Die Gemeinwesenarbeit hat die bundesrepublikanische Sozialarbeit der letzten Jahrzehnte geprägt. Von den Konzepten des bürgerschaftlichen Engagements, des Empowerments, der lokalen Agenda 21 bis zu Sozialraumbudgets, insbesondere für Hilfen zur Erziehung, nach § 27 SGB VIII in der Kinder- und Jugendhilfe, sind die GWA-Ansätze zu finden. Jedoch hat die Gemeinwesenarbeit keine wirkliche Tradition in Deutschland. Die zwei bedeutsamsten Projekte waren nach der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts die Hamburger Volksheime und die SAG Ost in Berlin. Diese Projekte blieben jedoch einzigartig und hatten kaum Einfluss auf den später einsetzenden Theoriediskurs in Deutschland. Die geistigen Väter und Mütter der deutschen Projekte wirkten in Großbritannien, den USA und Kanada. Hier entwickelten sich bereits in den 70er Jahre des 19. Jahrhunderts Projekte die unter Settlementbewegung zusammengefasst werden.
In Großbritannien setzte die Industrialisierung zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu erst ein. Die dadurch entstandenen sozialen Probleme für die proletarische Unterschicht, welche als „Soziale Frage“ bezeichnet wird, lies auch einige Vertreter der Mittel- und Oberschicht nicht unberührt. Diese Verelendung des Proletariats und die Spaltung der Industriegesellschaft beschäftigte Wissenschaftler wie John F.D. Maurice und Arnold Toynbee. Sie vertraten jedoch kein klassenkämpferisches Konzept wie es Karl Marx und Friedrich Engels entwickelten, sondern appellierten an die christliche Nächstenliebe und den Verzicht auf das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte, welche für das Elend mitverantwortlich waren. Insbesondere die Ignoranz und Tatenlosigkeit der Oberschicht, im Bezug auf diese gesellschaftliche Misere, lies sie zum Handeln übergehen. Zu Beginn taten die jungen Professoren dass was sie am Besten konnten. Sie veranstalteten öffentliche Vorlesungen in den Armenvierteln und wollten das bis dahin gehütete Wissen der Oberschicht an die Unterprivilegierten weitergeben, in der Hoffnung dies könnte zu einer Emanzipation des Proletariats führen.
Inhaltsverzeichnis
- Settlementbewegung
- „Toynbee Hall“ und „Hull House“
- Settlement-Projekte in Deutschland
- Hamburger Volksheime
- Soziale Arbeitsgemeinschaft Ost (Berlin)
- Neubeginn und Gemeinwesenarbeit als Dritte Methode
- GWA Mehr als die Dritten Methode
- Stadtteilbezogene Soziale Arbeit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Referat befasst sich mit der Geschichte der professionellen Gemeinwesenarbeit und betrachtet die Entwicklung dieser sozialen Arbeitsform. Es untersucht die Entstehung der Gemeinwesenarbeit im Kontext der Industrialisierung und der „Sozialen Frage“ und beleuchtet die frühen Projekte der Settlementbewegung in Großbritannien und den USA. Zudem geht das Referat auf die deutschen Projekte, wie die Hamburger Volksheime und die Soziale Arbeitsgemeinschaft Ost, ein und analysiert deren Rolle in der Entwicklung der Gemeinwesenarbeit in Deutschland.
- Entstehung und Entwicklung der Gemeinwesenarbeit
- Die Settlementbewegung als Vorläufer der Gemeinwesenarbeit
- Die „Soziale Frage“ und die Herausforderungen der Industrialisierung
- Die Rolle von bürgerlichem Engagement und Klassenversöhnung
- Die Bedeutung der Arbeit mit Jugendlichen und der Vermittlung bürgerlicher Werte
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Settlementbewegung, die im späten 19. Jahrhundert als Reaktion auf die sozialen Missstände der Industrialisierung entstand. Es werden die beiden wichtigsten Projekte, „Toynbee Hall“ in London und „Hull House“ in Chicago, vorgestellt und deren Ansätze zur Klassenversöhnung, zur Bewusstseinsveränderung der Mittelschicht und zur Hilfe für die Armen erläutert. Das Kapitel beleuchtet auch die Rolle der Studenten als zukünftige Verantwortungsträger und Bindeglieder zwischen den Klassen.
Das zweite Kapitel widmet sich den Settlement-Projekten in Deutschland, insbesondere den Hamburger Volksheimen. Es wird der Einfluss von „Toynbee Hall“ auf die Entstehung dieser Projekte beschrieben und die Unterschiede zum angloamerikanischen Modell herausgestellt. Das Kapitel beleuchtet die Ziele der Klassenversöhnung und die Arbeit mit Jugendlichen, die von den Initiatoren des Hamburger Volksheims verfolgt wurden.
Schlüsselwörter
Gemeinwesenarbeit, Settlementbewegung, „Toynbee Hall“, „Hull House“, Hamburger Volksheime, Klassenversöhnung, bürgerliches Engagement, Soziale Frage, Industrialisierung, Jugendhilfe, Empowerment, lokale Agenda 21, Sozialraumbudgets, § 27 SGB VIII.
- Quote paper
- Eric Schley (Author), 2006, Geschichte der professionellen Gemeinwesenarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64524