1995 feiert Frankreich „100 Jahre französisches Kino“. Denkt man an das Kino in Frankreich, fallen einem Schauspieler wie Deneuve, Dépardieu, Huppert u.a. ein, oder Schlagwörter wie Nouvelle - Vague, Le septième Art und Amélie. Was aber steht hinter dieser Selbstinszenierung Frankreichs als große Kinonation? Wie funktioniert die französische Kinowirtschaft? Die Bezeichnung des Kinos als „Siebente Kunst“ steht für ein Verständnis dessen als Kulturgut, wobei wirtschaftliche Interessen und Realitäten hinter den kulturell künstlerischen Aspekten stehen sollen. Bezeichnend ist ebenfalls Frankreichs Bestehen auf die „kulturelle Ausnahme“, dessen Kern die Auffassung eines besonderen Wertes von Kulturgut und dessen daraus resultierende Schutzwürdigkeit vor dem freien Handel bildet, in dem dieses als einfache Ware gehandelt würde. Auf der Basis dieser Vorstellung, hat der französische Staat ein komplexes Förderungssystem für die Kinowirtschaft entstehen lassen. Diese Arbeit wird sich in einem ersten Teil mit der Darstellung der Funktionsweise des französischen Filmförderungssystems vor dem Hintergrund der für die französische Medienwelt relevanten Entwicklungen beschäftigen. Dabei sollen besonders die Beziehungen zwischen Kino und Fernsehen und die Rolle beider in diesem System herausgestellt werden, da sie dessen wichtigste Akteure sind.
Darauf aufbauend geht es im zweiten Teil um aktuelle Entwicklungen des französischen Kinos, wobei der Zeitraum der letzten fünf Jahre im Zentrum des Interesses stehen wird. Wirtschaftliche und kulturelle Aspekte sind gleichermaßen Gegenstand der Betrachtung.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Förder- und Schutzmaßnahmen des französischen Staates für die Kinowirtschaft
2.1 Förderungen durch das CNC und andere staatliche Einrichtungen
2.2 Auflagen für die Fernsehwirtschaft
2.2.1 Gesetzlich verpflichtende Auflagen für alle Sender
2.2.2 Zur Bedeutung von Canal Plus
2.3 Fazit zur französischen Filmförderung
3 Aktuelle wirtschaftliche und kulturelle Aspekte des französischen Kinos
3.1 Aktuelle Tendenzen der Kinowirtschaft
3.2 Frankreichs kulturelle Ausnahme
4 Resümee
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1995 feiert Frankreich „100 Jahre französisches Kino“. Denkt man an das Kino in Frankreich, fallen einem Schauspieler wie Deneuve, Dépardieu, Huppert u.a. ein, oder Schlagwörter wie Nouvelle- Vague, Le septième Art und Amélie. Was aber steht hinter dieser Selbstinszenierung Frankreichs als große Kinonation? Wie funktioniert die französische Kinowirtschaft?
Die Bezeichnung des Kinos als „Siebente Kunst“ steht für ein Verständnis dessen als Kulturgut, wobei wirtschaftliche Interessen und Realitäten hinter den kulturell- künstlerischen Aspekten stehen sollen. Bezeichnend ist ebenfalls Frankreichs Bestehen auf die „kulturelle Ausnahme“, dessen Kern die Auffassung eines besonderen Wertes von Kulturgut und dessen daraus resultierende Schutzwürdigkeit vor dem freien Handel bildet, in dem dieses als einfache Ware gehandelt würde. Auf der Basis dieser Vorstellung, hat der französische Staat ein komplexes Förderungssystem für die Kinowirtschaft entstehen lassen.
Diese Arbeit wird sich in einem ersten Teil mit der Darstellung der Funktionsweise des französischen Filmförderungssystems vor dem Hintergrund der für die französische Medienwelt relevanten Entwicklungen beschäftigen. Dabei sollen besonders die Beziehungen zwischen Kino und Fernsehen und die Rolle beider in diesem System herausgestellt werden, da sie dessen wichtigste Akteure sind.
Darauf aufbauend geht es im zweiten Teil um aktuelle Entwicklungen des französischen Kinos, wobei der Zeitraum der letzten fünf Jahre im Zentrum des Interesses stehen wird. Wirtschaftliche und kulturelle Aspekte sind gleichermaßen Gegenstand der Betrachtung.
2 Förder- und Schutzmaßnahmen des französischen Staates für die Kinowirtschaft
Seit den vierziger Jahren sind das Kino und die Kinowirtschaft Schwerpunkte staatlicher Kulturpolitik. Mit der Schaffung des CNC (Centre National de la Cinématographie), das 1946 aus dem Comité de la Libération du Cinéma Français hervorging, entstand die bis heute wichtigste Institution zur Subventionierung und Regelung der französischen Filmindustrie. Mit dem Ziel einerseits die Filmwirtschaft gegenüber dem zunehmenden Einfluss amerikanischer Filmproduktionen dauerhaft konkurrenzfähig zu machen, und andererseits durch Subventionen die besondere Stellung des französischen Films als Kulturgut zu bewahren, wird das CNC dem 1959 eingerichteten Kultusministerium unterstellt.[1] In den achtziger Jahren wird das Filmförderungssystem bedeutend ausgeweitet und umstrukturiert, indem die neuen Gegebenheiten des französischen Systems der audiovisuellen Medien – dass heißt die Entwicklungen des Fernseh- und Videomarktes – zum Vorteil und Schutze des Kinos, in Betracht gezogen werden.[2]
In den folgenden zwei Abschnitten soll es einmal um die Darstellung des Förderungssystems in Form eines Überblicks gehen, sowie um eine genauere Betrachtung der Beziehungen zwischen Kino und Fernsehen, mit dem Ziel anschließend im Kapitel 3 fundierte Aussagen über die Entwicklungen der französischen Kinowirtschaft, insbesondere seit 2000 machen zu können.
2.1 Förderungen durch das CNC und andere staatliche Einrichtungen
Wenn das CNC auch eine staatliche Institution ist, so stammen die von ihm verteilten Fördermittel doch überwiegend aus der Filmwirtschaft selbst: Auf jede verkaufte Eintrittskarte, sowie auf die Umsätze der Fernsehsender und Videoprogrammanbieter wird eine Steuer, die Taxe Spéciale Additionelle (TSA) erhoben, welche an das CNC abzuführen ist und in den so genannten Compte de Soutien fließt. Die Höhe der TSA- Kino liegt bei 11-12 Prozent bezogen auf den Preis der Eintrittskarte.[3] Daneben gibt es staatliche Zuschüsse zum Compte de Soutien, deren Höhe jedoch von der jeweiligen Regierung abhängt und die i.d.R. einen vergleichsweise geringen Anteil darstellen. Einen ebenfalls quantitativ geringen Umfang haben die Einnahmen, welche aus Darlehensrückzahlungen oder sonstigen Einkünften, das heißt erhöhten Abgaben für pornographische oder gewaltreiche Filme, stammen.[4] Das Budget des Compte de Soutien lag 2004 bei 475,7 Millionen Euro[5] und teilt sich in zwei Bereiche, die Sektion Kino/Video[6] und die Sektion Fernsehen. Davon fließen etwas mehr als 50 Prozent (258,7 Millionen Euro[7] ) in die Kino- und Videowirtschaft. Mit diesem Budget wird auf nationaler Ebene im Wesentlichen die Produktion von Kinofilmen, deren Absatz und Abspiel gefördert, aber auch die filmkundliche Ausbildung und der Export französischer Filme. Die Unterstützung der Kinofilmproduktion mit 55 Prozent des gesamten Förderbudgets (1992)[8] ist eindeutig der Schwerpunkt französischer Filmförderung. Daneben geht ein knappes Drittel des Budgets in die Abspielförderung, womit so verschiedene Maßnahmen wie die Modernisierung von Kinos (Umstellung auf digitale Tontechnik), Kopienförderung (vor allem in kleineren Städten) und die Förderung anspruchsvoller Programme der Filmkunsttheater subventioniert werden. Lediglich 13 Prozent der Mittel stehen der Filmabsatzförderung zur Verfügung, die Verleih- und Vertriebsunternehmen bei Kopienherstellung und Werbemaßnahmen dienen sollen. Letzteres wird zunehmend wichtiger, besonders in Anbetracht der Schnelligkeit, mit der beständig neue Filme auf dem Markt erscheinen, die daher in stärkerem Umfang nach Werbung verlangen, um die Aufmerksamkeit eines größtmöglichen Publikums zu erreichen. Dies gestaltet sich hauptsächlich bei kleineren Filmen mit geringem Budget als schwierig, die nicht den Massengeschmack bedienen und deren Absatz wie auch ihr Abspiel für die betreffenden Firmen mit einem höheren Risiko behaftet sind.[9]
Die nationale Förderung geschieht in den genannten Sektoren der Kinowirtschaft über zwei Förderwege: Erstens über die automatische Förderung, deren Höhe bei der Produktionsförderung beispielsweise von den Einnahmen eines Referenzfilmes bestimmt wird und somit von rein wirtschaftlichen Kriterien abhängt. Zweitens über die selektive Projektförderung, bei der die künstlerischen Aspekte des betreffenden Films die Grundlage für deren Bewilligung bilden. Sie wird hauptsächlich über die so genannte Avance sur recettes gewährt – ein Darlehen, welches je nach Erfolg des geförderten Films anteilig (mindestens 10%) oder ganz zurückgezahlt werden muss – und ist daher besonders für Erstlingswerke interessant, wo die Referenzfilmförderung ja nicht greift. In den Bereichen der Distribution und des Abspiels funktioniert die Förderung analog zur eben beschriebenen Produktionsförderung, dass heißt in Form von automatischer und selektiver Unterstützung.[10]
Neben der zentral gesteuerten Förderung durch das CNC gibt es regionale Subventionierungen. Zum einen durch die vor zehn Jahren im Rahmen von Dezentralisierungsmaßnahmen des CNC und des Kultusministeriums eingerichteten DRAC (Directions Régionales des Affaires Culturelles), die jedoch letzterem unterstehen. Zum anderen durch regionale Initiativen des CNC, sowie durch Initiativen der Gebietskörperschaften wie des Conseil Régional bzw. des Conseil Départemental. Auf Anregung des CNC werden Kooperationen mit Staat und Regionen oder Départements angestrebt, die vor allem die Regionen zu einer stärkeren Beteiligung an der Förderung künstlerischen Schaffens und kulturell- künstlerischer Erziehung motivieren sollen.[11] Für die Kinoproduktion bedeutet die Ausführung der Dreharbeiten in einer Region einerseits diese dem Filmpublikum nahe zu bringen (ohne jedoch diesen „Werbeeffekt“ über die künstlerische Kreation zu stellen) und andererseits eine entsprechende technische Infrastruktur für die Produktion zu fördern, die sich bisher besonders im Pariser Raum konzentriert. Von dem Bemühen Kinder und Jugendliche an das Kino als Zuschauer oder Schaffende heranzuführen zeugen Initiativen wie Lycéens au Cinéma oder Un été au Cinéma [12] , sowie die Unterstützung von Filmfestivals oder Nachwuchswettbewerben, wie das Festival Travelling in Rennes.
Abgesehen von den eben beschriebenen Maßnahmen des CNC und des Kultusministeriums werden seit Mitte der achtziger Jahre auf deren Anregung hin finanzielle Anreize für Banken und Kreditinstitute, ebenso wie für private und industrielle Investoren geschaffen. Seit 1983 gibt es die Aktiengesellschaft IFCIC (Institut de financement du cinéma et des industries culturelles), an der neben zahlreichen Banken und Kreditinstituten zu einem Fünftel der französische Staat beteiligt ist. Sie übernimmt Bürgschaften für Kredite im Rahmen von Kino- und Fernsehfilmproduktionen und – in wesentlich geringerem Umfang – für Buch- und Musikproduktionen zum Beispiel.[13]
Gleichfalls durch die französische Regierung im Jahre 1985 geschaffen, bieten die SOFICAs (Sociétés de financement de la création audiovisuelle) als Aktiengesellschaften Personen oder Unternehmen Steuervorteile, wenn sich diese für fünf Jahre daran beteiligen und damit ihr Kapital Filmproduktionsfirmen oder einzelnen Produktionen zur Verfügung stellen. Kristina Hollstein bezeichnet diese Art der Subventionierung als innovative Filmförderung.[14]
Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass es zahlreiche Wege der Filmförderung gibt und damit eine recht breite Mittelstreuung gewährleistet werden kann. Klar ist aber auch, dass bei sämtlichen Initiativen der Staat in mehr oder weniger hohem Umfang beteiligt ist beziehungsweise als Initiator fungiert hat.
Insgesamt gesehen stellt die nationale Förderung durch das CNC im Vergleich zur regionalen und innovativen Filmförderung die wichtigste Förderquelle dar. Bei der Finanzierung der französischen Filme machen die Mittel der nationalen Förderung im Rahmen der automatischen und selektiven Subventionierung etwa zehn Prozent der Gesamtfinanzierung aus (2004: 9,6%[15] ). Dieser Anteil sinkt zwar tendenziell seit etwa 10 Jahren, 1996 zum Beispiel lag sein Anteil noch bei 15,7 Prozent, dem ungeachtet ist er dennoch gegenüber den 1,2 Prozent aus regionalen Unterstützungen beziehungsweise den 3,1 Prozent aus den SOFICAs von größerer Bedeutung (siehe Abbildung 1, Seite 12).[16]
[...]
[1] Asholt (1999), S. 182f. und 189 und Lanzoni (2002), S.143ff.
[2] Asholt (1999), S.189 und Weber (2001), S.126
[3] Weber (2001), S.136.
[4] Hollstein (1998), S.174ff.
[5] CNC Bilan 2004, Les financements publics, S.1.
[6] Seit 1993 wird auch die Videowirtschaft gefördert. CNC Bilan 2004, Les Financements publics, S.1.
[7] CNC Bilan 2004, Les financements publics, S.1.
[8] Hollstein (1998), S.199.
[9] Hollstein (1998), S.199ff.
[10] Hollstein (1998), S.152ff. und Weber (2001), S.136f.
[11] CNC Bilan 2004, Les financements publics, S.7 und Hollstein (1998), S.183ff.
[12] CNC Bilan 2004, Les financements publics, S.7
[13] Hollstein (1998), S.188ff.
[14] Hollstein (1998), S.190ff.
[15] CNC Bilan 2004, La production cinématographique, S.6
[16] Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2004 und Filme französischer Initiative. CNC Bilan 2004, La production cinématographique, S.6.
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