"L'existentialisme est un humanisme" postuliert der französische Philosoph Jean Paul Sartre programmatisch im Titel seines 1945 verfassten Essays, der in engem Zusammenhang mit seinem 1943 publizierten Hauptwerk "L'être et le néant" steht, dessen Hauptthesen der Essay popularisieren und gegen Einwände unterschiedlichster Gegner verteidigen soll.
Ebenfalls in der Tradition des Humanismus sieht sich ein völlig andere Ideen entwickelnder französischer Philosoph, Naturforscher und Theologe, der Jesuitenpater Pierre Teilhard de Chardin, der in seinem etwa zeitgleich mit Sartres Essay entstandenen Hauptwerk "Le phénomène humaine" nicht von einem philosophischen Ansatzpunkt ausgeht wie Sartre, sondern von einem naturwissenschaftlichen. Unter schrittweiser Darstellung der Evolution des Universums geht Teilhard der Frage nach, wie die Menschheit entstanden sei und welchem Ziel sie zustrebe. Als Priester geht er schließlich noch einen Schritt weiter und versucht, „eine radikale Vergegenwärtigung der christlichen Botschaft, d.h. für ihn (...) ihre Übersetzung in das Weltbild der Evolution“.
Fragt man sich nach grundlegenden Gemeinsamkeiten in diesen auf den ersten Blick doch sehr unterschiedlichen anthropologischen Entwürfen, so fällt vor allem die zentrale Rolle auf, die dem Humanen in beiden Weltanschauungen zugewiesen wird. Hierin liegt wohl der Grund dafür, dass sowohl Sartre als auch Teilhard ihre Weltanschauungen als Humanismus bezeichnet haben.
Für eine präzise Verwendung des Begriffs im Rahmen dieser Arbeit muss zunächst einmal die Anthropologie Teilhards und Sartres in ihren wesentlichen Grundzügen dargestellt werden, wobei Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet werden müssen. Im Anschluss daran soll das ihnen zugrunde liegende Humanismusverständnis erarbeitet werden.
Da das Werk beider Philosophen sehr umfangreich ist, ist eine inhaltliche Beschränkung notwendig. Im Hinblick auf Teilhard werde ich mich auf die philosophisch-naturwissenschaftlichen Arbeiten konzentrieren, die theologisch-mystischen Schriften hingegen weitgehend außer Acht lassen; Sartres Gedanken sollen anhand seines Essays "Der Existentialismus ist ein Humanismus" und einiger Auszüge aus seinem Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" und anhand einiger Zitate aus literarischen Werken verdeutlicht werden.Die Beschäftigung mit seinen späteren Bestrebungen, den Existentialismus dem Marxismus einzuordnen, würde den – sowieso schon breiten – Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teilhard de Chardin
- Herausbildung der Grundzüge seiner Philosophie in Zusammenhang mit seiner Biografie
- Teilhards Anthropologie
- Die Entstehung des Menschen im Rahmen der Evolution
- Kosmogenese und Biogenese
- Psychogenese
- Noogenese
- Die moderne Erde
- Zukunftsentwürfe
- Die Konvergenz des Persönlichen
- Christogenese
- Teilhards Menschenbild
- Die Entstehung des Menschen im Rahmen der Evolution
- Jean Paul Sartre
- Herausbildung der Grundzüge seines Existentialismus in Zusammenhang mit seiner Biographie
- Sartres Existentialismus
- Die zwei Typen des Seins
- Atheismus
- Moral
- Der Mensch
- Der Andere
- Die Freiheit
- Teilhards und Sartres Bild vom Menschen - ein zusammenfassender Vergleich
- Einordnung der Konzepte in die Tradition des Humanismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die anthropologischen Konzepte von Pierre Teilhard de Chardin und Jean-Paul Sartre und deren Einordnung in die Tradition des Humanismus. Sie analysiert die Entstehung der Grundzüge ihrer jeweiligen Philosophie im Zusammenhang mit ihren Biografien sowie die zentralen Thesen und Argumentationen ihrer Werke.
- Die Herausbildung des philosophischen Denkens von Teilhard de Chardin und Sartre
- Die zentralen anthropologischen Konzepte beider Denker
- Der Vergleich der anthropologischen Ansätze von Teilhard de Chardin und Sartre
- Die Einordnung der Konzepte in die Tradition des Humanismus
- Die Bedeutung des Humanen in den Weltanschauungen von Teilhard de Chardin und Sartre
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die beiden Philosophen Pierre Teilhard de Chardin und Jean-Paul Sartre vor und skizziert die zentralen Themen der Arbeit. Sie beleuchtet den Unterschied zwischen Sartres existentialistischem Ansatz und Teilhards naturwissenschaftlich geprägter Philosophie.
- Teilhard de Chardin: Dieses Kapitel beleuchtet die Herausbildung der Grundzüge von Teilhards Philosophie im Zusammenhang mit seiner Biografie. Es geht auf seine Anthropologie ein, insbesondere auf die Entstehung des Menschen im Rahmen der Evolution, die moderne Erde und seine Zukunftsentwürfe. Abschließend wird Teilhards Menschenbild dargestellt.
- Jean-Paul Sartre: Das Kapitel widmet sich der Entwicklung von Sartres Existentialismus. Es beschreibt die Herausbildung seiner Grundzüge in seiner Biografie und analysiert seine zentralen Thesen, wie die Unterscheidung zwischen den zwei Typen des Seins, den Atheismus, die Moral, den Menschen, den Anderen und die Freiheit.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den anthropologischen Konzepten von Teilhard de Chardin und Sartre, dem Humanismus, der Entstehung des Menschen, der Evolution, dem Existentialismus, dem Atheismus, der Freiheit, der Moral und dem Menschenbild. Sie beleuchtet die Bedeutung des Humanen in der jeweiligen Philosophie und die Einordnung beider Denker in die Tradition des Humanismus.
- Quote paper
- Hildegard Herzmann (Author), 2006, Pierre Teilhard de Chardin und Jean-Paul Sartre. Zwei Philosophen in der Tradition des Humanismus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64076