Max Weber beschäftigte sich Anfang der 1920er Jahre ausgiebig mit der Typologisierung von Herrschaft und Herrschaftstypen. Seine Herrschaftssoziologie findet bis heute großen Anklang in der Soziologie. Demnach wird häufig auf seine Einteilung der „drei reinen Typen legitimer Herrschaft“ (Weber [(1921) 1980]: vgl.124) zurückgegriffen, um diese als Grundlage für die Interpretation historischer Beispiele zu verwenden. Hierbei ist, trotz der enormen Präzision der Weber’schen Definitionen, die praktische Anwendbarkeit der Herrschaftstypen von erstaunlicher Bedeutung. Max Weber differenziert zwischenlegaler Herrschaft, traditionaler Herrschaftundcharismatischer Herrschaft,um zwischen den drei Typen Gemeinsamkeiten sowie grundlegende Unterschiede herauszustellen, wie etwa die „grundverschiedene soziologische Struktur des Verwaltungsstabs und der Verwaltungsmittel“ (Weber [(1922) 1973: 152). In Anbetracht dieser Unterteilung ist auch das vorliegende Essay gegliedert werden, um anschließend die charismatische Herrschaft am Beispiel von Benito Mussolini, Begründer und Führer der faschistischen Bewegung in Italien, zu diskutieren. Anhand von Betrachtungen der Situation Italiens nach dem ersten Weltkrieg, der Persönlichkeit Mussolinis, seiner Wirtschaftsführung und der Vergänglichkeit seiner (charismatischen) Herrschaft, soll aufgezeigt werden, dass Webers Herrschaftstypen zwar nie wirklich „rein“ vorliegen (vgl. Winckelmann 1952: 32), aber dennoch durchaus sinnvoll anwendbar sind und der Interpretation eines historischen Beispiels charismatischer Herrschaft eine überzeugende Struktur verleihen.
Vorweg ist es sinnvoll, Max Webers Definition von Herrschaft aufzugreifen, um seine Dreiteilung nachvollziehbar skizzieren zu können. Nach Weber ist Herrschaft „die Chance für spezifische (oder: für alle) Befehle bei einer angebbaren Gruppe von Menschen Gehorsam zu finden“ (Weber [(1921) 1980]: 122). Er unterscheidet also Herrschaft klar von Macht und betont, dass Herrschaft nicht jede Art von Chance, Macht und Einfluss ist. Sie zielt hingegen vielmehr auf den der Gefolgschaft eigenen Willen zu gehorchen und sich vorschriftsmäßig zu verhalten (vgl. Weber [(1921) 1980]: 122). Die Motive von Herrschaft sind abhängig vom jeweiligen Herrschaftstyp und reichen von dem eher labilen Bestandteil der materiellen und zweckrationalen Interessen bis hin zu glaubensabhängigen und emotionsbedingten Gründen, also der Überzeugung des Herrschers (vgl. Weber [(1921) 1980]: 122).
Inhaltsverzeichnis
- Legale Herrschaft
- Traditionale Herrschaft
- Patriarchalische Herrschaft
- Ständische Struktur
- Charismatische Herrschaft
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay befasst sich mit den Herrschaftstypen Max Webers, insbesondere der charismatischen Herrschaft. Er untersucht, wie diese Typen angewendet werden können, um historische Beispiele zu interpretieren. Der Fokus liegt auf der Analyse der Herrschaft von Benito Mussolini in Italien, um zu zeigen, wie Webers Theorie trotz ihrer Idealtypisierung praktische Relevanz hat.
- Analyse der drei reinen Typen legitimer Herrschaft nach Max Weber: Legale, traditionelle und charismatische Herrschaft
- Bewertung der Anwendbarkeit von Webers Herrschaftstypen auf historische Beispiele
- Diskussion der charismatischen Herrschaft am Beispiel von Benito Mussolini
- Untersuchung der Entstehung, Funktionsweise und Vergänglichkeit charismatischer Herrschaft
- Beurteilung der Bedeutung der Theorie Webers für das Verständnis historischer Ereignisse
Zusammenfassung der Kapitel
Legale Herrschaft
Webers Konzept der legalen Herrschaft ähnelt der modernen Bürokratie und ist durch Recht, Behörden und Beamte mit einem gewählten Herrschaftsverband gekennzeichnet. Die Verwaltung erfolgt durch Fachbeamte mit festen Arbeitsverträgen und hierarchischen Strukturen. Die Bürger unterliegen dem gemeinschaftlichen Recht, das für alle nachvollziehbar sein soll.
Traditionale Herrschaft
Die traditionelle Herrschaft beruht auf Traditionen wie Patriarchalismus und Feudalismus. Sie wird durch Tradition und die Willkür des Herrschers legitimiert und zeichnet sich durch eine unstrukturierte, nicht-rationale Verwaltung aus. Diener übernehmen die Verwaltung, ohne feste Arbeitsverträge oder Gehälter.
Charismatische Herrschaft
Die charismatische Herrschaft ist personenorientiert, außeralltäglich und wirtschaftsfremd. Sie entsteht aus Notstand heraus und wird durch den Glauben an die aussergewöhnlichen Fähigkeiten des Führers, dem die Jünger aus emotionalen Beweggründen folgen, legitimiert. Der charismatische Führer wählt seinen Verwaltungsstab nach Charisma und Hingabe aus, nicht nach Wissen oder Stand.
Schlüsselwörter
Dieser Essay behandelt die folgenden Schlüsselwörter und Themen: Herrschaftstypen, Max Weber, Legitimität, Legale Herrschaft, Traditionale Herrschaft, Charismatische Herrschaft, Benito Mussolini, Faschismus, Italien, Geschichte, Soziologie, Politik.
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- Anonym (Author), 2006, Skizzieren Sie die Herrschaftstypen Webers und diskutieren Sie auf dieser Grundlage ein historisches Beispiel charismatischer Herrschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65056