I. Einleitung: Fragestellung und Vorgehensweise
Jeder kann mit Hilfe der Digitalisierung Filme machen, so lautet die Feststellung Lars von Triers, einem dänischen Jung-Regisseur, der im März 1995 zusammen mit Thomas Vinterberg im Pariser Odeom anlässlich der Feier zum hundertsten Geburtstag des Films die Verkündung eines neuen Regelwerks für den Film, aufgeschrieben auf roten Flugblättern, kund tat. Hierauf wurden - um „[…] gewissen Tendenzen im zeitgenössischen Film entgegenzuwirken“ - 10 Regeln niedergeschrieben, welche unter dem Namen Dogma95 eine Anleitung zum Filmdrehen darstellen. Dogma stellt die Reduzierung der Filmkunst durch konsequenten Verzicht und Vereinfachung dar. Zu diesen Filmen des Genres Dogma ist auch der Film „Das Fest“ von Regisseur Thomas Vinterberg zu zählen, welcher als erster Dogma-Film 1998 ins Kino gebracht wurde und sogleich in Cannes mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde.
Die vorliegende Arbeit wird eben diesen Film einer Analyse unterziehen, wobei der Beginn der Arbeit ausgewählte Methoden und theoretisches Grundwissen der Filmanalyse nennen und erklären wird, um eine detaillierte Filmanalyse von „Das Fest“ zu ermöglichen. Nach Klärung der Grundlagen wird die Verfasserin der Arbeit eine Einführung in das Genre Dogma und dessen Regelwerk liefern. Anschließend wird die vorliegende Arbeit ausgewählte Szenen von „Das Fest“ nach den im ersten Abschnitt vorgestellten Methoden analysieren. In dieser Analyse sollen speziell folgende Fragen berücksichtigt werden:
-Wie wirkt sich das Dogma-Regelwerk stilistisch auf „Das Fest“ aus?
-Welche Besonderheiten treten dabei auf? Ein abschließendes Resümee wird dann anhand der Analyse versuchen, mögliche Einbettungen des Themas in den Deutschunterricht aufzuführen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung: Fragestellung und Vorgehensweise
II. Filmanalyse – Methoden und theoretische Grundlagen
II.I Methoden der Filmanalyse
II.II Grundlegende filmische Mittel
III. „Das Fest“: Einführung in das Genre Dogma
IV. „Das Fest“: Filmanalyse
IV.I. Die Handlung
IV.II. Analyse
V. Resümee: „Das Fest“ im Deutschunterricht
VII. Literaturverzeichnis
VII.I. Forschungsliteratur
VII.II. Romane / Dramen
I. Einleitung: Fragestellung und Vorgehensweise
Jeder kann mit Hilfe der Digitalisierung Filme machen, so lautet die Feststellung Lars von Triers, einem dänischen Jung-Regisseur, der im März 1995 zusammen mit Thomas Vinterberg im Pariser Odeom anlässlich der Feier zum hundertsten Geburtstag des Films die Verkündung eines neuen Regelwerks für den Film, aufgeschrieben auf roten Flugblättern[1], kund tat.[2] Hierauf wurden – um „[…] gewissen Tendenzen im zeitgenössischen Film entgegenzuwirken“[3] - 10 Regeln niedergeschrieben, welche unter dem Namen Dogma95 eine Anleitung zum Filmdrehen darstellen. Dogma stellt die Reduzierung der Filmkunst durch konsequenten Verzicht und Vereinfachung dar.[4] Zu diesen Filmen des Genres Dogma ist auch der Film „Das Fest“ von Regisseur Thomas Vinterberg zu zählen, welcher als erster Dogma-Film 1998 ins Kino gebracht wurde und sogleich in Cannes mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde.[5]
Die vorliegende Arbeit wird eben diesen Film einer Analyse unterziehen, wobei der Beginn der Arbeit ausgewählte Methoden und theoretisches Grundwissen der Filmanalyse nennen und erklären wird, um eine detaillierte Filmanalyse von „Das Fest“ zu ermöglichen.
Nach Klärung der Grundlagen wird die Verfasserin der Arbeit eine Einführung in das Genre Dogma und dessen Regelwerk liefern. Anschließend wird die vorliegende Arbeit ausgewählte Szenen von „Das Fest“ nach den im ersten Abschnitt vorgestellten Methoden analysieren. In dieser Analyse sollen speziell folgende Fragen berücksichtigt werden:
- Wie wirkt sich das Dogma-Regelwerk stilistisch auf „Das Fest“ aus?
- Welche Besonderheiten treten dabei auf?
Ein abschließendes Resümee wird dann anhand der Analyse versuchen, mögliche Einbettungen des Themas in den Deutschunterricht aufzuführen.
II. Filmanalyse – Methoden und theoretische Grundlagen
II.I Methoden der Filmanalyse
Filmanalyse ist zugehörig zur Filmgeschichte und zu der Filmtheorie.[6] Zum grundlegenden Handwerkszeug der Analyse gehört die Kenntnis der formalen Analysemethoden von Film- und Fernsehprodukten. Auf allen Analyse-Ebenen (Mise-en-Scène, Kameratechnik, Montage und Tongestaltung) werden dann Einsatz, Intention und Wirkung der Mittel betrachtet.[7]
Dabei heißt einen Film zu interpretieren immer, Interpretationen auf Grundlage einer subjektiven Herangehensweise und eines subjektiven Erkenntnisinteresses vorzunehmen. Die Interpretationsweisen eines Filmes können dabei sehr unterschiedlich sein, wobei sich zwei grundlegende analytische Verfahren unterscheiden lassen: Zum einen ein empirisch sozialwissenschaftliches Analyseverfahren, zum anderen das hermeneutische Analyseverfahren. Diese beiden Interpretationsansätze werden im Folgenden kurz skizziert, um die Auswahl eines der beiden Verfahren für die vorliegende Arbeit zu begründen.
1) Empirisch-sozialwissenschaftliches Analyse:
Bei den empirisch-sozialwissenschaftlichen Analysen handelt es sich um Inhaltsanalysen, welche häufig im sozial- und publizistikwissenschaftlichen Bereich verwendet werden.[8] Dabei steht quantifizierbare Ermittlung von Strukturen in Filmen im Vordergrund. Vorformulierte Hypothesen werden nach einer statistischen Methode überprüft und bestätigt oder abgelehnt. Ziel ist es, eine für andere nachvollziehbare und überprüfbare Analyse zu erhalten. Diese Analysemethode eignet sich besonders zur Erhebung über die Häufigkeit bestimmter Merkmale (Frequenzanalyse).[9]
Wie bereits erwähnt existiert neben der empirisch-sozialwissenschaftlichen Analyse eine weitere Interpretationsmöglichkeit: die hermeneutische Analyse.
2) Hermeneutische Analysen
Hermeneutische – oder auch qualitative Verfahren – setzen sich mit dem Sinnverstehen auseinander,
„da bei vielen Filmen […] es nicht darauf ankommt, sie verständlich zu machen, sollen vielmehr hinter diesem Schein des allgemein Verständlichen die Strukturen der Gestaltung hervorgehoben und die zusätzlich noch vorhandenen Bedeutungsebenen und Sinnpotentiale aufgedeckt werden. Hermeneutisch orientierte Filmanalyse […] geht von der Mehrdeutigkeit filmischer und televisueller Werke aus und versucht, diese Mehrdeutigkeit erkennbar zu machen.“[10]
In den so genannten Cultural Studies wird sogar davon ausgegangen, dass die Bedeutung eines Films im Auge des Zuschauers entsteht: Die Zuschauer geben dem Film Bedeutung, d.h. sie erkennen nicht nur die Bedeutungen, die ihm explizit zugeschrieben wurden.[11]
Die beiden genannten Analyseverfahren können einander auch wechselseitig beeinflussen, denn auch eine rein quantitative Filmanalyse auf der Basis quantitativer Verfahren, wie beispielsweise dem Zählen von Schnitten, kommt ohne qualitative Merkmale nicht aus, da auch hier Interpretationsstrategien angewandt werden.
Die kurz skizzierten Grundzüge der beiden Analyseverfahren dienten der Verfasserin der vorliegenden Arbeit bei der Entscheidung für ein interpretatives hermeneutisches Verfahren. Dabei orientiert sich die anschließende Filmanalyse speziell am Dogma-Regelwerk, welches die Basis für jegliche weiterführenden Analysen bilden soll. Die gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Bedingtheiten der Produktion werden im Verlauf der Arbeit zu berücksichtigen sein.
II.II Grundlegende filmische Mittel
Im Folgenden werden im Hinblick auf die anschließende Analyse von „Das Fest“ einige grundlegende filmische Mittel aufgeführt, deren Verständnis speziell für die vorliegende Analyse von Bedeutung ist und daher nur eine Auswahl darstellt, die sich speziell an dem Regelwerk und den Fragestellungen dieser Arbeit orientieren. Somit erhebt die Auswahl dieser Begriffe und Mittel nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.[12]
1. Erzählhaltung
Unterschieden werden kann hierbei in objektive und subjektive Erzählhaltung, dem so genannten point of view (Erlebnisperspektive: z.B. Nähe und Distanz). Somit wird die Frage nach der Erzählhaltung zur Frage nach dem Blickfeld: Von wem aus wird erzählt?
2. Komposition der Erzählung
Die Erzählung kann nacheinander oder nebeneinander ablaufen und somit ein- oder mehrlinig gestaltet sein (z.B. a-b-a-c). Dabei stehen dem Drehbuchautor und dem Regisseur verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
- Dramatische Finalität: gerichtete Spannung
- Epische Breite: diffuse Spannung
- Spannungslenkung: Einsetzen der Handlung auf der Zeitachse
- Aussparen von Handlungselementen durch Montage und Überblendungen
[...]
[1] von Trier, Lars, in: Hallberg, Jana, Wewerka, Alexander (Hrsg.): Dogma 95. Zwischen Kontrolle und Chaos. Berlin 2001. S. 11.
[2] Diese Aktion erinnert stark an die Nouvelle Vague, eine Filmströmung der 60iger Jahre in Frankreich, die sich unter anderem gegen das kommerzielle Hollywoodkino richtete. Vgl. Monaco, James: Film verstehen. Hamburg 2002. S. 331 ff.
[3] von Trier, Lars, Vinterberg, Thomas: Dogma 95. Manifest und Keuschheitsgelübde. In: Hallberg, Jana, Wewerka, Alexander (Hrsg.): Dogma 95. Zwischen Kontrolle und Chaos. S. 11.
[4] Vorwort in: Hallberg, Jana, Wewerka, Alexander (Hrsg.): Dogma 95. Zwischen Kontrolle und Chaos.
[5] Originaltitel: „Festen“ (Dänemark 1998), Drehbuch: Thomas Vinterberg und Mogens Rukov, Regie: Thomas Vinterberg, Spielzeit: 106 Minuten
[6] Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart 1996. S. 26.
[7] Vgl. Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. S. 27 ff.; Monaco, James: Film verstehen. Hamburg 2002. S. 66 ff.
[8] Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. S. 32.
[9] Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. S. 31.
[10] ebd. S. 33.
[11] Stuart, Hall: Kodieren/Dekodieren. In: Roger Bromley (u.a.): Cultural
Studies. Grundlagentexte zur Einführung. Lüneburg 1999. S. 92 ff. aus Moser,Heinz: „Bedürfnisse, soziale Texte und die Cultural Studies“, S. 4, www.medienpaed.com, 22.05.2006
[12] Vgl. im Folgenden: Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. S. 42-155.; Monaco, James: Film verstehen. S. 65-150.
- Quote paper
- Kira Stiehr (Author), 2006, Filme im Literaturunterricht: Filmanalyse "Das Fest", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64017
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