Die Ureinwohner Australiens stellen den benachteiligsten Teil der australischen Gesellschaft dar und leben in einem Land der Ersten Welt teilweise unter Konditionen der Dritten Welt. Die Ursachen für diese massive Ungleichheit innerhalb der australischen Gesellschaft sind ebenso kontrovers wie vielfältig.
Sie bilden die Grundlage für anhaltende gesellschaftliche und politische Diskurse1 bezüglich des Umgangs Australiens mit seiner indigenen Bevölkerung und seiner Vergangenheit.
Während indigener Widerstand gegen kolonialen Einfluss bis in die frühe Kontaktphase nachvollzogen werden kann , erstarkte ihr politischer Aktivismus vor allem ab der Mitte des 20. Jahrhunderts und Aborigines traten in erheblichem Maße öffentlich für ihre Rechte ein. Bezeichnend für diese Phase war vor allem, dass indigene Schriftsteller stetig neue Medien in Anspruch nahmen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. In diesem Kontext nutzte der indigene Schriftsteller Kevin Gilbert 1968 mit seinem Drama The Cherry Pickers erstmals das Genre, welches der traditionellen indigenen Kultur am Ehesten entspricht: "Aboriginal culture contains all the dramatic elements that Westem theatre demands [ ... ]."2 Nationale und intemationale Aufmerksamkeit erfuhr das indigene Theater Australiens jedoch erst 1982 mit Jack Davis The Dreamers - zu dieser Zeit entstanden zunehmend viele erfolgreiche Produktionen ebenso wie die ersten Produktionsfirmen unter der Leitung von Aborigines.
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1 Der Diskursbegriff im Rahmen dieser Arbeit orientiert sich an die machtorientierte Verwendung bei Michel Foucault: ,,Diskurse sind Praktiken, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen." Foucault in Keller 2004: 45.
2 Saunders 1989: vii.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Das Leben der Aborigines in Australien
- 2.1 Indigene Kulturen
- 2.1.1 Aboriginal Dreaming
- 2.1.2 Präkontaktphase
- 2.1.3 Kontaktphase
- 2.2 Zeitgenössische gesellschaftliche Konfliktlinien
- 2.2.1 Konflikt zwischen Tradition und Moderne
- 2.2.2 Neuschreibung der australischen Geschichte
- 2.2.3 Aborigines und das australische Rechtssystem
- 2.2.4 Stolen Generations
- 2.2.5 Häusliche Gewalt und Drogenmissbrauch
- 2.2.6 Die Suche nach kultureller Identität
- 3 Indigenes Theater in Australien
- 3.1 Die Entdeckung einer neuen Gattung
- 3.1.1 Historischer Abriss
- 3.1.2 Produktionsfirmen
- 3.2.1.1 Ilbijerri (Melbourne)
- 3.2.1.2 Kooemba Jdarra (Brisbane)
- 3.2.1.3 Yirra Yaakin (Perth)
- 3.2 Christopher Balmes Theatrical Syncretism
- 4 Performative Darstellung indigener Lebensumstände
- 4.1 Jack Davis Dreamers und der Konflikt zwischen Tradition und Moderne
- 4.1.1 Jack Davis
- 4.1.2 The Dreamers - Inhaltliche Einführung
- 4.1.3 "We Have Survived"
- 4.2 Jack Davis No Sugar und die Neuschreibung der Geschichte Australiens
- 4.2.1 No Sugar - Inhaltliche Einführung
- 4.2.2 The Other Side of the Story
- 4.3 Julie Jansons Gunjies und das australische Rechtssystem
- 4.3.1 Julie Janson
- 4.3.2 Gunjies - Inhaltliche Einführung
- 4.3.3 "Haunted by the Past"
- 4.4 Jane Harrisons Stolen und die Stolen Generations
- 4.4.1 Jane Harrison
- 4.4.2 Stolen - Inhaltliche Einführung
- 4.4.3 "White Australia Has a Black History"
- 4.5 Tammy Andersons I Don't Wanna Play House und häusliche Gewalt / Alkohol
- 4.5.1 Tammy Anderson
- 4.5.2 I Don't Wanna Play House - Inhaltliche Einführung
- 4.5.3 "Sit Down and I'll Give You a Whizzie"
- 4.6 Tracey Rigneys Belonging und die Suche nach kultureller Identität
- 4.6.1 Tracey Rigney
- 4.6.2 Belonging - Inhaltliche Einführung
- 4.6.3 "I Wish I Was a Gubbah"
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Darstellung der Lebensumstände der Aborigines im zeitgenössischen indigenen Theater Australiens. Sie analysiert, wie die australischen Ureinwohner in Theaterproduktionen ihre Erfahrungen mit Kolonialismus, Diskriminierung und kultureller Unterdrückung verarbeiten und zur Geltung bringen.
- Die Lebensumstände der Aborigines in Australien
- Die Geschichte der indigenen Kultur und die Auswirkungen der Kolonialisierung
- Die Rolle des indigenen Theaters als Plattform für die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Gestaltung der Zukunft
- Die Auseinandersetzung mit zentralen Themen wie Tradition und Moderne, Stolen Generations, Rechtssystem und kulturelle Identität
- Die Analyse von konkreten Theaterstücken und deren Bedeutung im Kontext der indigenen Lebensrealität
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Lebenswelt der Aborigines in Australien, die sich mit der indigenen Kultur, der Geschichte der Kolonialisierung und den daraus resultierenden sozialen und kulturellen Problemen auseinandersetzt. Das zweite Kapitel beleuchtet das indigene Theater in Australien, seine Entstehung und Entwicklung sowie die Bedeutung von Theaterproduktionen für die Aufarbeitung der indigenen Geschichte und Gegenwart.
Im dritten Kapitel werden ausgewählte Theaterstücke analysiert, die sich mit den Lebensumständen der Aborigines auseinandersetzen. Hierbei werden die Themenbereiche Tradition und Moderne, die Neuschreibung der australischen Geschichte, das australische Rechtssystem, die Stolen Generations, häusliche Gewalt und die Suche nach kultureller Identität in den Vordergrund gestellt.
Schlüsselwörter
Indigenes Theater, Australien, Aborigines, Kolonialismus, Diskriminierung, Tradition und Moderne, Stolen Generations, Rechtssystem, kulturelle Identität, Theaterstücke, Analyse, performative Darstellung.
- Quote paper
- Björn Siemers (Author), 2006, Die Darstellung der Lebensweise der Aborigines im zeitgenössischen indigenen Theater Australiens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64927