Die Tobin-Steuer wird in der aktuellen politischen Diskussion oft als ordnungspolitisches Instrument zur Begrenzung der negativen Effekte von Devisenspekulationen genannt. Allerdings zielen die meisten Vorschläge auch auf die dabei möglichen Einnahmeeffekte etwa zur Finanzierung der Entwicklungshilfe ab. Dabei wird der Stand der wissenschaftlichen Diskussion zur Wirksamkeit der Tobinsteuer für die Begrenzung von Wechselkursschwankungen wenig beachtet oder ignoriert.
Zentrale These ist eine Verneinung der Wirksamkeit der Tobinsteuer zur Beeinflussung der Volatilität der Devisenmärkte. Die Arbeit stellt wesentliche Ergebnisse dieser Diskussion um die Wirksamkeit einer Tobin-Steuer zur Eindämmung von Finanzspekulationen dar. Hierzu werden im ersten Teil die Rolle der Spekulation am Kapitalmarkt sowie das grundsätzliche Konzept der Tobin-Steuer kurz erläutert, um dann im zweiten Teil der Arbeit die Diskussion der Wirksamkeit dieses Konzeptes bzw. davon abgeleiteter Konzepte in der Literatur darzustellen und im Hinblick auf die These zu werten.
Gliederung
1 These
2 Einleitung
3 Die Spekulation an den Finanzmärkten und die Tobin-Steuer
3.1 Die Spekulation an den Finanzmärkten
3.2 Das Konzept der Tobin-Steuer
4 Diskussion zur Wirksamkeit der Tobin-Steuer
4.1 Diskutierte Probleme der Tobin-Steuer
4.2 Methodische Ansätze in der wissenschaftlichen Diskussion
4.3 Empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit
4.4 Machbarkeitsstudien zur technischen Umsetzbarkeit
5 Zusammenfassung und Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 These
Die Tobin-Steuer wird in der aktuellen politischen Diskussion oft als ordnungspolitisches Instrument zur Begrenzung der negativen Effekte von Devisenspekulationen genannt. Allerdings zielen die meisten Vorschläge auch auf die dabei möglichen Einnahmeeffekte etwa zur Finanzierung der Entwicklungshilfe ab. Dabei wird der Stand der wissenschaftlichen Diskussion zur Wirksamkeit der Tobinsteuer für die Begrenzung von Wechselkursschwankungen wenig beachtet oder ignoriert.
Zentrale These der vorliegenden Arbeit ist eine Verneinung der Wirksamkeit der Tobinsteuer zur Beeinflussung der Volatilität der Devisenmärkte.
2 Einleitung
Das Volumen der täglichen Devisentransaktionen betrug 2004 über 1800 Milliarden US$[1] (siehe Abbildung 1). Von diesen täglichen Transaktionen haben mindestens 80% eine Laufzeit von weniger als 7 Tagen[2] und dienen vorrangig spekulativen Zwecken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Volumen der täglichen Devisentransaktionen weltweit, rapider Anstieg von 1989 bis 2004 (Quelle: Spratt 2005, S. 17)
Die Devisenspekulation wird für zunehmende Instabilitäten der Finanzmärkte und negative Effekte auf Volkswirtschaften etwa durch Währungskrisen verantwortlich gemacht.[3]
Als ordnungspolitisches Instrument zur Reduktion dieser Finanzspekulationen wird die Einführung einer Tobin-Steuer, eine Devisenumsatzsteuer auf alle Geldwechselgeschäfte, vorgeschlagen und diskutiert. So ist die Tobin-Steuer ein zentrales Konzept der Globalisierungsgegner, aber auch zum Beispiel europäischer Politiker geworden. Im europäischen Parlament verfehlte eine Initiative hierzu 2000 die Mehrheit nur um wenige Stimmen.[4]
Zur Wirksamkeit dieser Steuer, die bereits 1972 von James Tobin[5] vorgeschlagen wurde, sind in den letzten Jahren zahlreiche wissenschaftliche Studien erstellt worden. Basierend auf der Idee einer Begrenzung der Volatilität der Devisenmärkte durch ein konstante, niedrige Transaktionssteuer wurden verschiedene Konzepte zur Eindämmung kurzfristiger Spekulationsgeschäfte durch Erhöhung der Transaktionskosten entwickelt und diskutiert.[6]
Die vorliegende Arbeit soll die wesentlichen Ergebnisse dieser Diskussion um die Wirksamkeit einer Tobin-Steuer zur Eindämmung von Finanzspekulationen darstellen. Hierzu werden im ersten Teil die Rolle der Spekulation am Kapitalmarkt sowie das grundsätzliche Konzept der Tobin-Steuer kurz erläutert, um dann im zweiten Teil der Arbeit die Diskussion der Wirksamkeit dieses Konzeptes bzw. davon abgeleiteter Konzepte in der Literatur darzustellen und im Hinblick auf die These zu werten.
3 Die Spekulation an den Finanzmärkten und die Tobin-Steuer
Die Tobin-Steuer wurde 1972 von James Tobin (1918-2002), Nobelpreisträger für Wirtschaft, während seiner Janeway Lectures an der Princeton University vorgeschlagen[7] und später in seinem Aufsatz „A Proposal for International Monetary Reform“[8] beschrieben. Es zielt auf die Eindämmung von Finanzspekulationen mit ihren destabilisierenden Folgen für die Finanzmärkte.
3.1 Die Spekulation an den Finanzmärkten
Felsenheimer[9] unterteilt die Motive des Handelns an den Finanzmärkten aus Sicht der Marktteilnehmer in drei Gruppen: Arbitage, Hedging und Spekulation.[10] Mit dem Begriff der Spekulation werden gemeinhin Tätigkeiten an Kapitalmärkten beschrieben, die ausschließlich auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet sind und für die offene, nicht abgesicherte Positionen eingegangen werden.[11]
Für eine stabilisierende oder destabilisierende Wirkung der Spekulation werden von den Streitparteien verschiedene Argumente ins Feld geführt:
- Die Fürsprecher einer stabilisierenden Wirkung von Spekulation gehen von einer Erhöhung der Informationseffizienz der Märkte durch schnelle Umsetzung neuer Informationen im Markt und seine Preisentwicklung aus. Ein zentrales Argument der Spekulationsbefürworter besteht darin, dass destabilisierende Spekulation Käufe bei hohen Kursen und Verkäufe bei niedrigen Kursen voraussetzen würde.[12] Dies wäre unrentabel und würde destabilisierende Spekulation eliminieren.
- Die destabilisierende Wirkung der Spekulation wird von der anderen Seite auf das nicht Vorhandensein von Informationseffizienz bei allen beteiligten Marktteilnehmern zurückgeführt. In diesem Falle könnten destabilisierende Spekulationen durchaus gewinnbringend sein. Auch können Verluste durch Akteure in einem lokalen Markt durchaus bewusst in Kauf genommen werden, um in anderen Märkten Gewinne zu erzielen.[13] Des Weiteren werden Handelsstrategien zur Begründung herangezogen, die nicht auf fundamentalen Marktdaten sondern auf markttechnischen Signalen (Charttechnik) fußen.[14]
Aus theoretischer Sicht kann die Frage, ob Spekulation destabilisierend auf die Finanzmärkte wirkt, nicht eindeutig geklärt werden. Felsenheimer schreibt dazu[15]:
„Vor allem kurzfristige Kursentwicklungen sind (dabei) stark von dem Verhalten der Marktteilnehmer abhängig und weniger auf die Veränderung fundamentaler Daten zurückzuführen...
…Allein das Auftreten von Finanzkrisen zeigt, dass die Funktion und Effizienz von Kapitalmärkten und insbesondere Devisenmärkten kurzfristig zu bezweifeln ist.“
[...]
[1] Spratt 2005, S.17
[2] Wahl, Waldow 2001, S.5
[3] Wahl, Waldow 2002, S. 40
[4] Wahl, Waldow 2001, S.4
[5] Tobin, J. 1974
[6] etwa eine zweistufige Besteuerung von P.B. Spahn (Spahn 2002) oder eine flexible Transaktionssteuer von Felsenheimer (Felsenheimer 2001)
[7] Tobin 1974
[8] Tobin 1978
[9] Felsenheimer 2001, S.37
[10] Arbitrage bezeichnet die Ausnutzung geringer Wechselkurzschwankungen zur Gewinnerzielung und erhöht durch Angleichung der Preise die Effizienz der Märkte. Hedging bezeichnet Finanzgeschäfte zur Absicherung von Transaktionen wie zum Beispiel Wechselkursschwankungen und dient individuellen Investoren zur Risikominimierung. siehe Felsenheimer 2001, S.37
[11] Felsenheimer 2001, S.37
[12] Friedmann 1953; wie in Felsenheimer 2001 dargestellt setzt dies voraus, dass sich der Kurs um einen fundamental gerechtfertigten Wert bewegt und nur kurzfristig abweicht. Auch müssten alle Markteilnehmer über dieselben Informationen verfügen.
[13] Ein Beispiel hierfür sind derivate Finanzinstrumente zur Absicherung von Devisenmarkttransaktionen als inter-marktlicher Risikotransfer.
[14] Siehe hierzu Felsenheimer 2001, S.38ff.
[15] Felsenheimer 2001, S. 42
- Arbeit zitieren
- Inga Schirrmann (Autor:in), 2006, Die Tobin-Steuer - Stand der Diskussion zur Wirksamkeit als Instrument zur Eindämmung von Finanzspekulationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64612
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