Die "Zweite Unzeitgemäße Betrachtung" gehört zu den wichtigsten philosophischen Texten des späten 19. Jahrhunderts. In dem Essay wendet sich Nietzsche gegen die Vorherrschaft des Historismus in den intellektuellen Auseinandersetzungen seiner Zeit. In einer sehr anschaulichen Sprache zeigt er, wie ein"Übermaß an Geschichte" die Handlungsfähigkeit der Menschen lähmen kann. Nietzsches Überlegungen, die auch den Zusammenhang von Geschichtsinterpretation und Macht ausleuchten, waren für die weitere Philosophie äußerst einflussreich und haben zum Beispiel deutliche Spuren in den Werken von Michel Foucault hinterlassen.
Mein Text gibt einen knappen Überblick über Nietzsches wesentliche Argumente. Zahlreiche Zitate (mit Quellenangabe nach der Standard-Nietzsche-Ausgabe) vermitteln einen guten Eindruck von Nietzsches Ideen und motivieren zu einer genaueren Lektüre des Originals.
Inhaltsverzeichnis
- Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben
- Das Vergessen und die Geschichte
- Die drei Arten der Historie
- Die Geschichte als Wissenschaft und ihre Folgen
- Persönlichkeitsschwäche des modernen Menschen
- Methodologie der Geschichtswissenschaften
- Die Wirkung der historischen Denkweise
- Die historische Bildung und ihre Auswirkungen
- Kritik an der hegelschen Geschichtsauffassung
- Die historische Bildung als Erziehungsproblem
- Die Griechen und die Überhistorisierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Friedrich Nietzsche kritisiert in seiner zweiten Unzeitgemäßen Betrachtung „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“ die Überbewertung der Geschichte in den Geisteswissenschaften. Er argumentiert, dass die Geschichte dem Leben dienen soll, nicht umgekehrt. Die übermäßige Beschäftigung mit der Vergangenheit schwächt seiner Ansicht nach das Leben und behindert die Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft.
- Die Bedeutung des Vergessens für das menschliche Glück
- Die drei Arten der Historie: monumentalisch, antiquarisch und kritisch
- Die Folgen der Verwissenschaftlichung der Geschichte
- Kritik an der modernen historischen Bildung und ihren Auswirkungen auf die Persönlichkeit
- Die Rolle der Kunst und Religion als Gegenmittel gegen die Überhistorisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Teil der Betrachtung beleuchtet Nietzsche die Bedeutung des Vergessens für das menschliche Leben und stellt drei Arten der Historie gegenüber: die monumentalische, die antiquarische und die kritische. Er argumentiert, dass die monumentalische Historie dem Leben zwar nutzen kann, jedoch die Vergangenheit verfälscht, während die antiquarische Betrachtung die Gegenwart konserviert und keine Veränderung hervorbringt. Nur die kritische Betrachtung, die die Vergangenheit verurteilt, fördert laut Nietzsche die Entwicklung des Lebens.
Im zweiten Teil der Betrachtung kritisiert Nietzsche die Verwissenschaftlichung der Geschichte und ihre Folgen für den modernen Menschen. Die übermäßige Beschäftigung mit der Vergangenheit führe zu einer Persönlichkeitsschwäche und einer Unfähigkeit, sich für die Gegenwart zu engagieren. Nietzsche sieht in der modernen Bildung ein Übermaß an historischem Wissen, das dem Leben schadet und die plastische Kraft des Lebens schwächt.
Im dritten Teil der Betrachtung befasst sich Nietzsche mit der Methodologie der Geschichtswissenschaften und kritisiert die Suche nach allgemeinen Gesetzen in der Geschichte. Er argumentiert, dass die Geschichte nicht nur die Vergangenheit beleuchten soll, sondern auch die Gegenwart befruchten und die Zukunft inspirieren sollte.
Im vierten Teil der Betrachtung geht Nietzsche auf die Auswirkungen der historischen Bildung auf die menschliche Existenz ein. Er argumentiert, dass die übermäßige Beschäftigung mit der Vergangenheit zu einer endzeitlichen Weltsicht und einem Pessimismus gegenüber der Zukunft führt. Nietzsche kritisiert die hegelsche Geschichtsauffassung und ihre Verherrlichung der Vergangenheit.
Im letzten Teil der Betrachtung betrachtet Nietzsche die historische Bildung als ein Erziehungsproblem. Er argumentiert, dass die Jugend zu viel mit historischem Wissen beladen wird, während wahre Kultur aus dem Leben selbst entstehen soll. Er verweist auf die Griechen, die durch Besinnung auf sich selbst eine Kultur erreicht haben, in der Leben, Denken, Scheinen und Wollen in Einklang standen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der zweiten Unzeitgemäßen Betrachtung von Nietzsche sind die Bedeutung des Vergessens, die unterschiedlichen Arten der Historie, die Folgen der Verwissenschaftlichung der Geschichte, die Kritik an der modernen Bildung und die Rolle von Kunst und Religion. Wichtige Schlüsselbegriffe sind dabei: Monumentalische Historie, Antiquarische Historie, Kritische Historie, Verwissenschaftlichung der Geschichte, Persönlichkeitsschwäche, Historische Bildung, Kunst, Religion, Vergessen, Leben.
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- Moritz Deutschmann (Author), 2006, Friedrich Nietzsche: Die zweite unzeitgemäße Betrachtung - Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64171