Die Frage nach dem Teufel ist unlösbar mit der Frage nach der Urheberschaft des Bösen verknüpft. „Der Böse“ als der Verursacher des Bösen ist ein Denkschema, das sich im Laufe der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung in der Christenheit verfestigte, obgleich man sich der daraus resultierenden Schwierigkeit für die monotheistische christliche Weltreligion stets bewusst gewesen sein muss.
Wenn Gott alles geschaffen hat, so muss er auch den Teufel geschaffen haben; doch Gott als Urheber des Bösen stellt ein Paradox dar, das sich christlich-theologisch nur schwer lösen lässt.
Wenn hingegen das Böse aus Gottes guter Schöpfung gänzlich herausgelöst wird, so wird der Teufel zwangsläufig zu einer Art Gegengott, zu einem widergöttlichen Prinzip, dass zu einem Dualismus führt, den es nicht geben darf.
Eine dritte Möglichkeit diesem Problem zu begegnen, besteht darin, es ungelöst zu lassen und sich ins Dunkel des Mysteriums zu flüchten, während man vom „unerklärlichen Geheimnis“ des Bösen spricht.
Diese umrissenen Möglichkeiten, mit dem Bösen als eine Macht außerhalb des Menschen umzugehen, die sich, Antagonismen gleich, unversöhnlich gegenüberstehen, treten innerhalb der Christenheit jedoch nur als scheinbare Gegensätze auf. Vielmehr sind sie als Teil der zur Geschichte geronnenen Entwicklung des christlichen Glaubens zu verstehen, als Stufen ihrer jahrtausende währenden theologischen Weiterentwicklung.
Gegenstand dieser Untersuchung ist, das Teufelsverständnis vom frühen Christentum an bis zur Zeit Luthers, dessen Wirken auch die Bedeutung des Teufels, zwar nicht revolutionierte, aber doch reformierte.
Ziel dieser Arbeit ist es, eine Darstellung dieser Entwicklung zu liefern, wobei der Schwerpunkt auf den theologischen Ort des Teufels bei Luther liegt, dem in der Schlussbetrachtung Aussagen zu dieser Thematik von Jesus Christus selbst gegenübergestellt werden.
Das innerhalb einer Weltreligion natürlicherweise Anachronismen auftreten und zu jeder Zeit konkurrierende Glaubenssätze um die Deutungshoheit ringen, ist unumstritten und muss in dieser Arbeit vernachlässigt werden, da eine dezidierte Darstellung derlei Disparitäten den Rahmen der Untersuchung sprengen würde.
Gliederungsverzeichnis
1 Einleitung und Gang der Untersuchung
2 Die Entstehung des Teufels
2.1 Der Engelssturz
2.2 Der Teufel in babylonischer Zeit
3 Der Teufel im Alten Testament
3.1 Die Visionen Zacharias
3.2 Das Buch Hiob
3.3 Die Chronik
4 Der Teufel im Neuen Testament
4.1 Der Widersacher Jesus´
4.1.1 Die Bewältigung Satans
4.1.2 Jesus und der Satan
4.2 Der Widersacher Gottes
5 Jenseitsvorstellungen im Mittelalter
5.1 Dogmen der hochmittelalterlichen Christenheit
5.2 Gottesfurcht im Mittelalter
6 Der Teufelsglaube Luthers
6.1 Luther und die Lehre der römischen Kirche
6.2 Luthers Beziehung zum Teufel
6.2.1 Die diesseitige Hölle
6.2.2 Die Prädestinationslehre Luthers
6.2.3 Die jenseitige Hölle
6.3 Der theologische Ort des Teufels
7 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung und Gang der Untersuchung
Die Frage nach dem Teufel ist unlösbar mit der Frage nach der Urheberschaft des Bösen verknüpft. „Der Böse“ als der Verursacher des Bösen ist ein Denkschema, das sich im Laufe der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung in der Christenheit verfestigte, obgleich man sich der daraus resultierenden Schwierigkeit für die monotheistische christliche Weltreligion stets bewusst gewesen sein muss.
Wenn Gott alles geschaffen hat, so muss er auch den Teufel geschaffen haben; doch Gott als Urheber des Bösen stellt ein Paradox dar, das sich christlich-theologisch nur schwer lösen lässt.
Wenn hingegen das Böse aus Gottes guter Schöpfung gänzlich herausgelöst wird, so wird der Teufel zwangsläufig zu einer Art Gegengott, zu einem widergöttlichen Prinzip, dass zu einem Dualismus führt, den es nicht geben darf.
Eine dritte Möglichkeit diesem Problem zu begegnen, besteht darin, es ungelöst zu lassen und sich ins Dunkel des Mysteriums zu flüchten, während man vom „unerklärlichen Geheimnis“ des Bösen spricht.
Diese umrissenen Möglichkeiten, mit dem Bösen als eine Macht außerhalb des Menschen umzugehen, die sich, Antagonismen gleich, unversöhnlich gegenüberstehen, treten innerhalb der Christenheit jedoch nur als scheinbare Gegensätze auf. Vielmehr sind sie als Teil der zur Geschichte geronnenen Entwicklung des christlichen Glaubens zu verstehen, als Stufen ihrer jahrtausende währenden theologischen Weiterentwicklung.
Gegenstand dieser Untersuchung ist, das Teufelsverständnis vom frühen Christentum an bis zur Zeit Luthers, dessen Wirken auch die Bedeutung des Teufels, zwar nicht revolutionierte, aber doch reformierte.
Ziel dieser Arbeit ist es, eine Darstellung dieser Entwicklung zu liefern, wobei der Schwerpunkt auf den theologischen Ort des Teufels bei Luther liegt, dem in der Schlussbetrachtung Aussagen zu dieser Thematik von Jesus Christus selbst gegenübergestellt werden.
Das innerhalb einer Weltreligion natürlicherweise Anachronismen auftreten und zu jeder Zeit konkurrierende Glaubenssätze um die Deutungshoheit ringen, ist unumstritten und muss in dieser Arbeit vernachlässigt werden, da eine dezidierte Darstellung derlei Disparitäten den Rahmen der Untersuchung sprengen würde.
Zu Beginn der Untersuchung wird der Sturz der Engel skizziert, wie ihn die Genesis und die Apokalypse des Johannes schildert. Im Anschluss wird der Einfluss des iranischen Parsismus` auf den christlich-jüdischen Jahweglauben dargestellt, dem die Weiterentwicklung des Satans im Alten Testament hin zur Personifizierung des Gottesschattens folgt. Die Auseinandersetzung zwischen dem Reich des Teufels und der Gemeinde Christi, die Eingang ins Neue Testament gefunden hat, schließt hieran an. Die hierauf folgende Darstellung der Glaubensnot gläubiger Christen im Mittelalter mündet schließlich in die Untersuchung der Teufelsvorstellungen Luthers, die das Motiv für die abschließende Schlussbetrachtung liefert: Das Wort Christi.
2 Die Entstehung des Teufels
Die Vorstellung vom Abfall eines Teils der Engel von Gott und der damit verbundenen Entstehung einer widergöttlichen Teufelsschar stammt nicht aus dem Alten Testament, wenngleich einige Bibelstellen später einer entsprechenden Lesart folgend gedeutet wurden. Vielmehr sind es die sog. apokryphen Schriften, die sich intensiv mit den gefallenen Engeln beschäftigen, mit deren Sünde und Einfluss auf die Menschen.[1]
„Apokryphen“ oder „Pseudepigraphen“ werden religiöse Texte genannt, die in den 200 Jahren vor und den 200 Jahren nach Christus im Umfeld jüdisch-christlicher Heilslehre im Umlauf waren, aber nicht in die offizielle Bibel aufgenommen wurden, obgleich zahlreiche weitere Testamente, Evangelien, Briefe usw. über diese hinaus existieren, die angeblich ebenfalls auf biblische Personen zurückgehen. Namentlich die vielen apokryphen Apokalypsen haben die späteren Teufelsvorstellungen tief beeinflusst, zumal sie an Fantastik oft sogar die „Geheime Offenbarung“ des Johannes übertreffen, den einzigen Text dieser Art, der Eingang in den biblischen Kanon gefunden hat.[2]
2.1 Der Engelssturz
Die Apokalypse des Johannes schildert den Kampf der bösen und guten Engel: „Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen“. Der Drache und seine Engel kämpften verbissen, konnten sich aber nicht halten und verloren ihren Sitz im Himmel: „Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen.“ (Offb. 12, 7–9)[3]
Die wenigen alttestamentlichen Hinweise auf den Sturz Satans bieten keine hinreichende Erklärung für die Ursache dieses Sturzes, so dass die Unklarheit hierüber eine Unzahl von Spekulationen zur Folge hatte, die in den besagten Apokryphen ihren Niederschlag fanden.
Zusammengefasst herrschten drei Hauptmeinungen über die Sünde der Engel vor, deren erste sich auf Gen. 6, 1–4 berief, wo von den Gottessöhnen die Rede ist, die sich mit den Töchtern der Menschen vermischt hätten. Demnach bestand die Sünde der Engel in sexueller Begierde.
Eine zweite Deutung der Engelssünde ging vom Bericht über die Erschaffung des Menschen als Ebenbild Gottes (Gen. 1, 26f.) aus. Der Oberste der Engel sei daraufhin vom Neid auf den ersten Menschen befallen worden und habe sich geweigert, diesen zu verehren. Häufig kombinierte man den Neid mit dem Hochmut, der dritten Deutung, der schon bald als die Ursünde des Teufels und seiner Anhänger schlechthin galt.
Stets wurde der Sündenfall der Engel auf einen Anstifter zurückgeführt. Dieser Luzifer (lat. „Lichtbringer“, Bezeichnung für den Planeten Venus oder Morgenstern), in den apokryphen Schriften auch Sathanel, Beliar oder Mastema genannt, verführte einen Teil der Engel zur Auflehnung. Nach seiner Vertreibung aus dem Himmel durch den Erzengel Michael wurde er zum Obersten der Teufel.[4]
2.2 Der Teufel in babylonischer Zeit
„Weder das Judentum noch das Christentum können den Anspruch für sich erheben, die Hölle sei ihrem Geist entsprungen“.[5]
„Im Westen ist kaum bekannt, welche Fülle mythischer Vorstellungen, die als integrale Bestandteile des Judentums und der aus ihm abgeleiteten Lehren Christi und Mohammeds gelten, auf die Visionen des frühzeitlichen Künders Zarathustra aus Baktrien zurückgeht. Während der babylonischen Gefangenschaft (586-538 v. Chr.)[6], als die Stämme Israels
– von Nebukadnezar an die Flüsse Mesopotamiens verschleppt – die dualistischen Vorstellungen der Zoroastrer entdeckten, verstärkte sich auch bei den Hebräern die Kunde vom ewigen Widerstreit zwischen Jahwe und Satan, zwischen Himmel und Hölle, kam bei ihnen der Begriff des Jüngsten Gerichts auf, das die Lämmer von den Böcken scheidet“.[7]
Im parsischen Dualismus aus der Zeit des Babylonischen Exils, setzte sich Angramaiju dem Ahuramazdao als selbständige Macht entgegen und ein Kampf entstand, der den Menschen, als Geschöpf Ahuramazdaos, zum Gegenstand hat. Dieser hat die Pflicht, dem Angramainju zu trotzen. Letztlich liegt in der Sünde Angramainjus die Ursache für Krankheit und Tod.[8]
Der Dualismus, den die Hebräer zur Zeit des Exils durch die Berührung mit den iranischen Vorstellungen kennen lernten, unterlag jedoch unter dem monotheistischen Prinzip einer Modifikation. Nach der Genesis ist der Ursprung des Bösen in den Menschen selbst gelegt, der vom Baume der Erkenntnis nicht essen soll. Seine Neigung wird zwar durch die Schlange angeregt, aber der Mensch selbst ist es, der sich verführen lässt und somit das Unheil auslöst. Das Motiv des Menschen ist der Neid, der in der Genesis aber noch keine Erwähnung findet. Erst im apokryphen Buch der Weisheit, aus der Zeit nach dem Exil, ist diese Theorie aufgenommen, die ebenso die gängige Erklärung für die Entstehung des Todes liefert.[9]
Auch im Parsismus fand der Neid als der Ursprung des Bösen in der Welt nach dem babylonischen Exil immer größere Bedeutung, so dass von einer wechselseitigen Beeinflussung der beiden Religionen ausgegangen werden kann.[10]
3 Der Teufel im Alten Testament
Bis zur Rückkehr ins Heilige Land setzte der althebräische Glaube alle Macht ausschließlich in Jahwe, dessen Gnade und Zorn sämtliche Umstände des Menschen bestimmten.
„Erfreut sich der Israelit seiner Gnade, so bringt diese auch äußeres Wohlergehen mit sich; hat er den göttlichen Zorn durch Sünde erregt, so muss er diesen in Leiden und Übeln büßen. So wie Glück und Heil letztlich Ausdruck der göttlichen Gnade sind, so bekommt der Unglückliche die strafende Hand Jahwes zu spüren, den göttlichen Grimm, den er durch Schuld auf sich geladen hat“.[11]
In der Zeit nach dem Babylonischen Exil verklärte sich das Bild Gottes zusehends und man bemühte sich, ihn nicht mehr mit dem Bösen in ursächlichen Zusammenhang zu bringen. Diese Entwicklung ging mit einer wachsenden Transzendenz Jahwes einher, dessen Aufenthaltsort mehr und mehr von der Erde in den Himmel verlegt wurde. An die Stelle der persönlichen Gegenwart Gottes, trat nun das Wort: „Durch das Wort wirkt er die Schöpfung (Gen 1, 3 ff), durch das Wort wird er offenbar. Jahwe wird gegenwärtig in seinem Wort, ganz besonders in seinem geschriebenen“.[12]
In den alttestamentarischen Schriften der nachexilischen Zeit tauchte erstmals die Figur des Satans im Christentum auf, dessen Name im Hebräischen Feind oder Widersacher bedeutet, was durchaus im profanen Sinn zu verstehen ist. In besonderer Weise aber bezeichnete Satan den Widersacher vor Gericht, den Ankläger.[13]
[...]
[1] Vgl. Stanford (2000), S. 88.
[2] Vgl. Dinzelbacher (1999), S. 14.
[3] Grübel (1992), S. 38.
[4] Vgl. Grübel (1992), S. 39f.
[5] Vorgrimler (1993), S. 32.
[6] Haag (1987), S. 192.
[7] Scholl-Latour (2002), S. 424f.
[8] Vgl. Haag (1987), S. 266.
[9] Vgl. Grübel (1992), S. 40f.
[10] Vgl. Grübel (1992), S. 41.
[11] Roskoff (1967), S. 186f.
[12] Haag (1987), S. 194f.
[13] Vgl. Haag (1987), S. 198.
- Quote paper
- Nils Prinz (Author), 2005, Die Entwicklung der Teufelsgestalt vom Babylonischen Exil bis Luther, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65005
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