Die Fragen nach der Übermittlung von Wissen und die Konstitution unterschiedlicher Gedächtnisformen bestimmen seit einigen Jahren zunehmend die literatur- und sprachwissenschaftliche und die kulturwissenschaftliche Forschung. Der Verbindung von Bild und Schrift als bimediale Erscheinungsform kommt dabei eine besondere Form des Schriftgedächtnisses zu. Als klassisches Beispiel ist diese Verbindung in Emblemen zu finden: lemma, pictura und subscriptio als Bestandteile des idealtypischen Emblems bilden die äußere Form, in der Wort- und Bildelemente kombiniert werden. Tarotkarten dienen traditionellerweise zur Weissagung und sind ebenfalls aus einer Wort- und Bildkombination aufgebaut. Die Spielkarten des Tarots sind jedoch in der wissenschaftlichen Literatur so gut wie nicht untersucht. Den Fachliteraturen sind keinerlei relevante wissenschaftliche Beiträge zum Thema Tarotkarten als Medium unter Berücksichtigung semiotischer Eigenschaften zu entnehmen. Im Gegensatz dazu liegt eine Vielzahl von Veröffentlichungen über das Thema Embleme und Semiotik vor. Über die Verwandtschaft der beiden Text-Bild-Kombinationen Emblem und Tarotkarte könnten Rückschlüsse auf Besonderheiten beim Rezeptionsprozeß durch diese medialen Formen gezogen werden. Diese spezielle Art der Informationsübermittlung soll in dieser Arbeit semiotisch untersucht werden.
Tarotkarten werden in ihrer emblemhaften Form auch heute noch gebraucht. Gleichzeitig erfährt die esoterische und geheimwissenschaftliche Literatur seit den 70er Jahren bis in die Gegenwart einen Boom, der sich nicht zuletzt in den betriebswirtschaftlichen Zahlen der Verlage niederschlägt und auf eine relativ große Anzahl von Lesern schließen läßt. Da außerdem die Frage nach der Art und Weise der Aneignung von Wissen aus dem spezifischen, hermetischen Umfeld der Tarotkarten möglicherweise auf alternative Systeme von Organisation und Rezeption von Information schließen läßt, bietet sich eine Betrachtung dieses wenig untersuchten Mediums an. Als Teil eines hermetischen Wissenssystems sind die Tarotkarten im Vergleich zu den üblichen von der Literaturwissenschaft untersuchten Gattungen marginalisiert worden.
Die Schwierigkeit, die Tarotkarten wissenschaftlich zu untersuchen, liegt zum einen in ihrer ungeklärten Herkunft und ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen.
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Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1 HISTORISCHER ÜBERBLICK
- 2 BESCHREIBUNG UND ANALYSE VON EMBLEMEN UND TAROTKARTEN
- 2.1 VERSCHIEDENE EMBLEMTYPEN
- 2.1.1 Alchemistisches Emblem
- 2.1.2 Freimaureremblem
- 2.1.3 Pädagogisches Emblem
- 2.2 VERSCHIEDENE TAROTDECKS UND EMBLEME MIT ÄHNLICHEM SYMBOLGEHALT
- 2.3 ZUSAMMENFASSUNG EMBLEM / TAROT
- 3 SEMIOTISCHE ANALYSE
- 3.1 EMBLEMATIK UND SEMIOTIK
- 3.2 DAS IKONISCHE SYMBOL
- 3.3 SEMIOTISCHE ANALYSE EINES AUSGEWÄHLTEN EMBLEMS
- 3.4 SEMIOTISCHE ANALYSE EINER TAROTKARTE
- 4 DER SEMIOTISCHE „MEHRWERT“ EINER TEXT-BILD-KOMBINATION UND IHRE ROLLE ALS WISSENSSYSTEM
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der semiotischen Analyse von Tarotkarten und deren Funktion als Medium der Wissensübermittlung. Die Untersuchung konzentriert sich auf das Verhältnis von Bild und Text in Tarotkarten und vergleicht diese mit der Emblematik. Ziel ist es, die semiotischen Besonderheiten von Tarotkarten als kombiniertes Ganzes von Bild und Text zu analysieren und deren Rolle als mnemotechnisches Instrument im Hinblick auf Wissenssysteme zu erörtern.
- Die Bedeutung von Tarotkarten als Medium der Wissensübermittlung
- Semiotische Analyse von Bild und Text in Tarotkarten
- Vergleich von Tarotkarten und Emblemen
- Die Funktion von Tarotkarten als mnemotechnisches Instrument
- Die Rolle von Tarotkarten in bestehenden Wissenssystemen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach den semiotischen Besonderheiten von Tarotkarten als kombiniertes Ganzes von Bild und Text sowie deren Rolle als mnemotechnisches Instrument im Hinblick auf Wissenssysteme vor. Kapitel 1 bietet einen historischen Überblick über die Entstehung und Entwicklung von Emblemen und Tarotkarten, wobei die Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Medien betrachtet werden. Kapitel 2 beschreibt die unterschiedlichen Arten von Emblemen, wie zum Beispiel alchemistische, freimaurerische und pädagogische Embleme, und stellt verschiedene Tarotdecks und Embleme mit ähnlichem Symbolgehalt vor. Kapitel 3 widmet sich einer semiotischen Analyse von Emblemen und Tarotkarten, indem es auf die Bedeutung des ikonischen Symbols und die Analyse eines ausgewählten Emblems sowie einer Tarotkarte eingeht.
Schlüsselwörter
Tarotkarten, Embleme, Semiotik, Wissensübermittlung, Bild-Text-Kombination, Mnemotechnik, Wissenssysteme, ikonischer Code, pictura, hermetiches Wissenssystem, hermeneutische Rezeption, Symbolgehalt.
- Quote paper
- Sabine Kahlenberg (Author), 2001, Script memory in Bild und Schrift am Beispiel von Tarotkarten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6265