehung zum Anderen: Levinas´ Ethik der Verantwortung
4. Vergleich der Ansätze Bubers und Levinas´
4.1 Einstellung und Leben
4.1.1 Gemeinsamkeiten
4.1.2 Unterschiede
4.2 Ansatz
4.2.1 Gemeinsamkeiten
4.2.2 Unterschiede
5. Anknüpfungspunkte für die Pädagogik
5.1 Grundannahmen
5.2 Das pädagogische Verhältnis
5.2.1 Buber
5.2.2 Levinas
5.3 Pädagogischer Ausgangspunkt
5.4 Lernen
5.5 Ziele und Orientierung
5.6 Orte des Lernens
6. Interkulturelle Pädagogik
6.1 Entwicklung
6.2 Grundsätze und Ziele
6.3 Anknüpfungspunkte an die Ansätze Bubers und Levinas` und Ausblick
7. Untersuchung einzelner Aspekte
7.1 Identität
7.1.1 Identitätskonzeption bei Buber
7.1.2 Identitätskonzeption bei Levinas
7.1.3 Identitätskonzeptionen im Umfeld der Interkulturellen Pädagogik
7.1.4 Exkurs: Von der Gefahr des Fundamentalismus
7.1.5 Zusammenschau und Ausblick
7.2 Die Beziehung zum Anderen in der Interkulturellen Pädagogik
Vom Umgang mit (kultureller) Differenz
7.2.1 Wer ist der Andere in der Interkulturellen Pädagogik?
7.2.2 Festschreibung des Anderen durch Anerkennung?
7.2.3 Unterschiedliche Ansätze im Umgang mit Differenz
7.2.4 Die Wahrnehmung des Anderen
7.2.4.1 Historische Aspekte
7.2.4.2 Die Wahrnehmung des Einzelnen
7.2.4.3 Fremdwahrnehmung
7.2.5 Zum Bereich des Zwischen in der Interkulturellen Pädagogik
7.2.5.1 Verstehen und Kommunikation
7.2.5.2 Interkultureller Dialog
7.2.6 Zusammenschau und Verknüpfung mit den Ansätzen Bubers und Levinas´
8. Konsequenzen für die Interkulturelle Pädagogik
8.1 Subjektentwicklung
8.1.1 Subjektentwicklung durch Interkulturelles Lernen: Didaktische Konzepte und Handlungsmöglichkeiten
8.1.2 Subjektentwicklung durch Öffnung von Schule
8.2 Religiöse Erziehung und interreligiöser Dialog
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis
11. Anhang
1.Einleitung
1.1 Fragestellung der Arbeit
In einer globalisierten Welt, die immer komplexer wird, werden multikulturelle Gesellschaften die Regel. Eine neo-liberale Ökonomie trägt dazu bei, dass der Einzelne zu einem „entorteten, ökonomisch kalkulierenden, vereinzelten und verantwortungslosen Individuum zu werden droht“[1].
Dazu passen solipsistische[2] Tendenzen in der von den Neurowissenschaften beeinflussten Philosophie, die die Wirklichkeit des Menschen als eine betrachten, die vom Gehirn des Subjekts allein hervorgebracht wird. So schreibt Gerhardt Roth: „Die Wirklichkeit, in der ich lebe, ist ein Konstrukt des Gehirns.“[3]
Angesichts dieser Entwicklungen haben die Ansätze Martin Bubers und Emmanuel Levinas´ Aktualität, weil sie diesen entgegen zeigen, dass die Menschlichkeit des Menschen in der Beziehung zum Anderen[4] liegt, dass der Mensch überhaupt erst in Beziehung zu einem anderen Menschen zu einem Ich werden kann. Buber arbeitet auch heraus, dass der Mensch nur in Beziehung zu anderen Wirklichkeit hat. Außerdem betonen beide die Wesentlichkeit der Verantwortung des Einen für den Anderen, die einem postmodernen[5], gleichgültigen Nebeneinander vereinzelter Individuen entgegensteht.[6]
Die Beziehung zum anderen Menschen zu überdenken ist auch in Anbetracht der Tatsache notwendig, dass durch Globalisierungsprozesse die Begegnungen mit dem vom Einzelnen als fremd wahrgenommen Anderen zunehmen[7]: So sitzen aufgrund von weltweiten Migrationsprozessen die (ehemals) national, ethnisch oder kulturell „Fremden“ neben mir im Restaurant oder im Klassenzimmer.[8] Hier stellt sich die Aufgabe der Interkulturellen Pädagogik[9], Bildung und Erziehung in der gekennzeichneten Situation der Globalisierung, der sprachlichen, ethnischen und kulturellen Heterogenität in einer multikulturellen Gesellschaft, angemessen zu gestalten.[10]
In dieser postmodernen Pluralität auch von Lebensstilen und Wertorientierungen müssen der Einzelne und die Interkulturelle Pädagogik nach einer postmodernen Ethik[11] fragen, die in dieser Situation eine Handlungsorientierung bieten kann. So haben die aktuellen Medienberichte, indem sie von der zunehmenden fremdenfeindlichen Gewalt berichten[12], aufgezeigt, wie dringlich es in einer unübersichtlich gewordenen Welt einer Handlungs- und Wertorientierung bedarf, die einen friedvollen Umgang auch mit den für Individuen fremden Anderen als zu beschreitenden Weg aufzeigt.[13]
Die Fragestellung der Arbeit ist also folgende: Welche Bedeutung können die Ansätze Martin Bubers und Emmanuel Levinas` für eine Interkulturelle Pädagogik haben, die Subjekten dazu verhelfen muss, die Beziehung zum Anderen in einer pluralen Gesellschaft in respekt- und friedvoller Weise zu gestalten und den Anderen dabei als Chance zur eigenen Entwicklung und nicht als Bedrohung zu sehen?[14] Es wird also zu zeigen sein, inwiefern Bubers „dialogisches Prinzip“ und Levinas` Ethik[15] der Interkulturellen Pädagogik helfen können, diese Herausforderungen zu bewältigen.
1.2 Quellen und Anmerkungen zur Literatur
Die Darstellung des Ansatzes Martin Bubers werde ich vor allem anhand seiner Schriften „Ich und Du“ von 1923, „Zwiesprache“ von 1932, „Die Frage an den Einzelnen“ von 1936 und „Elemente des Zwischenmenschlichen“ von 1954, die im Sammelband „Das dialogische Prinzip“ erschienen sind, sowie der Reden Bubers, die seine pädagogische Arbeit betreffen, die „Rede über das Erzieherische“ von 1925, „Bildung und Weltanschauung“ von 1935 und „Über Charaktererziehung“ von 1939, die im Band „Reden über Erziehung“ gesammelt sind, vornehmen. Außerdem werde ich seine Schrift „Urdistanz und Beziehung. Beiträge zu einer philosophischen Anthropologie“ von 1950 verstärkt rezipieren.
Emmanuel Levinas betreffend werde ich in erster Linie den Sammelband „Humanismus des anderen Menschen“, der im Französischen unter dem Titel „Humanisme de l´autre homme“ erstmals 1972 erschienen ist, mit seinen Einzelschriften „Die Bedeutung und der Sinn“ von 1964, „Humanismus und An-archie“ von 1968 und „Ohne Identität“ von 1970 als Quellschrift verwenden. Andere Schriften von ihm, wie seine Hauptwerke „Totalität und Unendlichkeit“ von 1961 und „Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht“ von 1974 werden ebenfalls, sowie einige andere Schriften, die hier nicht einzeln genannt werden sollen, in die Darstellung seines Ansatzes einfließen.
Literatur, die eine Verknüpfung von Bubers und Levinas` Ansätzen und der Interkulturellen Pädagogik direkt herstellt, stand mir nur in geringem Maße bei der Verfassung der Arbeit zur Verfügung. Die direkte Verknüpfung zwischen Interkultureller Pädagogik und Bubers Ansatz leisten z.B. die von mir herangezogenen Aufsätze von Peter Stöger[16] sowie die von mir verwendeten Beiträge von Peter Graf[17]. Hingewiesen sei hier noch auf Hans-Joachim Roth: „Kultur und Kommunikation. Systematische und theoriegeschichtliche Umrisse Interkultureller Pädagogik“, der in diesem Buch sowohl den Ansatz Bubers als auch den Levinas` unter dem Stichwort „Dialog theologisch“ im Kapitel „Kultur als Referenzhorizont – anthropologische und kommunikative Grundlagen interkultureller Pädagogik“ anführt,[18] auch wenn dieser Beitrag keine Verwendung in meiner Arbeit finden wird. Außer dieser und der Schrift von Edmund Braun (siehe Fußnote 18) stand mir keine Literatur zur Verfügung, die Levinas´ Ansatz und die Interkulturelle Pädagogik in direkten Zusammenhang bringt. Allerdings macht Werner Wintersteiner in seinem Buch „Pädagogik des Anderen“[19] Levinas` Ansatz für die Friedenspädagogik in einer Weise nutzbar, die zahlreiche Anregungen auch für die Interkulturelle Pädagogik liefert[20]. Zudem liest sich die Schrift von Christoph Wulf „Der Andere: Perspektiven zur interkulturellen Bildung“[21] meines Erachtens wie eine Umsetzung des levinasschen Ansatzes für die Interkulturelle Pädagogik und Wulf führt ein Werk Levinas` auch im Literaturverzeichnis dieser Schrift an. Auf beide letztgenannten Schriften werde ich zurückgreifen.
Für meine Darstellung der Interkulturellen Pädagogik werde ich in erster Linie die Werke von Auernheimer „Einführung in die Interkulturelle Pädagogik“[22], von Holzbrecher „Wahrnehmung des Anderen. Zur Didaktik interkulturellen Lernens“[23] und „Interkulturelle Pädagogik“[24], außerdem Paul Mecherils „Einführung in die Migrationspädagogik“[25] sowie Gogolin/Krüger-Potratz` „Einführung in die Interkulturelle Pädagogik“[26] heranziehen.
1.3 Vorgehensweise
Zuerst einmal sollen das Leben und der philosophische Ansatz Martin Bubers, daraufhin die Beziehung zum Anderen, wie Buber sie anhand seines dialogischen Prinzips und in seinen Gedanken zum Erzieherischen darstellt, dargelegt werden. Analog dazu wird im nächsten Kapitel Levinas´ Leben, sein philosophischer Ansatz und die Beziehung zum Anderen, wie Levinas sie denkt, mit der Darstellung seiner Ethik der Verantwortung beschrieben werden. Um Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Ansätze aufzuzeigen, wird daraufhin ein Vergleich dieser vorgenommen. Im Anschluss sollen mögliche Anknüpfungspunkte für die Ansätze Bubers und Levinas´ für die Pädagogik im Allgemeinen gezeigt werden, bevor die Interkulturelle Pädagogik als noch junges Fachgebiet in den Erziehungswissenschaften vorstellig werden soll und für die Ansätze Bubers und Levinas´ wiederum Anknüpfungspunkte an dieses Gebiet der Pädagogik formuliert werden sollen. Als nächstes soll die Bedeutung der Ansätze Bubers und Levinas´ im Lichte der Interkulturellen Pädagogik hinsichtlich des Aspekts „Identität“ dargelegt werden, indem ich die Identitätskonzeptionen Bubers, Levinas´ und diejenigen im Umfeld der Interkulturellen Pädagogik darstelle. Die Fundamentalismus-Gefahr, die durch starre Identitätskonzeptionen entstehen kann, soll daraufhin in einem Exkurs näher erläutert, die Ergebnisse schließlich zusammengefasst werden. Anschließend soll „die Beziehung zum Anderen“ anhand der theoretischen Erkenntnisse im Bereich der Interkulturellen Pädagogik dargestellt und die Bedeutung der Ansätze Bubers und Levinas´ im Lichte dieser Ergebnisse aufgezeigt, die Ergebnisse dieses Kapitels also noch einmal zusammengefasst und mit Bubers und Levinas` Ansätzen verknüpft werden. Im letzten Kapitel werden Konsequenzen für die Interkulturelle Pädagogik aus den bisherigen Erkenntnissen vor allem bezüglich einer Subjektbildung gefolgert. Das anschließende Fazit wird die Ergebnisse noch einmal zusammenfassen, indem es die anfängliche Fragestellung beantwortet.
2. Martin Buber
2.1 Leben
Am 8.2.1878 wird Martin Buber als Sohn jüdischer Eltern in Wien geboren.[27] Nachdem die Ehe der Eltern drei Jahre später geschieden worden ist, nehmen die Großeltern im polnischen Lemberg den Jungen zu sich. Durch Getreidehandel, Großgrundbesitz und den Besitz von Phosphatgruben ist der Großvater Salomon Buber zu Reichtum gekommen, ist jetzt Direktor einer Bank in Lemberg und hat sich als Talmudgelehrter und Herausgeber alter Midraschtexte[28] außerdem einen Namen als Wissenschaftler gemacht.[29]
Zwischen seinem neunten und vierzehnten Lebensjahr hält sich Martin während der Sommerferien bei seinem Vater auf dessen Landgut in der Nähe von Sadogara und Czortkow[30] auf. Als ihn der Vater einmal mit in die Stadt Sadogara nimmt, hat Martin seine erste Begegnung mit dem Chassidismus[31], jener jüdischen Frömmigkeitsbewegung, die im 18. Jahrhundert im Gebiet der Ostjuden entstanden ist und bedeutend für Bubers späteres Werk werden soll.[32]
In Lemberg besucht Buber das polnische Gymnasium. Da im Haus der Großeltern Deutsch gesprochen wird, wächst er viersprachig auf, denn zum Deutschen und Polnischen kommen das Jiddische, das im Lemberger Judenviertel gesprochen wird und das Hebräisch der Synagoge. Zudem lernt der sprachbegabte Buber noch Latein, Griechisch und Französisch in der Schule.[33]
Martin Bubers Großvater hängt einem aufgeklärten Judentum an, das sich nicht an die streng orthodoxen Vorschriften hält[34]. Martin, der am 8. Februar 1891 die Bar-Mizwa-Feier hat, also religiös mündig wird, hört schon ein Jahr später auf, die vorgeschriebenen Gebetsriemen zum Morgengebet anzulegen. Es hält ihn nicht länger im „geschützten Raum von Ritus und Tradition“[35], er beginnt, sich mit Platon, Kant und Nietzsche zu beschäftigen[36].
Im Jahr 1896 geht Buber nach Wien. Hier studiert er Philosophie, Kunstgeschichte und Literatur an der Philosophischen Fakultät. Nach zwei Semestern verlässt er jedoch Wien und studiert in den nächsten beiden Sommersemestern in Leipzig, in den Wintern in Zürich. Seine Studienfächer hat er noch um Psychologie, Psychiatrie und Philologie erweitert. In Leipzig beginnt er, sich in der zionistischen Bewegung zu engagieren, sein Thema ist vor allem die kulturelle Erneuerung im Judentum.[37] Im Gegensatz zum Leiter der Bewegung, Theodor Herzl[38], dem es um die Gründung des Staates Israel zu tun ist, liegt Buber mehr an der Wandlung des Menschen, an der Erziehung einer neuen Generation, am Heranbilden einer neuen jüdischen Gemeinschaft. 1903 zieht er sich vorerst aus der zionistischen Agitation zurück.[39]
In Zürich lernt er im Sommersemester 1899 seine zukünftige Frau, Paula Winkler, kennen.
Vom Wintersemester 1899 bis zum April 1901 studiert er in Berlin. Er beginnt, sich mit der deutschen Mystik[40], vor allem mit Jakob Böhme[41], zu beschäftigen. Die mystische Erfahrung bei Böhme steht auch im Zentrum seiner Promotionsschrift „Beiträge zur Geschichte des Individuationsproblems“ (Promotion 1904).[42]
1905 beginnt sich Buber intensiv mit dem Chassidismus auseinander zu setzten. Weiterhin ist er mit Mystik und Ekstase[43] beschäftigt.
Inzwischen Vater von zwei Kindern gründet Buber 1906 einen gemeinsamen Hausstand mit seiner Frau Paula in Berlin. 1916, also im Ersten Weltkrieg, zieht die Familie nach Heppenheim, nicht weit entfernt von Worms, Mainz und Frankfurt, in ein freistehendes Haus mit Garten.[44]
Wohl angesteckt von der heroischen Stimmung beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges, sieht Buber darin, dass sich so viele Menschen jetzt gleichen Sinnes in den „´Abgrund des Unbedingten stürzen´“[45], die Entstehung einer neuen Gemeinschaft auf geistiger Ebene, die „´einen Zusammenhang mit dem Absoluten´“[46] (dem Göttlichen) hat. Diese kriegsbefürwortende Einstellung Bubers wird von seinem Freund und eindeutigen Kriegsgegner Gustav Landauer[47] stark kritisiert und seine Haltung verurteilt. Dies nun war Anstoß für Buber zu einer geistigen Neuorientierung: Er wird zum Kriegsgegner und wendet sich dem Bereich des Zwischenmenschlichen zu.[48]
So beginnt er 1919 mit der Niederschrift seines ersten dialogphilosophischen Werks „Ich und Du“, das 1923 erscheint.[49]
Buber drängt nach dem Ersten Weltkrieg nun wieder mehr darauf, seine Ideen zu verwirklichen und weiß, dass er beim Menschen ansetzen muss. So wendet er sich 1919 verstärkt der Pädagogik zu[50]: In Heppenheim hält er auf einer Tagung zur Erneuerung des Bildungswesens eine Rede, in der er über die Volkshochschule spricht und seine Grundhaltung zur Erziehung darlegt. Diese, seine „Wesenshaltung“[51] bezüglich der Erziehung, stellt er dann 1925 ausführlich im Hauptvortrag auf der dritten Internationalen Pädagogischen Konferenz in Heidelberg dar.[52]
Seit 1921 lehrt Buber am Freien Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt, eine Einrichtung für jüdische Erwachsenenbildung, deren Leitung Franz Rosenzweig[53] innehat. Zwei Jahre später übernimmt er außerdem eine Lehrtätigkeit an der Universität Frankfurt. Zwischen 1930 bis 1933 ist er hier Honorarprofessor für Religionswissenschaft und jüdische Ethik.[54]
Zusammen mit Franz Rosenzweig beginnt er 1925 an der Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen ins Deutsche zu arbeiten; es ist beiden um die Wiederherstellung des Ursprünglichen zu tun.[55]
Noch bevor ihm die Honorarprofessur in Frankfurt entzogen worden wäre, legt Buber sie 1933 nieder. Da viele Juden, die vorher assimiliert und sich ihres Judentums wenig bewusst gewesen sind, nun aus der Gesellschaft ausgestoßen werden, wird für sie erst die Frage nach dem Spezifikum ihrer jüdischen Existenz laut. Hier sieht Buber nun den Bedarf einer jüdischen Erziehung, um den jüdischen Menschen in dieser Situation zu Kenntnissen, innerlicher Sicherheit und der Fähigkeit zum Widerstand nach außen verhelfen zu können.[56] So wird Buber 1934 Leiter der neu gegründeten „Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung“[57]: In ganz Deutschland werden Lernwochen besonders für die jüdische Jugend organisiert.[58]
1938 übersiedelt Buber dann nach Israel, wo er an der hebräischen Universität eine Professur für Sozialphilosophie übernimmt[59]. Buber, der schon früh einen Zionismus vertreten hat, der auf Mitmenschlichkeit bedacht war, setzt sich für einen binationalen Gemeinschaftsstaat von Juden und Arabern und deren dialogische Verständigung ein.[60]
Aber Bubers Unternehmen schlägt fehl: 1948 wird der Staat Israel gegründet, was mit der gewalttätigen Vertreibung oder der Einschüchterung tausender Araber einhergeht, so dass über eine halbe Millionen Araber das Land verlassen.[61]
Buber, dem hinsichtlich der Pädagogik der praktische Umgang mit Menschen wichtiger ist, als die wissenschaftliche Reflexion (die freie Professur für Pädagogik an der hebräischen Universität in Israel lehnt er ab), engagiert sich im Rahmen der Veranstaltungen der Zentrale für Volksbildung in Jerusalem. 1949 gründet er in diesem Zusammenhang eine Hochschule für die Heranbildung von Erwachsenenbildnern.[62]
Wegen seiner dialogischen Annäherung, die er schon bald nach dem Krieg an Deutschland wagt (1951 erster Nachkriegsaufenthalt in Deutschland), wird er in Israel stark kritisiert.[63] Überhaupt bleibt Buber in Israel mit seiner Meinung oft allein und auch der erhoffte Anklang bei der Jugend bleibt aus.[64] Stattdessen werden ihm in den folgenden Jahren in Europa zahlreiche Preise für seine kulturelle Tätigkeit verliehen. Buber stirbt am 13.6.1965 in Jerusalem.[65]
2.2 Ansatz
Da Martin Bubers Denken nicht einfach einer Richtung zuzuordnen ist[66], soll hier beleuchtet werden, welche Schritte hin zu seinem dialogischen Denken wesentlich sind, wovon es sich absetzt und was sein Denken auszeichnet.
In seinen jungen Jahren um 1900 ist Buber sehr stark mit mystischem Denken befasst. Dies betrifft zum einen die mystische Prägung des jüdischen Denkens in der Kabbala[67] und im Chassidismus, zum anderen die deutsche Mystik eines Jakob Böhme, Meister Eckhart[68] u.a.. Sich mit der mystischen Erfahrung beschäftigend geht es Buber um das religiöse Erleben des Individuums, das in der Abgeschiedenheit auf sich selbst zurückgeworfen die Einheit mit dem Absoluten erfährt.[69]
In „Zwiesprache“ schildert Buber, wie er nach einer religiösen Erfahrung im Sinne eines ekstatischen Heraustretens aus der Wirklichkeit, aus dem Lebenszusammenhang, ein Gespräch mit einem jungen Mann führt und es verfehlt[70], sich in den anderen einzuschwingen[71] und so dessen entscheidende Frage nicht erspürt. Seit diesem Erlebnis nimmt Buber Abstand vom Religiösen als mystische Versenkung oder ekstatischen Heraustritt aus dem Alltag. Fortan liegt für ihn das Religiöse im wesentlichen Bezug des Menschen zur Welt, in der Beziehung zur Lebenswirklichkeit, zum Alltag, in Angesprochenwerden und Antworten, in der Zwiesprache.[72] Erst hier, in der Zwiesprache, kann der Mensch mit dem Göttlichen in Beziehung treten.
Auch wenn er sich nun von Mystik und Ekstase absetzt, bleibt Religion für Buber zeitlebens eine Inspirationsquelle.[73]
Entscheidend für die Wende von Bubers individuumszentrierten Denken hin zum dialogischen ist außerdem die Erfahrung des ersten Weltkriegs[74]. Buber, der sich zuerst innerhalb des Forte-Kreises mit Gleichgesinnten für Verständigung einsetzt, um einen Krieg zu verhindern, zeigt sich dann, bei Ausbruch des Kriegs, national orientiert. Seine Sicht ändert sich jedoch im Laufe des Kriegsgeschehens: Er versteht den Krieg als eine Konsequenz aus der Selbstzentrierung des Menschen, der Behauptung eines allmächtigen Subjekts und des Verlusts der Dialogfähigkeit und –bereitschaft. Ihm wird deutlich, dass der Mensch immer mehr zum Objekt wird.[75]
Buber wendet sich dem interpersonalen Bereich zu, den er als den vorrangigen erkennt[76], durch den sich erst das Subjekt konstituieren kann: So heißt es in „Ich und Du“ von 1923: „Der Mensch wird am Du zum Ich“[77] und „[i]m Anfang ist die Beziehung“[78].
Ist somit für Buber das „Menschsein ein Sein in Beziehung “[79], ein Dasein in dialogischer Gegenseitigkeit[80], ist hier ein Bruch mit einer langen westlichen Denktradition erkennbar: Dem Cartesianischen Cogito ergo sum[81].[82] Nicht weil ich ein Selbstbewusstsein habe, weil ich über mich reflektieren kann, existiere ich, sondern weil ich in Beziehung zum Anderen bin, weil ich mit ihm im Gespräch bin.[83] Nur dadurch, dass ich „Du“ sage, kann ich also Mensch werden.[84]
Mit der Wendung zum Du vollzieht Buber die Wendung zum Bereich des Zwischen, dem dialogischen Verhältnis zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Natur, Mensch und Gott. Dies ist nicht zuletzt eine Reaktion auf eine zeitgeschichtliche Situation, die Buber durch die Ich-Es-Relation geprägt sieht: Der Mensch steht nicht mehr mit seinem Gegenüber, mit dem Anderen in Beziehung, sondern sieht ihn als bloßes Es, als Objekt. Zu wesenhafter Beziehung ist der Mensch nicht fähig. In seiner „Ontologie des Zwischenmenschlichen“[85] sieht Buber eine neue Denkungsart, die jenseits von Subjekt und Objekt angesiedelt ist.[86]
Das Zwischen, das sich im Dialog entfaltet, hat für Buber ontischen[87] Charakter, weil es etwas Reales sei, das sich nicht auf die Psyche der in Dialog tretenden Individuen reduzieren lasse.[88] Das Zwischenmenschliche selbst, die Beziehung oder der Kontakt hat für Buber also ontische Realität.[89]
Diese, Bubers Wendung zum Bereich des Zwischen, ist die entscheidende Wende seines Denkens, hin zur Dialogphilosophie.
Gegenüber der Existenzphilosophie sieht Buber sich damit insofern als abgesetzt, als dass diese zwar wie er die konkrete existenzielle Situation des Einzelnen in den Blick nehme, aber den Menschen als ein isoliertes, um sein eigenes Sein kreisendes Wesen sehe, die zentrale Bedeutung des Mitmenschen aber vernachlässige.[90]
Ein wichtiger Einfluss auf dem Weg zum Dialogischen Prinzip Bubers soll hier nicht ungenannt bleiben: Der Einfluss des Chassidismus. Denn Buber geht es in seiner Dialogphilosophie nicht einfach um die Etablierung einer philosophischen Denkungsart, sondern um eine Lebenshaltung und deren praktischen Vollzug. Gerade diese Weltzugewandtheit, das Drängen auf Verwirklichung der Ideen in der Tat, die für Buber am Chassidismus so zentral sind, bleiben für ihn entscheidende Momente in der Philosophie und in der Praxis.[91]
2.3.1 Die Beziehung zum Anderen: Das dialogische Prinzip
Buber entwirft in seinen Schriften keine Systematik, er betont, dass er keine Lehre habe. Sein Anliegen ist es, den Sinn des Lesers für eine bestimmte Wirklichkeit zu schärfen.[92] „Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.“[93] Trotzdem soll hier eine aspektgeleitete Untersuchung Bubers dialogischen Prinzips vorgenommen werden:
Nach Buber gibt es zwei unterschiedliche Haltungen des Menschen zur Welt. Diese werden jeweils durch eins der beiden Grundworte gestiftet, die der Mensch sprechen kann: Das eine Grundwort besteht aus dem Wortpaar Ich-Du, das andere aus dem Wortpaar Ich-Es. Während das Wortpaar Ich-Du die Welt der Beziehung stiftet, steht das Wortpaar Ich-Es für ein Grundverhältnis des Menschen zur Welt, das durch intentionales Erfahren und Gebrauchen der Dinge als Gegenstände, als Objekte gekennzeichnet ist.[94]
Während das Grundwort Ich-Du durch Verbundenheit zur Welt bestimmt ist, ist das Grundwort Ich-Es bestimmt durch die Abgehobenheit des Menschen von der Welt[95]: Beide Grundworte gehören zur Existenz des Menschen. Dies verdeutlicht Buber in „Urdistanz und Beziehung. Beiträge zu einer philosophischen Anthropologie“ von 1950 noch einmal durch eine andere Begrifflichkeit. Hier spricht er davon, dass das Prinzip des Menschseins durch eine doppelte Bewegung gekennzeichnet sei, von der die eine die Voraussetzung für die andere sei: „Die erste sei die Urdistanzierung, die zweite das In-Beziehungtreten genannt.“[96]
Das Spezifikum des Menschen gegenüber dem Tier ist gerade dies, dass er Distanz zur Welt hat, dass sie ihm selbständiges Gegenüber und er ein „Für-sich-seiendes“[97] wird. Erst durch diese Urdistanz wird ein wesenhaftes In-Beziehungtreten möglich.[98]
So ist die Haltung des Menschen zur Welt denn auch notwendig eine zwiefältige: Jedes Du muss in unserer Welt zum Es werden.[99] Beide Grundverhältnisse des Menschen zur Welt sollen jetzt noch einmal genauer untersucht werden.
2.3.2 Ich-Es
Ein Ich ohne Welt ist nicht möglich. So kann ein Ich nur sein, wenn es in Relation ist, zum einen zum Es, dann ist es das gebrauchende, benutzende Ich, das sich in seiner Welt eingerichtet hat, das Kenntnisse über die Dinge hat, sie zerlegt, sie analysiert, diese Kenntnisse kulturell weitergibt. Die Es-Welt ist also die Welt der Erfahrung, der Vergangenheit, der Kenntnisse, die man sich nutzbar machen kann, die den Bestand und das Fortschreiten der Kultur sichern.[100] Der Mensch der Ich-Es-Relation[101] steht den Dingen gegenüber, er ist von den Objekten abgetrennt, alles steht für ihn in einem Ursache
Wirkungszusammenhang, ist geordnete Welt.[102] Auch die begriffliche Erkenntnis gehört zur Es-Welt.[103]
Betrachte ich etwa den Baum auf seine Funktion hin, befinde ich mich in der Ich-Es-Relation. Diese Relation ist für das Menschsein notwendig und erst von Übel, wenn sie Überhand nimmt, der Mensch nicht mehr zu wahrer Beziehung und Verbundenheit fähig ist: So schreibt Buber: „[W]illst du sie [die Welt] übersehbar machen, verlierst du sie“[104], denn wenn ich sie zum Gegenstand mache, verliere ich die Beziehung zu ihr, die allein gegenwärtig ist. Nun muss ein Gegenüber, ob Mensch oder Ding, „nach Ablauf des Beziehungsvorgangs, zu einem Es werden“[105] und so schreibt Buber: „[O]hne Es kann der Mensch nicht leben, aber wer mit ihm allein lebt, ist nicht der Mensch“[106]. Wird die Ich-Es-Relation zur alleinigen, landet der Mensch in der Verfremdung. Er verliert das Sein, das er nur durch wahre Teilhabe erlangen kann. Anstatt des Seins dominiert das Haben, der Konsumismus[107], der Selbstbehauptungstrieb.[108] Der Mensch wird zum Eigenwesen, das sich von anderen abgrenzt, ohne Teilhabe und Verbundenheit das Sein und seine Wirklichkeit verliert: „[D]as Eigenwesen befaßt sich mit seinem Mein: meine Art, meine Rasse, mein Schaffen, mein Genius.“[109]
Auch in Gemeinschaft lebt der Mensch der Ich-Es Relation monologisch: Das heißt, dass er im eigenen Selbst verhaftet bleibt und nicht über sich hinauskommt.[110] Der monologisch lebende erkennt den Anderen nicht als Anderheit an, sondern vereinnahmt ihn, der Andere bleibt nur als das eigene Erlebnis bestehen, es geht lediglich um Selbstgenuss. Dieses Verhalten gegenüber dem Anderen nennt Buber Rückbiegung.[111]
Wie nun sieht der andere Pol des Menschtums aus[112], das personhafte Sein in Verbundenheit, das Menschsein in der Ich-Du-Beziehung?
2.3.3 Ich-Du
Das Ich der Ich-Du Beziehung ist niemals das „in sich gekrümmte[], selbstverschlossene[] Ich. Gemeint ist stets jenes Ich, das der Zuwendung zum Du fähig ist, nämlich: der Mensch mit dem Menschen.“[113]
Im Gegensatz zum Wortpaar Ich-Es wird das Wortpaar Ich-Du mit dem ganzen Wesen[114] gesprochen, es stiftet die Welt der Beziehung und hat nichts zum Gegenstand, ist nicht intentional.[115]
Das Du erfahre ich nicht, sondern ich stehe zu ihm in einer wechselseitigen Beziehung:
„Mein Du wirkt an mir, wie ich an ihm wirke. Unsere Schüler bilden uns, unsere Werke bauen uns auf.“[116]
Die Begegnung mit dem Du geschieht mir von Gnaden[117], hier bin ich Passivität.[118] Aber ich trete aktiv in Beziehung, spreche aktiv mit dem ganzen Wesen das Du: „So ist die Beziehung Erwähltwerden und Erwählen, Passion und Aktion in einem.“[119]
Die Ich-Du Beziehung ist unmittelbar, das heißt, dass sie nicht zweckgerichtet ist, dass der andere mir nicht als Mittel dient und ich ihm nicht mit einem vorweggenommenen fertigen Bild entgegentrete, keinem Vorurteil[120], Beziehung ist Selbstzweck. Beziehung geschieht da, wo ich den anderen als wirklichen Menschen in seiner Anderheit bejahe, als Person annehme.[121]
Beziehung ist gegenwärtig: Wenn ich in die Welt des Du eintrete, trete ich aus der Gegenständlichkeit, aus dem Raum- und Zeitzusammenhang hinaus, Begegnung ist „lyrisch-dramatische Episode[]“[122], Augenblicklichkeit[123], Leben[124] [125].
Innerhalb der Welt der Beziehung unterscheidet Buber drei Sphären:
1. Das Leben mit der Natur[126]: Hier ist die Beziehung nicht sprachlich, die Wechselseitigkeit also eingeschränkt. Gemeinsam ist uns das Sein des Seienden, das ich auch im Baum als Ganzheit annehmen kann und das als solches auf mich wirkt.[127] Auf mich wirkt etwa die Farbe des Baumes, aber erst durch mich wird das Grün des Baumes zum Grün, weil es dazu meinen Sinnesapparat braucht und weil mein Farbeindruck eigenpsychisch bleibt.[128] Was hier gemeint ist, ist eine ontologische Korrelation: Die Gestalt in der Welt ist auf Wahrnehmung ausgerichtet, der menschliche Geist nimmt wahr. Diese wechselseitige Verwiesenheit zwischen Mensch und Natur ist ein anthropologischer Sachverhalt.[129] Auch die Natur muss als Anderheit wahrgenommen und als solche respektiert werden.[130]
2. Das Leben mit den Menschen[131]: Dieses ist gekennzeichnet durch sprachliche Gegenseitigkeit, durch Geben und Nehmen.
3. Das Leben mit den geistigen Wesenheiten[132]: Diese Beziehung sei sprachlos, aber sprachzeugend.[133] Hier ist z.B. das Kunstwerk gemeint, das „dem empfangend Schauenden [...] Mal um Mal leibhaft gegenüber treten“[134] kann. Wenn ich mich vom Kunstwerk „angesprochen“ fühle, werde ich dem Ausdruck geben und so wirkt es sprachzeugend. Hier können auch philosophische Lehren etc. gemeint sein, bei denen kein Du erkennbar ist, die aber doch auf Verwirklichung drängen und so sprachzeugend wirken.[135]
Alle Beziehungen als Linien gedacht verbinden sich laut Buber in einer Mitte, im ewigen Du, im Göttlichen.[136]
Eine der Sphären erweist sich aber als besonders ausgezeichnet, weil sich hier die Sprache in Rede und Gegenrede darstellt, weil hier wahrer Ansprache auch wahre Antwort zuteil wird: Die Sphäre des Lebens mit den Menschen. Sie erweist sich als Gleichnis der Beziehung zwischen Gott und Mensch und nur der, der sich mit Mensch, mit Natur und geistigen Wesenheiten verbunden weiß, ist auch für Gott bereit.[137]
Diese ausgezeichnete Sphäre der Du-Welt, die Beziehung zwischen Mensch und Mensch, soll hier jetzt genauer untersucht werden:
2.3.4 Das dialogische Prinzip
„Die Sphäre des Zwischenmenschlichen ist die des Einander-gegenüber; ihre Entfaltung nennen wir das Dialogische.“[139] [138]
In Zwiesprache schildert Buber, was dieses Dialogische ausmacht:
Im Gegensatz zum Beobachten und Betrachten, wo es nur um Ästhetik, um Wahrnehmung eines Gegenstandes geht, ereignet sich beim Dialogischen, das sich im Zwischen abspielt, Begegnung. Das Dialogische ist ein Verhalten der Menschen zueinander, das durch Gegenseitigkeit gekennzeichnet ist: Ich muss mich meinem Gegenüber zukehren und es sich mir. Diese Wesenshaltung, die dialogische Grundbewegung zum Anderen, in seiner Anderheit als ganze Person, nennt Buber Hinwendung.[140]
In der Begegnung sagt mir jemand etwas, er spricht in mein Leben hinein. Ich muss mich dem Angesprochenwerden stellen, ich muss es annehmen und antworten. Dieses Annehmen und mich Stellen nennt Buber Innewerden[141].
Auf die Frage des Anderen muss ich antworten: Hier bin ich passiv, die Frage bleibt immer Beunruhigung.[142]
Um dialogisch zu leben, muss ich nun, als Angesprochener, mich verlassen, zum Anderen ausgehen, antworten und mich verantworten.[143] Dazu muss ich mich kennen, eine innere Sicherheit haben, mit den Worten Bubers: „den Ausgangsort innehaben“[144].
„Aber woran könnte ein Mensch so wesenhaft aus einem Individuum zur Person werden wie an den strengen und holden Erfahrungen der Zwiesprache, die ihn den grenzenlosen Gehalt der Grenze lehren?“[145]
Hier nun greift Bubers Primat der Beziehung vor dem Ich: Buber konstatiert nicht nur ein ursprüngliches Beziehungsstreben des Menschen[146], spricht von einem „ eingeborene[n] Du“[147], sondern stellt mit seinem bekannten Satz „Der Mensch wird am Du zum Ich“[148] auch heraus, dass ich am Anderen in mein Ich finde. Aber: „Der Person des Anderen verdanke ich, daß ich dieses Du habe; aber mein Ich – [...] -verdanke ich dem Dusagen, nicht der Person, zu der ich Du sage.“[149] Denn durch das Dusagen komme ich über mich hinaus, zur Anderheit des Mitmenschen und zur Wirklichkeit der Welt überhaupt. Durch das zum Anderen gesprochene Wort gelangt der Mensch in die Wirklichkeit des Zwischen: Die Sphäre des Übergangs von einer Wirklichkeit in die andere. Das Gespräch spielt sich im Zwischen ab, in einem Raum, jenseits von Subjekt und Objekt, den Buber auch als Nichts bezeichnet. Das Zwischen stellt somit für Buber eine ontologische Struktureinheit dar.[150]
Vorerst lässt sich festhalten: Das Zwischen, der Ort der Beziehung, ist derjenige, aus dem beide Dialogpartner hervorgehen: Beide Dialogpartner konstituieren sich gegenseitig, kein Ich wird ohne Du und kein Du ohne ich, beide gehen aus dem reziproken Geschehen hervor.[151]
Bleiben wir im Zwischen, aber kommen wir zurück zu dem, was zum echten Gespräch dazugehört:
Bisher haben wir die Hinwendung und das Innewerden sowie die Gegenseitigkeit als Merkmale des dialogischen Prinzips dargestellt.
Über dieses Innewerden hinaus geht die von Buber beschriebene Realphantasie: Ich stelle mir vor, was der andere „jetzt will, fühlt, empfindet, denkt, und zwar nicht als abgelösten Inhalt, sondern eben in seiner Wirklichkeit, das heißt, als einen Lebensprozeß dieses Menschen.“[152] Ich erspüre z.B. eine Frage, die er nicht stellt. Innewerden und Realphantasie gehören zu dem Prozess der Vergegenwärtigung, der über sie hinausgeht: Er ist m.E. mit Empathiefähigkeit vergleichbar, überschreitet diese aber: Ich spüre mich so in den Anderen hinein, dass etwas von seinem Willen in den meinen eingeht, ich seinen Schmerz spüren kann. Hierhin gehört auch Bubers Begriff der Umfassung, der aussagt, dass ich das, was ich an dem Anderen bewirke, selbst aus seiner Perspektive erlebe.[153]
Zum echten Gespräch gehört damit die gegenseitige Akzeptanz des Anderen als Anderen, die Bestätigung des Anderen als solchen, die ihn als Sein bestätigt, die Selbstwerdung ermöglicht, die Bejahung als Person, die schließlich im partnerschaftlichen Verhältnis in eine vollständige Umfassung und Vergegenwärtigung münden.[154]
2.3.5.1 Das Erzieherische
In seinen Schriften zum Dialogischen Prinzip macht Buber immer wieder Anmerkungen bezüglich des Erzieherischen. In seinen „Reden über Erziehung“ setzt er seine Dialogphilosophie in die Pädagogik um:
„Das erzieherische Verhältnis ist ein rein dialogisches.“[155]
So muss dann auch der Erzieher den Educanden[156] als Person bejahen, muss ihn bestätigen und annehmen, darf ihn nicht als Objekt sehen, in das etwas hineingetrichtert werden soll, das bestimmte Maßstäbe zu erreichen hat. Der Erzieher muss Vertrauen erwerben, bevor er wirken kann.[157] Im Sinne Bubers kann es auch in der Erziehung nur um wahres Menschtum gehen, um den Mensch mit dem Menschen, um Personwerdung mit dem Anderen.
Diese erfolgt, wie wir gesehen haben, in Gegenseitigkeit, dialogisch. Nun sind hier beim Verhältnis zwischen Erzieher und Educanden Einschränkungen zu machen, denn es ist die Aufgabe des Erziehers, auf den Educanden einzuwirken und im Sinne der Umfassung, dieses, sein Wirken, auch am Educanden zu erfahren.[158]
„Aber, [...] die Umfassung kann hier keine gegenseitige sein. Er [der Erzieher] erfährt das Erzogenwerden des Zöglings, aber der kann das Erziehen des Erziehers nicht erfahren. Der Erzieher steht an beiden Enden der gemeinsamen Situation, der Zögling nur an einem. In dem Augenblick, wo auch dieser sich hinüberzuwerfen und von drüben zu erleben vermöchte, würde das erzieherische Verhältnis zersprengt oder es wandelte sich zu Freundschaft.“[159]
Was ist das Ziel einer Erziehung im Sinne Bubers? In Auseinandersetzung mit der Reformpädagogik in seiner „Rede über Erziehung“ von 1925 setzt er sich gemäß des Konferenzthemas mit der „Entfaltung der schöpferischen Kräfte im Kinde“[160] auseinander. Hier stellt er klar, dass es wichtig ist, wenn der schöpferische Trieb des Kindes, den Buber den „Urhebertrieb“ nennt, zum Zuge kommt, dadurch, dass das Kind selbst gestalterisch tätig wird und Dinge herstellt. Darum kann es aber in der Pädagogik nicht allein gehen, denn der „Urheber ist einsam“[161], er stellt ein Objekt her, das der Ich –Es-Welt angehört. Da es aber in der Erziehung darum geht, zu einem echten Menschenleben hinzuführen, gilt es, den ursprünglicheren Trieb nach Verbundenheit in Rücksicht zu stellen, das heißt, Teilhabe an der Welt und an der Gemeinschaft zu ermöglichen.[162] Dazu heißt es in Ich und Du:
[...]
[1] Niethammer, Lutz: Kollektive Identität. Heimliche Quellen einer unheimlichen Konjunktur, Reinbek
bei Hamburg 2000, S. 513.
[2] Solipsismus ist ein erkenntnistheoretischer Standpunkt, der nur das eigene Ich mit seinen Bewusstseinsinhalten als das einzig Wirkliche gelten lässt und alle anderen Ichs mit der ganzen Außenwelt nur als dessen Vorstellungen annimmt (aus: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Das große Fremdwörterbuch, Mannheim 2000, S. 1246).
[3] Roth, Gerhard: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen
Konsequenzen, Frankfurt am Main 1997, S. 21. Dass Roths „Neurobiologischer Konstruktivismus“ solipsistische Tendenzen aufweist, führt Wolfgang Lenzen in: „Realität und »Wirklichkeit« - Kritische Bemerkungen zu Gerhard Roths »neurobiologischem Konstruktivismus«“, in: C. Moulines & K.-G. Niebergall (Hrsg.): Argument und Analyse, Paderborn 2002, S. 33-54 näher aus. Als Vertreter einer solchen Richtung können außerdem Wolf Singer, Klaus Jürgen Grün und Wolfgang Prinz gelten. Vgl. dazu Lenzen, Wolfgang: Alles nur Illusionen? - Philosophische (In-) Konsequenzen der Neurobiologie", erscheint in: Facta Philosophica 7 (2005), S. 189-229.
[4] Wenn in der Arbeit von „der Andere“ die Rede sein wird, so soll hier angemerkt sein, dass damit auch immer „die Andere“ gemeint ist. Damit ist der andere Mensch gemeint, obwohl, wie gezeigt werden wird, nach Buber der Mensch zur Anderheit der Menschen genauso in Beziehung treten kann wie zur Anderheit der Natur und der geistigen Wesenheiten (siehe 2.3.3), während Levinas mit der Beziehung zum Anderen nur die Beziehung zum anderen Menschen meint (siehe unten).
[5] Als Postmoderne bezeichnet man den Zeitabschnitt nach der Moderne, für den Dezentralisation, Teilautonomie im Kleinbereich, Pluralität, Offenheit für Städtebau, Kunst, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft sowie demokratisch mitgestaltende Kontrolle der Machtzentren charakteristisch sind (aus: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Das große Fremdwörterbuch, Mannheim 2000, S. 1070).
[6] Vgl. Werner, Hans-Joachim: Martin Buber, Frankfurt am Main 1994, S.51 und in dieser Arbeit 2., 3. und 4.
[7] Vgl. Wulf, Christoph: Einführung in die Anthropologie der Erziehung, Weinheim 2001, S. 181f.
[8] Vgl. Preuss-Lausitz, Ulf: Die offene Gesellschaft und ihre Schule. Zur Zukunftsfähigkeit des Lernens unter Bedingungen von Vielfalt, in: Becker, Gerold u.a. (Hrsg.): Heterogenität. Unterschiede nutzen – Gemeinsamkeiten stärken, Seelze 2004, S. 14ff.
[9] Wenn ich in dieser Arbeit entgegen des vorgegebenen Titels meiner Examensarbeit „Die Beziehung zum Anderen. Die Ansätze Martin Bubers und Emmanuel Levinas´ im Lichte ihrer Bedeutung für die interkulturelle Pädagogik“ hier „ I nterkulturelle Pädagogik“ schreibe und im Folgenden dabei bleibe, so möchte ich dies an dieser Stelle damit rechtfertigen, dass sich die Interkulturelle Pädagogik mittlerweile als eigenständiges Fachgebiet innerhalb der Erziehungswissenschaften etabliert hat (vgl. 6.).
[10] Zur Interkulturellen Pädagogik vgl. das 6. Kapitel in dieser Arbeit.
[11] Vgl. Preuss-Lausitz, Ulf: Die offene Gesellschaft und ihre Schule, in: Becker, Gerold u.a. (Hrsg.): Heterogenität, S. 14.
Ethik als philosophische Disziplin versucht Aussagen über das gute und gerechte Handeln zu machen. Diese kann normativ als auch deskriptiv oder metaethisch sein. Ethik kann aber neben der sich mit den Prinzipien, die das Benehmen und die Sitten der Menschen regeln, befassenden Wissenschaft auch die herrschenden Sitten in einer Gesellschaft selbst meinen. Dann spricht man allerdings heutzutage von Moral. Vgl. Art. Ethik, in: Höffe, Otfried (Hrsg.) : Lexikon der Ethik, München 2002, S. 58f. und Bertrand, Michèle: Art. Moral/ Ethik, in: Sandkühler, Hans Jörg (Hrsg.): Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Bd. 3, Hamburg 1990, S. 459f.
[12] exemplarisch sei dazu ein Artikel aus der Frankfurter Rundschau vom 24.05.2006 angehängt (Anhang 1).
[13] Obwohl, im Falle der rechten Gewalt, die Verfassung der Bundesrepublik eigentlich schon richtungweisend genug sein müsste (siehe Anhang 2) und obwohl sich vor allem an den Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen etwas ändern muss, um die Ursachen für Gewalt gegen Fremde zu bekämpfen.
[14] Vgl. unten.
[15] Eigentlich bedürfte es in dieser Arbeit einer Klärung des Verhältnisses von Pädagogik und Ethik. Um den Umfang der Arbeit allerdings nicht zu sprengen, entfällt diese.
[16] Stöger, Peter: Martin Buber als Philosoph in Zeiten des Konflikts und ders.: Das Fremde im Eigenen: Betrachtungen zum Nord-Süd-Dialog, in: Graf, Peter (Hrsg.): Dialog zwischen den Kulturen in Zeiten des Konflikts, Göttingen 2003 oder Stöger: Interreligiöser Dialog in Zeiten der Globalisierung und des Fundamentalismus, in: Graf, Peter (Hrsg.): Der Islam im Westen - der Westen im Islam. Positionen zur religiös-ethischen Erziehung von Muslimen, Göttingen 2004.
[17] Graf, Peter: Die Frage der Identität als Schule der Wahrnehmung, in: Graf, Peter (Hrsg.): Dialog zwischen den Kulturen in Zeiten des Konflikts, ders.: Religiöse Erziehung als Ort der Selbstfindung – „Der Mensch wird am Du zum Ich“, S. 4, erscheint in Ankara 2006; Graf: Network for the intercultural Dialogue between Western and Islamic Societies, in: Graf (Hrsg.): Dialog.
[18] Vgl. Hans-Joachim Roth: Kultur und Kommunikation. Systematische und theoriegeschichtliche Umrisse Interkultureller Pädagogik, Opladen 2002, S. 398ff. Dieser nennt hier die Schriften Wilhelmine M. Saylers, in der Bubers pädagogische und philosophische Gedanken rezipiert werden und erwähnt, dass in interkulturellen Arbeiten häufig die Pädagogik Paulo Freires aufgegriffen wird, die an Bubers dialogischem Prinzip orientiert ist. Vgl. Roth, S. 408f. Bezüglich Levinas erwähnt Roth hier Edmund Braun als jemanden, der Levinas´ Philosophie für den interkulturellen Zusammenhang herangezogen hat (vgl. Roth, S. 409f ). Der betreffende Aufsatz von Braun „Fremde verstehen. Ein transzendentalhermeneutischer Beitrag zum Problem interkultureller Verständigung“, in: Roth (Hrsg.): Integration als Dialog, Hohengehren 1994 bezieht sich allerdings vorwiegend auf philosophische Hermeneutik und findet deshalb in dieser Arbeit keine Berücksichtigung.
[19] Wintersteiner, Werner: Pädagogik des Anderen: Bausteine für eine Friedenspädagogik in der Postmoderne, Münster 1999 (Agenda Frieden; Bd. 31).
[20] Auch liefert Interkulturelle Pädagogik einen Beitrag zur Friedenspädagogik (siehe 6.2 dieser Arbeit).
[21] Vgl. Wulf, Christoph: Der Andere. Perspektiven zur interkulturellen Bildung, in: Dibie; Wulf (Hrsg.):Vom Verstehen des Nichtverstehens. Ethnosoziologie interkultureller Begegnungen, Frankfurt 1999.
[22] Auernheimer, Georg: Einführung in die Interkulturelle Pädagogik, Darmstadt 2003.
[23] Holzbrecher, Alfred: Wahrnehmung des Anderen. Zur Didaktik interkulturellen Lernens, Opladen 1997.
[24] Holzbrecher, Alfred: Interkulturelle Pädagogik. Identität, Herkunft, Berlin 2004.
[25] Mecheril, Paul: Einführung in die Migrationspädagogik, Weinheim 2004. Mecheril wählt die Perspektive „Migrationspädagogik“ anstatt „Interkulturelle Pädagogik“ deshalb, weil Interkulturelle Pädagogik als Reaktion auf Migrationsprozesse entstanden ist und letztere vielfältige Phänomene in einer Migrationsgesellschaft hervorrufen, mit der sich Pädagogik zu beschäftigen hat, so dass Mecheril eine Fokussierung auf kulturelle Differenz als zu eng erscheint (vgl. Mecheril, S. 15ff.).
[26] Gogolin, Ingrid; Krüger-Potratz, Marianne: Einführung in die Interkulturelle Pädagogik, Opladen 2006.
[27] Vgl. Werner, Hans-Joachim: Martin Buber, Frankfurt am Main 1994, S. 204.
[28] Erbauliche Auslegung alttestamentlicher Bücher durch jüdische Schriftgelehrte aus dem 2. bis 6. Jh. nach Christi. (Vgl. Roloff, Jürgen: Midrasch, in: Koch, Klaus u.a.(Hrsg.): Reclams Bibellexikon, Stuttgart 1982, S. 334).
[29] Vgl. Wehr, Gerhard: Martin Buber. Leben, Werk, Wirkung, Zürich 1991, S. 20f.
[30] Städte im Westen der heutigen Ukraine.
[31] Jüdische Erneuerungsbewegung des Ostjudentums, die auf den im 18. Jahrhundert lebenden Rabbi-ben-Eliezer zurückgeht. Es handelt sich um eine Frömmigkeitsbewegung mit mystischen Elementen, die sich aber durch eine besondere Weltzugewandtheit auszeichnet. Für Buber wird auch besonders der Zaddik, der Führer der chassidischen Gemeinde zum Vorbild und Orientierungspunkt, der den vollkommenen Menschen und wahren Helfer verkörpert. (Vgl. Werner: Martin Buber, S. 146ff.).
[32] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 25f. und S. 34.
[33] Vgl. a.a.O., S. 26f.
[34] Vgl. a.a.O., S. 22.
[35] Wehr: Martin Buber, S. 29.
[36] Vgl. a.a.O., S. 45-48.
[37] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 58.
[38] Geb. 1860, gest. 1904.
[39] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 43 und 74.
[40] Besondere Form der Religiosität, bei der der Mensch durch Hingabe und Versenkung zu persönlicher Vereinigung mit Gott zu gelangen sucht (aus: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Das große Fremdwörterbuch, Mannheim 2000, S. 906).
[41] Geb. 1575, gest. 1624.
[42] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 61-83.
[43] Eigentlich das „Aus-sich-herausgetreten-sein“, [religiöse] Verzückung, rauschhafter Zustand, in dem der Mensch der Kontrolle des normalen Bewusstseins entzogen ist (aus: Duden, Das große Fremdwörterbuch, S. 376).
[44] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 82-133 und Werner: Martin Buber, S. 204f.
[45] Mendes-Flohr, Paul: Von der Mystik zum Dialog. Martin Bubers geistige Entwicklung bis hin zu „Ich und Du“, Königstein 1979, S. 13. Mendes-Flohr bezieht sich hier auf eine Äußerung Bubers in: Schaeder, Grete (Hrsg.): Buber: Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten, Heidelberg 1972, S. 378.
[46] A.a.O., nach Schaeder, S. 377.
[47] Geb. 1979, gest. 1919, Schriftsteller und Politiker.
[48] Vgl. Mendes-Flohr, Paul: Von der Mystik zum Dialog. Martin Bubers geistige Entwicklung bis hin zu „Ich und Du“, Königstein, 1979, S. 13f.
[49] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 205.
[50] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 136/137.
[51] Buber, Martin: Reden über Erziehung (Vorwort zur Erstausgabe 1953), Heidelberg 1986 (7. Auflage), S. 7.
[52] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 136-142 und 171 und Buber: Reden über Erziehung, S. 7f.
[53] Jüdischer Historiker und Philosoph,* 25. Dezember 1886 in Kassel; † 10. Dezember 1929 in Frankfurt am Main.
[54] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 140 und Werner: Martin Buber, S. 205.
[55] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 176f und Werner: Martin Buber, S. 205.
[56] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 225-248.
[57] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 206.
[58] Vgl. Buber: Reden (Vorwort), S. 8f.
[59] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 206.
[60] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 263.
[61] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 294.
[62] Vgl. a.a.O., S. 143.
[63] Vgl. a.a.O., 296ff.
[64] Vgl. a.a.O., S. 287ff.
[65] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 206f.
[66] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 7.
[67] Kabbala (hebräisch qabbalah: Überlieferung), im weiteren Sinne die Bezeichnung für die spekulative jüdische Geheimlehre und Mystik allgemein. Im engeren Sinne bezeichnet der Begriff der Kabbala die esoterische, theosophisch motivierte Bewegung, die im 13. Jahrhundert in Spanien und in der südfranzösischen Provence um das Sefer ha Sohar bzw. Sohar, das Buch des Glanzes, ihren Anfang nahm; von ihr gingen alle späteren mystischen Strömungen im Judentum aus (aus: Art. Kabbala, in: Microsoft Encarta Enzyklopädie 2005).
[68] Geb. 1260, gest. ca. 1328.
[69] Vgl. Wehr: Martin Buber, S. 97ff.
[70] Vgl. Buber, Martin: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache, Erstdruck 1929), Heidelberg 1984 (5.Auflage), S. 158f.
[71] einschwingen ins Andere im Sinne der später von Buber für das dialogische, partnerschaftliche Beziehung als wesentlich beschriebene Realphantasie (vgl. z.B. Buber: Das dialogische Prinzip (Elemente des Zwischenmenschlichen (1953), S. 286).
[72] Vgl. Buber, Martin: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache), S. 158f.
[73] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 9.
[74] Vgl. auch Stöger, Peter: Martin Buber als Philosoph in Zeiten des Konflikts, in: Graf, Peter (Hrsg.): Dialog zwischen den Kulturen in Zeiten des Konflikts, Göttingen 2003, S. 66ff.
[75] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 15.
[76] Vgl. Mendes-Flohr: Mystik, S. 9.
[77] Buber, Martin: Das dialogische Prinzip (Ich und Du (1923)), S. 32.
[78] A.a.O., S. 22.
[79] Kühn, Rudolf M.: Un-humanistische Denkweisen: Ansätze zur Überwindung des pädagogischen Humanismus bei Buber, Lévinas, Ballauf und Schaller, Hohengehren 1999, S. 56.
[80] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Zwieprache), S. 149f und 1167f.
[81] Cogito ergo sum bildet den Schlusssatz im „Discours de la méthode “ 1637 vom französischen Philosophen René Descartes (1596-1650).
[82] dass Buber mit diesem Bruch nicht der erste ist, legt er in „Zur Geschichte des dialogischen Prinzips“ dar (Nachwort in: Buber: Das dialogische Prinzip, S. 299-320).
[83] Vgl. Biser, Eugen: Buber für Christen. Eine Herausforderung, Freiburg 1988, S. 31.
[84] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Nachwort: Zur Geschichte des Dialogischen Prinzips), S. 301.
[85] Buber: Das dialogische Prinzip (Elemente des Zwischenmenschlichen), S. 290. Zur Entwicklung des Begriffs „Zwischenmenschliches“ bei Buber siehe Mendes-Flohr: Mystik, S. 7f.
[86] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 11ff.
[87] ontisch: nach dem Duden: als seiend, unabhängig vom Bewusstsein, verstanden. Duden, Das große Fremdwörterbuch, Mannheim 2000, S. 952.
[88] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Elemente des Zwischenmenschlichen 1953), S. 274-276.
[89] Vgl. Mendes-Flohr: Mystik, S. 8.
[90] Vgl. Werner: Martin Buber, S.12f. Hingewiesen sei hier auf den Hinweis von Werner, dass Buber bei seiner Kritik der Existenzphilosophie „das Heideggersche Existenzial des Mitseins“ (Werner, S. 13) unberücksichtigt lässt.
[91] Vgl. Werner: Martin Buber, S.14 und 146ff.
[92] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 21.
[93] M. Buber: Autobiographische Fragmente, in: Schilpp, Friedmann (Hrsg.): Martin Buber, Stuttgart 1963, S.10, zitiert nach Werner: Martin Buber, S. 21.
[94] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du (1923)), S. 7f.
[95] Vgl. a.a.O., S. 28.
[96] Buber, Martin: Urdistanz und Beziehung. Beiträge zu einer philosophischen Anthropologie, Heidelberg 1978 (4.Auflage), S. 11.
[97] A.a.O., S. 18.
[98] Vgl. a.a.O., S. 11-18.
[99] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 20.
[100] Vgl. z.B. a.a.O., S. 39f.
[101] Nur bezüglich des Grundworts Ich-Du spricht Buber von Beziehung, Ich-Es nennt er „Verhältnis“ oder Relation. Vgl. Werner, Martin Buber, S. 22.
[102] Vgl. z.B. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 34f.
[103] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 43.
[104] A.a.O., S. 36.
[105] Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 37.
[106] A.a.O., S. 38.
[107] So spricht Stöger vom Konsumismus als Chiffre der Ich-Einsamkeit (vgl. Stöger, Peter: Martin Buber als Philosoph in Zeiten des Konflikts, in: Graf: Dialog, S. 62).
[108] Vgl. z.B. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 65-67.
[109] A.a.O., S. 67.
[110] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache), S. 167-169.
[111] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache), S. 171-173.
[112] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 67: Buber erklärt hier, dass kein Mensch reine Person und keiner reines Eigenwesen ist, sondern es immer diese beiden Pole, gemäß der Ich-Es bzw. Ich-Du Relation gibt. Es gäbe aber Menschen, in denen das Personsein oder das Eigenwesensein dominiere (vgl. S. 67ff.).
[113] Wehr: Martin Buber, S. 144.
[114] Mit dem ganzen Wesen bedeutet als Person, nicht als Subjekt gegenüber einem Objekt, das benutzt und gebraucht wird (vgl. Wehr, Martin Buber, S. 159).
[115] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 7-10.
[116] Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 19.
[117] “Was uns in der Begegnung widerfährt, das Du, entzieht sich unserer Verfügung und ist insofern „Gnade“.“ (Werner: Martin Buber, S. 46f ).
[118] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 15.
[119] Ebd.
[120] Vgl. auch Werner: Martin Buber, S. 62.
[121] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 20 und z.B. (Elemente des Zwischenmenschlichen) S. 283ff.
[122] Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 37.
[123] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 62.
[124] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 16ff.
[125] hier in der wesenhaften Begegnung klingt bei Buber auch das mystische Erleben wieder durch: Vgl. u.a. Wehr, Martin Buber, S. 158.
[126] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 10.
[127] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 10f und (Nachwort von Ich und Du) S. 125f.
[128] Vgl. Buber: Der Mensch und sein Gebild, Werke Bd.I, München 1962, S. 432f. Hier nach Werner: Martin Buber, S. 60f.
[129] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 69.
[130] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 69.
[131] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 10.
[132] Vgl. ebd.
[133] Vgl. ebd.
[134] Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 14.
[135] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Nachwort von Ich und Du), S. 129 und Werner: Martin Buber, S. 76ff.
[136] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 101f.
[137] Vgl. a.a.O., S. 104f.
[138] Zu beachten ist hier stets, dass das dialogische Prinzip eine Haltung meint, mit der der einzelne der Wirklichkeit gegenübertritt. Vgl. Werner: Martin Buber, S. 20.
[139] Buber: Das dialogische Prinzip (Elemente des Zwischenmenschlichen), S. 276.
[140] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache), S. 149-170. Zum Begriff Hinwendung siehe S. 170.
[141] Zum Innewerden siehe Buber: Das dialogische Prinzip (Elemente des Zwischenmenschlichen), S. 284.
[142] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache), S. 149-156.
[143] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Zwiesprache), S. 167-169.
[144] A.a.O., S. 169.
[145] Ebd.
[146] Vgl. Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 31.
[147] Buber: Das dialogische Prinzip (Ich und Du), S. 31.
[148] A.a.O., S. 32.
[149] Martin Buber: Antwort, in: Schilpp, Friedman (Hrsg.): Martin Buber, S. 596.
[150] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 56ff.
[151] Vgl. Fassbind, Bernard: Poetik des Dialogs. Voraussetzungen dialogischer Poesie bei Paul Celan und Konzepte von Intersubjektivität bei Martin Buber, Martin Heidegger und Emmanuel Levinas, München 1995, S. 42.
[152] Buber: Urdistanz und Beziehung, S. 33.
[153] Vgl. Werner: Martin Buber, S. 39f.
[154] Vgl. Buber: Urdistanz und Beziehung, S. 30-37.
[155] Buber: Reden über Erziehung (Über das Erzieherische 1925), S.40.
[156] Um hier Bubers etwas antiquierten Begriff „Zögling“ zu vermeiden, spreche ich im Folgenden wie z.B. Wolfgang Krone von dem Educanden (vgl. Krone, Wolfgang: Martin Buber, Erziehung unter dem Radikalanspruch mitmenschlicher Verantwortung: Überlegungen zur Verantwortungsproblematik im Spätwerk Matin Bubers aus pädagogischer Sicht, Frankfurt am Main 1993).
[157] Vgl. Buber: Reden über Erziehung (Über das Erzieherische), S. 37-40.
[158] Vgl. Buber: Reden über Erziehung (Über das Erzieherische), S. 36-45.
[159] A.a.O., S. 44.
[160] Buber: Reden über Erziehung (Vorwort), S. 8.
[161] Buber: Reden über Erziehung (Über das Erzieherische), S. 20.
[162] Vgl. Buber: Reden über Erziehung (Über das Erzieherische), S. 15-22.
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- Judith Overbecke (Author), 2006, Die Beziehung zum Anderen - Die Ansätze Martin Bubers und Emmanuel Levinas' im Lichte ihrer Bedeutung für die interkulturelle Pädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65275
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