Gabor Steingart, Leiter des „Spiegel“ Hautstadtbüros in Berlin, schreibt in seinem Buch ‚Deutschland - der Abstieg eines Superstars’ abwertend über das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, dass„der Bund von Gnaden der Länder regiert wird.“
Haben die Länder wirklich so großen Einfluss? Falls dies der Fall ist, stellt sich die Frage, in welcher Form und in welchen Bereichen die Länder ihre Interessen durchsetzen können.
In dieser Arbeit soll die Frage beantwortet werden, welche Handlungsblockaden und Handlungsspielräume sich für die deutschen Bundesländer in den Bereichen Legislative, Exekutive, Judikative, Finanzordnung und Europäische Union ergeben.
Die Arbeit basiert größtenteils auf dem Grundgesetz, Stand Juli 2002. Sie beginnt mit einer kurzen Skizzierung des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Darauf folgen die Kapitel „Handlungsblockaden der Länder“, „Handlungsspielräume der Länder“ und „Politikverflechtungen“. Aufbau und Funktionsweise des Bundesrates werden nicht näher erläutert. Es wird vorausgesetzt, dass Einzelheiten dazu bekannt sind. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Ergebnisse, die in Zusammenhang mit der Fragestellung gebracht und bewertet werden. Diese Arbeit soll nicht beantworten, ob und wie der Föderalismus in Deutschland reformiert werden kann, sondern einen Einblick in die vorhandenen oder auch nicht vorhandenen Partizipationsmöglichkeiten der Länder geben.
Weiterhin muss erwähnt werden, dass in dieser Arbeit der Begriff „Exekutive“ nur die Verwaltung und nicht die Regierung meint.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Föderalismus
2.1 Definition von Föderalismus
2.2 Föderalismus in Deutschland
3 Handlungsblockaden der Länder
3.1 Legislative
3.1.1 Die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes
3.1.2 Die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes
3.1.3 Die Rahmengesetzgebung des Bundes
3.2 Exekutive
3.3 Judikative
3.4 Finanzordnung
3.5 Europäische Union
4 Handlungsspielräume der Länder
4.1 Legislative
4.1.1 Initiativfunktion
4.1.2 Stellungnahme zu Regierungsentwürfen
4.1.3 Entscheidung über Zustimmungsgesetze
4.1.4 Mitwirkung bei Einspruchgesetzen
4.2 Exekutive
4.3 Judikative
4.4 Finanzordnung
4.5 Europäische Union
5 Politikverflechtung im kooperativen Föderalismus
6 Zusammenfassung
7 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Gabor Steingart, Leiter des „Spiegel“ Hautstadtbüros in Berlin, schreibt in seinem Buch ‚Deutschland – der Abstieg eines Superstars’ abwertend über das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, dass „der Bund von Gnaden der Länder regiert wird.“[1]
Haben die Länder wirklich so großen Einfluss? Falls dies der Fall ist, stellt sich die Frage, in welcher Form und in welchen Bereichen die Länder ihre Interessen durchsetzen können.
In dieser Arbeit soll die Frage beantwortet werden, welche Handlungsblockaden und Handlungsspielräume sich für die deutschen Bundesländer in den Bereichen Legislative, Exekutive, Judikative, Finanzordnung und Europäische Union ergeben.
Die Arbeit basiert größtenteils auf dem Grundgesetz, Stand Juli 2002. Sie beginnt mit einer kurzen Skizzierung des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Darauf folgen die Kapitel „Handlungsblockaden der Länder“, „Handlungsspielräume der Länder“ und „Politikverflechtungen“. Aufbau und Funktionsweise des Bundesrates werden nicht näher erläutert. Es wird vorausgesetzt, dass Einzelheiten dazu bekannt sind. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Ergebnisse, die in Zusammenhang mit der Fragestellung gebracht und bewertet werden. Diese Arbeit soll nicht beantworten, ob und wie der Föderalismus in Deutschland reformiert werden kann, sondern einen Einblick in die vorhandenen oder auch nicht vorhandenen Partizipationsmöglichkeiten der Länder geben.
Weiterhin muss erwähnt werden, dass in dieser Arbeit der Begriff „Exekutive“ nur die Verwaltung und nicht die Regierung meint.
2 Föderalismus
2.1 Definition von Föderalismus
„ Föderalismus (lat. foedus – der Bund) Politischer und organisatorischer Zusammenschluss von mehr oder weniger selbstständigen Gliedern (Staaten) zu einem Ganzen. Der enge Zusammenschluss von Staaten ist der Bundesstaat, der lockere der Staatenbund.“[2]
2.2 Föderalismus in Deutschland
Bei der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich in um einen demokratischen und sozialen Bundesstaat. Artikel 20, Absatz 1 des Grundgesetzes legt die Gliederung des Staates in Bund und Länder fest. Der Artikel 20 gehört zu den grundlegenden Verfassungsprinzipien und ist somit unabänderlich.[3] Die Bundesstaatliche Unantastbarkeit umfasst neben dem Artikel 20 vor allem drei weitere Elemente: Staatsqualität der Länder, Finanzielle Selbstständigkeit von Bund und Ländern sowie Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung.[4]
Diese föderalstaatlichen Struktur- und Organisationsprinzipien erfordern normalerweise eine Aufgabenteilung zwischen den gebietskörperschaftlichen Ebenen. Im deutschen System lassen sich die Aufgaben der Länder kaum noch von denen des Bundes trennen. Vieles ist ineinander verzahnt.[5]
3 Handlungsblockaden der Länder
Um die oben beschriebene Verzahnung der Aufgaben und Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten, ist Kapitel 3 in die Unterkapitel „Legislative“, „Exekutive“, „Judikative“, „Finanzordnung“ und „Europäische Union“ unterteilt.
Es wird, basierend auf Grundlage des Grundgesetzes, beschrieben, wie es in den einzelnen Handlungsfeldern zu Blockaden der Länder kommt.
3.1 Legislative
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Bund in den häufigsten Fällen für die Gesetzgebung zuständig um einen gewissen Grad an Unitarisierung herbeizuführen.[6] In Artikel 70 des Grundgesetzes wird geregelt, wer jeweils auf einem bestimmten Rechtsgebiet für den Erlass von formellen Gesetzen zuständig ist: „(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. (2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.“[7]
Da es sich in diesem Kapitel um die Handlungsblockaden auf der Landesebene handelt, werden die ausschließliche Gesetzgebung, die konkurrierende Gesetzgebung und die Rahmengesetzgebung des Bundes betrachtet.
3.1.1 Die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes
Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung haben die Länder Gesetzgebungsbefugnisse nur dann, wenn sie im Grundgesetz dazu ausdrücklich ermächtigt werden.[8] Der Bund betreut alle Politikfelder, die gesamtstaatlich zu regeln sind.
Bundesgesetze stehen somit über den Landesgesetzen um sicherzustellen, dass bundesweit gleichwertige Lebensverhältnisse vorherrschen.[9] Artikel 73 des Grundgesetzes zählt alle Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung auf. Darunter fallen zum Beispiel die auswärtigen Angelegenheiten, die Staatsangehörigkeit, das Passwesen, die Ein- und Auswanderung, das Währungswesen, der Luft- und Eisenbahnverkehr sowie das Post- und Telekommunikationswesen.[10]
3.1.2 Die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes
Das Grundgesetz regelt in Artikel 72 die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes. Er legt fest, dass die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung haben „solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat“.[11] Des Weiteren geht Artikel 72 darauf ein, dass der Bund in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht hat, wenn eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist, entweder zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im Bundesgebiet.
Sobald die oben genannte Regelung nicht mehr erforderlich ist, kann durch ein Bundesgesetz bestimmt werden, dass diese Aufgabe durch Landesrecht ersetzt werden kann.[12]
Somit haben Bundesgesetze auch im Fall der konkurrierenden Gesetzgebung Vorrang. Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung werden in Artikel 74 des Grundgesetzes festgelegt und sind zum Beispiel: das bürgerliche Recht, das Vereins- und Versammlungsrecht, das Waffen- und Sprengstoffrecht, die öffentliche Fürsorge, Kernenergie und Straßenverkehr.[13]
3.1.3 Die Rahmengesetzgebung des Bundes
„Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Artikels 72 Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder zu erlassen.“[14] Diese Rahmenvorschriften werden vom Bund zum Beispiel für Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst, die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens, die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse, das Melde- und Ausweiswesen etc. erlassen. Anschließend sind die Länder in einer bestimmten Frist verpflichtet, die entsprechenden Landesgesetze zu verabschieden.[15]
Fazit: Mit Blick auf die Grundlagen, die das Grundgesetz bietet, bleiben den Ländern somit im Fall der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes keinerlei Spielräume für eigene Initiativen. Bei der konkurrierenden Gesetzgebung bestehen nur solange die Möglichkeiten der Eigenaktivität, wie der Bund nicht von seinem Gesetzgebungsvorrecht Gebrauch macht. Auch die Rahmengesetzgebung lässt den Ländern keine großen Handlungskorridore offen, da der Bund – zwecks Unitarisierung – die Grundsätze der Gesetze bestimmt. Allgemein formuliert gilt immer: Bundesrecht bricht Landesrecht. Und das meint, dass die Länder bei der Gesetzgebung meistens blockiert sind.
Wie aber die Länder trotzdem durch den Bundesrat in die Gesetzgebung eingreifen können, wird im Kapitel 4.1 beschrieben.
3.2 Exekutive
Mit Bezug auf Artikel 30 des Grundgesetzes legt der Artikel 83 fest, dass die Länder, sofern das Grundgesetz nichts anderes bestimmt, die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen. Blockaden kommen also nur zustande, wenn die Gesetzgebung den Ländern die Verwaltungshoheit nimmt. Diesen Fall regelt Artikel 85 des Grundgesetzes. Er bezieht sich auf die Ausführung der Gesetze durch die Länder in Auftrag des Bundes, und zwar im Bereich der Verteidigung, des Luftverkehrs, der Kernenergie sowie der Fernstraßen- und Autobahnverwaltung. Hier hat die Bundesregierung ein Mitspracherecht bei der Bestellung der Leiter der Mittelbehörden und ein Weisungsrecht gegenüber den Landesbehörden. Im Falle der bundeseigenen Verwaltung werden die allgemeinen Verwaltungsvorschriften direkt von der Bundesregierung erlassen.
Die Durchführung der Bundesgesetze durch Bundesbehörden, geregelt durch Artikel 86 des Grundgesetzes, geschieht in zwei Formen: durch Bundesbehörden oder durch Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts.[16] Bundesbehörden werden in Bundesoberbehörden als Zentrale, Bundesmittelbehörden mit regionaler Zuständigkeit und in die örtlichen unteren Bundesbehörden unterteilt. Oberste Bundesbehörden sind die Bundesministerien, das Bundespräsidialamt, das Bundeskanzleramt, das Bundespresseamt und der Bundesrechnungshof. Die größte Anstalt des öffentlichen Rechts ist die Bundesagentur für Arbeit mit einem eigenen Unterbau in den Ländern und Gemeinden. Eine eigene Verwaltung haben zum Beispiel das Auswärtige Amt mit dem auswärtigen Dienst, das Finanzministerium mit der Verwaltung der Bundesfinanzen und des Zolls, das Arbeitsministerium und das Innenministerium.[17]
[...]
[1] Steingart, Gabor: Deutschland. Der Abstieg eines Superstars, S. 167.
[2] Thurich, Eckart: Pocket Politik. Demokratie in Deutschland, S. 18.
[3] Vgl. Pötzsch, Horst: Die deutsche Demokratie, S. 21.
[4] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Informationen zur politischen Bildung, S. 16.
[5] Vgl. Hesse, J. J. / Ellwein, T.: Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 89.
[6] Vgl. Reuter, Konrad: Föderalismus, S. 40.
[7] Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 43.
[8] Vgl. Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 43.
[9] Vgl. Pötzsch, Horst: Die deutsche Demokratie, S. 62.
[10] Vgl. Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 43 f.
[11] Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 43.
[12] Vgl. Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 43.
[13] Vgl. Reuter, Konrad: Föderalismus, S. 46.
[14] Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 46.
[15] Vgl. Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 46.
[16] Vgl. Bundeszentrale für politischen Bildung (Hrsg.): Grundgesetz, S. 52 ff.
[17] Vgl. Pötzsch, Horst: Die deutsche Demokratie, S. 89.
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