In den Jahren 1929 bis 1931 wurde eine hitzige Debatte darüber geführt, welche der beiden Bezeichnungen "bride-price" und "bride-wealth" zutreffender wären, um den Transfer von Waren und Geld bei der Heirat zu bezeichnen. Einige Anthropologen setzten den Begriff "bride-price" mit dem Kauf und Verkauf von Frauen in Verbindung, was von vielen kritisiert wurde. Evans Pritchard (1931) schlug vor, den neutralen Begriff "bride-wealth" zu benutzen, um zu verhindern, daß durch den Begriff "bride-price" die Annahme entsteht, es handle sich um eine kommerzielle Transaktion.
Diese Ansicht erhielt die breite Zustimmung der Anthropologen, unter welchen sich die Tendenz entwickelte, den Begriff "bride-price" zu meiden. Mittlerweile werden die beiden Begriffe jedoch synonym benutzt, weil unter den Anthropologen Einigkeit darüber besteht, daß der Transfer von Waren oder Geld bei der Heirat keinen Kauf/Verkauf der Frau darstellt, denn meistens hat die Braut Mitspracherechte bei ihrer Vermählung (vgl. Levinson & Ember:1996:152).
Inhalt
1. Zum Begriff Brautpreis
2. Definitionen
3. Theoriediskussion
4. Fallbeispiele
4.1. Die Sonjo
4.2. Die Ingessana
5. Vergleich der beiden Fälle
6. Schlußbetrachtung
7. Literatur
1. Zum Begriff Brautpreis
In den Jahren 1929 bis 1931 wurde eine hitzige Debatte darüber geführt, welche der beiden Bezeichnungen „bride-price“ und „bride-wealth“ zutreffender wären, um den Transfer von Waren und Geld bei der Heirat zu bezeichnen. Einige Anthropologen setzten den Begriff „bride-price“ mit dem Kauf und Verkauf von Frauen in Verbindung, was von vielen kritisiert wurde. Evans Pritchard (1931) schlug vor, den neutralen Begriff „bride-wealth“ zu benutzen, um zu verhindern, daß durch den Begriff „bride-price“ die Annahme entsteht, es handle sich um eine kommerzielle Transaktion.
Diese Ansicht erhielt die breite Zustimmung der Anthropologen, unter welchen sich die Tendenz entwickelte, den Begriff „bride-price“ zu meiden. Mittlerweile werden die beiden Begriffe jedoch synonym benutzt, weil unter den Anthropologen Einigkeit darüber besteht, daß der Transfer von Waren oder Geld bei der Heirat keinen Kauf/Verkauf der Frau darstellt, denn meistens hat die Braut Mitspracherechte bei ihrer Vermählung (vgl. Levinson & Ember:1996:152).
2. Definitionen
Bei der Definition von Brautpreis muß man diesen vom Begriff Mitgift abgrenzen. „Dowry“ ist die Mitgift von der Verwandtschaftsgruppe der Braut an das Ehepaar, während der Brautpreis eine Zahlung vom Bräutigam oder seiner Gruppe an die Verwandten der Braut ist (vgl. Seymour-Smith:1986:181). Durch die Zahlung des Brautpreises wird die Gruppe der Frau für den Verlust von bestimmten Rechten an ihrer Tochter kompensiert. Durch die Zahlung eines Brautpreises wird die Heirat legitimiert und gleichzeitig erhält der Bräutigam bestimmte Rechte über seine Frau und die zukünftigen Kinder (a.a.O.).
Nach Levinson & Ember (1996:151) ist Brautpreis eine Heiratszahlung, bei der Reichtum und Wohlstand vom Bräutigam, seiner Gruppe oder von beiden an die Gruppe der Braut transferiert wird. Diese Zahlung wird als Kompensation für die Familie der Braut
betrachtet, für den Verlust der Arbeitskraft ihrer Tochter und den Verlust ihrer Rechte an ihren zukünftigen Enkeln (a.a.O.). Der Transfer dieser Rechte zwischen zwei Parteien kann von großer wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung sein (a.a.O.).
Wie man sehen kann, bestehen zwischen den beiden Definitionen von Levinson & Ember und Seymour-Smith keine großen Unterschiede. Levinson & Ember haben in ihrer Definition die “erkauften“ Rechte näher erläutert als Seymour-Smith, sie nennen z.B. die von der Familie der Braut an den Bräutigam und seine Verwandtschaft übertragenen Rechte, worauf Seymour-Smith nicht eingeht.
Nach der Definition von Walter Hirschberg (1988:71) wirkt der Brautpreis “als Stabilisator der Ehe“, weil der mit der Zahlung des Brautpreises geschlossene Vertrag den Eltern der Braut ein Aufsichtsrecht über die Behandlung ihrer Tochter zusichert.
Die Zahlung eines Brautpreises ist die meistverbreitetste Form von Austausch bei einer Heirat (vgl. Peoples & Bailey:1994:213). Außerdem wird in den oben genannten Definitionen nicht erwähnt, daß das Objekt der Transaktion, die Braut, auch ein Mitspracherecht hat. Sie kann stärker als eine Sklavin über ihr Schicksal entscheiden. Die Rechte und Pflichten, die bei einer Heirat “verkauft“ werden, bestehen meistens ein ganzes Leben lang.
3. Theoriediskussion
Das Brautpreis wurde durch jede der theoretischen Richtungen in der Ethnologie unterschiedlich behandelt. Die größte Aufmerksamkeit schenkten die Struktur-Funktionalisten diesem Thema. Sie untersuchten den Einfluß der kulturellen Institutionen auf die verschiedenen sozialen Prozesse. Das Brautpreis wurde als eine solche Institution betrachtet, die viele Funktionen hatte (vgl. Levinson & Ember; 1996; 152). Vertreter des Struktur-Funktionalismus war Alfred Radcliffe-Brown (vgl. Peoples & Bailey; 1994; 74).
Radcliffe-Brown entwickelte mehrere Erklärungen für die Zahlung eines Brautpreises und behauptete, daß die Institution des Brautpreises nur in patrilinealen Gesellschaften existiert, wo durch die Heirat die Produktions- bzw. Arbeitskraft zur Gruppe des Mannes übertragen wird (vgl. Seymour-Smith; 1986;181).
Diese These entspricht nach Comaroff (Comaroff 1980, nach Seymour-Smith: 1986:181) nicht den Fakten, denn Brautpreis kommt auch in Gesellschaften vor, in welchen die Braut nicht an die Familie des Mannes “veräußert“ wird.
Der marxistische Theoretiker Meillassoux (1975) sah in dem Brautpreis ein Werkzeug einer vorkapitalistischen Gesellschaft, in der die älteren versuchen, ihre Macht und ihren Einfluß zu steigern. Die jungen Männer sind abhängig von den älteren, welche das Brautpreis als Druckmittel benutzen. Die Kontrolle über den Brautpreis könnte nach seiner Ansicht zu Klassenkonflikten führen (vgl. Levinson & Ember: 1996: 153).
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- Arbeit zitieren
- MA Kamuran Kayhan (Autor:in), 1998, Brautpreis - Definitionen, Fallbeispiele und Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62009
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