Die Betrachtung der Geschlechterdifferenz rückte erstmals gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit der Psychologie und der Soziologie in das Blickfeld der Wissenschaften. Seitdem wurden im Zuge der fortlaufenden Entwicklung der Gesellschaft verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt, deren theoretische Konzepte die geschlechtsspezifischen Unterschiede zu erklären suchten, dabei jedoch von verschiedenen Voraussetzungen ausgingen. Zu den wichtigsten, noch heute diskutierten, erkenntnistheoretischen Grundpositionen gehören die auf dem biologischem Determinismus gegründete Differenzposition, welche von einem grundsätzlichen, an der biologischen Geschlechtszugehörigkeit festgemachten, Unterschied zwischen den Geschlechtern ausgeht, das aus dem Angelsächsischen kommendem Sex-Gender-Konzept, welches mit der Unterscheidung von biologischem und sozialem Geschlecht eine kritische Gegenposition der feministischen Frauenforschung zum biologischem Determinismus darstellt und die postmoderne konstruktivistische Position, die als aktuellste der aufgeführten Erklärungsmodelle von einem rein sozial und kulturell geschaffenen Unterschied zwischen den Geschlechtern und der Geschlechterdifferenz selbst ausgeht.
Die inhaltlichen Schwerpunkte und die konträren Grundargumentationen der drei aufgeführten Ansätze und ihre Bedeutung für die Erklärung geschlechtsspezifischer Unterschiede sollen in den Fokus dieses Essays gestellt und aus dem Blickwinkel des aktuellen Forschungsstandes bewertet werden. Dazu werde ich im Folgenden den Begriff der geschlechtsspezifischen Sozialisation kurz erläutern und daran anschließend auf die drei genannten Modelle zur Erklärung geschlechtsspezifischer Unterschiede eingehen, ihre verschiedenen Konzeptionen darstellen und darüber hinaus eine kritische Einordnung der Modelle und ihrer Aussagen aus der Sichtweise des aktuellen Forschungsstandes vornehmen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Geschlechtsspezifische Sozialisation
3. Erklärungsmodelle geschlechtsspezifischer Sozialisation
3.1 Die Differenzposition
3.2 Das Sex-Gender-Konzept
3.3 Der postmoderne konstruktivistische Ansatz
4. Einordnung und Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Betrachtung der Geschlechterdifferenz rückte erstmals gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit der Psychologie und der Soziologie in das Blickfeld der Wissenschaften. Seitdem wurden im Zuge der fortlaufenden Entwicklung der Gesellschaft verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt, deren theoretische Konzepte die geschlechtsspezifischen Unterschiede zu erklären suchten, dabei jedoch von verschiedenen Voraussetzungen ausgingen. Zu den wichtigsten, noch heute diskutierten, erkenntnistheoretischen Grundpositionen gehören die auf dem biologischem Determinismus gegründete Differenzposition, welche von einem grundsätzlichen, an der biologischen Geschlechtszugehörigkeit festgemachten, Unterschied zwischen den Geschlechtern ausgeht, das aus dem Angelsächsischen kommendem Sex-Gender-Konzept, welches mit der Unterscheidung von biologischem und sozialem Geschlecht eine kritische Gegenposition der feministischen Frauenforschung zum biologischem Determinismus darstellt und die postmoderne konstruktivistische Position, die als aktuellste der aufgeführten Erklärungsmodelle von einem rein sozial und kulturell geschaffenen Unterschied zwischen den Geschlechtern und der Geschlechterdifferenz selbst ausgeht.
Die inhaltlichen Schwerpunkte und die konträren Grundargumentationen der drei aufgeführten Ansätze und ihre Bedeutung für die Erklärung geschlechtsspezifischer Unterschiede sollen in den Fokus dieses Essays gestellt und aus dem Blickwinkel des aktuellen Forschungsstandes bewertet werden. Dazu werde ich im Folgenden den Begriff der geschlechtsspezifischen Sozialisation kurz erläutern und daran anschließend auf die drei genannten Modelle zur Erklärung geschlechtsspezifischer Unterschiede eingehen, ihre verschiedenen Konzeptionen darstellen und darüber hinaus eine kritische Einordnung der Modelle und ihrer Aussagen aus der Sichtweise des aktuellen Forschungsstandes vornehmen.
2. Geschlechtsspezifische Sozialisation
Der Begriff Sozialisation umfasst die sozialen Prozesse, mit denen die Entstehung und Entwicklung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt erfasst werden[1].
Mit dem Begriff geschlechtsspezifische Sozialisation wird die Betrachtung der Geschlechterdifferenz unter dem Gesichtspunkt der Sozialisation in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und impliziert sogleich die Ablehnung einer einfachen Biologisierung der Geschlechterdifferenz, da das Individuum gesellschaftlich konstruiert ist und eine ständige Wechselwirkung zwischen Individuum und Umwelt besteht.
3. Erklärungsmodelle geschlechtsspezifischer Sozialisation
Zur Erklärung geschlechtsspezifischer Unterschiede existiert eine Vielzahl von theoretischen Konzepten, zu denen neben den im Folgenden dargestellten auch die Gleichheitsposition und der Syntheseversuch von Gleichheits- und Differenzposition gehören. Doch ermöglichen gerade die Ansätze der Differenzposition, des Sex-Gender-Konzepts und der konstruktivistischen Position eine kontroverse Gegenüberstellung grundsätzlich konträrer Argumentationslinien und Grundannahmen zur Erklärung geschlechtsspezifischer Unterschiede.
3.1 Die Differenzposition
Die unter dem Begriff Differenzposition zusammengefassten differenztheoretischen Ansätze der feministischen Frauenforschung gehen alle von einer gegebenen Differenz zwischen den Geschlechtern aus, welche zu unterschiedlichen Lebenszusammenhängen führt, begründen diese jedoch mit unterschiedlichen Akzentuierungen.
Einige Differenztheoretische Anätze begründen Weiblichkeit biologisch-ontologisch. So ist Weiblichkeit unverwechselbare Eigenart und naturhafte Wesenheit, der alle Frauen jenseits von Kultur und Geschichte in irgendeiner Weise teilhaftig sind[2]. Die Geschlechterdifferenz wird als essentieller Unterschied wahrgenommen und die Zweigeschlechtlichkeit als Bestandteil der Natur betrachtet. Das Individuum ist unveränderbar von Anfang bis Ende seines Lebens an den geschlechtlichen Unterschied gebunden, Geschlecht und Körperlichkeit sind unumstößlich[3]. Der patriarchalischen Welt werden gleichwertige Frauenwelten als eigenständige Kultur entgegengestellt, deren Sinn in der Aufwertung und Positivierung der Weiblichkeit liegen. Dabei vermag diese Position das Geschlechterverhältnis zu enthierarchisieren, legt den Geschlechterunterschied aber zugleich auf einer naturhaften ursprünglichen Argumentationsbasis neu fest[4].
[...]
[1] Zimmermann 2000:
[2] Thürmer-Rohr 1995:
[3] Thürmer-Rohr 1995:
[4] Nissen 1998: S.46/47
- Quote paper
- Christian Blume (Author), 2004, Zur Sozialisation der Geschlechter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62166
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