Bei der Beschäftigung mit der Aneignung von Sprachen, hauptsächlich von weiteren Sprachen nach der Erstsprache, wird deutlich, dass viele Faktoren diesen Spracherwerb entscheidend beeinflussen. Beginnend beim Zeitpunkt des Erwerbs einer zweiten Sprache bis hin zu Spracherwerbsstrategien und die damit verbundenen Spracherwerbstheorien wird klar, dass es entscheidende Faktoren gibt, die bei der Aneignung von Sprachen in Betracht gezogen werden müssen, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Bereits bei der Begrifflichkeit „Zweitsprache“ und „Fremdsprache“ entsteht Klärungsbedarf. Ernst Appelthauer definiert Fremdsprachenerwerb als „Zweitsprachenerwerb unter eingeschränkten (d.h. bloß unterrichtlichen) Bedingungen.“ Er unterscheidet Fremdsprache von Zweitsprache anhand der Aneignung der Sprache und der Ziele, die der Lerner beim Erwerb dieser Sprache verfolgt. So wird Zweitsprache definiert als die Sprache nach der Erstsprache, die auch in alltäglichen außerschulischen Situationen benutzt wird. Dies ist der Fall bei Migranten und vor allem bei deren Kindern. Türkische Kinder, die fest in Deutschland leben, werden Deutsch als Zweitsprache lernen, da ihr alltägliches Leben hauptsächlich in Deutsch verläuft und daher der Kommunikationsbedarf auch außerhalb der schulischen Ausbildung sehr groß ist. Aufgrund der Wichtigkeit der Beherrschung dieser Sprache wird bei der Zweitsprachenaneignung schon im Grundschul- oder sogar bereits im Kindergartenalter mit dem Unterricht begonnen und Wert auf eine hohe Zahl an Unterrichtsstunden gelegt. Beim Fremdsprachenerwerb dagegen ist der Kommunikationsrahmen meist auf den Unterricht begrenzt, weshalb dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt und mit weniger Unterrichtseinheiten beginnt.
Eng mit dieser Terminologie ist auch die Unterscheidung zwischen ungesteuertem Erwerb und gesteuertem Lernen verknüpft. „[U]ngesteuerter Erwerb oder inzidentelles Lernen [bedeutet] […] sich die fremde Sprache ohne formalen Unterricht an[zu]eignen.“ Darunter fällt auch die Sprachaneignung von Einwanderern, die in ihrem Alltag die Sprache ‚aufschnappen’ und dadurch einen gewissen Grad an Beherrschung dieser Sprache erlangen. Im Gegensatz dazu steht der formale Fremdsprachenunterricht, der strukturiertes und bewusstes Lernen durch Vermittlung von grammatischen Regeln ansteuert.
Inhaltsverzeichnis
1. Aneignung einer Zweit- oder Fremdsprache
2. Der Einfluss der Erstsprache auf den Erwerb einer zweiten Sprache
2.1 Einfluss auf die Rezeption
2.2 Einfluss auf die Produktion
3. Sozialpsychologische Aspekte
3.1 Affektive Faktoren
3.2 Motivation
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturverzeichnis
1. Aneignung einer Zweit- oder Fremdsprache
Bei der Beschäftigung mit der Aneignung von Sprachen, hauptsächlich von weiteren Sprachen nach der Erstsprache, wird deutlich, dass viele Faktoren diesen Spracherwerb entscheidend beeinflussen. Beginnend beim Zeitpunkt des Erwerbs einer zweiten Sprache bis hin zu Spracherwerbsstrategien und die damit verbundenen Spracherwerbstheorien wird klar, dass es entscheidende Faktoren gibt, die bei der Aneignung von Sprachen in Betracht gezogen werden müssen, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Bereits bei der Begrifflichkeit „Zweitsprache“ und „Fremdsprache“ entsteht Klärungsbedarf. Ernst Appelthauer definiert Fremdsprachenerwerb als „Zweitsprachenerwerb unter eingeschränkten (d.h. bloß unterrichtlichen) Bedingungen.“1 Er unterscheidet Fremdsprache von Zweitsprache anhand der Aneignung der Sprache und der Ziele, die der Lerner beim Erwerb dieser Sprache verfolgt. So wird Zweitsprache definiert als die Sprache nach der Erstsprache, die auch in alltäglichen außerschulischen Situationen benutzt wird. Dies ist der Fall bei Migranten und vor allem bei deren Kindern. Türkische Kinder, die fest in Deutschland leben, werden Deutsch als Zweitsprache lernen, da ihr alltägliches Leben hauptsächlich in Deutsch verläuft und daher der Kommunikationsbedarf auch außerhalb der schulischen Ausbildung sehr groß ist. Aufgrund der Wichtigkeit der Beherrschung dieser Sprache wird bei der Zweitsprachenaneignung schon im Grundschul- oder sogar bereits im Kindergartenalter mit dem Unterricht begonnen und Wert auf eine hohe Zahl an Unterrichtsstunden gelegt. Beim Fremdsprachenerwerb dagegen ist der Kommunikationsrahmen meist auf den Unterricht begrenzt, weshalb dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt und mit weniger Unterrichtseinheiten beginnt.
Eng mit dieser Terminologie ist auch die Unterscheidung zwischen ungesteuertem Erwerb und gesteuertem Lernen verknüpft. „[U]ngesteuerter Erwerb oder inzidentelles Lernen [bedeutet] […] sich die fremde Sprache ohne formalen Unterricht an[zu]eignen.“2 Darunter fällt auch die Sprachaneignung von Einwanderern, die in ihrem Alltag die Sprache ‚aufschnappen’ und dadurch einen gewissen Grad an Beherrschung dieser Sprache erlangen. Im Gegensatz dazu steht der formale Fremdsprachenunterricht, der strukturiertes und bewusstes Lernen durch Vermittlung von grammatischen Regeln ansteuert.
Betrachtet man aber abgesehen von der Terminologie Zweit- oder Fremdsprache den Zeitpunkt für den Erwerb einer zweiten Sprache objektiv, wird schnell klar, dass sowohl eine frühe aber auch eine spätere Aneignung Vorteile und Nachteile mit sich bringt. Die relative Unbefangenheit von Kindern und die Nähe zum Erstsprachenerwerb sprechen für einen frühen Beginn der Fremdsprachenaneignung. Da bei Kindern jedoch die kognitiven Fähigkeiten und die Beherrschung der Erstsprache noch nicht voll ausgebildet sind, sprechen sich viele auch für einen späteren Zeitpunkt des Fremdsprachenerwerbs aus. Ältere Lerner können auf ein größeres und gefestigtes Wissen in der Erstsprache zurückgreifen und ihnen stehen deshalb effektivere Methoden der Sprachaneignung zur Verfügung. Sie sind sich bestimmter Regeln in der Erstsprache bewusst und können somit abstrahieren und bereits gelernte Verfahren und Strategien im Fremdsprachenerwerb einsetzen.
2. Der Einfluss der Erstsprache auf den Erwerb einer zweiten Sprache
Beim Erlernen einer fremden Sprache stellt sich neben dem Zeitpunkt und der Art und Weise der Aneignung die Frage, inwiefern die Erstsprache Einfluss auf den Lernprozess in der Fremdsprache hat. Durch die verschiedenen Sprachfamilien scheint der Schluss nahe, dass manche Sprachen das Erlernen von manch anderen Sprachen vereinfacht oder aber erschwert. Aufgrund lexikalischer, grammatikalischer und phonologischer Verwandtschaft von bestimmten Sprachen wäre zu vermuten, dass sich innerhalb einer Sprachfamilie der Fremdsprachenerwerb als weit weniger schwierig erweist als die Aneignung einer Sprache aus einer anderen Sprachfamilie, die mit der Erstsprache keine oder nur geringe Ähnlichkeiten aufweist. Da ein Sprachlerner intuitiv und unbewusst von der Fremdsprache annehmen, dass diese ähnlich funktioniert und strukturiert ist wie die Erstsprache der Lerner, werden sie versuchen, Strukturen und Verfahren aus der Erstsprache auf die Fremdsprache anzuwenden. „Sie folgen ihren sprachlichen Gewohnheiten und greifen dabei auf Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie während des Spracherwerbs entwickelt haben.“3 Diese Ähnlichkeiten von Sprachen können sich jedoch nicht nur positiv auf den Fremdsprachenerwerb auswirken und das Aneignen dieser Sprache erleichtern, sondern können auch negative Auswirkungen haben.
2.1 Einfluss auf die Rezeption
Beim Erlernen einer fremden Sprache, die mit der Erstsprache nah verwandt ist, stellt sich bald ein Gefühl von Vertrautheit ein, was den Lernprozess positiv beeinflusst und das Aneignen der Sprache erleichtert. Ein Gefühl von Vertrautheit wirkt sich positiv aus, da man sich in der Fremdsprache aufgrund vieler Ähnlichkeiten schnell sicherer fühlt als in einer entlegenen Sprache. Der Lerner erkennt Strukturen in der Fremdsprache wieder, die er bereits beim Erstsprachenerwerb gelernt und automatisiert hat. Somit scheint der Lernaufwand zu Beginn der Aneignung geringer zu sein als erwartet. Bereits vorhandenes Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten werden im Lernprozess umstrukturiert und müssen nicht völlig neu erlernt werden, wodurch die Automatisierung von bestimmten Prozessen beschleunigt wird.
Bei größerer Distanz zwischen zwei Sprachen (z.B. bei Deutsch und Türkisch) ist eine solche Umstrukturierung kaum noch möglich. Ein Lerner muß sich daher weitgehend neu orientieren. Dadurch wird der Erwerbsprozeß aufwendiger und einem Erstsprachenerwerb ähnlicher.4
Mischsprachen wie Englisch und auch Deutsch,5 die relativ viele Wörter aus anderen Sprachen aufweisen, erleichtern dem Lerner in der Anfangsphase die Aneignung der fremden Sprache, da viele Wörter entweder sehr ähnlich zu denen der Erstsprache sind oder mit geringen Aufwand abgeleitet werden können und daher den Verstehensprozess um ein Vielfaches erleichtern und abkürzen. Wie Apeltauer bemerkt, „scheinen [verwandte Elemente] sich insgesamt positiv auf den Erwerbsprozeß auszuwirken und in einer Art ‚Mitnahmeeffekt’ auch die Aneignung unbekannter Wörter zur erleichtern.“6
Die Ähnlichkeit von Sprachen kann jedoch im Erwerbsprozess auch negative Auswirkungen haben, wenn es beispielsweise zu Verwechslungen kommt. In einer Sprachfamilie bestehen oftmals phonologische Ähnlichkeiten zwischen Wörtern, die jedoch semantisch nicht miteinander in Verbindung stehen. Dies kann den Lerner verwirren und dazu führen, dass er auf so genannte ‚falsche Freunde’ oder ‚false friends’ hereinfällt und dadurch Fehler macht. Es ist bekannt, dass zu Beginn des Fremdsprachenerwerbs vermehrt auf phonologische Ähnlichkeiten geachtet wird und mit fortschreitender Beherrschung der Fremdsprache semantische Ähnlichkeiten mehr und mehr an Bedeutung gewinnen, wobei jedoch beachtenswert ist, dass sich Lerner „in Zweifelsfällen stärker auf phonologische als auf semantische Komponenten stützen.“7 Beim Erlernen einer nicht verwandten Sprache besteht somit zwar in der Anfangsphase der Aneignung keine Erleichterung für den Lerner, er kann jedoch auch nicht in Fallen tappen, die eventuell Missverständnisse verursachen oder womöglich zu falschem Lernen führen. Abgesehen davon, wird dieser Anfangsvorteil durch Ähnlichkeiten mit fortgeschrittener Beherrschung der fremden Sprache langsam neutralisiert, da beim Erlernen einer Sprache diese immer vertrauter wird mit fortschreitenden Kenntnissen, das heißt dem Lerner erschließen sich nach und nach die individuellen Strukturen der Sprache und er wird sich in der fremden Sprache immer sicherer fühlen, da diese langsam vertrauter wird.
2.2 Einfluss auf die Produktion
Ebenso wie sich Ähnlichkeiten zwischen Sprachen positiv auf das Verstehen der fremden Sprache auswirken kann, so kann eine Verwandtschaft von Erstsprache und Fremdsprache auch positive Auswirkungen auf die Produktion der Fremdsprache haben. In diesem Bereich spricht man von Transfer und Interferenz. Lerner einer verwandten fremden Sprache neigen dazu, zumindest am Anfang des Spracherwerbs, dass sie Strukturen und Elemente der Erstsprache auf die Fremdsprache übertragen. Hat dieses Übertragen ein positives Ergebnis, das heißt werden korrekte Strukturen in der Fremdsprache gebildet, so spricht man von positivem Transfer. Der Gegensatz dazu ist negativer Transfer, der auch Interferenz genannt wird. Wie Bernd Kielhöfer verdeutlicht, stammt „der Begriff […] [Interferenz] aus der Physik und meint den Tatbestand, daß sich Wellen (z.B. Radiowellen) ähnlicher Länge überlagern und dabei stören.“8 Diese Störung, das heißt die Übertragung von Strukturen einer Sprache auf eine andere wirkt sich auf die schwächere Sprache, also auf die Fremdsprache aus und führt zu Fehlern. „Transfer und Interferenz sind also die zwei Seiten desselben Vorgangs, beide sind abhängig von der Ähnlichkeit.“9
Bei der Aneignung einer fremden Sprache sind manche Bereiche mehr von Transfer und Interferenz betroffen als andere. Im Bereich der Lexik, Phonologie und Wortstellung beispielsweise neigen Lerner eher zu Transfer und dadurch zu möglichen Interferenzfehlern als im Bereich der Flexion. Im lexikalischen Bereich unterscheidet Apeltauer drei Möglichkeiten der Lerner mögliche lexikalische Lücken zu überbrücken. Diese Überbrückung und damit der Transfer in diesem Bereich geschieht meist bewusst, um die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Lerner entlehnen entweder direkt aus der Erstsprache in die Fremdsprache, was besonders an ‚false friends’ zu sehen ist, passen ihre Aussprache eines aus der Erstsprache entlehnten Wortes an und artikulieren diese mit phonologischen Charakteristika der Fremdsprache oder versuchen Wörter der Erstsprache direkt in die fremde Sprache zu übersetzen.
Sobald einem Lerner diese Transfer- oder Interferenzfehler bewusst werden, kann es zu Vermeidungsverhalten kommen. Der Lerner versucht dann, Strukturen und Elemente, die eventuelle Interferenzfehler begünstigen, zu vermeiden. Jedoch kann nicht nur Interferenz, also aufgrund der Ähnlichkeit zweier Sprache, zu Vermeidungsverhalten führen, sondern auch Unterschiede, also Kontrast zwischen Erstsprache und Fremdsprache. Dies geschieht häufig beim Erlernen einer nicht verwandten Sprache, wenn Strukturen der Fremdsprache keine Entsprechungen in der Erstsprache haben und uns somit „Oppositionen und distinktive Merkmale nicht zugänglich, ja, weil sie oft nicht einmal hörbar sind.“10 Lerner von Deutsch als Fremdsprache mit Japanisch als Erstsprache werden eher zu Vermeidungsverhalten im Bereich der Relativsätze neigen, da diese Strukturen in ihrer Erstsprache nicht vorhanden sind, als beispielsweise im Vergleich dazu Lerner mit Englisch als Muttersprache.
Ein anderes Phänomen der Fehlerproduktion bei ähnlichen Sprachen beschreibt Bernd Kielhöfer mit Inferenzfehlern. Diese entstehen nicht wie Interferenzfehler durch Überlagerung von ähnlich langen Wellen, also ähnlichen Strukturen, sondern durch Bedeutungsähnlichkeiten, die durch Ähnlichkeiten in Phonetik, Morphologie, Syntax und Orthographie gestützt werden. „[D]er Lerner zieht Schlüsse (Inferenzen) aus bestimmten semantischen Beziehungen zwischen Sprachen (er übersetzt), stiftet selbst die Ähnlichkeit.“11 Diese Fehler zeigen auch, dass die Fehlerproduktion nicht nur durch Transfer und Interferenz begünstigt wird, sondern auch durch falsche oder ungeeignete Lernregeln, was häufig bei fortgeschrittenen Lernern der Fall ist. Durch die Bildung von Lernregeln, die teilweise auch durch zu starke Generalisierung in Lehrwerken unterstützt wird, tendieren manche Lerner dazu, bestimmte Phänomene der Fremdsprache zu übergeneralisieren, das heißt sie versuchen durch Vereinfachung Erfolg zu erzielen. So wird beispielsweise der feminine Artikel die im Deutschen übergeneralisiert und von Lernern auch für maskuline oder neutrale
Nomina verwendet. Da diese Vereinfachung in der Fremdsprache nicht in Verbindung mit der Erstsprache gesehen werden kann, spricht man auch von intralingualen Prozessen, nicht von interlingualen Prozessen. Diese intralingualen Prozesse gewinnen meist bei fortgeschrittenen Lernern an Bedeutung, da sie durch ihr tieferes Eindringen in die fremde Sprache langsam die Probleme und Kontraste der Sprache erkennen, also sich ihrer Komplexität bewusst werden. So werden anfangs die sehr häufigen interlingualen Fehler bei Fortgeschrittenen meist mit intralingualen Prozessen überlagert und von diesen verdrängt.12
Diese unterschiedlichen Fehlerquellen zeigen, dass die Erstsprache zwar einen großen Einfluss auf den Erwerb einer Fremdsprache haben kann, jedoch nicht der alleinige Ausschlaggeber für die Produktion von Fehlern ist. Vielmehr werden Fehler auch entwicklungsbedingt produziert, sie sind also auch bei Lernern zu beobachten, die diese Sprache als Erstsprache erlernen. Außerdem gibt es noch Fehler, „die sich weder auf Einflüsse der Ausgangs- noch auf Einflüsse der Zielsprache zurückführen lassen. Sie können z.B. durch Lehrmaterial, Übungsformen oder Sprachgebrauch des Lehrers bedingt sein (sogenannte ‚induzierte Fehler’).“13 Performanzfehler können ebenfalls nicht auf den Einfluss einer Sprache auf eine andere zurückgeführt werden. Diese Art von Fehlern wird mit persönlicher Befindlichkeit in Verbindung gebracht. Ist ein Lerner beispielsweise müde, neigt er stärker zu Fehlerbildung. Performanzfehler lassen sich jedoch dadurch erkennen, dass der Lerner in der Lage ist, die Fehler selbst zu korrigieren, wenn er darauf aufmerksam gemacht wird. Dies zeigt, dass auch unter anderem der Sprachentwicklungsstand, die Lernsituation, das Lernalter und die persönliche Befindlichkeit zur Fehlerproduktion beitragen.14
3. Sozialpsychologische Aspekte
Bisher wurde nur auf kognitive Bereiche bei der Aneignung von fremden Sprachen eingegangen. Beim Spracherwerb lassen sich kognitive Aspekte aber nur schwer von affektiven Aspekten trennen. Die Übergänge im Einflussbereich auf den Prozess des Spracherwerbs sind fließend und somit nicht klar abtrennbar.
3.1 Affektive Faktoren
Beim Spracherwerb spielen neben allgemeinen und speziellen kognitiven Fähigkeiten Gefühle eine zentrale Rolle. Dies wird bereits deutlich, wenn Lerner einer fremden Sprache bemerken, dass sie sich diejenigen Aspekte der Fremdsprache leichter aneignen können, die mit Emotionen verbunden sind. Doch nicht nur in einzelnen Bereichen der Fremdsprache kommt diese emotionale Anteilnahme zum Tragen, sondern auch in der allgemeinen Einstellung zu einer Sprache. Negative Gefühle gegenüber einer Sprache können zu Ablehnung und dadurch zu vermehrter Fehlerproduktion oder im schlimmsten Fall zu Sprachhemmungen führen. Positive Einstellungen gegenüber einer Sprache jedoch haben oftmals ein leichteres Erlernen der Sprache zur Folge. Positive Emotionen können durch Lust an einer Sprache hervorgerufen werden, wenn sich der Lerner beispielsweise über die neu errungenen Fähigkeiten freut, mit anderen Menschen mittels dieser Sprache in Kontakt treten zu können oder beruflich dadurch weiterzukommen. Manche Lerner entwickeln auch ein „intellektuelles Vergnügen […], wenn neue Regeln entdeckt oder Vermutungen (Hypothesen) überprüft werden und sich als richtig erweisen.“15 Wenn ein Lerner Lust an der Aneignung einer fremden Sprache entwickelt, so wird er „sich intensiver und anhaltender um die fremde Sprache bemühen,“16 was zu einem positiven und häufig schnellerem Lernerfolg führen kann. Angst hingegen wirkt sich meist negativ auf den Sprachlernprozess aus und hat weiterreichende Folgen für den Erwerb der Fremdsprache. So werden für manche Lerner ständig neu auftretende Probleme, die in der Anfangsphase aber auch im fortgeschrittenen Stadium der Aneignung einer fremden Sprache häufig auftreten, Angst auslösen der Sprache nicht gewachsen zu sein. Diese Angst vor Fehlern oder Versagen kann dann zu einer Sprachhemmung führen oder zur totalen Ablehnung der Sprache. Diese Angst tritt in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf. Apeltauer nennt neben der Sprechangst und der Verstehensangst auch die Leistungsangst und die Angst vor unbekannten Situationen oder Aufgaben.17
Neben den negativen Auswirkungen kann jedoch ein gewisses Maß an Angst auch stimulierend und positiv auf den Lernprozess wirken. So werden beispielsweise gute Sprachenlerner einen gewissen Leistungsdruck als anregend empfinden und mit mehr Motivation an den Fremdsprachenerwerb herangehen, sei es um gute Noten zu bekommen oder um aktiver an Kommunikationen teilnehmen zu können.
[...]
1 Apeltauer, Ernst: Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, Berlin, München [u.a.] 1997, S. 15.
2 Ebd., S. 13.
3 Ebd., 78.
4 Ebd., 79.
5 Ernst Apeltauer beschreibt eine Zufallsstichprobe von 200 Eintragungen im Großen Duden, wobei 14% der Wörter griechischen und 14% lateinischen Ursprungs, 12% englischen, 10% französischen und 4% italienischen Ursprungs waren. Die Probe enthielt außerdem je ein Wort arabischer, japanischer, dänischer und polnischer Herkunft.
Ebd., 80.
6 Ebd., 80.
7 Ebd., 81.
8 Kielhöfer, Bernd: „Die Rolle der Kontrastivität beim Fremdsprachenerwerb.“ in: Dittmar Norbert und Martina Rost-Roth (Hgg.): Deutsch als Zweit- und Fremdsprache, Frankfurt/Main 1995. 35-51. S. 37.
9 Ebd., 37.
10 Ebd., 39.
11 Ebd., 38.
12 Vgl. ebd., 42-46.
13 Apeltauer, Ernst: Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, Berlin, München [u.a.] 1997, 85.
14 Vgl. ebd., 85-87.
15 Ebd., 106.
16 Ebd., 106.
17 Vgl. ebd., 106-108.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2006, Probleme und positive Faktoren im Bereiche des Zweit- und Fremdsprachenerwerbs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65161
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