Ausschlaggebend für die vorliegende Arbeit ist ein in der Zeitschriftenreihe „Media Perspektiven“ erschienener Artikel, der den Weg der spanischen Medien hin zu Konzentration und Konsolidierung bis zum Jahr 1996 untersucht. Im Hinblick auf die finanzielle Krise des öffentlichen Fernsehens wurde festgestellt, dass sich dieses fernab von einem wirtschaftlich gesunden und gut funktionierendem Zustand befände, der das Bestehen eines dualen Fernsehsystems begründen könnte. Vor Einführung des privaten Fernsehens hingegen bestand durchaus eine von politischer Seite vertretene Meinung, die den Anschein erweckte, eine Etablierung des privaten Fernsehens in Spanien sei neben dem öffentlich-rechtlichen nicht nur medienpolitisch, sondern auch ökonomisch denkbar. 1 Da in der spanischen Rechtsprechung kein Regelwerk besteht, das die Prämissen für die Existenz eines dualen Fernsehsystems klar definiert, wird in dieser Arbeit als Referenzgegenstand das vierte Rundfunkurteil von 1986 des deutschen Bundesverfassungsgericht herangezogen um durch diesen rechtlichen Rahmen einen Maßstab zu schaffen, an dem sich spanische Fernsehen messen lassen muss. Durch dieses Gesetz wurden eine Reihe von Ansprüchen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestellt, die erst nach deren Erfüllung die Einführung privater Sender rechtfertigen. Das duale System stützt sich auf die Funktionsteilung zwischen privaten und öffentlich Veranstaltern, wobei die Aufgabe der Grundversorgung allein den zuletzt genannten zufällt. 2 Inwieweit die Behauptung des Autors in seinem Artikel auch heute noch zutrifft, dass in Spanien nicht von einem dualen Fernsehsystem gesprochen werden kann, oder ob vielleicht mittlerweile nicht doch Tatsachen eingetreten sind, die die Existenz eines solchen bestätigen, ist die zentrale Frage in dieser Arbeit. Bei der Fragestellung wird ebenso der spanische Hörfunk berücksichtigt, da das Urteil des Bundesverfassungsgericht auch für diesen Geltung findet. Zunächst werde ich auf den Begriff des dualen Systems und die genauen Inhalte des vierten Rundfunkurteils eingehen. [...]
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Das duale System
III. Das vierte Rundfunkurteil von
IV. Die Entwicklung des spanischen Hörfunk - und Fernsehsystems
4.1 Der Hörfunk bis zum Ende des Franco-Regimes
4.2 Das Fernsehen bis zum Ende des Franco-Regimes
4.3 Verfassungsrechtliche Änderungen in Hörfunk und Fernsehen
4.4 Der Rundfunk unter der Partido Socialista Obrero Español
V.Die Anwendbarkeit des vierten Rundfunkurteils auf das spanische Rundfunksystem
5.1 Aufgabe und Institutionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
5.2 Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
5.3 Reichweite des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Voraussetzung für die Grundversorgung
5.4 Grundstandard an Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk
VI. Fazit – die Leistungsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Voraussetzung für eine geringere Anforderungen an die Programmausrichtung des privaten Rundfunks
VII. Literatur
I. Einleitung
Ausschlaggebend für die vorliegende Arbeit ist ein in der Zeitschriftenreihe „Media Perspektiven“ erschienener Artikel, der den Weg der spanischen Medien hin zu Konzentration und Konsolidierung bis zum Jahr 1996 untersucht. Im Hinblick auf die finanzielle Krise des öffentlichen Fernsehens wurde festgestellt, dass sich dieses fernab von einem wirtschaftlich gesunden und gut funktionierendem Zustand befände, der das Bestehen eines dualen Fernsehsystems begründen könnte. Vor Einführung des privaten Fernsehens hingegen bestand durchaus eine von politischer Seite vertretene Meinung, die den Anschein erweckte, eine Etablierung des privaten Fernsehens in Spanien sei neben dem öffentlich-rechtlichen nicht nur medienpolitisch, sondern auch ökonomisch denkbar.[1] Da in der spanischen Rechtsprechung kein Regelwerk besteht, das die Prämissen für die Existenz eines dualen Fernsehsystems klar definiert, wird in dieser Arbeit als Referenzgegenstand das vierte Rundfunkurteil von 1986 des deutschen Bundesverfassungsgericht herangezogen um durch diesen rechtlichen Rahmen einen Maßstab zu schaffen, an dem sich spanische Fernsehen messen lassen muss. Durch dieses Gesetz wurden eine Reihe von Ansprüchen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestellt, die erst nach deren Erfüllung die Einführung privater Sender rechtfertigen. Das duale System stützt sich auf die Funktionsteilung zwischen privaten und öffentlich Veranstaltern, wobei die Aufgabe der Grundversorgung allein den zuletzt genannten zufällt.[2] Inwieweit die Behauptung des Autors in seinem Artikel auch heute noch zutrifft, dass in Spanien nicht von einem dualen Fernsehsystem gesprochen werden kann, oder ob vielleicht mittlerweile nicht doch Tatsachen eingetreten sind, die die Existenz eines solchen bestätigen, ist die zentrale Frage in dieser Arbeit. Bei der Fragestellung wird ebenso der spanische Hörfunk berücksichtigt, da das Urteil des Bundesverfassungsgericht auch für diesen Geltung findet. Zunächst werde ich auf den Begriff des dualen Systems und die genauen Inhalte des vierten Rundfunkurteils eingehen. Bevor ich dazu übergehen werde, das spanische Rundfunkwesen den Prämissen dieses Urteils gegenüberzustellen, soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg der historischen Entwicklung des spanischen Rundfunks geben werden, um die mit meiner Fragestellung verbundene Problematik gerade vor dem Hintergrund des geschichtlich bedingten starken Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Staat und Rundfunk besser zu verdeutlichen. Die Artikel der zuletzt erschienenen Ausgaben der Internationalen Handbücher Medien bzw. Hörfunk und Fernsehen über den spanischen Rundfunk werden verstärkt in der vorliegenden Arbeit hinzugezogen, da sie aufgrund ihrer Aktualität für die Bearbeitung meiner Fragestellung die geeigneten Informationen bereitstellen.
II. Das duale System
Der Begriffstypus des dualen Systems bezeichnet die Koexistenz zwischen dem Modell des privaten und dem Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Unter Rundfunk wird dabei das Fernsehen wie auch der Hörfunk gleichermaßen verstanden.[3] Das duale System stellt somit eine Systemerweiterung dar, der eine Funktionsteilung der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender zu Grunde liegt. Bis Ende der 1970er Jahre konnte in den meisten westeuropäischen Staaten die Medienordnungstypologie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf die bestehenden Rundfunksysteme angewandt werden, die sich, bedingt durch die politische Gewalt, die den Eignern dieses Mediums zur Verfügung stand, herausgebildet hatte.[4] Innerhalb dieses Modells wird von Seiten der öffentlichen Veranstalter allen gesellschaftlich bedeutenden Gruppierungen die Möglichkeit zur Teilhabe an der Nutzung des Rundfunks eingeräumt um sowohl am politischen als auch gesellschaftlichen Willensbildungsprozess mitwirken zu können. Der durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten vorgenommenen Einschränkung der Mediennutzergruppen liegt die beschränkte Anzahl an zur Verfügung stehender Sendefrequenzen zu Grunde. Eben diese Fähigkeit einer gerechten Auswahl der gesellschaftlichen Vertreter, die an der Meinungsbildung teilhaben dürfen, sprechen die westeuropäischen Rundfunkordnungen allein den öffentlich-rechtlichen Organisationsformen zu.[5] Bedingt jedoch durch die rasche technische Entwicklung Anfang der 70er Jahre im Bereich der Kabel- und Satellitentechnik, konnte die Anzahl der Sendefrequenzen erweitert werden.[6] Dieser Umstand sowie die politische Forderung nach Einführung eines privaten Rundfunks, die aus der Vorstellung herrührte, die jeweils eigene Partei würde durch die inhaltlich unausgewogene Programmgestaltung benachteiligt, führte Ende der 70er Jahre zur Einführung des privaten Rundfunks in Deutschland.[7] Ein Jahrzehnt später erhielten in Spanien erstmalig drei private Fernsehsender ihre Zulassung, nachdem sich die regierende Partido Socialista Obrero Español (PSOE) zunehmend in der Kritik der Manipulation des öffentlichen Fernsehen wiederfand sowie dem Druck von Werbetreibenden und großen Kommunikationsgruppen nicht länger standhalten konnte.[8] Die Aufgabe der Grundversorgung, die „ein inhaltlich umfassendes Programmangebot gewährleistet, das den essentiellen Funktionen des Rundfunks für die demokratische Ordnung und für das kulturelle Leben gerecht wird“ unterliegt jedoch keiner Funktionsteilung, sondern ist allein Aufgabe des öffentlichen Rundfunks.[9] Dieser muss insofern die Sorgfalt für eine Programmbreite tragen, „in der die Vielfalt der bestehenden Meinungsrichtungen unverkürzt zum Ausdruck gelangen.“[10] Der Umfang des Programmangebots bestimmt sich demnach neben der Übertragung von Nachrichten, politischen Kommentaren oder Sendereihen über die Entwicklung der Gesellschaft auch aus einem Unterhaltungsteil, der sowohl Spielfilme als auch Sportsendungen beinhaltet. Der grundsätzliche Unterschied zwischen den privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten liegt demnach nicht nur in der Qualität, sondern auch in der Quantität der Programminhalte, den letztere zu leisten haben.[11] Die Prämissen unter denen eine Funktionsteilung innerhalb des dualen Rundfunksystems erfolgen kann, wurden durch das vierte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgericht im Jahr 1986 vorgegeben. Ob diese im spanischen Fernsehen ebenso wie im Hörfunk vorliegen, soll nach den folgenden Ausführungen über das vierte Rundfunkurteil näher untersucht werden.
[...]
[1] Vgl. Salamanca O., Daniel: Spaniens Medien auf dem Weg zu Konzentration und Konsolidierung, in: Media Perspektiven, 04/1996, S. 209-223 [216].
[2] Vgl. Gellner, Winand/Glatzmeier, Armin: Macht und Gegenmacht, Baden-Baden, 2004, S. 325.
[3] Vgl. Neun, Andreas: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen und Wachstum, Berlin, 2002, S. 51.
[4] Vgl. Gellner, Winand/Glatzmeier, Armin, a.a.O., S. 323 f.
[5] Vgl. ebd., S. 323.
[6] Vgl. Strohmeier, Gerd: Politik und Massenmedien, Baden-Baden, 2004, S. 262.
[7] Vgl. ebd., S. 264.
[8] Vgl. Álvarez-Monzoncillo/José Maria: Das Radio und Fernsehen in Spanien: Ein Sektor mit unsicherer Zukunft, in: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch für Hörfunk und Fernsehen, Baden-Baden, 2000/01, S. 597-608 [598].
[9] Gellner, Winand/Glatzmeier, Armin, a.a.O., S. 325.
[10] Loeb, Michael: Werbung als Finanzierungsquelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in: Media Perspektiven, 12/2003, S. 549-556 [550].
[11] Vgl. ebd., S. 550.
[12] Vgl. Strohmeier, a.a.O., S. 271.
- Quote paper
- Manuel Müller (Author), 2006, Besteht in Spanien unter der Praemisse des vierten Rundfunkurteils von 1986 ein duales Rundfunksystem?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63690
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