Die natürliche Entwicklung des Menschen ist vor allem durch eine schier unbegrenzte Anzahl von Möglichkeiten des Lernens und Erfahrens charakterisiert. Ständig bekommen wir neue Impulse, Ansichten zu entwickeln, eine eigene Identität zu bilden und individuelle Wünsche dabei zu äußern - ein Phänomen, dass sich grundsätzlich durch das ganze Leben zieht, in der Kindheit und Jugend allerdings besondere Ausprägung erfährt. Probleme der Sexualentwicklung, die in der Pubertät noch weltbewegend und essentiell waren, erscheinen uns bereits wenige Jahre später als nichtig oder sogar lächerlich. Was macht die Entdeckung der eigenen Sexualität in der Zeit des Heranwachsens also derart mysteriös und problematisch? Wie und wann kommt es überhaupt zur Bildung einer sexuellen Identität und warum ist es in unserem heutigen, aufgeklärten Zeitalter noch immer ein fast automatischer Vorgang, die in der Pubertät aufkommenden Wünsche, sexuellen Vorstellungen und -Gedanken geheim halten zu wollen? Mit diesen und weiteren Fragen der Sexualpsychologie soll sich folgender Text beschäftigen, wobei vor allem auf die Geheimnisbildung bei Entwicklung der autoerotischen Sexualität eingegangen werden soll.
1. Vorwort
Die natürliche Entwicklung des Menschen ist vor allem durch eine schier unbegrenzte Anzahl von Möglichkeiten des Lernens und Erfahrens charakterisiert. Ständig bekommen wir neue Impulse, Ansichten zu entwickeln, eine eigene Identität zu bilden und individuelle Wünsche dabei zu äußern – ein Phänomen, dass sich grundsätzlich durch das ganze Leben zieht, in der Kindheit und Jugend allerdings besondere Ausprägung erfährt. Probleme der Sexualentwicklung, die in der Pubertät noch weltbewegend und essentiell waren, erscheinen uns bereits wenige Jahre später als nichtig oder sogar lächerlich. Was macht die Entdeckung der eigenen Sexualität in der Zeit des Heranwachsens also derart mysteriös und problematisch? Wie und wann kommt es überhaupt zur Bildung einer sexuellen Identität und warum ist es in unserem heutigen, aufgeklärten Zeitalter noch immer ein fast automatischer Vorgang, die in der Pubertät aufkommenden Wünsche, sexuellen Vorstellungen und – Gedanken geheim halten zu wollen? Mit diesen und weiteren Fragen der Sexualpsychologie soll sich folgender Text beschäftigen, wobei vor allem auf die Geheimnisbildung bei Entwicklung der autoerotischen Sexualität eingegangen werden soll.
2. Entwicklung einer sexuellen Identität
2.1. Was versteht man eigentlich unter Sexualität?
"Sexualität ist das, was wir aus ihr machen: eine teure oder billige Ware, Mittel der Fortpflanzung, Abwehr der Einsamkeit, eine Kommunikationsform, eine Waffe der Aggression (Herrschaft, Macht, Strafe, Unterwerfung), ein Sport, Liebe, Kunst, Schönheit, ein idealer Zustand, das Böse, das Gute, Luxus, Entspannung, Belohnung, Flucht, ein Grund der Selbstachtung, ein Ausdruck der Zuneigung, eine Art Rebellion, eine Quelle der Freiheit, Pflicht, Vergnügen, Vereinigung mit dem All, mystische Ekstase, indirekter Todeswunsch oder Todesleben, ein Weg zum Frieden, eine juristische Streitsache, eine Art, menschliches Neuland zu erkunden, eine Technik, eine biologische Funktion, Ausdruck psychischer Krankheit oder Gesundheit oder einfach eine sinnliche Erfahrung."[1]
Anhand dieses Definitionsversuches, den die amerikanische Psychoanalytikerin Avodah Offitt in "Das sexuelle Ich" wagt, wird erkennbar, dass die Entwicklung der Sexualität eines Menschen neben der Befriedigung der natürlichen Grundbedürfnisse wie Fortpflanzung und Lusterleben auch unvermeidbar an fest verankerte Emotionen (Liebe, Zuneigung, Macht etc.) gekoppelt ist. Dass dies natürlich viele Fragen und Komplikationen, aber auch Geheimhaltungen beinhaltet, ist tatsächlich sehr naheliegend. Die Thematik stiftet Verwirrung, insbesondere in einem Alter, in welchem ohnehin eine immense Flut an Neuerfahrungen aus den Medien, dem persönlichen Umkreis oder den eigenen Erlebnissen auf den Heranwachsenden einströmen. Indiskrete und „peinlich“ wirkende Fragen zu stellen erweist sich erfahrungsgemäß als ebenso schwierig wie auch die Beantwortung dieser.[2]
Auch sollte dabei nicht aus der Betrachtung verloren gehen, dass sich ein gewisser Wandel im Verständnis von Sexualität bereits vollzog. Früher war nämlich der sexuelle Bereich ganz selbstverständlich mit allen anderen Lebensbereichen verwoben. Wer sexuelle Erlebnisse, Bedürfnisse usw. mitteilen wollte, tat dies konkret und differenziert; der Blick auf die Realität konnte erstaunlicherweise unvermittelter freigegeben werden.
Ein gesamtgesellschaftlicher Wandel sowie vielfältige Veränderungen in moralisch – ethischen Auffassungen führten bis dato dazu, dass die sogenannte „Liebe an und für sich“ häufig sogar als eine Art der „Ersatzbefriedigung“ oder Kompensationsmaßnahme benutzt wird.[3] Diese Tatsache wirft natürlich eine Reihe von Fragen auf; sie ergibt Peinlichkeiten und Unannehmlichkeiten, die besonders pubertierende Jugendliche eher distanziert behandeln oder gar gänzlich verheimlichen. Wie also sollte heute an die Thematik herangegangen werden, damit eine Tabuisierung ausgeschlossen wird?[4]
Wer heute abstrakt von Sexualität spricht, verhüllt mehr, als er offen legt. Er überlässt es dem Gegenüber, sich auszumalen, ob es um erotische Empfindungen, leidenschaftliche Verstrickungen, sinnliche Wahrnehmungen o.ä. geht. Weil wir aber über Sexualität reden, ohne uns dabei die realen Erlebnisse mitzuteilen, bleibt zwangsläufig im Dunkeln, wie genau das alltägliche Verständnis von Sexualität eigentlich beschaffen ist. Fest steht lediglich, über welche Aspekte man unbeschadet öffentlich reden kann, weil sie gesellschaftlich anerkannt sind, wie z.B. genitalbezogene, heterosexuelle und orgasmuszentrierte Sexualität. Über sonstige Aspekte von Sexualität spricht man „hinter vorgehaltener Hand" oder so gut wie gar
nicht, wie z.B. bei sexuellem Missbrauch, sadomasochistischen Praktiken, nekrophilen Neigungen oder aber – was hier im Zentrum der Betrachtungen steht – Masturbationserlebnissen.[5]
Selbst Eltern und Pädagogen sehen sich häufig mit einem Sachverhalt konfrontiert, der leicht in die Intimität und Privatwelt des Menschen eingreifen kann, der andererseits aber auch nicht allzu wissenschaftlich beantwortet werden kann. Ein Verständnis über die „normale“ Sexualentwicklung des Kindes und Jugendlichen erweist sich an dieser Stelle als sinnvoll und soll daher im Folgenden näher erläutert werden.[6]
2.2. Entwicklungsstufen der Sexualität
2.2.1. Sinnliche Erfahrungen vor der Geburt
Bereits vor der Geburt kann man bei den Ungeborenen beobachten, dass sie zu sinnlichen Erfahrungen verschiedener Art fähig sind, beispielsweise dem Daumennuckeln, der oralen Aufnahme von Fruchtwasser und dem Schwimmen im Fruchtwasser. Sie können bereits Geräusche aus ihrer Umgebung wahrnehmen und reagieren auf die Stimme der Mutter bzw. wiedererkannter Musik; kurzum: die Entwicklung der Nervenzellen im Gehirn des Ungeborenen wird auf vielfältige Weise bereits pränatal stimuliert. Allerdings werden in solche ersten Kontaktaufnahmen mit der Umwelt und sinnlichen Erlebnisse noch nicht als sexuell stimulierend klassifiziert, sondern sie haben vorrangig die Funktion der Nervenzellbildung und Entwicklung des Embryos.[7]
2.2.2. Sinnliche Erfahrungen nach der Geburt
Direkt nach der Geburt geschieht die Sinneswahrnehmung des Säuglings vorwiegend über den Mund: es entdeckt und erlebt schöne und wohlige Gefühle, die einer der ersten Ausdrücke der kindlichen Sexualität sind. Das Saugen an der mütterlichen Brust bereitet sinnlich Freude und befriedigt das elementare Bedürfnis des Hungers, wobei zusätzlich noch der Duft der
Mutter wahrgenommen wird – eine Fülle von sinnlichen Erlebnissen also.[8]
2.2.3. Die ersten Lebensmonate
Über die Erkundung der Umwelt hinaus beginnen Kinder in ihren ersten Lebensmonaten nun auch den eigenen Körper inklusive seiner Genitalien zu erforschen. Beim Neugeborenen werden die ersten diffusen Lustbedürfnisse vor allem durch taktile Reize gestillt, wie z.B. sanfte Berührungen, zartes Schaukeln oder Wärme. Durch die stete Stimulation der Mund- und Analregion des Säuglings, wie z.B. beim Stillen, Füttern und Wickeln, steigert sich die Bereitschaft und die Fähigkeit, mittels dieser Körperregionen Lust zu erleben.[9]
Tatsache ist, dass sich schon Säuglinge und Kleinkinder gern mit ihrer Genitalregion, vor allem beim Wickeln, beschäftigen. Es ist zu beobachten, dass sie ihre Geschlechtsteile bereits in diesem frühen Alter anfassen oder damit spielen, was reale Lustempfindungen hervorzurufen scheint. In der Regel kann man zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht von Masturbation sprechen, selbst wenn es durchaus zur Erektion kommen kann. Eine Steigerung der autoerotischen Stimulation bis zum Orgasmus wurde eher in nur wenigen Fällen beobachtet. Wie weit die Kinder bei all dem gehen, hängt weitgehend von den Reaktionen der Eltern oder anderer Bezugspersonen ab.[10]
[...]
[1] aus: www.familienhandbuch.de, Auszug aus: Avodah Offitt „Das sexuelle Ich“
[2] vgl.: www.familienhandbuch.de
[3] vgl.: www.ahs-online.de/selbstbefriedigung.php3
[4] vgl.: Schüler ’96: Liebe und Sexualität, S.25
[5] vgl.: www.familienhandbuch.de
[6] vgl.: Brückner: Wenn Dein Kind Dich fragt, S.8
[7] vgl.: www.hoppsala.de
[8] vgl.: BzgA: Körper, Liebe, Doktorspiele (1.-3.Lebensjahr), S.18
[9] vgl.: www.familienhandbuch.de
[10] vgl.: BzgA: Körper, Liebe, Dokotospiele (1.-3.Lebensjahr), S.15
- Arbeit zitieren
- Claudia Becker (Autor:in), 2006, Zwischen Doktorspielen und Masturbation. Wie die Sexualentwicklung von Kindern und Jugendlichen zum Geheimnis gemacht wird, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61715
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