In der vorliegenden Arbeit zum Thema „Unterricht in jahrgangsgemischten Klassen in der Grundschule – Möglichkeiten und Grenzen“ soll die Frage im Mittelpunkt stehen, ob alters-heterogene Lerngruppen in der heutigen Lebens- und Schulsituation von Kindern eine geeignete, zeitgemäße und förderliche, pädagogisch-didaktische Alternative zur Jahrgangsklasse darstellen.
Zum Einstieg wird auf die Entstehung des Jahrgangsklassensystems eingegangen, welches bis heute in Deutschland die vorherrschende Klassenstruktur darstellt. Im Anschluss daran wird die an diesem System geäußerte Kritik erläutert.
Im folgenden Kapitel erfährt die Entwicklung und reformpädagogische Tradition von Jahrgangsmischung eine nähere Betrachtung. An dieser Stelle wird nicht nur die Entstehung von Altersmischung sowie deren Umsetzung in kleinen Grundschulen erläutert, sondern es werden auch ergänzend die reformpädagogischen Konzepte Maria Montessoris sowie Peter Petersens vorgestellt.
Den Hauptteil dieser Arbeit nehmen die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen eines jahrgangsgemischten Unterrichts ein. Die Ausführungen beschreiben sowohl soziale und pädagogische, als auch schulorganisatorische Hintergründe.
Nachdem dabei zunächst die Grundlagen des Prinzips der Jahrgangsmischung eine ausführliche, theoretische Betrachtung erfahren haben, werden in der Folge drei Schulmodelle zur jahrgangsgemischten Unterrichtspraxis vorgestellt und es wird kurz auf Altersmischung in Reform- und Modellschulen eingegangen.
Da sich diese Betrachtung, aufgrund der Aktualität von jahrgangsgemischtem Unterricht, nicht ausschließlich auf Modell- oder Reformschulen beziehen soll, wird im anschließenden Kapitel die neue Schuleingangsphase in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf ihre empfohlene, jahrgangsgemischte Umsetzung vorgestellt.
Zugunsten einer sachlichen Unterlegung der Diskussion in Bezug auf altersgemischtes Lernen in der Grundschule, werden im Folgenden empirische Forschungsergebnisse aus dem nationalen und internationalen Bereich näher dargelegt.
In der abschließenden Schlussbetrachtung werden die wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit zusammengefasst, durch eine persönliche Stellungnahme der Autorin ergänzt und es wird darüber hinaus in einem kurzen Ausblick auf die Frage der Umsetzbarkeit von Altersmischung auch in der Sekundarstufe eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Jahrgangsklassensystem
2.1 Entstehungen der Jahrgangsklasse
2.2 Kritik an der Jahrgangsklasse
3. Entwicklung und reformpädagogische Tradition von Jahrgangsmischung
3.1 Entstehung von Jahrgangsmischung
3.2 Altersmischung in den kleinen Landschulen
3.3 Maria Montessori
3.3.1 Prinzipien und Vorzüge der Jahrgangsmischung bei Montessori
3.3.2 Die Bedeutung von Gleichaltrigen in der Lerngruppe
3.4 Peter Petersen
3.4.1 Die altersgemischte Stammgruppe
3.4.2 Eingliederung der Stammgruppe in den Schulalltag
3.4.3 Begründungen der jahrgangsgemischten Stammgruppe
4. Möglichkeiten von Jahrgangsmischung
4.1 Soziale und pädagogische Möglichkeiten
4.1.1 Bildungswirksamkeit der Differenz
4.1.2 Lernen durch Imitation
4.1.3 Lernen durch Lehren
4.1.4 Förderung des Sozialverhaltens
4.1.5 Natürlichkeitsprinzip
4.1.6 Abbau von Konkurrenz
4.1.7 Kennenlernen unterschiedlicher Rollen
4.1.8 Chance für begabte und lernschwächere Schüler
4.1.9 Wegfall des „Sitzenbleibens“
4.1.10 Entlastung des Lehrers
4.1.11 Verkürzte Eingewöhnungszeit
4.1.12 Selbstgesteuertes Lernen
4.2 Schulorganisatorische Aspekte
4.2.1 Erhalt von Schulstandorten
4.2.2 Flexiblere Einschulungspraxis
4.3 Veränderte Kindheit und ihre Herausforderung für soziales Lernen in altersgemischten Gruppen
4.3.1 Berücksichtigung der heterogenen Lernvoraussetzungen
4.3.2 Kompensation fehlender sozialer Erfahrungsmöglichkeiten
4.3.3 Ausgleich zwischen Individualisierung und sozialer Interaktion
5. Grenzen von Jahrgangsmischung
5.1 Hohe Anforderungen an den Lehrer
5.2 Kinder brauchen Gleichaltrige
5.3 Ältere Kinder lernen zu wenig
5.4 Schwierige Einführungszeit
5.5 Überforderung für jüngere und förderbedürftige Kinder
5.6 Unruhe durch Veränderung des Gruppengefüges
5.7 Hohe Kosten- und Zeitintensität
6. Voraussetzungen für die Umsetzung von jahrgangs-gemischtem Unterricht
6.1 Bereitschaft aller Beteiligten
6.1.1 Bereitschaft der Lehrer und des Kollegiums
6.1.2 Bereitschaft der Eltern
6.2 Erarbeitung eines pädagogischen Konzeptes
6.3 Entscheidung für ein geeignetes Modell
6.3.1 Dreijähriges Modell von Altersmischung
6.3.2 Mögliche Organisationsformen in der vierjährigen Grundschule
6.3.3 Das Eingangsstufenmodell
6.3.4 Das Zweistufenmodell
6.3.5 Dreijährige Altersmischung mit Jahrgangsklasse 4
6.3.6 Vollständige Jahrgangsmischung
6.4 Differenzierungskonzepte erarbeiten
6.4.1 Äußere Differenzierung
6.4.2 Innere Differenzierung
6.5 „Offener Unterricht“
6.6 Offene Unterrichtsformen
6.6.1 Freiarbeit oder Freie Arbeit
6.6.2 Weitere offene Unterrichtsformen
6.7 Vorbereitung der Umgebung
6.8 Veränderte Rolle des Lehrers
6.9 Fazit
7. Schulmodelle zur jahrgangsgemischten Unterrichtspraxis
7.1 Reformschule Kassel
7.1.1 Zusammenspiel von äußerer und innerer Struktur
7.1.2 Jahrgangsmischung im Konzept der Reformschule
7.1.3 Herausforderungen der Jahrgangsmischung an der Reformschule
7.1.4 Fazit zur Jahrgangsmischung in der Reformschule
7.2 Laborschule Bielefeld
7.2.1 Altersmischung in der Eingangsstufe der Laborschule
7.2.2 Jahrgangshomogenität im dritten und vierten Schuljahr
7.2.3 Jahrgangsmischung in der Sekundarstufe der Laborschule
7.2.4 Empirische Untersuchungsergebnisse zur Laborschule
7.3 Modellversuch „Kleine Grundschule“
7.3.1 Gründe für die Umsetzung des Modellversuchs
7.3.2 Planung und Umsetzung des Modellversuchs „Kleine Grundschule“
7.3.3 Perspektiven des Landeskonzeptes „Kleine Grundschulen“
7.4 Altersmischung in Schulen der Reformpädagogik
7.5 Jahrgangsmischung in Regelschulen
8. Neue Schuleingangsphase in NRW
8.1 Entstehung des Konzeptes zur neuen Schuleingangsphase
8.2 Gründe für die Veränderung der Schuleingangsphase
8.3 Vorschulische Grundlagen der Schuleingangsphase
8.3.1 Frühzeitige Anmeldung
8.3.2 Sprachförderkurse vor Schuleintritt
8.3.3 Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule
8.4 Grundlagen der Schuleingangsphase ab Schulbeginn
8.4.1 Einschulung möglichst aller Kinder
8.4.2 Integration von Schulkindergärten
8.4.3 Unterricht in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen
8.4.4 Individuelle Verweildauer
8.5 Notwendige Bedingungen für die Einführung
9. Empirische Forschungsergebnisse zum jahrgangs-gemischten Lernen
9.1 Untersuchungen aus Deutschland
9.1.1 Untersuchungen von Knörzer in Ostwürttemberg (1982)
9.1.2 Studie zur flexiblen Schuleingangsphase -FLEX- in Brandenburg
9.1.3 Lehrerbefragung von Schmidt
9.1.4 Pilotstudie zum Forschungsprojekt von Hanke und Hein (2005)
9.2 Untersuchungen aus anderen Ländern
9.2.1 Untersuchungen von Pratt (1983) und Cotton (1993)
9.2.2 Forschungsüberblick von Gutiérrez und Slavin (1993)
9.2.3 Schwedische Untersuchungen von Sundell (1994)
9.2.4 Forschungsüberblick von Veenmann (1995)
9.3 Fazit zu den empirischen Forschungsergebnissen
10. Schlussbetrachtung
11. Quellenverzeichnis
11.1 Literatur
11.2 Internetseiten
11.3 Grafiken
1. Einleitung
„Es gab einmal eine Zeit, da hatten die Tiere Schule. Das Lernen bestand aus Rennen, Klettern, Fliegen und Schwimmen und alle Tiere wurden in allen Fächern unterrichtet.
Die Ente war gut im Schwimmen. Im Fliegen war sie durchschnittlich, aber im Rennen war sie ein besonders hoffnungsloser Fall. Da sie in diesem Fach so schlechte Noten hatte, musste sie nachsitzen und den Schwimmunterricht dafür ausfallen lassen. Das tat sie so lange, bis sie auch im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Durchschnittsnoten aber waren akzeptabel, deshalb machte sich niemand Gedanken darum, außer der Ente.
Der Adler wurde als Problemschüler angesehen. In der Kletterklasse schlug er zwar alle anderen darin, als erster den Wipfel eines Baumes zu erreichen, bestand aber darauf, seine eigene Methode anzuwenden. […]
Am Ende des Jahres hielt ein anormaler Aal, der gut schwimmen, etwas rennen, klettern und fliegen konnte, als Schulbester die Schlussansprache.“[1]
Die Fabel von Bönsch mit dem Titel „Das Konzept individueller Unterschiede“ veranschaulicht in symbolischer Form, wie unterschiedlich Kinder in ihrem Wesen und ihren Fähigkeiten sind und mit welcher Heterogenität der Lehrer demzufolge in der Schule umzugehen hat.
Auch wenn man einem Kind nicht auf den ersten Blick ansieht (anders als bei der Ente, dem Adler oder den anderen Tieren) welche Fähig- und Fertigkeiten es hat, so wissen wir dennoch, dass jedes Kind verschieden ist und wie es Geppert ausdrückt, „ein Recht auf sein individuelles Sein hat.“[2] Anhand des Zitates Weizsäckers, „Es ist normal, verschieden zu.“[3] wird deutlich, dass es keine Norm für das Menschsein gibt. Daraus folgt, dass wir der Verschiedenheit der Kinder mit einem geeigneten Konzept gerecht werden müssen.
Die Heterogenität der Lernvoraussetzungen von Schülern[4] zeigt sich schon zu Schulbeginn. Während der eine Schüler bereits lesen und schreiben kann, beherrscht ein anderer kaum die deutsche Sprache. Die IGLU-Studie zeigt, dass Kinder mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwächeren Familien teilweise sehr hohe Leistungsrückstände aufweisen, wodurch die Grundschule vor neue Herausforderungen gestellt wird.[5]
Aufgrund dieser veränderten Anforderungen, die zwar nicht erst seit den Lern-standserhebungen PISA und IGLU bestehen, durch diese jedoch bekräftigt wurden, wird „die Diskussion um neue Schul- und Unterrichtsstrukturen neu und immer nachhaltiger geführt.“[6] Es besteht die Forderung, dass sich die Grundstufe unseres Bildungssystems den Herausforderungen, die in der großen Heterogenität der Kinder zu finden sind, stellen muss, um somit dem Anspruch gerecht zu werden die Bildungsmöglichkeiten aller Schüler durch optimale Förderung zu verbessern.[7]
An dieser Stelle ergibt sich die Frage, welches Konzept bei der enormen Unter-schiedlichkeit der Kinder einen effektiven Unterricht ermöglichen kann? Um eine Antwort zu finden scheint ein Umdenken erforderlich. Anstatt sich weiterhin fast ausschließlich um altershomogener Gruppen zu bemühen, wie es das System der Jahrgangsklasse vorsieht und somit an der Illusion der gleichschrittigen Förderung festzuhalten, sollte man sich fragen, ob nicht die Möglichkeit besteht, die vorhandene Heterogenität als pädagogische Chance zu nutzen.[8]
Aufgrund dieser Überlegung und in Anlehnung an die Ergebnisse der Lernstand-vergleichsstudien haben reformpädagogisch orientierte jahrgangsgemischte Lerngruppen in den letzten Jahren innerhalb „der pädagogischen Diskussion und Praxis erheblich an Bedeutung gewonnen“[9].
Das pädagogische Konzept der Jahrgangsmischung[10], stellt dabei die heterogene Lerngruppe in den Mittelpunkt und betont somit in besonderem Maße die Differenz zwischen den Kindern.[11]
Während in einer Jahrgangsklasse die heterogenen Lernvoraussetzungen der Schüler vom Lehrer aufgrund der relativen Altershomogenität leichter „über-sehen“ werden und ihm zugleich ein Alibi liefern könnten „für Individualisierung und Differenzierung nicht weiter Sorge tragen zu müssen“[12],wird im Gegensatz dazu, die Heterogenität der Kinder in einer jahrgangsübergreifenden Klasse und die damit verbundene Notwendigkeit, jeden Schüler mit seinen persönlichen Lern-voraussetzungen wahrzunehmen und entsprechend zu fördern, schon allein aufgrund der Unterschiedlichkeit von Einschulungszeitpunkt und körperlichem Entwicklungs- sowie Kenntnisstand der Kinder ersichtlich.[13]
Aufgrund der offensichtlichen Verschiedenheit der Kinder, können sich diese eher als gleichwertig akzeptieren und so entstehen in vielfältiger Hinsicht neue Möglichkeiten des Lernens. Die Heterogenität in einer jahrgangsgemischten Klasse wird somit nicht als Hindernis, sondern als Chance für eine pädagogische Innovation begriffen.[14]
In der vorliegenden Arbeit zum Thema „Unterricht in jahrgangsgemischten Klassen in der Grundschule – Möglichkeiten und Grenzen“ soll die Frage im Mittelpunkt stehen, ob altersheterogene Lerngruppen in der heutigen Lebens- und Schulsituation von Kindern eine geeignete, zeitgemäße und förderliche, pädagogisch-didaktische Alternative zur Jahrgangsklasse darstellen.[15]
Zum Einstieg gehe ich auf die Entstehung des Jahrgangsklassensystems ein, welches bis heute in Deutschland die vorherrschende Klassenstruktur darstellt.
(→ 2). Im Anschluss daran wird die an diesem System geäußerte Kritik erläutert, welche die Grundlage eines Prozesses bildet, in dessen Folge auch schon zur Zeit der Reformpädagogik über andere Schul- sowie Unterrichtsstrukturen nach-gedacht wurde.
Im folgenden Kapitel findet die Entwicklung und reformpädagogische Tradition von Jahrgangsmischung eine nähere Betrachtung (→ 3). An dieser Stelle wird nicht nur die Entstehung von Altersmischung sowie deren Umsetzung in kleinen Grundschulen erläutert, sondern es werden auch die reformpädagogischen Konzepte Maria Montessoris und Peter Petersens im Kontext meines Schwer-punktthemas vorgestellt.
Den Hauptteil dieser Arbeit bilden die Möglichkeiten (→ 4), Grenzen (→ 5) und Voraussetzungen (→ 6) von Jahrgangsmischung. Die Ausführungen zu den Möglichkeiten beinhalten sowohl soziale und pädagogische, als auch schulorganisatorische Begründungen für die Umsetzung von altersheterogenem Unterricht. Die Grenzen und Voraussetzungen von Jahrgangsmischung zeigen auf, wo mögliche Schwierigkeiten zu finden sind, und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um die zuvor erläuterten Chancen von Altersheterogenität nutzen zu können.
Nachdem im Hauptteil die Grundlagen des Prinzips der Jahrgangsmischung eine ausführliche, theoretische Betrachtung erfahren haben, werden im folgenden Kapitel drei Schulmodelle zur jahrgangsgemischten Unterrichtspraxis (→ 7) vorgestellt und es wird kurz auf Altersmischung in Reform- und Regelschulen eingegangen.
Da sich meine Betrachtung aufgrund der Aktualität von jahrgangsgemischtem Unterricht nicht ausschließlich auf Modell- oder Reformschulen beziehen soll stelle ich im anschließenden Kapitel die neue Schuleingangsphase in Nordrhein-Westfalen (→ 8) im Hinblick auf ihre empfohlene, jahrgangsgemischte Umsetzung vor.
Zugunsten einer sachlichen Unterlegung der Diskussion in Bezug auf alters-gemischtes Lernen in der Grundschule, werden im Folgenden empirische Forschungsergebnisse (→ 9) aus dem nationalen und internationalen Bereich näher dargelegt.
In der abschließenden Schlussbetrachtung (→ 10) fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit zusammen, ergänze sie durch eine persönliche Stellungnahme und gehe darüber hinaus in einem kurzen Ausblick auf die Frage der Umsetzung von Altersmischung in der Sekundarstufe ein.
2. Jahrgangsklassensystem
Die Bildung von Klassen nach Altersjahrgängen, also dem Alter der Schüler entsprechend, gehört zu den grundlegenden Kennzeichen unseres Schulsystems. Historisch gesehen hängt die Einführung des Jahrgangsklassensystems eng mit „der altersmäßig festgelegten Schulpflicht (zu Beginn des 20. Jahrhunderts) und [einem] lehrgangsorientierten Unterrichtskonzept“[16] zusammen. Die ersten Ver-suche Lerngruppen zu homogenisieren sind allerdings deutlich früher zu finden.
2.1 Entstehungen der Jahrgangsklasse
Seit Johann Amos Comenius im 17. Jahrhundert in seiner Großen Didaktik[17] eine „Schule für alle“ und somit eine Bildung für die Allgemeinheit fordert, lassen sich Bemühungen um die Homogenisierung von Lerngruppen erkennen. Vorher war nur der „kollektive Einzelunterricht“[18] bekannt, in dem der Lehrer einen einzelnen Schüler aus einer heterogenen Gruppe unterrichtete, während alle anderen warten mussten.
Im Mittelalter wurden Schüler, ihrem Wissensstand entsprechend in Abteilungen unterteilt, in denen sie Themen in ihrem persönlichen Lerntempo bearbeiten konnten.[19] Die Zuordnung zur Lerngruppe hing nicht vom Alter ab, sondern vom Qualifikationsstand des Schülers, welcher beispielsweise auf Grundlage der Lese-fertigkeit ermittelt wurde. Die Zielsetzung lag in der Homogenisierung der Lern-voraussetzungen, welche eine einheitliche Unterrichtung ermöglichen sollte.[20]
Um allerdings das Ziel von Comenius, die allgemeine Bildung für alle Jungen und Mädchen zu verwirklichen, „wurde eine Vereinheitlichung in den Methoden und in der Organisation der Schule notwendig.“[21] Demnach war es wichtig, dass nur noch einmal im Jahr eingeschult wurde. Comenius glaubte es sei möglich, alle Schüler wie weißes Papier mit dem identischen Drucktypen zu behandeln, um so eine Vervielfältigung zu erwirken und die Übereinstimmung von Ergebnissen zu ermöglichen.[22] Der Lehrstoff sollte vereinheitlicht und für jede Klasse in einem Buch zusammengefasst werden. Hinzu kam die Vorstellung, „man könne Gleichaltrige durch einheitlichen Unterricht gleichmäßig fördern. Denn – so die Annahme – geistig-psychische Entwicklung laufe mit dem Lebensalter parallel.“[23] Mit der so entwickelten klaren Struktur war es möglich, etwa 100 Schüler zur selben Zeit zu unterrichten[24]
Die Vorstellung der Zusammengehörigkeit von Entwicklungsstand und Alter wurde nicht einheitlich vertreten und so entwickelte August Hermann Francke zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein Fachklassensystem, welches die Homogeni-sierung der Schüler nach fachspezifischer Leistungsfähigkeit zum Ziel hatte. Auf diese Weise sollten die Schüler nicht ihrem Alter, sondern ihres Kenntnisstandes in den einzelnen Fächern entsprechend, in die für sie geeigneten Klassen eingeteilt werden. Schon zu dieser Zeit wurde das Problem der fächerübergreifenden Versetzung erkannt. Bis heute wird diskutiert ob es wirklich nötig ist, dass Schüler die nur in einem Fach Schwierigkeiten haben, alle Bereiche wiederholen müssen (→ 2.2). Doch obwohl das Fachklassensystem im Schulalltag des 18. Jahrhunderts einen gewissen Einfluss erlangte, setzte sich trotzdem mit der Zeit das Jahrgangsklassensystem durch.[25]
In den 1920er Jahren wurden in Preußen die Jahrgangsklassen eingeführt und verbreiteten sich von dort aus in ganz Europa. Die preußische Schulreform, die von Wilhelm von Humboldt initiiert und von seinen Nachfolgern weitergeführt wurde, hatte zwei Hauptziele. Zum einen ging es um „die Schaffung eines Konzeptes allgemeiner Menschenbildung, mit dem die schon 100 Jahre vorher eingeführte Schulpflicht in Preußen umgesetzt werden sollte und das individuelle Fähigkeitsentwicklung und gesellschaftliche Qualifikationsbedürfnisse verbinden sollte.“[26] Zum anderen sollte aber auch die preußische Beamtenschaft als kulturelle, soziale und politische Elite qualifiziert werden, für deren Auswahl (bzw. zur Feststellung der jeweiligen Eignung), Notenzeugnisse und später das Abitur eingeführt wurden. Damit sich auf der Grundlage von Altersgleichheit Leistungsunterschiede herausstellen und sich somit die Besten profilieren konnten, wurde die über 2000 Jahre alte Praxis von Unterrichtung in altersgemischten Gruppen aufgegeben[27] (→ 3.1) Ausschließlich in ländlichen Gebieten teilten sich noch zwei bis vier Jahrgänge einen Klassenraum in dem sie abschnittsweise im Wechsel unterrichtet wurden. Dieses Konzept des Abteilungsunterrichts hatte allerdings in erster Linie ökonomische und nicht pädagogische Gründe[28] (→ 3.2). Doch obwohl das Jahrgangsklassensystem im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert einen Siegeszug durch ganz Europa machte und bis heute das vorherrschende System ist, war es dennoch immer sehr umstritten.[29]
2.2 Kritik an der Jahrgangsklasse
Bei der Einführung der Jahrgangsklasse ging man von der „Annahme einer relativ homogenen Lerngruppe [aus], die Kinder mit einem Entwicklungsstand und einer Leistungsfähigkeit erfasst und damit gleichschrittiges Vorgehen ermöglicht.“[30] Somit wurde die Individualität des Einzelnen zugunsten des Gemeinsamen ausgeblendet und das Ideal der völligen Homogenität wurde zum leitenden Prinzip der Jahrgangsklasse.[31] Dabei ging es nicht nur um die bereits erwähnte „Gleichsetzung des Entwicklungsstandes mit dem Alter, [sondern auch um] die Gleichschrittigkeit des Unterrichts in den einzelnen Fächern, [den] altersbezogenen Lehrplan, die Vergleichbarkeit der Zensuren zum Zweck der Versetzung und damit verbunden [um] das Elend des Sitzenbleibens.“[32] Die Kritik an diesen Merkmalen der Jahrgangsklasse wurde an verschiedenen Stellen laut. Im Jahr 1969 weist Ingenkamp in seinem Buch „Zur Problematik der Jahrgangsklasse“ darauf hin, dass auch in altershomogenen Klassen eine große Variationsbreite an Leistungsfähigkeit vorzufinden ist, die im Jahrgangsklassen-system weitgehend übersehen wird. Gleichzeitig befasst er sich mit der Frage inwieweit die Wiederholung eines Schuljahres wirklich eine angemessene Steigerung der Leistung zufolge hat. In einer Testreihe (unter Einbeziehung aller Schüler der 6. Klasse in Berlin-Tempelhof) widerlegt Ingenkamp die Annahme, dass Sitzenbleiben (besonders mehrmaliges) geeignet sei, um den Anschluss an die durchschnittliche Leistung der versetzten Schüler zu finden. Insgesamt kritisiert der Autor die nur begrenzt leistungssteigernde Funktion von altershomogenen Klassen und stellt somit den pädagogischen Nutzen der Vereinheitlichungstendenzen in Jahrgangsklassen in Frage.[33]
Durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte (→ 4.3), die auch großen Einfluss auf die Kindheit hatten und bis zur Gegenwart haben, ist die Vorstellung einer nahezu homogenen Lerngruppe heute, vielmehr als früher, nur noch eine Fiktion.[34] Nicht einmal die Vorstellung von Altershomogenität in der Grundschule entspricht der Realität, denn „altersgleich sind die Jahrgangsklassen seit ihrer administrativen Einführung im Laufe des 19. Jahrhunderts [aufgrund hoher Sitzenbleiberzahlen] nie gewesen.“[35] Neben dem Sitzenbleiben kommt es heute durch Früheinschulungen, freiwilliges Wiederholen, Zurückstellen von Schulanfängern[36] und Überspringen von Klassen zu einer verstärkten Altersheterogenität in den Jahrgangsklassen, die oftmals übersehen wird. Darüber hinaus kommen Kinder mit völlig heterogenen Lernvoraussetzungen in die Schule, denen nicht mit einem Ideal von Homogenität, sondern mit geeigneten Differenzierungsmöglichkeiten (→ 6.4) entsprochen werden muss.
Diese Forderung ist nicht neu. Bereits im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts haben mehrere Vertreter der reformpädagogischen Bewegung Kritik an der Jahrgangsklasse geäußert (besonders Maria Montessori und Peter Petersen) und mit ihren Konzepten „ernsthaft versucht, die innere Schulreform mit der Aufhebung des Jahrgangsklassensystems zu verbinden.“[37]
3. Entwicklung und reformpädagogische Tradition von Jahrgangsmischung
Das Prinzip der Alters- bzw. Jahrgangsmischung wurde nicht von Vertretern der Reformpädagogik neu entwickelt. Vielmehr handelt es sich dabei um die älteste und über viele Jahrhunderte vorherrschende Form der Wissensvermittlung.[38] Dabei ist das frühere jahrgangsgemischte Unterrichten allerdings auf andere Beweggründe zurückzuführen, als wir sie in der aktuellen schulpädagogischen Diskussion vorfinden. So war die schulische Ausbildung bis zur Einführung der Schulpflicht nicht bindend und oftmals nur ein Privileg Einzelner.[39]
3.1 Entstehung von Jahrgangsmischung
Die ersten Ursprünge des altersgemischten Unterrichtens können wir schon anhand einiger Bilder aus dem Alten Ägypten finden, auf denen ein Lehrer Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Altersgruppen (vermutlich aus der Pharaonenfamilie und ihrer Verwandtschaft) Unterricht erteilt. In Griechenland gab es Wanderlehrer (bzw. Philosophen), die von einem Ort zum nächsten reisten und auf den Marktplätzen jungen und alten Menschen ihre Alltagserfahrungen und Lebensweisheiten offenbarten. Auch im spätrepublikanischen Rom wurde mit dem Ziel der allgemeinen Schulpflicht eine in Wissensbereiche untergliederte Lehrweise durchgesetzt, die auf altersgemischtem Lernen basierte.[40] Bei diesem System, welches sich auch im Mittelalter und darüber hinaus fortsetzte und somit etwa 2000 Jahre in Europa bestand, „war ein individualisiertes Lernen in Gruppen üblich, die nach Kenntnisstand, nicht nach Alter gebildet wurden“[41] (→ 2.1).
Erst als die von Comenius bereits im 17. Jahrhundert geforderte Bildung für alle durch die Einführung von Jahrgangsklassen zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwirklicht wurde (→ 2.1), gab man die viele Jahrhunderte alte Praxis der Unterrichtung in altersgemischten Lerngruppen (Abteilungsunterricht, Untergliederung nach Kenntnisstand etc.) zugunsten von Altershomogenität auf.[42]
3.2 Altersmischung in den kleinen Landschulen
Die Einführung des Jahrgangsklassensystems führte jedoch nicht zum völligen Verschwinden der Alters- bzw. Jahrgangsmischung. In den kleinen Dorf- bzw. Landschulen[43] gehörten altersheterogene Klassen noch bis in die 1960er Jahre zum Alltag. Aufgrund niedriger Schülerzahlen wurden mehrere Jahrgänge in einer Klasse zusammengefasst. In den kleinen Landschulen ging es jedoch nicht darum die Altersheterogenität für den Unterricht zu nutzen, sondern ein System zu finden um den geringen Schülerzahlen gerecht zu werden und den Kindern somit einen langen Schulweg zu ersparen (Ökonomische Begründung). Demnach entsprach der Unterricht in diesen altersgemischten Landschulen größtenteils der Form des Abteilungsunterrichts.
Infolge des Sputnikschocks[44] von 1956 glaubte man in Deutschland, die Schuld für den technologischen Rückstand des Westens im Schulwesen sowie in der unausgeschöpften Begabungsreserve zu finden. Um das Schulsystem effektiver zu gestalten, sahen die Schulentwicklungspläne zentrale, große Schulen vor, die durch ein anspruchsvolles Angebot zu wissenschaftsorientiertem Unterricht verhelfen und somit leistungsfähiger sein sollten.[45] Um dies zu gewährleisten wurden in den 60er Jahren die kleinen Landschulen mit ihren kombinierten Klassen „zugunsten [dieser] voll ausgebaute[n] Schulen weitestgehend abgeschafft.“[46] Der oft heftige Widerstand der Betroffenen wurde nicht gehört, da „fast alle Verantwortlichen im Bildungswesen […] unbesehen und ungeprüft die Meinung übernommen [hatten], an kleinen Schulen lerne man weniger und […] damit den rigorosen schulischen Kahlschlag“[47] rechtfertigten. Gleichzeitig war man wie bereits erwähnt davon überzeugt, dass optimales Lernen nur in leistungshomogenen Gruppen zu verwirklichen sei und ging zusätzlich davon aus, dass diese Homogenität durch Jahrgangsklassen in Verbindung mit „Sitzen-bleiben“ bei unpassenden Leistungen zu erreichen sei[48] (→ 2.1/2.2).
Diese Überzeugung wurde bereits viele Jahre zuvor, im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts deutlich in Frage gestellt und kritisiert. Zu jener Zeit entwickelten Reformpädagogen wie Maria Montessori (1870-1952), Peter Petersen (1884-1952), Berthold Otto (1859-1933 → Gesamtunterricht) und Paul Geheeb (1870-1960 → Odenwaldschule /Land-erziehungsheime) neue Konzepte[49], in denen der Jahrgangsmischung eine entscheidende Rolle zukommt.
3.3 Maria Montessori
„In den meisten Schulen besteht einmal eine Trennung nach den Geschlechtern und dann nach dem Alter, das ungefähr in allen Klassen gleich ist. Das ist ein grundlegender Fehler, der zu jeder Art anderer Fehler führt: Es ist eine künstliche Isolierung, die die Entwicklung des sozialen Gefühles verhindert.“[50] So lautet Montessoris Kritik an der Jahrgangsklasse. Während die altersgemischten Land-schulklassen mehr aus organisatorischen als aus pädagogischen Gründen einge-richtet wurden, ist „das Prinzip der Altersmischung [in der Pädagogik Montessoris] ein grundlegendes Strukturprinzip […] der Schul- und Unterrichts-organisation […]“[51]. Im Unterschied zu dem Gesamtschulkonzept von Berthold Otto, welches die Begegnung altersheterogener Kinder vom ersten bis zum zehnten Schuljahr herbeiführt[52], leben und lernen in der Konzeption Montessoris Kinder aus drei Jahrgangsstufen gemeinsam. Laut der Reformpädagogin ermög-licht und fördert dieses Zusammenleben von Kindern aus drei Altersjahrgängen
u. a. vielfältige Kooperationen unter den Schülern.[53] Maria Montessori ist sich allerdings bewusst, dass die Vorzüge der geschlechts- sowie altersgemischten Klassen nur realisierbar sind, wenn man die Jahrgangsmischung mit differen-zierten Unterrichtsformen kombiniert. So empfiehlt die Reformpädagogin eine Form der Freiarbeit (→ 6.6.1)., die nur auf Grundlage einer vom Lehrer, mit didaktischen Materialien[54] ausgestatteten, vorbereiteten Umgebung[55] (→ 6.7) realisierbar ist. Wie auch bei Berthold Otto steht bei Montessori das Kind als „Baumeister des Menschen“[56] im Mittelpunkt ihrer Pädagogik. Es kann in Einzel-, Partner- oder Kleingruppenarbeit nach eigenem Lerntempo und eigener Wahl der Materialien lernen.
Laut Eichelberger erfährt die Rolle des Lehrers (→ 6.8) in der Montessori-Pädagogik eine neue Definition. So ist dieser nicht mehr in erster Linie Wissens-vermittler, sondern seine Aufgaben liegen in der Beobachtung, Begleitung und Unterstützung des Kindes, sowie in der Vorbereitung einer kindgerechten Umgebung.[57] Insgesamt treten die Vorzüge von Jahrgangsmischung besonders auf Grundlage der Freiarbeit, doch zum Teil auch im gebundenen Unterricht, welcher ebenfalls nach den Regeln der inneren Differenzierung praktiziert wird (allerdings in größeren Gruppen)[58], in Erscheinung.
3.3.1 Prinzipien und Vorzüge der Jahrgangsmischung bei Montessori
Das von Maria Montessori bevorzugte Modell der Jahrgangsmischung von drei Stufen, also einer „geschlechts- und altersgemischten Gruppierung der 3-6-Jährigen, der 6-9-Jährigen und der 9-12-Jährigen“[59], entspricht nach Ansicht der Reformpädagogin dem „Natürlichkeitsprinzip“. Da das Kind in seiner Umwelt immer Erfahrungen mit Älteren und Jüngeren macht (vor allem in der Familie mit Geschwistern oder im Kinderhaus), ist es für Montessori sinnvoll die Mischung dreier Altersstufen auf die Schule zu übertragen. Dabei wird dem Kind die Möglichkeit geboten, unterschiedliche Rollen (die des Älteren, des Mittleren und des Jüngeren) kennen zu lernen und sie in seiner Gruppe einzunehmen. Lagings Ansicht nach führt dies nicht zu konkurrierendem, sondern zu kooperativem Umgang miteinander und fördert somit das Sozial- und Lernverhalten.[60] Dieses Modell der Mischung von drei Jahrgängen kann seit der vollzogenen Teilung von Volksschulen in Grund- (umfasst in den meisten Bundesländern vier Jahrgänge) und Hauptschulen, nur noch schwer umgesetzt werden. Deshalb mussten auch in den Montessori-Schulen neue Modelle bzw. Organisationsformen von Jahrgangs-mischung entwickelt werden[61] (→ 6.3).
Ein weiteres wichtiges Prinzip ist der Aspekt des Voneinander Lernens. „Kinder lernen [Montessoris Ansicht nach] in einer Weise voneinander, die Eltern und Erzieher nicht ersetzen können […], da sie sich in ihrem Fühlen und Denken […] näher stehen als Erwachsene [und somit] Erkenntnisse oft entsprechend einfacher weitergeben [können].“[62] Dieser Aspekt beinhaltet zwei wichtige Ausrichtungen. Auf der einen Seite steht das Lernen durch Imitation, wobei die Jüngeren die Älteren nachahmen und so zu neuen Erkenntnissen gelangen. Montessori beschreibt das folgendermaßen: „Sie können sich kaum vorstellen, wie gut ein kleines Kind von einem älteren lernt; wie geduldig das ältere Kind mit den Schwierigkeiten des jüngeren ist. Es sieht beinahe so aus, als ob das jüngere Kind für das ältere einen Arbeitsstoff darstelle.“[63] Aus dieser Aussage Montessoris lässt sich schließen, dass auf der anderen Seite der Effekt des Lernens durch Lehren nicht zu unterschätzen ist, da die Schüler vorerst ihr eigenes Wissen system-atisieren müssen, bevor sie es anderen Kindern vermitteln können.[64] „[Das Kind] vervollkommnet […] das, was es weiß, indem es lehrt, denn es muss seinen klein-en Wissensschatz analysieren und umarbeiten, will es ihn an andere weitergeben. Dadurch sieht es die Dinge klarer und wird für den Austausch entschädigt.“[65] „Durch nichts lernen sie mehr als durch das Lehren anderer […].“[66]
Weitere Vorzüge der Jahrgangsmischung sieht Montessori in dem Abbau von Konkurrenz und Rivalität, besseren Erfolgschancen für begabte, wie auch schwächere Schüler, der Förderung von Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation sowie Kooperation und in dem Wegfall des Sitzenbleibens (→ 4).
3.3.2 Die Bedeutung von Gleichaltrigen in der Lerngruppe
Trotz der vielen positiven Prinzipien und Vorzüge, die in der Montessori-Pädagogik wie auch allgemein durch Jahrgangsmischung erreicht werden können, sollte man nicht zu der Auffassung gelangen, dass Kinder keine Gleichaltrigen mehr in der Lerngruppe benötigen. Diese Notwendigkeit, die schon von Montessori erkannt wurde, kann in einer neueren kritischen Studie bestätigt werden. Sie kommt zu dem Ergebnis, „dass Kinder für ihre Entwicklung unbedingt auch gleichaltrige Kinder brauchen, um ihre altersgemäßen und entwicklungsbedingten Interessen und Bedürfnisse zu realisieren.“[67]
Daher ist wichtig, bei der Zusammenstellung einer jahrgangsgemischten Klasse darauf zu achten, dass die Anzahl der Gleichaltrigen so groß ist, dass sich Freundesgruppen des gleichen Geschlechts und Alters bilden können.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden und um die Chance zu erhöhen, von verschiedenen Charakteren zu lernen, forderte Maria Montessori für die jahrgangsgemischte Lerngruppe eine hohe Anzahl von Kindern.[68] Sie sagt: „Um gute Ergebnisse zu erreichen [soll] die Klasse am besten zwischen 30 und 40 Kindern zählen […]. Die wirklich guten Ergebnisse stellen sich ein, wenn die Zahl der Kinder wächst; 25 ist eine ausreichende Zahl und mit 40 haben wir die beste Zahl gefunden.“[69]
Laut Stein würde heute, aufgrund eines erhöhten Anspruchs an die Schule in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit, die intensive Betreuung jedes einzelnen Kindes, sowie durch den Anstieg von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern kein Pädagoge mehr für eine Klasse mit 40 Kindern plädieren.
Um bei einer geringeren Schülerzahl (ca. 25-30 Kinder) in jahrgangsgemischten Klassen dennoch die Möglichkeit des Beziehungsaufbaus zu gleichaltrigen und gleichgeschlechtlichen Kindern zu gewährleisten, ist es unumgänglich sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen, welches Modell von Jahrgangsmischung unter den strukturellen Gegebenheiten am besten geeignet ist[70] (→ 6.3).
3.4 Peter Petersen
Neben Maria Montessori plädiert auch Peter Petersen in seinem um 1925 ent-standenen Konzept des Jena-Plans für jahrgangsgemischten Unterricht. Er ist der Ansicht, dass das Versagen der „Alten Schule“[71] anhand der großen Zahl der Sitzenbleiber, festgefahrener Lehrpläne, des reinen Abarbeitens von Pensen sowie des hohen Selektionsdrucks deutlich werde, da die Schule scheinbar nicht so arbeite, dass die Lernziele von der Mehrzahl der Schüler erreicht werden könnten. Für Petersen sind das Symptome, an denen sich der „Bankrott der Jahr-gangsklasse“ feststellen lässt.[72]
Des weiteren gibt der Reformpädagoge zu bedenken, dass „die Gruppeneinteilung der Kinder rein nach dem Lebensalter […] das sichtbarste Zeichen dafür [sei], dass unsere Schule nur den Schüler sieht, nicht das Kind: man denkt nur daran, einen möglichst homogenen Lernkörper zu schaffen [...]“[73]. Gleichzeitig handelt es sich beim Reichsgrundschulgesetz von 1920[74] Petersens Ansicht nach um einen kläglichen schulpolitischen Kompromiss.[75]
Der Reformpädagoge ist davon überzeugt, dass die Lösung dieser Probleme in der Mischung der Schüler nach Alter und Geschlecht zu finden sei und fordert somit, die Jahrgangsklasse durch die natürliche Altersgruppe zu ersetzen[76] und gleichzeitig eine Schule zu entwickeln, die bis zu zehn Jahre umfasst oder sogar durchgängig bis zum Abitur führt.[77]
So wird für Peter Petersen, der selbst seine Schulzeit in einer einklassigen, alters-gemischten Landschule in Großenwiehe verbrachte und dies als entscheidende Grundlage seiner Erziehung erfahren hat, die absichtsvolle Bildung von vier bzw. fünf altersgemischten Stammgruppen zur Bedingung für seine „Neue Schule“.[78]
3.4.1 Die altersgemischte Stammgruppe
Im Konzept des Jena-Plans von Petersen wird die Jahrgangsklasse durch die Stammgruppe, eine heterogene Schülergemeinschaft ersetzt, welche die Grund-lage seiner Unterrichtsorganisation bildet. Ebenso wie bei Montessori beinhaltet eine Gruppe jeweils drei Jahrgänge:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Zusammenfassung von drei Jahrgängen ist nicht willkürlich gewählt worden, sondern sie ist Folge von planmäßigen Versuchen, die Petersen ab 1925 in Jena durchgeführte. Bei dieser Versuchsreihe ging es ihm von Anfang an darum, eine Sozialform zu finden, die, da sie eine freier Entfaltung des Zwischenmensch-lichen ermöglicht, erzieherisch besonders wirkungsvoll ist.[79] Es stellte sich heraus, dass „Kinder einer solchen Phase – also von durchschnittlich drei Jahren – […] seelisch – und was noch wichtiger für den Pädagogen ist – allgemein-menschlich enger zusammen [gehören], d.h. sie bedeuten etwas Besonderes für einander, können sich gegenseitig besonders viel sein und geben.“[80] In seinen Beobachtungen der Stammgruppen findet Petersen heraus, dass es typische Arbeitsformen und Interessen gibt, die er seinen Schulstufen zuordnen kann. Er folgert daraus, dass diese Stufen der Entwicklung des Kindes nahezu entsprechen.[81]
So sieht er in der Untergruppe „die Stufe der spielenden Beschäftigung und des gestalterischen-experimentierenden Werkens.“[82] In diesem Alter (6.-8. Lebens-jahr) sind Spiel, Beschäftigung und Schaffen noch eng miteinander verbunden. Die Mittelgruppe bezeichnet Petersen als „Stufe der Arbeit und der Sachlichkeit“[83]. Die Schüler haben in dieser Gruppe großes Interesse daran zu erfahren, wie man bestimmte Dinge gestaltet, bearbeitet und darstellt. In der Obergruppe findet nun aufgrund des vorher Gelernten die „freiere Entfaltung“ statt, was sich besonders gut in altersheterogenen Gruppen realisieren lässt. Die Jugendlichengruppen I / II würden „die besten schulischen Früchte tragen […], wenn es unseren Schülern ermöglicht würde, sie zu besuchen.“[84]
In Bezug auf die Größe einer Stammgruppe ist Petersen davon überzeugt, dass die besondere Arbeitsform des Jena-Plans sowie die kindgerechte Gestaltung des Schulalltags, die Arbeit in großen Lerngruppen erleichtere. Dennoch plädiert er dafür, dass in Unter- und Mittelgruppe höchstens 40 und in der Obergruppe nicht mehr als 35 Kinder unterrichtet werden sollten.[85]
3.4.2 Eingliederung der Stammgruppe in den Schulalltag
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sitzkreis einer Stammgruppe in der Universitätsschule Jena[86]
Im Konzept Peter Petersens wird der Unterricht in einem „Wochenrhythmus“ organisiert, wodurch dem Kind Arbeitsphasen ermöglicht werden sollen, die ihm Raum geben, seinem natürlichen Arbeitsrhythmus nachzugehen. Gleichzeitig soll durch das Bilden von Lernbe-reichen anstelle von Fächern, sowie durch die Eingliederung des Wochenendes, Leben und Lernen miteinander verbunden werden.[87] Somit handelt es sich bei einer Stammgruppe nicht ausschließlich um eine Lerngruppe, sondern vielmehr um eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft.[88] Dies zeigt sich auch in Gemeinschaftsformen wie dem Kreis innerhalb der Stammgruppe oder regelmäßigen Stufen- und Schulfeiern, die eine Bindung zwischen Stammgruppe und Schulgemeinde erzeugen sollen.
Der bedeutendste Anteil der Arbeit in der Stammgruppe findet im Kernunterricht statt, in welchem sich laut Traub „das freie Kräftespiel der Gruppe“[89] entfalten kann. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Arten von Kursen, wie beispielsweise fachspezifische Lehrgänge (die auf Grundlage des Anspruchsniveaus der Kinder gebildet werden), frei wählbare Kurse, die sich an speziellen Interessen der Schüler orientieren und wenn nötig, Ergänzungen zum Kernunterricht in Form spezieller Einführungskurse. Im Wochenrhythmus bildet somit die Arbeit in der Stammgruppe den Unterrichtskern, der jedoch offen für eine flexible Gestaltung, sowie eine Ergänzung durch sinnvolle Zusatzangebote bleibt.[90]
3.4.3 Begründungen der jahrgangsgemischten Stammgruppe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Neben der Bedeutung der natürlichen Altersreihe[91] führt Petersen noch weitere Gründe für sein Modell der jahrgangsgemischten Stammgruppen an. Wie schon Maria Montessori oder auch Berthold Otto betont Petersen die Bildungs-wirksamkeit der Differenz (→ siehe Foto[92] ), welche durch die Mischung von drei Jahrgängen unter den Schülern entsteht.[93] „Die Altersunterschiede bedeuten verstärkte geistige und allgemein-menschliche Anregung und Förderung für die Gemeinschaft, dazu sind reichlich pädagogische wie unterrichtliche Führer unter den Kindern selber vorhanden […].“[94] „Die drei Jahrgänge verhalten sich zueinander wie Lehrlinge, Gesellen und Meister; auf jeden Fall entsteht eine solche Innengliederung jeder Gruppe, dass jener Vergleich zu Recht besteht.“[95] Diese letzte Äußerung, die sich auf das umstrittene Führungsverhältnis bei Petersens bezieht, könnte man als „Rückfall“ in die Theorie der Jahrgangsklasse missverstehen, wären die Begriffe „Lehrling, Geselle und Meister“ mit einer eindeutigen Zuordnung des Jahrgangs verbunden. Der darauf folgende Hinweis, dass eine solche „Innengliederung jeder Gruppe“ entsteht, lässt vermuten, dass sich Petersen mit den genutzten Begriffen auf das Arbeitsverhalten der einzelnen Schüler und nicht auf ihr Alter bezieht.[96] Durch diese Heterogenität entsteht dem Reformpädagogen zufolge ein „fruchtbares Bildungsgefälle“[97]
Auch in Bezug auf die begabten Schüler sieht Petersen einen Vorteil der Altersmischung, da diese nicht so deutlich hervortreten bzw. auffallen wie in einer Jahrgangsklasse und somit Petersen zu Folge „nie die bekannten unangenehmen Seiten der Überlegenen und Besserwissenden“[98] entwickeln.
Abgesehen von den genannten Punkten spricht Petersen zufolge noch ein weiterer Aspekt für die drei Jahrgänge umfassende Stammgruppe. Dieser ist in der jährlichen Veränderung der Gruppe zu finden. Da in jedem Jahr etwa ein Drittel der Schüler die Gruppe verlässt, während ein neues hinzukommt, wird die Gefahr ausgeschlossen, dass dieselbe Gruppenstruktur ihre möglichen Schwierigkeiten im Zusammenleben auf Dauer behält. Gleichzeitig „bleibt eine vorgeordnete Sozialstruktur erhalten, in die die neuen Schüler […] hineinwachsen“[99] und die sie gleichzeitig durch frische Anregungen bereichern können um somit „die Stammgruppe lebendiger zu erhalten.“[100]
Der Aspekt der jährlichen Veränderung der Gruppe steht in engem Zusammenhang mit dem von Petersen (an der Jahrgangsklasse) oft kritisierten Problem der Versetzung. Dieses kommt, in Form des Übergangs von einer Stammgruppe in die nächste, auch in der Jenaplan-Schule vor. Allerdings ereignet sich dieser Übergang im jahrgangsgemischten Jena-Plan Konzept erst nach drei Jahren und kann, wie auch die Einschulung, je nach Entwicklungsstand des Kindes, zeitlich variieren.[101] Petersen sagt dazu: „Für die „Versetzung“ ist uns stets ausschlaggebend die „allgemeine Reife“, die menschliche Haltung, die Frage, wie wird sich dieser Junge, dieses Mädchen als ganze kleine Persönlichkeit in der anderen Gruppe fühlen und durchsetzten […] ?“[102]
Bei dieser Übergangsentscheidung wird der Selbsteinschätzung des Kindes sowie dem Mitspracherecht der Eltern eine wichtige Rolle zugesprochen. Für die Entscheidung stehen ihnen ausführlichen Entwicklungsberichte, die anstatt von Noten erstellt werden, als wertvolle Hilfe zur Verfügung.[103]
3.4.4 Die Pädagogik Petersens in der aktuellen Diskussion
Peter Petersen gehört zu den bekanntesten, aber auch umstrittensten Erziehungs-wissenschaftlern der Reformpädagogik. Sein Jena-Plan Konzept wird bis in die heutige Zeit sehr kontrovers diskutiert. Viele Kritiker sehen das Problem der Pädagogik Petersens, in der bis heute nicht vollständig geklärten Stellung des Reformpädagogen zum Nationalsozialismus. Diese Ungewissheit hat, nach Klein-Landeck ein Abschwächen der Tradition Petersens in Deutschland zufolge.
Während die einen in dem Reformpädagogen einen Anhänger faschistischer Ideologien sehen, ist er für die anderen ein mutiger Demokrat.[104] Einige Kritiker sind der Meinung, dass Petersens scheinbar wankelmütige Grundhaltung das unbefangene Weiterführen seines Werkes verhindere, während gleichzeitig für andere außer Zweifel steht, dass der Jenaer Pädagoge seine Schulen „nur mit humanen, sittlich geläuterten und pädagogisch anspruchsvollen Gemeinschafts-erfahrungen zu füllen suchte.“[105]
Nach Michael Klein-Landeck wird in Petersens Schriften nach 1933 zwar erkennbar, dass dieser versuchte die Vereinbarkeit seiner Pädagogik mit der Gemeinschaftsidee des Nationalsozialismus aufzuzeigen und somit sein Schulmodell des Jena-Plans zu empfehlen, jedoch ohne dabei bedeutungsvolle Zugeständnisse an die menschenverachtenden NS-Machthaber zu machen. Peter Petersen gab somit Klein-Landeck zufolge weder sein „ethische[s] Fundament noch die humanistischen Intentionen seiner Erziehungskonzeption auf.“[106]
Zwar benutzt der Reformpädagoge in seinem Jena-Plan Konzept Zentralbegriffe wie „Führer“ oder „Volk“, die man mit dem Nationalsozialismus verbindet, jedoch besteht bei diesen, Dietrichs Auffassung nach, nicht die geringste Bedeutungskongruenz. Dieser Meinung schließt sich auch Kassner an, der zwar feststellt, dass Petersens Werk kein drastisches „Bollwerk des Geistes gegen das nationalsozialistische Denken“ ist, dennoch aber darauf verweist, dass die Arbeiten des Reformpädagogen „nichts mit der nationalsozialistischen Ideologie gemein haben.“[107]
Auf weitere Kritik- und Diskussionspunkte bezüglich der Jena-Plan Pädagogik wie beispielsweise den Vorwurf der mangelnden Modernität oder des Anti-Individualismus soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, da sie für das Thema dieser Arbeit nicht weiter von Interesse sind.
Insgesamt ist umstritten, ob sich der Gemeinschaftsgedanke Petersens mit der heutigen Vorstellung von Erziehung und Demokratie vereinbaren lässt. Eine bedenkenlose Übertragung der Pädagogik Petersens oder anderer reformpäda-gogischer Konzepte auf den heutigen Schulalltag ist sicherlich nicht möglich. Vielmehr muss die Frage gestellt werden, welches Verständnis von Erziehung im Kontext gesellschaftlicher Verhältnisse hinter dem Konzept der altersgemischten Gruppe bei Petersen steht und ob dieses auch heute noch unter den veränderten gesellschaftlichen Lebensverhältnissen relevant ist.“[108]
Aus diesem Grund reicht es nicht aus die Form des jahrgangsübergreifenden Unterrichts nur damit zu begründen, dass auf die Altersmischung in den reformpädagogischen Konzepten verwiesen wird. Vielmehr ist es einerseits wichtig die bisher aufgeführten Argumente für altersheterogenen Unterricht auf ihre Beständigkeit zu überprüfen und andererseits die Jahrgangsmischung aus der heutigen Zeit heraus neu zu begründen.[109]
4. Möglichkeiten von Jahrgangsmischung
Der Unterricht in altersheterogenen Klassen bietet vielfältige Chancen, die in einer Jahrgangsklasse nicht zu realisieren sind. Es gibt sowohl soziale und pädagogische Möglichkeiten als auch schulorganisatorische Begründungen für Jahrgangsmischung.
Einige dieser Vorteile von altersgemischtem Lernen sind lange bekannt, da sie bereits in den reformpädagogischen Konzepten von Maria Montessori, Peter Petersen u. a. zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle spielten.
Während ein Großteil dieser reformpädagogischen Argumente bis heute nicht an Gültigkeit verloren oder sogar noch an Bedeutung hinzugewonnen hat, lassen sich manche der daraus resultierenden Erwartungen und Möglichkeiten nicht mehr problemlos auf den heutigen Schulalltag übertragen.
Gleichzeitig existieren Begründungen von Jahrgangsmischung, „die durch veränderte Lebensverhältnisse eine neue Interpretation und zugleich eine Erweiterung erfahren“[110] oder sich durch diese neu entwickelt haben.
Im Folgenden werden vielfältige Möglichkeiten von Jahrgangsmischung vorgestellt und im Hinblick auf ihre Gültigkeit und Bedeutung hinterfragt.
4.1 Soziale und pädagogische Möglichkeiten
Erziehung und Unterricht sollten sich an kindlichen Bedürfnissen orientieren und gleichzeitig so konzipiert sein, dass Kindern vielfältige soziale Erfahrungen ermöglicht werden und sie lernen, eigenverantwortlich und flexibel mit den Anforderungen des Lebens umzugehen.[111]
Der Unterricht in jahrgangsgemischten Klassen bietet an dieser Stelle reichhaltige soziale und pädagogische Möglichkeiten.
[...]
[1] Bönsch, Manfred: Differenzierung in Schule und Unterricht. Anprüche, Formen, Strategien. München 1995, S. 13
[2] Geppert, Klaus/Preuß, Eckhardt: Differenzierender Unterricht konkret. Analyse, Planung und Gestaltung ; ein Modell zur Reform des Primarbereichs. Bad Heilbrunn 1978, S. 14 (künftig zitiert als „Geppert 1978“)
[3] Zitat aus einer Rede von Altbundespräsident Richard v. Weizsäcker (1993) In: Havemann, Bernd: Pädagogisches Studienseminar für das Lehramt für Sonderpädagogik (Handout). Lüneberg 2004
[4] Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit bei Personenbezeichnungen auf die weiblichen Endungen verzichtet. Es sind jedoch in jedem Fall männliche und weibliche Personen gleichermaßen gemeint.
[5] Vgl.: Christiani, Reinhold: Neuanfang beim Schulanfang. In: Christiani, Reinhold (Hrsg.): Schuleingangsphase: neu gestalten, Berlin 2004, S. 15 (künftig zitiert als „Christiani 2004“)
[6] Grotenhaus, Brigitt/Reiners, Christoph: Die neue Schuleingangsphase: Erfolgreich starten! Donauwörth 2004, S. 7 (künftig zitiert als „Grotenhaus 2004“)
[7] Vgl.: Ebd., S. 4
[8] Vgl.: Laging 1999, S. 6
[9] Lassek, Maresi/Struckmeyer, Rolf: Altersgemischte Anfangsklassen – eine Regelschule geht am Schulanfang neue Wege. In: Laging, Ralf (Hrsg.): Altersgemischtes Lernen in der Schule. Hohengehren 1999, S. 169 (künftig zitiert als „Lassek 1999“)
[10] Mischung unterschiedlicher Jahrgänge zu einer altersheterogenen Gruppe (Hinweis: Jahrgangs-mischung , Altersmischung und Altersheterogenität werden in dieser Arbeit analog verwendet)
[11] Vgl.: Skischus, Gabriele/Thies, Wiltrud: Reformschule Kassel – ein Schulportrait unter beson-derer Berücksichtigung des Prinzips der Altersmischung. In: Laging, Ralf (Hrsg.): Alters-gemischtes Lernen in der Schule. Hohengehren 1999, S. 120
[12] Vierlinger, Rupert: Innere Differenzierung als Schlüssel zur schulischen Integration. In: http://bidok.uibk.ac.at/bib/schule/vierlinger-differenzierung.html (30.11.05)
[13] Vgl.: Hanke, Petra: Die neue Schuleingangsphase. Jahrgangsbezogen oder jahrgangsüber-greifend? Neugestaltung der Schuleingangsphase als pädagogisch-didaktische Herausforderung für Grundschulen in NRW. In: Schule heute 5/2005, S. 6 (künftig zitiert als „Hanke 2005“)
[14] Vgl.: Laging, Ralf: Altersmischung – eine pädagogische Chance zur Reform der Schule. In: Laging, Ralf (Hrsg.): Altersgemischtes Lernen in der Schule. Hohengehren 1999, S. 7 (künftig zitiert als „Laging 1999“)
[15] Vgl.: Claussen, Claus/Gobbin-Claussen, Christiane: Soziales Lernen in altersgemischten Lern-gruppen. In: Fölling-Albers, Maria (Hrsg.): Veränderte Kindheit – veränderte Grundschule. Bd. 75. Frankfurt am Main 1989, S.159 (künftig zitiert als „Claussen 1989“)
[16] Moll-Strobel, Helgard: Schulanfang in jahrgangsübergreifenden Klassen. Ein anachronistisches oder innovatives Konzept? In: Grundschulmagazin. 5/1998, S. 7 (künftig zitiert als: „Moll-Strobel 1998“)
[17] Hauptwerk von Comenius (1592-1670) = Didactica Magna = „Große Lehrkunst“ = ars omnes omenia docendi = „die Kunst, alle alles zu lehren“ (1957)
[18] Jenzer, Carlo: Die Schulklasse. Eine historisch-systematische Untersuchung. Bern, Frankfurt a. M., New York, Paris, Wien 1991, S. 29
[19] Vgl.: Laging 1999, S. 7
[20] Vgl.: Goetze-Emer, Brigitte/Klaus, Eva u. a.: Projektunterricht in altersgemischten Lern-Gruppen. Hohengehren 2000, S. 47 (künftig zitiert als: „Goetze-Emer 2000“)
[21] Ebd.
[22] Vgl.: Geißler, Georg: Das System des Klassenunterrichts. In: Geißler, G./Wenke, H. (Hrsg.): Erziehung und Schule in Theorie und Praxis. Weinheim 1960, S. 59 f. (künftig zitiert als „Geißler 1960“)
[23] Christiani 2004, S. 15
[24] Vgl.: Ebd.
[25] Vgl.: Laging 1999, S. 8 f.
[26] Knauf, Tassilo: Einführung in den Themenschwerpunkt – Jahrgangsübergreifender Unterricht – Altersgemischtes Lernen. In: PÄD-Forum: Themenschwerpunkt: Ohne Klassen – klasse Schulen. 2/1997, S. 116 (künftig zitiert als: „Knauf 1997“)
[27] Vgl.: Ebd.
[28] Vgl.: Goetze-Emer 2000, S. 47
[29] Vgl.: Knauf 1997, S. 116
[30] Moll-Strobel 1998, S. 7
[31] Vgl.: Geißler 1960, S. 55
[32] Blendinger, Dorothea/Diehnelt, Marlene: Kooperation zwischen Klassen. Voneinander lernen in heterogenen Gruppen. Rieden 2003, S. 47 (künftig zitiert als: „Blendinger 2003“)
[33] Vgl.: Ingenkamp, Karlheinz: Zur Problematik der Jahrgangsklasse. Weinheim 1969, S. 273 ff
[34] Vgl.: Moll-Strobel 1998, S. 7
[35] Laging 1999, S. 8
[36] → Die Zurückstellung von Schulanfängern soll im Zusammenhang mit der neuen Schulein-gangsphase eingedämmt bzw. möglichst abgeschafft werden.
[37] Laging 1999, S. 11
[38] Vgl.: Knauf 1997, S. 115
[39] Vgl.: Goetze-Emer 2000, S. 47
[40] Vgl.: Knauf 1997, S. 115
[41] Lennartz, Alice/Ludwig, Harald: Jahrgangsübergreifendes Lernen. In: Wittenbruch, Wilhelm/
Lennartz, Alice (Hrsg.): Zeit zu handeln: Grundschulentwicklung voranbringen! Heinsberg 2003, S. 81 (künftig zitiert als: „Lennartz 2003“)
[42] Vgl.: Knauf 1997, S. 116
[43] Landschulen werden auch oft als „Zwergschulen“ bezeichnet
[44] → Sputnikschock nennt man die politisch-gesellschaftliche Reaktion in den USA und Westeuropa sowie die weitere Entwicklung ihrer Raumfahrt nach dem Start des ersten Erdsatelliten Sputnik am 4. Oktober 1957 durch die Sowjetunion. Sputnik bewies in erster Linie, dass die Sowjetunion technologisch den USA mindestens ebenbürtig, sowie im Besitz von starken Interkontinentalraketen war und die USA mit Atombomben bedrohen konnte. Diese technologische Leistung stellte den bis dahin sicher geglaubten Überlegenheitsanspruch des Westens in Frage. (Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Sputnik-Schock vom 10.12.2005 )
[45] Vgl.: Förch, Johannes / Gerold, Horst-Dieter u.a.: Die altersgemischte Klasse – Aus der Sicht kleiner Grundschulen. In: Burk, Karlheinz (Hrsg.): Jahrgangsübergreifendes Lernen in der Grundschule. Frankfurt am Main 1996, S. 24 (künftig zitiert als: „Förch 1996“)
[46] Lennartz 2003, S. 81
[47] Förch 1996, S. 25
[48] Vgl.: Lennartz 2003, S. 81 f.
[49] → Auf die Konzepte von Otto und Geheeb soll in dieser Arbeit nicht gesondert eingegangen werden. Abgesehen von den genannten Reformpädagogen gibt es noch weitere, die das Prinzip der Jahrgangsmischung in ihre Konzepte eingebunden haben.
[50] Montessori, Maria: Das kreative Kind. Der absorbierende Geist. Freiburg 1972, S. 203 (künftig zitiert als: „Montessori 1972“)
[51] Holtstiege, Hildegard: Das Prinzip der Altersmischung in Montessori-Schulen. In: Montessori – Zeitschrift für Montessori-Pädagogik. 3-4/1995, S. 102 (künftig zitiert als „Holtstiege 1995“)
[52] Vgl.: Laging 1999, S. 12
[53] Vgl.: Ebd.
[54] → Sinnesmaterialien für die Bereiche Kinderhaus, Deutsch, Mathematik und Kosmische Erziehung, die von Montessori selbst entwickelt wurden und den Entwicklungsstufen des Kindes entsprechen
[55] → eine kindgerechte Umgebung (z.B. der Klassenraum) die vom Lehrer / Erzieher so konzipiert wird, dass sich das Kind darin selbständig und frei bewegen kann
[56] Montessori 1972, S. 13
[57] Vgl.: Eichelberger, Harald: Handbuch zur Montessori-Didaktik. Innbruck 1997, S. 22 (künftig zitiert als „Eichelberger 1997“)
[58] Vgl.: Stein, Barbara: Kinder lernen auch von Kindern – Zur Jahrgangsmischung an Montessori-Schulen. In: Ludwig, Harald, Fischer, Christian u. a.: Sozialerziehung in der Montessori-Pädagogik. Theorie und Praxis einer „Erfahrungsschule des sozialen Lebens“. Münster 2005,
S. 132 (künftig zitiert als: „Stein 2005“)
[59] Laging 1999, S. 11
[60] Vgl.: Blendinger 2003, S. 48
[61] Vgl.: Stein, Barbara: Altersmischung. In: Steenberg, Ulrich (Hrsg.) / Holtz, Alex u. a.: Handlexikon zur Montessori-Pädagogik. 4. Band, Ulm / Münster 1997, S. 9
[62] Stein 2005, S. 133
[63] Montessori, Maria: Spannungsfeld Kind – Gesellschaft – Welt. Auf dem Weg zu einer „Kosmischen Erziehung“. Freiburg 1979, S. 87 (künftig zitiert als „Montessori 1979“)
[64] Vgl.: Blendinger 2003, S. 48
[65] Montessori 1972, S. 204
[66] Montessori 1979, S. 87
[67] Heller, Elke: Gut, dass wir so verschieden sind. Zusammenleben in altersgemischten Gruppen. Berlin 1998, S. 22
[68] Vgl.: Stein 2005, S. 135 f.
[69] Montessori 1979, S. 82
[70] Vgl.: Stein 2005, S. 136 f.
[71] Petersen bezieht sich mit der Bezeichnung der „Alten Schule“ auf das Jahrgangsklassensystem für welches das Ideal der völligen Homogenität das leitende Prinzip darstellt.
[72] Vgl.: Petersen, Peter: Der kleine Jena-Plan. Langensalza 1927. 56.-60. Aufl. Weinheim 1980,
S. 15 f. (künftig zitiert als „Petersen 1980“)
[73] Vgl.: Ebd.: S. 38
[74] Gesetz bezüglich der vier Jahre umfassenden Grundschule aus dem Jahr 1920
[75] Vgl.: Traub, Thilo: Jahrgangsübergreifende Gruppen im Schulkonzept Jenaplan. In: Laging, Ralf (Hrsg.): Altersgemischtes Lernen in der Schule. Hohengehren 1999, S. 126 (künftig zitiert als „Traub 1999“)
[76] Vgl.: Petersen, Peter: Führungslehre des Unterrichts. Langensalza 1937. Neuausgabe nach der 10. Aufl. 1971. Weinheim/Basel 1984, S. 93 (künftig zitiert als: „Petersen 1984“)
[77] Vgl.: Petersen 1980, S.12
[78] Vgl.: Traub, Thilo: Die Stammgruppe im Jenaplan Peter Petersens. In: Burk, Karlheinz (Hrsg.): Jahrgangsübergreifendes Lernen in der Grundschule. Frankfurt am Main 1996, S. 30 (künftig zitiert als „Traub 1996“)
[79] Vgl.: Klein-Landeck, Michael: Freie Arbeit bei Maria Montessori und Peter Petersen. 2. bearbeitete Aufl. Münster 1998, S. 127 (künftig zitiert als: „Klein-Landeck 1998“)
[80] Petersen 1984, S. 54
[81] Vgl.: Traub 1996, S. 32
[82] Petersen, Peter: Die Praxis der Schulen nach dem Jena-Plan. (Jena-Plan Bd. III) Weimar 1934, S. 18
[83] Ebd.
[84] Ebd.
[85] Vgl.: Klein-Landeck 1998, S. 128
[86] → Archiv-Bild aus dem Film „Das Schulleben an der Universitätsschule Jena“
[87] Vgl.: Traub 1996, S. 34
[88] Vgl.: Klein-Landeck 1998, S. 127
[89] Traub 1996, S. 34
[90] Vgl.: Ebd.
[91] → Die dreijährige Altersmischung entspricht laut Petersen den Entwicklungsstufen der Kinder
[92] → Auf dem Archiv-Bild aus dem Film „Das Schulleben an der Universitätsschule Jena“ erklärt eine ältere Schülerin, zwei jüngeren Mitschülern ihre Aufgaben. Dies zeigt die Bildungswirksamkeit der Differenz von Jahrgangsmischung.
[93] Vgl.: Laging 1999, S. 12 f.
[94] Petersen 1980, S. 21
[95] Ebd.: S. 38
[96] Traub 1996, S. 35
[97] Petersen 1980, S. 38
[98] Petersen 1980, S. 38
[99] Laging 1999, S. 12
[100] Petersen, Peter (Hrsg.): Schulleben und Unterricht einer freien allgemeinen Volksschule nach den Grundsätzen neuer Erziehung. (Jena-Plan Bd. I) Weimar 1930, S. 20 (künftig zitiert als „Petersen 1930“)
[101] Vgl.: Traub 1999, S. 128 f.
[102] Petersen 1930, S. 20 f.
[103] Vgl.: Traub 1996, S. 34
[104] Vgl.: Klein-Landeck 1998, S. 117
[105] Kassner, P./Scheuberl, H.: Rückblick auf Peter Petersen, sein pädagogisches Denken und Handeln. In: Zeitschrift für Pädagogik. 5/1984, S. 658
[106] Klein-Landeck 1998, S. 117
[107] Kassner, P.: Peter Petersen – die Negierung der Vernunft? In: Die deutsche Schule. 1/1989,
S. 126 ff
[108] Laging 1999, S. 14
[109] Vgl.: Ebd.
[110] Vgl.: Bruns, Martina/Larssens, Susanne u. a.: Vorteile von Jahrgangsübergreifendem Unterricht. In: Landesinstitut für Schule. Schuleingangsphase. Fortbildung zur neuen Schuleingangsphase. Didaktische Materialien für die Moderation. Modul 1: Grundlegende Auseinandersetzung und erste Planung. Soest 2004, Medium 4.3.1 (künftig zitiert als „Bruns 2004“)
[111] Christiani 2004, S. 171
- Quote paper
- Susanne Hoff (Author), 2006, Unterricht in jahrgangsgemischten Klassen in der Grundschule. Möglichkeiten und Grenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63958
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