"Die neue Umwelt zerfällt zu einem chaotischen Wirbel beschleunigter Teilchen: schwindelerregend, strukturlos. Man weiß sich selbst nicht dazu in Beziehung zu setzen und kann das nur in kleinen Anläufen versuchen. Man zerfällt sich selbst zu kleinen, beziehungslosen Zeitsequenzen: ein Prozess der Identitätsdiffusion." (Waldhoff, Hans-Peter, Fremde und Zivilisierung, Frankfurt a. M., 1995, S. 194)
Das Betreten der Fremde wird zur Bedrohung für Existenz und Identität, die Folge: Bodenlosigkeit, Orientierungslosigkeit und - als letzte Konsequenz - Verlust der Heimat und des Selbst. Wer mag sich solchem aussetzen? Und dann - ganz im Gegensatz dazu: Auf die Frage, nach den Gründen seines Aufenthaltes in der Fremde antwortet der Schriftsteller Wolfgang Koeppen, er fühle sich dort am wohlsten, „weil zwischen mir und allem eine Distanz ist, eine Barriere, und zwar nicht nur eine der Sprache…Es ist ein schöner Zustand.“ (Linder, Christian, Schreiben als Zustand, Gespräch mit Wolfgang Koeppen, in: ders. Schreiben und Leben, Köln, 1974, S. 70)
Gründe und Folgen der Migration bilden ein großen Feld, zwischen Identitätsdiffusion und „räumlicher Fremde“ als „Erprobungsfeld des Ich“ , zwischen Fremde als Freiheit und dem Fremden als Bedrohung, ein so unüberschaubares Feld, dass man schon vor Beginn der Untersuchung die Segel streichen und sich Einfacherem zuwenden möchte.
Unzählige Menschen emigrierten aus Deutschland auf der Flucht vor Verfolgung durch die Nationalsozialisten, in den 60ern kamen Menschen aus anderen Ländern nach Deutschland, euphemistisch ‚Gastarbeiter’ genannt. Seit dem Fall der Mauer haben tausende von Menschen ihre Heimat hinter sich gelassen, um in den westlichen Bundesländern Arbeit zu finden. Nicht zu vergessen die geforderte Mobilität in Hinblick auf die ökonomischen Erfordernisse der globalisierten Wirtschaft. Doch aller vorhandenen Mobilität zum Trotz ist Migration noch immer die Ausnahme, das Abenteuer, das es zu bestehen gibt. So unterschiedlich daher auch die Folgen dieser Ausnahmesituation für den Einzelnen, die anhand von literarischen Werken der türkischen Autorinnen Emine Sevgi Özdamar und Aysel Özakin analysiert und dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Gastarbeiter – und Migrantenliteratur
- 1. Die Autorinnen: Gesellschaftliche Einbettung und Werkauswahl
- 2. Erklärt uns die Fremde(n)
- 3. Auf den Spuren von Kultur und Identität: Vorstellung exemplarischer Untersuchungen
- II. Theorie und Methodik
- 1. Clifford Geertz -Kultur (be -) schreiben?
- 2. Identität - Das Leben ist eine Baustelle
- 3. Das Eigene und das Fremde: Modi der Fremderfahrung
- 4. Ein Ausflug in den Orient: Orientalismus
- III. Wanderwege
- 1. Die blaue Maske
- 1.1 Die Ich-Erzählerin: Von der Lehrerin zur Schriftstellerin
- 1.2 Binnenmigration: Auf der Suche nach der Heimat
- 1.3 Unterwürfige Geliebte oder freie Mätresse
- 1.4 Zug in die Fremde: Migrationsgründe
- 2. Bilder des Westens
- 2.1 Begegnung mit Deutschland: Fladenbrot und Teeküche
- 2.2 Rückständiges Anatolien
- 2.3 Orte als Heimat – Nomadenleben
- 2.3.1 Heimat und Beheimatung - ein Exkurs
- 2.4 Sprache und Kritik – Aspekte der Begegnung
- 2.5 Begegnung mit dem Anderen: Therapiegruppen und sexuelle Freiheit
- 2.6 Masken tragen: Karneval als Selbsterfahrung
- 3. Dina
- 3.1 Dina: Die Arbeiter, die Fremde und das Schreiben
- 4. Die Stimme des Orients meldet sich zu Wort?
- 4.1 Mutterzunge und die Sprache des Großvaters
- 4.2 Sprachlandschaften
- 4.3 Auf der Suche nach den Wörtern der Mutter
- 4.3.1 Wort für Wort zurück
- 4.3.2 Die Kindheit der Wörter
- 4.4 Großvatersprache
- 4.5 Ibni Abdullah
- 4.5.1 Gefahr durch das Weib - Geschlechterbilder
- 4.6 Sprache, Wörter, Körper
- 4.7 Tod als verbindendes Element
- 4.8 Türkei und Deutschland - Sprachwanderung und Nomadenorte
- 4.9 Der persönliche Stadtplan
- 1. Die blaue Maske
- IV. Zusammenfassung – Folgen der Migration
- 1. Erweiterung des Spielraums
- 2. Blick in die andere Richtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Darstellung von Migration in den Texten von Aysel Özakın und Emine Sevgi Özdamar. Ziel ist es, die individuellen Erfahrungen von Migration, die Herausforderungen der kulturellen Anpassung und die Konstruktion von Identität im Kontext der Fremde zu analysieren.
- Darstellung von Migrationsprozessen und -erfahrungen
- Konstruktion von Identität und Heimat im Kontext der Migration
- Rollen von Sprache und Kultur in der Bewältigung der Fremde
- Analyse von kulturellen Begegnungen und Konflikten
- Die Auswirkungen von Migration auf die individuelle und kollektive Identität
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Migration und deren Auswirkungen auf Identität ein. Sie veranschaulicht die Spannbreite der Erfahrungen – von Identitätsdiffusion bis hin zur Erfahrung der Fremde als Freiheit – und begründet die Auswahl der untersuchten Autorinnen und Texte.
I. Gastarbeiter – und Migrantenliteratur: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Literatur zum Thema Gastarbeiter und Migrantenliteratur. Es stellt die beiden Autorinnen Aysel Özakın und Emine Sevgi Özdamar vor, betrachtet ihre gesellschaftliche Einbettung und wählt exemplarische Texte für die weitere Analyse aus. Es skizziert die methodischen Ansätze der Arbeit.
II. Theorie und Methodik: In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Arbeit dargelegt. Es werden die Konzepte von Clifford Geertz zur Kulturbeschreibung, die Dynamik von Identität und die Modi der Fremderfahrung diskutiert. Der Orientalismus wird als ein weiterer wichtiger theoretischer Bezugsrahmen präsentiert, um die Darstellung des "Orients" in den Texten zu analysieren.
III. Wanderwege: Dieses Kapitel analysiert ausgewählte Texte von Özakın und Özdamar, fokussiert auf die Darstellung von Migrationserfahrungen, insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Thema Heimat und Identität. Es werden verschiedene Aspekte beleuchtet, darunter Binnenmigration, die Begegnung mit Deutschland und die Rolle von Sprache und Kultur in diesem Kontext.
Schlüsselwörter
Migration, Identität, Kultur, Sprache, Heimat, Fremde, Gastarbeiterliteratur, Aysel Özakın, Emine Sevgi Özdamar, Identitätskonstruktion, kulturelle Anpassung, Orientalismus, Binnenmigration.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Magisterarbeit: Migration, Identität und Kultur in den Werken von Aysel Özakın und Emine Sevgi Özdamar
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht die Darstellung von Migration, kultureller Anpassung und Identitätsfindung in den Texten der Autorinnen Aysel Özakın und Emine Sevgi Özdamar. Im Fokus stehen die individuellen Erfahrungen von Migration und die Herausforderungen, die mit der Bewältigung der Fremde verbunden sind.
Welche Autorinnen und Texte werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf die Werke von Aysel Özakın und Emine Sevgi Özdamar. Es werden ausgewählte Texte dieser Autorinnen analysiert, um die Darstellung von Migrationsprozessen und -erfahrungen zu untersuchen.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Themen im Zusammenhang mit Migration, darunter die Konstruktion von Identität und Heimat, die Rolle von Sprache und Kultur in der Bewältigung der Fremde, kulturelle Begegnungen und Konflikte, sowie die Auswirkungen von Migration auf die individuelle und kollektive Identität. Besonderes Augenmerk wird auf die Darstellung von Binnenmigration und den Umgang mit dem "Anderen" gelegt.
Welche theoretischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf die theoretischen Konzepte von Clifford Geertz zur Kulturbeschreibung, die Dynamik von Identität und die Modi der Fremderfahrung. Der Orientalismus wird als weiterer wichtiger theoretischer Bezugsrahmen herangezogen, um die Darstellung des "Orients" in den Texten zu analysieren.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in vier Teile: Eine Einleitung, ein Kapitel zur Gastarbeiter- und Migrantenliteratur mit Vorstellung der Autorinnen und Auswahl der Texte, ein Kapitel zur Theorie und Methodik und ein Hauptkapitel, welches die Analyse der ausgewählten Texte beinhaltet. Ein abschließendes Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Migration, Identität, Kultur, Sprache, Heimat, Fremde, Gastarbeiterliteratur, Aysel Özakın, Emine Sevgi Özdamar, Identitätskonstruktion, kulturelle Anpassung, Orientalismus, Binnenmigration.
Welche Kapitel werden im Detail behandelt?
Die Arbeit analysiert im Detail die Werke von Özakın und Özdamar, wobei Aspekte wie Binnenmigration, die Begegnung mit Deutschland, die Rolle von Sprache und Kultur, die Konstruktion von Identität und Heimat im Kontext der Migration und die Darstellung von kulturellen Begegnungen und Konflikten im Mittelpunkt stehen. Die Kapitel befassen sich mit konkreten Textbeispielen und deren Interpretation.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, die individuellen Erfahrungen von Migration, die Herausforderungen der kulturellen Anpassung und die Konstruktion von Identität im Kontext der Fremde zu analysieren, wie sie in den Texten von Aysel Özakın und Emine Sevgi Özdamar dargestellt werden.
Welche konkreten Beispiele aus den Texten werden analysiert?
Die Arbeit analysiert spezifische Beispiele aus den Werken von Özakın und Özdamar, darunter Aspekte wie die Ich-Erzählerin in "Die blaue Maske", die Darstellung des Westens ("Bilder des Westens"), die Thematik von Heimat und Beheimatung, der Einfluss der Sprache und die Auseinandersetzung mit kulturellen Differenzen.
- Arbeit zitieren
- Gesine Aufdermauer (Autor:in), 2006, Der Blick von der Brücke. Migration in Texten von Aysel Özakin und Emine Sevgi Özdamar, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63280