Aus dem Erstgutachten von Prof. Dr. Guido Hiß (Ruhr-Universität Bochum) zur Magisterarbeit von Guido Böhm "Grüber - Marthaler - Stein. Drei Regisseure insznieren Goethes ´Faust´" :
"In seiner knappen, dennoch fundierten methodischen Vorbemerkung reflektiert der Verfasser insbesondere den Stellenwert des (klassischen) Dramas im Kontext seiner szenischen Realisierung.
Im plausiblen Gegensatz zu dogmatisierenden Positionen mancher Fachkollegen, die das Drama generell aus der Theaterwissenschaft verbannen wollen, reklamiert die Arbeit den Text als virulenten Punkt gerade auch ´postdramatischer´ Inszenierungen und behauptet, dezidiert gegen den Strich, eine besondere Kompetenz der Theaterwissenschaft für die Texte. Geschult durch ihre in vielen Inszenierungen ausgewiesene Offenheit entgehen wir demnach der philologischen Falle exegetischer Vereindeutigung. Das drückt sich vor allem auch mit Blick auf ihre rezeptionsgeschichtliche Verordnung aus. ´Wie der dramatische Text einer Aufführung als sprachliche Vorlage dient, macht eine Aufführung ebenso eine Aussage über den gegenwärtigen Stand ihres Primärtextes.´
Entsprechend verfolgt die Studie einen doppelten Fokus. Drei im Titel schon genannte prominente "Faust"-Inszenierungen vertreten drei Dekaden der szenischen Stoff-Aneignung, höchst unterschiedliche zumal. Die Arbeit untersucht sie zugleich als exemplarische Beiträge zum Regietheater der Gegenwart und als Belege für die heutige "Faust"-Rezeption. Es ist dem Verf. hoch anzurechnen, dass er hierfür nicht eine starre Analyseschablone entwickelt, sondern flexibel auf die Besonderheiten der jeweiligen Inszenierung eingeht. [...] Dies ist eine intelligente, engagierte und gut geschriebene Arbeit, die es mit klarem Blick auf das Wesentliche vermag, ihre Leser für die divergierenden Inszenierungen zu interessieren."
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung - Das Faust-Drama als wissenschaftlicher Gegenstand und auf der Bühne
- Die Inszenierungen
- Klaus Michael Grüber inszeniert Faust
- Zur Person
- Die Aufführung
- Form
- Reduktion und Langsamkeit
- Minettis Faust
- a) Die Einsamkeit des Gelehrten
- b) Minettis Beitrag
- Goethes Tod
- Nebenfiguren
- a) Mephisto
- b) Gretchen
- Vorhang
- Christoph Marthaler inszeniert Goethes Faust √1+2
- Ratloses Erschrecken
- Figuren ?
- Die Faust-Anstalt
- Traumdeutung
- 1. Somatische Traumquellen
- 2. Rezente Traumquellen
- 3. Infantile Traumquellen
- Christoph Marthaler
- Musikalischer Ausklang
- Peter Stein inszeniert Faust I+II
- Zur Person Peter Stein
- Das Konzept
- Das Projekt
- Öffentliche Interaktion
- Die Aufführung - Steins Faust-Analyse
- Schauspiel contra Texttheater
- Bühnen - Raumfindung - Bildfindung
- Schluß
- Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert drei verschiedene Inszenierungen von Goethes Faust, die von Klaus Michael Grüber, Christoph Marthaler und Peter Stein realisiert wurden. Im Fokus steht die Interpretation des Faust-Dramas im Kontext der jeweiligen Regieeinstellungen und ihrer spezifischen künstlerischen Herangehensweisen. Die Arbeit untersucht, wie die Regisseure das klassische Werk neu interpretieren und welche individuellen Aspekte des Dramas sie in den Vordergrund stellen.
- Das Faust-Drama als wissenschaftlicher Gegenstand und auf der Bühne
- Die Inszenierungskonzepte der drei Regisseure: Grüber, Marthaler und Stein
- Die Interpretation von Goethes Faust im Kontext der jeweiligen Regieeinstellungen
- Die spezifischen künstlerischen Herangehensweisen der Regisseure
- Die Bedeutung von Form und Inhalt in den Inszenierungen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung - Das Faust-Drama als wissenschaftlicher Gegenstand und auf der Bühne
Die Einleitung erläutert die Bedeutung von Goethes Faust für die deutsche Literaturgeschichte und beleuchtet die Rezeption des Werkes im Laufe der Zeit. Es wird untersucht, wie das Faust-Drama als ein kulturelles Phänomen verstanden werden kann und welche Bedeutung es für die Theatergeschichte besitzt.
Klaus Michael Grüber inszeniert Faust
Dieses Kapitel analysiert Grübers Inszenierung von Faust, die durch Reduktion und Langsamkeit gekennzeichnet ist. Es werden Grübers künstlerische Prinzipien sowie seine Interpretation des Faust-Dramas beleuchtet. Besonderes Augenmerk wird auf die Rolle von Minettis Faust und die Gestaltung der Nebenfiguren wie Mephisto und Gretchen gelegt.
Christoph Marthaler inszeniert Goethes Faust √1+2
Marthalers Inszenierung wird im Hinblick auf ihre Traumdeutung und die Gestaltung der Figuren und ihrer Beziehungen analysiert. Der Fokus liegt auf der Suche nach der Bedeutung von Fausts Handeln und seinem Verhältnis zu Mephisto. Zudem wird der Einfluss von Marthalers eigenem künstlerischem Schaffen auf seine Interpretation des Faust-Dramas betrachtet.
Peter Stein inszeniert Faust I+II
Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit Steins Inszenierung von Faust. Hier werden die konzeptionellen Grundlagen der Inszenierung beleuchtet und Steins Interpretation des Werkes im Hinblick auf seine Analyse des Dramas untersucht. Es wird auf die Rolle des Publikums und die Interaktion mit der Inszenierung sowie auf die Bühnenbildgestaltung und Raumfindung eingegangen.
Schlüsselwörter
Goethes Faust, Inszenierung, Regisseure, Klaus Michael Grüber, Christoph Marthaler, Peter Stein, Interpretation, Reduktion, Langsamkeit, Traumdeutung, Figuren, Beziehungen, Bühnenbild, Raumfindung, Interaktion, Publikum.
- Quote paper
- Guido Böhm (Author), 2003, Grüber, Marthaler, Stein: Drei Regisseure inszenieren Goethes Faust, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64812