Diese Arbeit beschäftigt sich mit Nietzsches zweiter unzeitgemäßen Betrachtung “Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben.” Nietzsches Grundargumentation läuft darauf hinaus, dass ein Übermaß von Anlehnung an die Historie für den Menschen schädlich sei, da sich die Unmittelbarkeit des Lebens und das historische Wissen konträr gegenüber stehen. Mit der Unmittelbarkeit des Lebens meint Nietzsche das Unhistorische (das Vergessen), und mit dem historischen Wissen, die Erinnerung an das Vergangene. Die Historie müsse immer im Dienste des Lebens stehen, da sie sonst krank mache. Die “zweite unzeitgemäße Betrachtung” war, wie alle Frühwerke Nietzsches, durch die Auseinandersetzung mit der Kultur, Bildung und Geschichtswissenschaft seiner Zeit geprägt.
Die Arbeit beginnt mit einer kurzen Skizzierung der Philosophie Nietzsches und der Darstellung seiner Grundannahme, dass hauptsächlich der Wille zur Macht den Menschen kennzeichne. Nietzsches Begriffe des Historischen, Unhistorischen und Überhistorischen werden besprochen und bestimmt. Anhand von Martin Heideggers Interpretation Nietzsches, wird dessen Antropologie besprochen. Das Tier wird als unhistorisches Wesen gesehen. Der Mensch hat, als animal rationale, im Gegensatz zum Tier einen Bezug zum Vergangenen und kann dadurch Kultur schaffen. Ebenso kann der Mensch aber an der Erinnerung an das Vergangene leiden und zugrunde gehen. Nietzsche spricht von einer plastischen Kraft, die als formgebende Kraft interpretiert wird, die die Erinnerung oder geschichtliche Betrachtungsweise, je nach Bedürfnis, so formt, dass es dem Leben nutzt.. Die Geschichte wird zwar als unveränderlich angesehen, aber nicht die Erinnerung an das Geschehene. Sie ist eine rationale Leistung und verrechnet das Erinnerte nach Nutzen und Nachteil. Die Erinnerung ist plastisch und die plastische Kraft bestimmt, wie die Verformung zu geschehen hat, damit sie dem Leben dient. Dadurch leiten sich die drei Arten der Geschichtsbetrachtung ab. Die monumentale-, antiquarische- und kritische Betrachtungsweise geschieht nach dem Maße, wie Geschichtsbetrachtung geformt werden muss, um dem Leben zu dienen. Diese drei Motive zusammen wirken als Kausalitätskette überhistorisch, so wie auch die Religion für Nietzsche überhistorisch ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Einleitung
- 1.2 Skizzierung der Philosophie Nietzsches
- 2. Inhalt der Begriffe: Historisch, Unhistorisch, Überhistorisch
- 2.1 Historisch
- 2.2 Unhistorisch und Überhistorisch
- 2.3 Leben, Glück, Historie
- 2.4.1 Tier-Unhistorisches Wesen, glückliches Wesen
- 2.4.2 Mensch Historisches Wesen, Kulturwesen
- 2.5 Plastische Kraft
- 3. Wesen und Funktion der Historie
- 3.1 Beurteilung der Historie (memoria) als rationale Leistung
- 3.2 Der Dunstkreis des Unhistorischen wird zum Horizont des rationalen Menschen
- 3.3 Erste Schlussfolgerung durch Gliederung der Betrachtungsweise - Drei Arten der Historie
- 4. Die drei Arten der historischen Betrachtung
- 4.1 Monumentale Historie - Die Wirkungsgeschichte
- 4.1.1 Das Wesen des Monumentalen
- 4.1.2 Ziel der monumentalen Historie
- 4.1.3 Nutzen der monumentalen Historie
- 4.1.4 Nachteil der monumentalen Historie
- 4.2 Antiquarische Historie
- 4.2.1 Das Wesen der antiquarischen Historie
- 4.2.2 Nutzen der antiquarischen Historie
- 4.2.3 Nachteil der antiquarischen Historie
- 4.3 Kritische Historie
- 4.3.1 Das Wesen der kritischen Historie
- 4.3.2 Nutzen - Korrektur der ersten beiden Arten der Historie
- 4.3.3 Nachteil der kritischen Historie
- 4.4 Konsens der drei Arten der Historie und der Begriff: Überhistorisch
- 5. Kritische Auseinandersetzung Nietzsches mit der Historie als Wissenschaft
- 6.2 Historische Krankheit: Hegels Universalgeschichte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Friedrich Nietzsches "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben", indem sie seine Argumentation bezüglich des Verhältnisses von Historie und Leben untersucht. Das Hauptziel ist es, Nietzsches Position zu verstehen und die Bedeutung seiner drei Arten der Geschichtsbetrachtung (monumental, antiquariatisch, kritisch) herauszuarbeiten.
- Das Verhältnis von Historie und Leben nach Nietzsche
- Die drei Arten der Geschichtsbetrachtung (monumental, antiquariatisch, kritisch)
- Nietzsches Kritik am "Historismus"
- Der Begriff des "Überhistorischen" bei Nietzsche
- Der Einfluss des "Willens zur Macht" auf Nietzsches Geschichtsphilosophie
Zusammenfassung der Kapitel
1.1 Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema ein und skizziert Nietzsches zentrale These: Ein Übermaß an historischer Betrachtung kann dem Leben schaden, da es die Unmittelbarkeit des Lebens beeinträchtigt. Nietzsche betont die Notwendigkeit, die Historie im Dienste des Lebens zu sehen und nicht umgekehrt. Die Arbeit wird kurz den Kontext und die Methode der Analyse erläutert.
1.2 Skizzierung der Philosophie Nietzsches: Dieses Kapitel bietet einen kurzen Überblick über Nietzsches Philosophie, insbesondere seinen "Willen zur Macht" als treibende Kraft des menschlichen Handelns. Es werden seine kritische Haltung gegenüber dem Christentum und dem Sozialismus, sowie seine Ablehnung des Fortschrittsgedankens angesprochen. Dieser Abschnitt liefert den philosophischen Hintergrund, um Nietzsches Argumentation in der "zweiten unzeitgemäßen Betrachtung" zu verstehen.
2. Inhalt der Begriffe: Historisch, Unhistorisch, Überhistorisch: Dieses Kapitel definiert und differenziert Nietzsches Schlüsselbegriffe: "historisch," "unhistorisch" und "überhistorisch." Es erläutert die Bedeutung des "Unhistorischen" als dem unmittelbaren Leben zugehörig und steht im Gegensatz zum "Historischen," dem Wissen um die Vergangenheit. Der "überhistorische" Aspekt wird als ein übergeordneter Rahmen definiert, der die drei Arten der Geschichtsbetrachtung miteinander verbindet.
3. Wesen und Funktion der Historie: Dieses Kapitel untersucht die Funktion der Historie als rationale Leistung. Nietzsche betrachtet die Erinnerung als "plastische Kraft," die im Dienste des Lebens geformt werden kann. Der Fokus liegt auf der Beurteilung des Nutzens und Nachteils historischer Betrachtungsweisen.
4. Die drei Arten der historischen Betrachtung: Hier werden Nietzsches drei Arten der Geschichtsbetrachtung (monumental, antiquariatisch, kritisch) detailliert analysiert. Für jede Art wird ihr Wesen, Nutzen und Nachteil im Hinblick auf ihr Verhältnis zum Leben untersucht. Der Zusammenhang zwischen diesen drei Arten und dem "Überhistorischen" wird hervorgehoben.
5. Kritische Auseinandersetzung Nietzsches mit der Historie als Wissenschaft: Dieses Kapitel untersucht Nietzsches kritische Auseinandersetzung mit der Historie als wissenschaftliche Disziplin. Es wird auf die Grenzen und potenziellen Gefahren einer rein wissenschaftlichen Herangehensweise an die Vergangenheit eingegangen und deren negative Auswirkungen auf das Leben analysiert.
6.2 Historische Krankheit: Hegels Universalgeschichte: Dieses Kapitel analysiert Nietzsches Kritik an Hegels Universalgeschichte als Beispiel für eine "historische Krankheit". Es wird dargelegt, wie Hegels teleologische Geschichtsauffassung nach Nietzsches Ansicht das Leben beeinträchtigt und die Bedeutung des unmittelbaren Erlebens schmälert.
Häufig gestellte Fragen zu Nietzsches "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben"
Was ist der Hauptfokus dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Friedrich Nietzsches "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" und untersucht sein Verhältnis von Historie und Leben. Das Hauptziel ist das Verständnis von Nietzsches Position und die Bedeutung seiner drei Arten der Geschichtsbetrachtung (monumental, antiquariatisch, kritisch).
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt das Verhältnis von Historie und Leben nach Nietzsche, die drei Arten der Geschichtsbetrachtung (monumental, antiquariatisch, kritisch), Nietzsches Kritik am "Historismus", den Begriff des "Überhistorischen" bei Nietzsche und den Einfluss des "Willens zur Macht" auf Nietzsches Geschichtsphilosophie.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in mehrere Kapitel gegliedert: Einleitung, Definition der Schlüsselbegriffe (historisch, unhistorisch, überhistorisch), Wesen und Funktion der Historie, detaillierte Analyse der drei Arten der Geschichtsbetrachtung, Nietzsches Kritik an der Historie als Wissenschaft und eine Analyse von Hegels Universalgeschichte als Beispiel für eine "historische Krankheit".
Was sind Nietzsches drei Arten der Geschichtsbetrachtung?
Nietzsche unterscheidet drei Arten der Geschichtsbetrachtung: die monumentale Historie (fokussiert auf große Persönlichkeiten und Ereignisse), die antiquarische Historie (fokussiert auf die detailgetreue Rekonstruktion der Vergangenheit) und die kritische Historie (prüft und bewertet die Vergangenheit im Hinblick auf ihre Bedeutung für das Leben). Jede Art hat nach Nietzsche spezifische Nutzen und Nachteile.
Was ist der Begriff des "Überhistorischen" bei Nietzsche?
Der Begriff "überhistorisch" bezeichnet bei Nietzsche einen übergeordneten Rahmen, der die drei Arten der Geschichtsbetrachtung verbindet und sich auf einen Aspekt bezieht, der über die reine historische Betrachtung hinausgeht und essentiell für ein erfülltes Leben ist.
Welche Kritik übt Nietzsche an der Historie als Wissenschaft aus?
Nietzsche kritisiert eine rein wissenschaftliche Herangehensweise an die Vergangenheit, da sie seiner Ansicht nach das Leben beeinträchtigen und die Unmittelbarkeit des Erlebens schmälern kann. Er warnt vor den Gefahren eines "Historismus", der das Leben im Dienste der Historie unterordnet.
Wie beurteilt Nietzsche Hegels Universalgeschichte?
Nietzsche kritisiert Hegels Universalgeschichte als Beispiel für eine "historische Krankheit", da er in ihr eine teleologische Geschichtsauffassung sieht, die das unmittelbare Leben und dessen Bedeutung vernachlässigt.
Was ist der Nutzen und Nachteil der verschiedenen Arten der Geschichtsbetrachtung nach Nietzsche?
Für jede der drei Arten (monumental, antiquariatisch, kritisch) werden Nutzen und Nachteil im Hinblick auf ihr Verhältnis zum Leben untersucht. Der Nutzen liegt jeweils in einem spezifischen Beitrag zum Verständnis der Vergangenheit, der Nachteil in der Gefahr, das Leben durch eine einseitige Fokussierung auf die Vergangenheit zu beeinträchtigen. Die kritische Historie dient als Korrektur der ersten beiden.
Wie definiert Nietzsche die Begriffe "historisch", "unhistorisch" und "überhistorisch"?
Diese Begriffe bilden ein Dreieck: "Historisch" bezieht sich auf das Wissen über die Vergangenheit. "Unhistorisch" steht für die Unmittelbarkeit des Lebens, den unmittelbaren Erfahrungsraum, welcher unbeeinflusst von historischem Wissen ist. "Überhistorisch" bildet den Rahmen, innerhalb dessen die drei Arten der Geschichtsbetrachtung und die Relation zwischen historischem Wissen und dem unmittelbaren Leben zu beurteilen sind.
Wie wird Nietzsches "Wille zur Macht" in die Analyse eingebunden?
Nietzsches "Wille zur Macht" wird als treibende Kraft des menschlichen Handelns betrachtet und in den Kontext seiner Kritik am Historismus und seiner Geschichtsphilosophie eingeordnet. Der Wille zur Macht beeinflusst die Bewertung der Historie und die Notwendigkeit, die Vergangenheit im Dienste des Lebens zu nutzen.
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- Dipl.-Sozialarbeiter (FH) Michael Büschken (Author), 2006, Zu: "Von Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" von Friedrich Nietzsche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61536