Die Befragung ist zweifellos die bedeutendste Methode der primären Datengewinnung in der Marktforschung. Man spricht deshalb oft von „Befragungs-“ oder „Umfrageforschung“. Ziel und Aufgabe der Befragung besteht darin, dass Auskunftspersonen durch verbale oder andere Stimuli (schriftliche Fragen, Bildvorlagen, Produkte) zu Aussagen über den Erhebungsgegenstand veranlasst werden. Unternehmen nutzen Befragungen, um sich bei der Zielgruppe über deren Produktkenntnisse, Ansichten, Präferenzen oder Zufriedenheit zu informieren und den Grad der Veränderung festzustellen. Somit können Befragungen also für zahlreiche Marketingproblemstellungen eingesetzt werden.
Im Folgenden sollen die wichtigsten Befragungsmethoden, Skalierungsverfahren, sowie Befragungstaktiken erörtert werden.
Gliederung
1. Einleitung: Der ethnomethodologische Ansatz
2. Globale Mikrostrukturen
3. Finanzmärkte aus soziologischer Perspektive
4. Wechsel zum „Face to Screen“
5. Körperliche Verankerung globalen Handelns
6. Möglichkeit einer globalen „Wir-Beziehung“
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Der ethnomethodologische Ansatz
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit Karin Knorr-Cetina und einem ihrer Forschungsschwerpunkte: Die Soziologie der Finanzmärkte. Als Grundlage sollen vier von ihr verfasste Texte dienen, die den Theorieansatz unter Beihilfe von Urs Brügger beschreiben. Ziel dieser Hausarbeit ist die Darstellung ihrer Erforschung von globalen Mikrostrukturen anhand von Finanzmärkten und deren Akteuren.
Die Analyse dieses Arbeitsgebietes stützt sich auf den handlungstheoretischen Forschungsansatz der Phänomenologie und der daraus entsprungenen Ethnomethodologie. Entwickelt wurde der phänomenologische Ansatz von Edmund Husserl erstmals im Jahre 1907 mit seiner “Idee der Phänomenologie“. Sozialwissenschaftler wie Alfred Schütz führten diesen Begriff Mitte des 20. Jahrhunderts in die Soziologie ein. In der Philosophie wurde die Phänomenologie verwendet, um die subjektiven Erfahrungen eines Individuums für objektive Muster und Verallgemeinerungen zu rechtfertigen (vgl. Vetter, 2004, S. 410ff, Hügli/Lübcke, 1998). Die soziologische Phänomenologie behandelt nach Schütz die Reichweite der direkten Erfahrung und die Sinnstruktur der sozialen Welt (vgl. Krieger, 1998, S. 27). Diese allgemein hin als "Lebenswelt" (Eberle, 2000, S. 15) bezeichnete Diskussion war eine der Ursprünge der Ethnomethodologie. ‚Lebenswelt’ bezeichnet in diesem Sinne schlicht die Welt, in der wir uns täglich unreflektiert bewegen (vgl. Bühl, 2002, S. 150).
Der Begriff Ethnomethodologie wurde von Harold Garfinkel eingeführt und nachhaltig geprägt. Der Terminus setzt sich aus den Silben "ethno" und "methodology" zusammen. Die Vorsilbe "Ethno" bezieht sich, in Anlehnung an die Ethnographie, auf die anthropologische Erforschung von Wissen, also der beschreibenden Völkerkunde. Gleichzeitig verweist dieser Wortestandteil auf die praktischen Handlungen gewöhnlicher Menschen bzw. auf die Frage, wie jene als Mitglieder der Gesellschaft über das Alltagswissen dieser Gemeinschaft verfügen können. Das Suffix "methodology" deutet auf die methodischen Strukturen, mit denen dieses Wissen von den Mitgliedern der Gesellschaft verwendet wird. Garfinkel konnte zum damaligen Zeitpunkt auf keinen soziologischen Fachbegriff zurückgreifen und prägte den Ausdruck, weil er sich seines außergewöhnlichen Forschungsinteresses bewusst war (vgl. Fink-Heuberger, 1997, S. 111).
Die Ethnomethodologie bezieht die von Husserl entwickelte ‚phänomenologische Reduktion’ auf alltägliche Handlungen, indem sie versucht, die Konstitution der alltäglichen Lebenswelt zu entschlüsseln. Dabei stehen nicht die Interpretationen oder andere Metaebenen im Vordergrund, sondern die Praxis des menschlichen Handelns. Ethnomethodologen widmen sich den direkten Phänomenen und beschränken sich nicht nur auf deren Reflexion (vgl. ebenda, S. 183):
„Die Ethnomethodologie hat also etwas zu tun mit einer Blickwendung weg von der rein transzendentalen Analyse hin zum praktischen Kontext.” (Bühl, 2002, S. 187).
Sozialforscher wie Erving Goffmann (1974) und Harold Garfinkel (1967) beschreiben, dass durch Interaktion die soziale Ordnung konstruiert wird. Bei einer geglückten Interaktion sind die Regeln des gemeinschaftlichen Umgangs den Akteuren bekannt und werden im Unterbewusstsein umgesetzt. Erst bei einer erneuten Interaktion kommen diese Regeln wieder zum Vorschein (vgl. Krieger, 1998, S. 22).
Die Ethnomethodologie kann folglich nicht nur auf den theoretisch interpretativen Forschungsansatz reduziert werden, denn Ethnomethodologen stellen Methoden bereit, die soziale Mikrostrukturen empirisch analysieren können.
Dergestalt bewegt sich die Kulturanthropologin und Soziologin Karin Knorr-Cetina, wenn sie versucht ein Paradigma für soziales Handeln zu entwickeln, wobei die Analyse der Handlungsabläufe im Vordergrund steht (vgl. Fink-Heuberger, 1997, S. 101). In den neunziger Jahren beschäftigte sich Frau Knorr-Cetina mit der Soziologie der Finanzmärkte, indem sie die Arbeitsplätze und Handlungswirklichkeiten von Devisenhändlern untersuchte. In der Tradition des ethnomethodologischen Forschungsansatzes beschäftigt sie sich dabei mit den Basisregeln von Interaktionen und sprachlichem Handeln, wobei sie diese Studien zur Mikrokonstruktion sozialer Welten mit der Vorstellung der Globalität dieser Welten verknüpft (vgl. Laudatio der Universität Luzern, 2005).
2. Globale Mikrostrukturen
Der mikrosoziologische Ansatz in der Soziologie beschäftigt sich mit dem Handeln von Individuen innerhalb eines Systems. Untersucht werden vor allem die Integrationsmuster dieser Individuen, die sich durch ständige Interaktion konstitutiv zu einer Institution festigen, wonach sich im Laufe der Zeit bestimmte Rollenstrukturen entwickeln.
In diesem Sinne versucht Karin Knorr-Cetina die Integrationsmuster globaler Finanzmärkte zu untersuchen. Der Begriff Globale Mikrostrukturen soll dabei helfen, diese Muster zu analysieren, indem er Koordinationsformen bezeichnet, die globale Netze aufspannen, aber dennoch mikrosozialer Natur sind (vgl. Knorr-Cetina/Brügger, 2005a, S. 145). Die soeben dargestellte Definition lässt auf den ersten Blick einen Widerspruch erkennen, wonach es irrational erscheint, dass sich lokale Mikrostrukturen global ausweiten lassen können. Frau Knorr-Cetina versucht diesem scheinbaren Widerspruch aber entgegen zu wirken, indem sie versucht, die globalen Integrationsmuster anhand von Devisenmärkten zu erläutern. In ihren Texten werden diese Märkte teilweise als Finanz- aber auch als Händlermärkte bezeichnet, um sie von den produzierenden Märkten abzugrenzen (vgl. ebenda, S. 147). Wenn in dem darauf folgenden Teil der Arbeit der Begriff Finanzmarkt benutzt wird, soll er jene Devisen- und Händlermärkte bezeichnen, die sich mit dem Handel von Währungstransaktionen (‚Foreign Exchange’) beschäftigt. Zugleich werden auch die Individuen, die sich auf diesem globalen Markt befinden als Händler bezeichnet.
Laut Karin Knorr-Cetina sind Finanzmärkte globale Formen, die durch Interaktionen konstituiert werden und aus einem lokalen Kontext weltweit ausgedehnt werden. Diese globale Ausweitung vollzieht sich durch die einzelnen Individuen, die ein Netz von Mikrostrukturen entstehen lassen, wodurch sie weltweit miteinander verbunden sind. Verknüpfungen solcher Art benötigen natürlich einen gewissen Grad an Technologisierung, der Konversationen über regionale Grenzen hinweg erst möglich macht. So können sich derartige mikrosoziale Muster in Form von persönlichen Beziehungen und Konversationen äußern, wodurch wirtschaftliche Transaktionen, die man hier als soziales Handeln bezeichnen kann, erklärt werden. Dadurch kann auch die Entstehung globaler Märkte auf die kontinuierliche Integration und Interaktion von Mikrostrukturen erklärt werden (vgl. ebenda, S. 146).
3. Finanzmärkte aus soziologischer Perspektive
Wie bereits erwähnt, ist Frau Knorr-Cetina der Ansicht, dass sich die Analyse von globalen Mikrostrukturen gut an Systemen durchführen lässt, die einen sehr hohen Globalisierungsgrad haben. Demnach bildet der Finanzmarkt ein geeignetes Exempel, um mikrosoziale Muster herauszuarbeiten, mit denen man Phänomene wie Integration, Interaktion und soziales Handeln erklären kann (vgl. Knorr-Cetina/Brügger, 2005a, S. 146).
Wenn man nun diesen Finanzmarkt aus soziologischer Perspektive betrachtet, stechen drei Merkmale heraus, die ihn als Bereich für eine mikrosoziologische Untersuchung qualifizieren und gleichzeitig von Produzentenmärkten unterscheiden. Karin Knorr-Cetina will damit die Wirtschaftssoziologie auf den Kapitalhandel lenken, um darzustellen, dass sich wirtschaftliches Handeln nicht nur auf die Produktion und den Konsum von Gütern beschränkt. Gleichzeitig bestätigt sie dadurch Hypothesen der modernen Wirtschaftssoziologie, wonach wirtschaftliches Handeln eine soziale Interaktion darstellt, die zugleich von sozialen Komponenten beeinflusst wird (vgl. ebenda, S. 147).
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- Markus Krebs (Author), Christoph Martin (Author), 2006, Befragung - Befragungsmethoden, Skalenkonstruktion, Befragungstaktiken und Checklisten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62424
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