Die Beziehungen zwischen Beschäftigten und Unternehmen sind in Deutschland durch eine Reihe von Gesetzen geregelt, die, so wird immer wieder seitens der Arbeitgeber geklagt, deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb viel zu sehr einschränken und letztlich in Zeiten der Globalisierung kontraproduktiv seien. Doch auch Gewerkschafter sehen Reformbedarf angesichts von zunehmenden Umgehungsmöglichkeiten. Anhand der Fragestellung „Wie effektiv ist das deutsche System der Arbeitsbeziehungen und wie kann es im Sinne von Beschäftigten und Unternehmen modernen Erfordernissen angepasst werden?“ analysiert dieses Thesenpapier die Regelung der Arbeitsbeziehungen in Deutschland unter dem Gesichtspunkt sich verändernden Bedingungen für Arbeit und Wirtschaft. Zunächst wird im folgenden Abschnitt die Fragestellung analysiert, darauf aufbauend wird im Abschnitt 3 eine Zieldefinition für die Gestaltung von Arbeitsbeziehungen erstellt. Entsprechend dieser Zielbestimmung werden im Abschnitt 4 dann die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes und der Unternehmensmitbestimmung hinsichtlich ihrer Effektivität analysiert. Den Abschluss bilden Überlegungen zur Weiterentwicklung des Systems der Arbeitsbeziehungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Analyse der Fragestellung
2.1 System der Arbeitsbeziehungen
2.2 Moderne Erfordernisse
2.3 Zum Begriff „effektiv“
3. Zieldefinition für das System der Arbeitsbeziehungen
4. Effektivität der Mitbestimmung
4.1 Die Quantitative Interessensvertretung weist große Lücke auf
4.2 Mitbestimmung ermöglicht Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen
4.3 Mitbestimmung als Bürgerrecht
4.4 Mitbestimmung kann betriebswirtschaftlich effizient sein
4.5 Mitbestimmung aus gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht
5. Möglichkeiten einer Weiterentwicklung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Beziehungen zwischen Beschäftigten und Unternehmen sind in Deutschland durch eine Reihe von Gesetzen geregelt, die, so wird immer wieder seitens der Arbeitgeber geklagt, deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb viel zu sehr einschränken und letztlich in Zeiten der Globalisierung kontraproduktiv seien. Doch auch Gewerkschafter sehen Reformbedarf angesichts von zunehmenden Umgehungsmöglichkeiten. Anhand der Fragestellung „Wie effektiv ist das deutsche System der Arbeitsbeziehungen und wie kann es im Sinne von Beschäftigten und Unternehmen modernen Erfordernissen angepasst werden?“ analysiert dieses Thesenpapier die Regelung der Arbeitsbeziehungen in Deutschland unter dem Gesichtspunkt sich verändernden Bedingungen für Arbeit und Wirtschaft.
Zunächst wird im folgenden Abschnitt die Fragestellung analysiert, darauf aufbauend wird im Abschnitt 3 eine Zieldefinition für die Gestaltung von Arbeitsbeziehungen erstellt. Entsprechend dieser Zielbestimmung werden im Abschnitt 4 dann die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes und der Unternehmensmitbestimmung hinsichtlich ihrer Effektivität analysiert. Den Abschluss bilden Überlegungen zur Weiterentwicklung des Systems der Arbeitsbeziehungen.
2. Analyse der Fragestellung
Vor der Bearbeitung soll eine Untersuchung der Fragestellung Klarheit über den genauen Gegenstand der Arbeit bringen.
2.1 System der Arbeitsbeziehungen
Zunächst zum Begriff des „deutschen Systems der Arbeitsbeziehungen“: Die Arbeitsbeziehungen sind im Wesentlich durch zwei Regelungsbereiche gekennzeichnet, weshalb auch vom „dualen System der industriellen Beziehungen“[1] gesprochen wird. Zum einen sind Tarifverträge, die von Gewerkschaften und Branchenverbänden ausgehandelt werden und tarifgebundene Betriebe und deren Beschäftigte betreffen, zu nennen, zum anderen die Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen. In einem engeren Sinne beziehen sich Arbeitsbeziehungen nur auf den zweiten genannten Bereich und im Sinne einer eingehenden Befassung mit diesem Thema, beschränkt sich das vorliegende Thesenpapier auf die betriebliche und Unternehmensmitbestimmung.
Die betriebliche Mitbestimmung ist im Betriebsverfassungsgesetz geregelt, das letztmalig 2001 novelliert wurde. Es begründet das Recht, in Betrieben mit mindestens fünf Beschäftigten einen Betriebsrat zu bilden und sieht abgestufte Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates vor. Bei sozialen und personellen Angelegenheiten sind die Rechte des Betriebsrats ausgeprägt, bei wirtschaftlichen Belangen hingegen sind die Möglichkeiten der Mitbestimmung begrenzt.[2]
Die Unternehmensmitbestimmung ist in drei Gesetzen geregelt, die ein differenziertes System für die Repräsentation von Arbeitnehmern in Aufsichtsräten schaffen. Das Montanmitbestimmungsgesetz von 1951 gilt für Unternehmen der Kohle- und Stahlindustrie mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in der Rechtsform der AG oder GmbH. In den Aufsichtsräten dieser Unternehmen sitzt sich eine gleiche Anzahl von Arbeitnehmer- und Anteilseignervertreter gegenüber. Ein neutrales Mitglied, auf das sich die beiden Parteien einigen müssen, soll Pattsituationen vermeiden. Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 betrifft alle Kapitalgesellschaften, die nicht vom Montanmitbestimmungsgesetz erfasst werden und mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigen. Es sorgt aber nur für eine Scheinparität im Aufsichtsrat. Arbeitnehmer und Kapitaleigner stellen zwar jeweils die Hälfte der Sitze, da aber der Aufsichtsratsvorsitzende, der von der Kapitalseite gestellt wird, im Falle eines Patts über das doppelte Stimmrecht verfügt, haben tatsächlich die Anteilseigner das entscheidende Gewicht. Schließlich regelt das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 bzw. seit 2004 das Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat die Mitbestimmung in Kapitalgesellschaften mit 500 bis 2.000 Beschäftigten. In diesem Fall können die Arbeitnehmer nur über ein Drittel der Aufsichtsratssitze verfügen.[3]
Eine weitere Interessensvertretung der Arbeitnehmer besteht mit dem Gesamtbetriebsrat, der bei mehreren Betriebsräten für das Unternehmen zu bilden ist.[4]
2.2 Moderne Erfordernisse
Unter dem Terminus „moderne Erfordernisse“ lässt sich eine Reihe von Anforderungen zusammenfassen, die durch jüngere Entwicklungen in der Wirtschaft und der Arbeitswelt hervorgerufen werden, beziehungsweise aus politischen Erwägungen entstehen. Dies soll im Folgenden kurz dargelegt werden.
Die technologische Entwicklung innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte hat eine Verlagerung der Wertschöpfung hervorgerufen, so dass Wissen immer wichtiger wird. Dadurch hat auch die Bedeutung des tertiären Sektors zugenommen.[5]
Weiterhin haben der Abbau von Handelsbarrieren und die Liberalisierung des Kapitalverkehrs in Verbindung mit der erwähnten technologischen Fortentwicklung zu einer Globalisierung der Märkte geführt. Damit einher geht eine transnationale Verflechtung der Wirtschaft und eine steigende Mobilität von Menschen, Wissen und Kapital. In Europa ist mit der Europäischen Union ein besonders hoher Grad an wirtschaftlicher und auch politischer Integration erreicht worden.[6]
Technologischer Fortschritt und Globalisierung haben durch das damit verbundene Innovationstempo und dem Ende von geschützten Märkten einen verstärkten Wettbewerb zur Folge, haben aber ebenso die Anforderungen an den Umgang mit Arbeit verändert, da unter den Bedingungen von Wettbewerb und Wissensgesellschaft motivierte Mitarbeiter ein wichtiger Erfolgsfaktor sind.
Keineswegs zu vernachlässigen angesichts der beschriebenen wirtschaftlichen Erfordernissen sind jedoch die politischen und demokratietheoretischen Forderungen. Demokratische Teilhabe auch in der Arbeitssphäre ist in einer Marktwirtschaft, die in eine Zivilgesellschaft eingebettet ist, heute mehr denn je geboten.[7]
„Moderne Erfordernisse“ sind also aus der globalen und europäischen wirtschaftlichen Integration, verstärktem Wettbewerbsdruck, technologischer Entwicklung, veränderter Arbeitsorganisation und dem Gebot demokratischer Teilhabe abzuleiten.
2.3 Zum Begriff „effektiv“
Das Adjektiv effektiv stammt vom lateinischen effectivus ab und lässt sich mit wirkungsvoll, (be)wirkend oder wirksam übersetzen.[8] Hierbei stellt sich die Frage nach dem Bezug, also hinsichtlich welchen Ziels das deutsche System der Arbeitsbeziehungen wirkungsvoll ist. Aus den unter 2.2 erläuterten Anforderungen an das System der industriellen Beziehungen lassen sich bereits Ziele ableiten, eine umfassende Zieldefinition erfolgt im folgenden Abschnitt.
[...]
[1] Ellguth (2004), S. 160
[2] Vgl.: Müller-Jentsch (2004), S. 146; Dentz (2003), S. 32-33
[3] Vgl.: Kohl (2005), S. 248-249; Dentz (2003), S. 31; Müller-Jentsch (2004), S. 146
[4] Vgl.: Dentz (2003), S. 31
[5] Vgl. Brödner (2000), S. 47; Blanpain (2005), S. 61
[6] Vgl.: Kocka (2006), S. 58; Rürup/Sesselmeier (1999), S. 164; Blanpain (2005), S. 61
[7] Vgl. Müller-Jentsch (2004), S. 156; Kocka (2006), S. 61
[8] Vgl.: DUDEN Deutsches Universalwörterbuch neu (2002)
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