Der Begriff "Realismus" ist, bezogen auf die Kinder- und Jugendliteratur, keine Epochenbezeichnung, sondern die Bezeichnung für eine Stilrichtung, "in der es bei Themenauswahl und Darstellungsweise um ein möglichst genaues Treffen der tagtäglichen Probleme von Kindern und /oder Jugendlichen geht." (Karst, S. 135) Realismus im engen Sinn ist für eine bestimmte Art der Erzählliteratur charakteristisch: die realistische Kindergeschichte (Umweltgeschichte) und den realistischen Jugendroman (psychologisch-emanzipatorisch). Beide Formen sind seit dem 19. Jahrhundert bekannt und zeitweise auch richtungsgebend für die Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur. Es geht um die literarische Entdeckung der kindlichen realen Umwelt und auch um die schon bald sichtbar werdenden sozialen Probleme. Es geht um die Darstellung der nahen Lebenswelt des Kindes. Demnach sind die klassischen Themen: Konflikte innerhalb der Familie/Generationskonflikte, Schulsituation, Außenseitertum und Gemeinschaft der Gleichaltrigen (näheres dazu und weitere Themen siehe Punkt 3.)Der Realismus taucht sowohl in Mädchenbüchern, Sachbüchern, Adoleszenzromanen und auch in der zeitgeschichtlichen und politischen Jugendliteratur auf. Er wird authentisiert durch dokumentarische Darstellungsweisen und durch den Gebrauch der wirklichkeitsgetreuen Sprache der Jugendliche wie Umgangssprache und Slang (dies ist aber erst in der neueren Kinder- und Jugendliteratur der Fall).
Die realistischen Kindergeschichten greifen besonders Themen aus dem nahen Lebenskreis des Kindes auf wie Elternhaus, Schule und Freundschaft. Die kindlichen Protagonisten der Geschichten agieren selbst als Handelnde und sollen als Identifikationsfiguren fungieren.
Realistische Kindergeschichten sollen dem Kind Hilfestellung bei der Bewältigung seiner Umwelt geben, indem die Realität mit all ihren Problemen und Konflikten aufgezeigt wird. Da die Kinderfiguren "Umweltabenteuer" (Marquard, S. 76) bestehen spricht man auch von "Umweltgeschichten".
Realistische Kinderbücher sind während der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden. In diesen Büchern soll die "reale" Umwelt des Kindes gezeigt und kritisiert, also aufgedeckt werden. Im Gegensatz zur vorherigen Idyllisierung der Kinderwelt und Idealisierung des Kindheitsbildes in der Kinderliteratur, dessen literarische Welt in keinster Weise mit der realen Welt der Kinder damals entsprach, hatten die Bücher im Zuge der Jahrhundertwende nun einen sozialkritischen Anspruch.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Was ist ein realistisches Kinder- und Jugendbuch? (Definition des Begriffs „Realismus“)
- 1.1 Die realistischen Kindergeschichten
- 1.2 Das realistische Jugendbuch
- 2. Das realistische Kinder- und Jugendbuch im Wandel der Zeit
- 2.1 Realismus vor der Weimarer Republik (19. Jahrhundert) und während der NS-Zeit
- 2.2 Realismus nach dem Zweiten Weltkrieg/Realismus in den 60er und 70er Jahren
- 2.3 Realismus ab den 80er Jahren bis heute
- 3. Themen, Motive und ihre Bedeutung
- 3.1 Themenbereiche und Motive
- 3.2 Intentionen
- 3.3 Wirkung und Funktion von realistischer Kinder- und Jugendliteratur
- 4. Fazit/Bewertende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Begriff des Realismus in der Kinder- und Jugendliteratur. Ziel ist es, die Entwicklung und die charakteristischen Merkmale realistischer Kinder- und Jugendbücher über verschiedene Epochen hinweg zu analysieren. Der Fokus liegt auf der Darstellung der realen Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, den behandelten Themen und deren Bedeutung für die Leser.
- Definition und Entwicklung des Realismus in der Kinder- und Jugendliteratur
- Der Wandel des Realismus in verschiedenen Epochen (vor und nach dem Zweiten Weltkrieg)
- Häufige Themen und Motive in realistischen Kinder- und Jugendbüchern
- Die Wirkung und Funktion realistischer Kinder- und Jugendliteratur
- Bedeutung von realistischen Kinder- und Jugendbüchern für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Was ist ein realistisches Kinder- und Jugendbuch? (Definition des Begriffs „Realismus“): Der Begriff „Realismus“ in der Kinder- und Jugendliteratur bezeichnet keine Epoche, sondern einen Stil, der sich durch die realitätsnahe Darstellung der alltäglichen Probleme von Kindern und Jugendlichen auszeichnet. Er umfasst realistische Kindergeschichten (Umweltgeschichten) und realistische Jugendromane (psychologisch-emanzipatorisch). Die Arbeit betont die Darstellung der nahen Lebenswelt des Kindes, mit klassischen Themen wie Familienkonflikten, Schulalltag, Außenseitertum und Peer-Groups. Authentizität wird durch dokumentarische Darstellungsweisen und realistische Sprache erreicht. Realistische Kindergeschichten fokussieren auf das unmittelbare Umfeld des Kindes (Elternhaus, Schule, Freundschaft) und bieten Identifikationsfiguren für die Bewältigung von Umweltproblemen. Die Entstehung dieser Bücher an der Jahrhundertwende wird mit einem sozialkritischen Anspruch in Verbindung gebracht, der im Gegensatz zur vorherigen Idealisierung der Kinderwelt steht, wobei die Subjektivität der Autoren betont wird.
1.1 Die realistischen Kindergeschichten: Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Arten realistischer Kindergeschichten. "Reihengeschichten" zeichnen sich durch kurze, räumlich oder zeitlich begrenzte Erzähleinheiten aus, die durch den gleichen Schauplatz oder die gleichen Figuren verbunden sind (z.B. Anna und Susanna). "Reisegeschichten" zeigen eine unbekannte Umwelt, die im Laufe der Handlung erkundet wird, bevor die Protagonisten in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren. Im Gegensatz dazu zeigen "Dorf- und Stadtgeschichten" kleine Konflikte, die sich aus Begegnungen mit Menschen ergeben, anstatt aus Umweltfaktoren. Die Arbeit hebt die Anpassung der Geschichten an die Lesefähigkeit von sechs- bis achtjährigen Kindern hervor.
2. Das realistische Kinder- und Jugendbuch im Wandel der Zeit: Dieses Kapitel wird die Entwicklung des realistischen Kinder- und Jugendbuchs über verschiedene historische Perioden hinweg untersuchen. Es wird die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Realismus vor der Weimarer Republik, während der NS-Zeit, nach dem Zweiten Weltkrieg und in den folgenden Jahrzehnten analysieren. Dabei wird sich mit den gesellschaftlichen Veränderungen und ihren Auswirkungen auf die literarische Darstellung der Kinder- und Jugendwelt auseinandergesetzt. Es werden die spezifischen Themen und Stilmittel der jeweiligen Epochen beschrieben und analysiert.
3. Themen, Motive und ihre Bedeutung: Dieses Kapitel wird die zentralen Themen und Motive in realistischer Kinder- und Jugendliteratur erörtern. Es wird die Intentionen der Autoren beleuchten und die Wirkung und Funktion solcher Literatur auf die jungen Leser analysieren. Das Kapitel wird untersuchen, wie diese Bücher zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beitragen und welche gesellschaftlichen Aspekte sie reflektieren. Die Analyse wird die Bedeutung der Themen für die Leser sowie deren Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung der Kindheit und Jugend beleuchten.
Schlüsselwörter
Realismus, Kinder- und Jugendliteratur, Umweltgeschichte, Jugendroman, Familienkonflikte, Schule, Außenseitertum, Sozialkritik, Identifikationsfiguren, Entwicklung, Epochenvergleich, Wirkung, Funktion.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu "Realismus in der Kinder- und Jugendliteratur"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Realismus in der Kinder- und Jugendliteratur. Sie untersucht die Entwicklung und die charakteristischen Merkmale realistischer Kinder- und Jugendbücher über verschiedene Epochen hinweg, mit Fokus auf die Darstellung der realen Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, den behandelten Themen und deren Bedeutung für die Leser.
Was wird unter "Realismus" in der Kinder- und Jugendliteratur verstanden?
„Realismus“ bezeichnet keinen bestimmten Zeitraum, sondern einen Stil, der die alltäglichen Probleme von Kindern und Jugendlichen realitätsnah darstellt. Es umfasst realistische Kindergeschichten (Umweltgeschichten) und realistische Jugendromane (psychologisch-emanzipatorisch), die die nahe Lebenswelt des Kindes (Familie, Schule, Freundschaften) abbilden und Identifikationsfiguren für die Bewältigung von Problemen bieten.
Welche Epochen werden im Hinblick auf den Realismus in der Kinder- und Jugendliteratur betrachtet?
Die Arbeit untersucht den Realismus in verschiedenen Epochen: vor der Weimarer Republik (19. Jahrhundert), während der NS-Zeit, nach dem Zweiten Weltkrieg, in den 60er und 70er Jahren und ab den 80er Jahren bis heute. Es werden die gesellschaftlichen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die literarische Darstellung der Kinder- und Jugendwelt analysiert.
Welche Arten realistischer Kindergeschichten werden unterschieden?
Die Arbeit unterscheidet verschiedene Arten realistischer Kindergeschichten: "Reihengeschichten" (mit wiederkehrenden Schauplätzen und Figuren), "Reisegeschichten" (mit der Erkundung unbekannter Umgebungen) und "Dorf- und Stadtgeschichten" (mit Konflikten aus Begegnungen mit Menschen).
Welche Themen und Motive werden in realistischer Kinder- und Jugendliteratur behandelt?
Häufige Themen und Motive sind Familienkonflikte, Schulalltag, Außenseitertum, Peer-Groups. Die Arbeit beleuchtet die Intentionen der Autoren und analysiert die Wirkung und Funktion dieser Literatur auf junge Leser, ihren Beitrag zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und die Reflexion gesellschaftlicher Aspekte.
Welche Bedeutung haben realistische Kinder- und Jugendbücher für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen?
Die Arbeit untersucht, wie realistische Kinder- und Jugendbücher zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beitragen und welche gesellschaftlichen Aspekte sie reflektieren. Die Analyse beleuchtet die Bedeutung der Themen für die Leser und deren Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung der Kindheit und Jugend.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Realismus, Kinder- und Jugendliteratur, Umweltgeschichte, Jugendroman, Familienkonflikte, Schule, Außenseitertum, Sozialkritik, Identifikationsfiguren, Entwicklung, Epochenvergleich, Wirkung, Funktion.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit enthält ein Inhaltsverzeichnis, eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten, Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel und Schlüsselwörter. Die Kapitel behandeln die Definition des Realismus, dessen Wandel über die Zeit, die wichtigsten Themen und Motive sowie ein abschließendes Fazit.
- Quote paper
- Tanja Kargl (Author), 2001, Realistische Kinder- und Jugendliteratur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6449