Das Zeitschriftenangebot in Deutschland bietet Titel zu zahlreichen Themen, Lebenslagen, Berufen und Wissenschaften. Auch für die ältere Generation gibt es eine Vielzahl an Publika. Das Angebot reicht vom kirchlichen Seniorenblatt über das Apothekenheft bis zum professionellen Hochglanzmagazin. Doch der Markt1der Zeitschriften für Ältere ist unübersichtlich. Die meisten der 115 bis 120 Titel , die sich um den Markt der Älteren bemühen, behandeln in erster Linie Themen wie Rente, Ruhestand und alterstypische Erkrankungen und sind somit der Seniorenpresse zuzurechnen. Zeitschriften mit Namen wie Ohrensessel, Spätsommer oder Fit und Fünfzig sind darüber hinaus keine kommerziellen Angebote, sondern mehrheitlich von Verbänden, Vereinen oder Kommunen publiziert. Zudem ist das Segment von hoher Fluktuation geprägt.Fifty oder Hulda wurden nach kurzer Laufzeit wegen fehlender Anzeigenkunden eingestellt. Folglich mangelte es bisher an einem attraktiven Zeitschriftenangebot, das eine ältere Zielgruppe - nicht Senioren - wirksam anspricht und zugleich als relevanter Werbeträger aufgefasst wird.
Seit wenigen Jahren zeigen die großen Publikumsverlage deutscher Zeitschriften eine Reaktion auf die demographische Entwicklung in Deutschland und Europa. Denn die zunehmende Alterung hat bereits Auswirkungen auf die Leserschaft. Die ehemals jungen Zielgruppen altern mit den Zeitschriften. Das bestätigen die Daten der Media Analyse 2004: 64 Prozent der Brigitte-Leserinnen sind über 40 Jahre alt, bei der Zeitschrift auto motor und sport sind es über 47 Prozent. Insgesamt sind in den vergangenen zehn Jahren die Leser der Publikumszeitschriften pro Jahr durchschnittlich ein halbes Jahr älter geworden.
Reaktion der Verlage auf diese Entwicklung sind so genannte Line-Extensions, die eine junge Leserschaft ansprechen sollen: zu einem bereits existierenden Stammheft werden verjüngte Titel herausgeben, wie beispielsweise GEOlino zu GEO. Bei erfolgreicher Etablierung werden aus den Line-Extensions eigene Titellinien. Geglückt ist dieses Vorgehen beispielsweise bei dem Gruner & Jahr Titel Brigitte Young Miss. Von dieser stetig wachsenden Ausdifferenzierung am Zeitschriftenmarkt profitiert aber in erster Linie die junge Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Seit wenigen Jahren zeigt sich hier allerdings eine neue Entwicklung. Speziell auf die Zielgruppe der Älteren abgestimmte Titel erscheinen auf dem Zeitschriftenmarkt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Methodisches Vorgehen
2. Zielgruppenbestimmung
3. Die Zielgruppe der Älteren
3.1 Das Alter
3.2 Soziodemographische Merkmale
3.2.1 Altersstruktur der Bevölkerung
3.2.2 Einkommens- und Vermögensverhältnisse
3.3 Verhaltensorientierte Merkmale
3.3.1 Konsumverhalten und Einstellung zum Konsum
3.3.2 Mediennutzung
3.4 Zusammenfassung
4. Lebensstilanalyse
4.1 Lebensstilforschung
4.2 Lebensstiltypologien für Ältere
4.3 Die Lebenswelt-Typologie des Sinus-Instituts
4.3.1 Wissenschaftlicher Hintergrund und Konzeption
4.3.2 Die einzelnen Sinus-Milieus
4.3.3 Das Sinus-Modell für den Zeitschriftenmarkt
5. Zeitschriften für die Zielgruppe der Älteren
5.1 Brigitte Woman
5.2 Men`s Health Best Life
5.3 My Life
5.4 Lenz
5.5 go longlife!
5.6 ab 40
6. Themenanalyse ausgewählter Zeitschriften
6.1 Darstellung des Forschungsablaufes
6.1.1 Forschungsfrage
6.1.2 Forschungshypothesen
6.2 Darstellung der Erhebungsmethodik
6.2.1 Auswahl der Stichprobe
6.2.2 Erstellung der Codebögen
6.2.3 Durchführung der Codierung
6.3 Auswertung
6.3.1 Brigitte Woman
6.3.1.1 Formale Merkmale
6.3.1.2 Themenspektrum
6.3.1.3 Altersbezug
6.3.1.4 Sinus-Milieus
6.3.1.5 Das Lebenswelt-Modell für die Zeitschrift Brigitte Woman
6.3.2 Lenz
6.3.2.1 Formale Merkmale
6.3.2.2 Themenspektrum
6.3.2.3 Altersbezug
6.3.2.4 Sinus-Milieus
6.3.2.5 Lebenswelt-Modell für die Zeitschrift Lenz
6.3.3 Best Life
6.3.3.1 Formale Merkmale
6.3.3.2 Themenspektrum
6.3.3.3 Altersbezug
6.3.3.4 Die Sinus-Milieus
6.3.3.5 Das Lebenswelt-Modell für die Zeitschrift Best Life
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Fragestellung
„Deutschland ist ein Zeitschriftenland. [...] Nirgendwo gibt es eine solche Fülle von Titeln, eine vergleichbare Dichte im Angebot und nirgendwo wird eine Medienlandschaft so nachhaltig geprägt wie in Deutschland.“ (Meier 1999, S. 137).
Das Zeitschriftenangebot in Deutschland bietet Titel zu zahlreichen Themen, Lebenslagen, Berufen und Wissenschaften. Auch für die ältere Generation gibt es eine Vielzahl an Publika. Das Angebot reicht vom kirchlichen Seniorenblatt über das Apothekenheft bis zum professionellen Hochglanzmagazin. Doch der Markt der Zeitschriften für Ältere ist unübersichtlich. Die meisten der 115 bis 120 Titel[1], die sich um den Markt der Älteren bemühen, behandeln in erster Linie Themen wie Rente, Ruhestand und alterstypische Erkrankungen und sind somit der Seniorenpresse zuzurechnen. Zeitschriften mit Namen wie Ohrensessel, Spätsommer oder Fit und Fünfzig sind darüber hinaus keine kommerziellen Angebote, sondern mehrheitlich von Verbänden, Vereinen oder Kommunen publiziert. Zudem ist das Segment von hoher Fluktuation geprägt. Fifty oder Hulda wurden nach kurzer Laufzeit wegen fehlender Anzeigenkunden eingestellt (vgl. Kuratorium Deutsche Altershilfe, 1999). Folglich mangelte es bisher an einem attraktiven Zeitschriftenangebot, das eine ältere Zielgruppe – nicht Senioren – wirksam anspricht und zugleich als relevanter Werbeträger aufgefasst wird.
Seit wenigen Jahren zeigen die großen Publikumsverlage deutscher Zeitschriften eine Reaktion auf die demographische Entwicklung in Deutschland und Europa. Denn die zunehmende Alterung hat bereits Auswirkungen auf die Leserschaft. Die ehemals jungen Zielgruppen altern mit den Zeitschriften (vgl. text intern, 2004, S. 17). Das bestätigen die Daten der Media Analyse 2004: 64 Prozent der Brigitte -Leserinnen sind über 40 Jahre alt, bei der Zeitschrift auto motor und sport sind es über 47 Prozent (vgl. MA 2004). Insgesamt sind in den vergangenen zehn Jahren die Leser der Publikumszeitschriften pro Jahr durchschnittlich ein halbes Jahr älter geworden (vgl. Meier, 1999.S.145).
Reaktion der Verlage auf diese Entwicklung sind so genannte Line-Extensions, die eine junge Leserschaft ansprechen sollen: zu einem bereits existierenden Stammheft werden verjüngte Titel herausgeben, wie beispielsweise GEOlino zu GEO. Bei erfolgreicher Etablierung werden aus den Line-Extensions eigene Titellinien. Geglückt ist dieses Vorgehen beispielsweise bei dem Gruner & Jahr Titel Brigitte Young Miss (vgl. Wickmann, 1999, S. 376). Von dieser stetig wachsenden Ausdifferenzierung am Zeitschriftenmarkt profitiert aber in erster Linie die junge Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen (vgl. Vogel, 2004, S.322).
Seit wenigen Jahren zeigt sich hier allerdings eine neue Entwicklung. Speziell auf die Zielgruppe der Älteren abgestimmte Titel erscheinen auf dem Zeitschriftenmarkt. Verlage entdecken das Marktsegment neu und möchten mit Angeboten wie Lenz, My Life oder Men`s Health Best Life ansprechende Produkte für Leser und Werbende gestalten.
Diese Zeitschriften zielen nicht nur auf eine neue Leserschaft, sondern hoffen gleichzeitig auf ein zunehmendes Umdenken in der werbetreibenden Wirtschaft, der älteren Generation mehr Aufmerksamkeit zu schenken[2]. Um eine optimale Werbeplattform für das „goldene Marktsegment“ (vgl. Meyer-Hentschel, 1991) zu sein, müssen die Zeitschriften ihre Zielgruppe und deren Bedürfnisse gut kennen. Nur so kann das Produkt „Zeitschrift für Ältere“ bei der Zielgruppe eine hohe Akzeptanz erreichen und zu einem erfolgreichen Artikel auf dem stark ausdifferenzierten Medienmarkt werden.
Das neue Zeitschriftenangebot für Ältere gestaltet sich sehr vielseitig. Nicht nur die unterschiedliche Altersbegrenzung der Zielgruppe, sondern auch deren stark differierende inhaltliche und konzeptionelle Gestaltung macht eine genauere Betrachtung dieser Zeitschriften interessant. Bereits in der Layoutgestaltung, aber vor allem bei der thematischen Auswahl, setzen die Verlage unterschiedliche Schwerpunkte. Obwohl sich alle Zeitschriften an ein und dieselbe Zielgruppe der Älteren wenden und Lifestyle Charakter haben, positionieren sich die Titel innerhalb dieses Marktsegmentes sehr unterschiedlich.
Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, das Spektrum der Zeitschriften für Ältere genauer zu untersuchen und darzustellen. Dabei soll analysiert werden, auf welcher Definition der Zielgruppe – über das grundlegende Merkmal des höheren Alters hinaus – die Zeitschriften basieren. Es wird davon ausgegangen, dass die Publika diese Definition inhaltlich reflektieren, da Zeitschriftentitel zunehmend so gestaltet werden, dass sie eine hohe Kontaktchance zu einer bestimmten Zielgruppe bieten (vgl. Wickmann, 1999, S. 375).
Vorab muss allerdings geklärt werden, wer im Rahmen dieser Arbeit als „älter“ bezeichnet werden soll. Alt ist in der Regel, wer seinen Beruf aufgibt und in Rente geht (vgl. Tews 1992, S. 22). Doch durch Altersteilzeit, Vorruhestand und Arbeitslosigkeit im höheren Erwerbsalter ist keine eindeutige Alterszuweisung mehr möglich (vgl. Backes/Clemens, 2000, S. 134ff). Die Bezeichnung „alt“ ist folglich von mehreren Faktoren abhängig. Für diese Arbeit ist die Altersbestimmung aus Marketing und Werbung wesentlich, die in diesem Zusammenhang Personen über 50 Jahre als ältere Konsumenten einstuft (vgl. Kaupp, 2000, S. 174f). Dem folgend werden auch in dieser Arbeit die über 50-Jährigen als Ältere bezeichnet. Falls andere Altersgruppen gemeint sind, wird dies deutlich gemacht.
Zur Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit werden folgende Kriterien herangezogen, die die Zeitschriften kennzeichnen: Unter Zeitschriften werden „fortlaufend und in regelmäßiger Folge erscheinende Druckwerke, die einem umgrenzten Aufgabenbereich oder einer gesonderten Stoffdarbietung dienen“, verstanden (Meier, 1999, S. 138)[3]. Die Publika richten sich durch ihr redaktionelles und werbliches Konzept an eine ältere Zielgruppe, was Titel, Untertitel oder Mediadaten deutlich machen. Darüber hinaus positioniert sich der Titel als Lifestyle-Magazin mit altersspezifischer Perspektive und trennt sich so eindeutig von der Kategorie der serviceorientierten Seniorenpresse ab. Bestimmte Aspekte des Alterns werden aufgegriffen, Lebenswelten und Lebenslagen Älterer werden dargestellt und die Themenauswahl orientiert sich an den Interessen einer älteren Zielgruppe. Untersuchung und Analyse beschränken sich auf kommerzielle, bundesweit vertriebene Zeitschriften. Kirchliche Titel, reine Abonnementzeitschriften sowie Hefte, die nur in sehr geringem Umfang am Kiosk oder in Bahnhofsbuchhandlungen erhältlich sind, werden nicht berücksichtigt. Gegenstand dieser Arbeit sind folglich Zielgruppenzeitschriften, die sich durch ihre Konzeption auf die Lesebedürfnisse eines bestimmten Bevölkerungssegments konzentrieren (vgl. Meier, 1999, S. 140). Es wird deutlich, dass sich diese Zeitschriften, die sich von der werberelevanten Standardzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen abwenden, bereits eine Leserschaft ab 35 oder 40 Jahren ansprechen. Es werden daher auch Zeitschriften behandelt, deren Kernzielgruppe Personen ab 40 Jahren sind. In diese Definition lassen sich sechs Titel einordnen: Brigitte Woman (Gruner & Jahr), Men`s Health Best Life (Vereinigte Motor-Verlage Stuttgart), My Life (Verlagsgruppe Milchstraße), Lenz (Bayard Media), go longlife ! (made marketing developement) und ab 40 (ab 40 Verlagsgesellschaft).
Die vorliegende Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Im Anschluss an die Einleitung wird in Kapitel 2 zunächst erarbeitet, was sich hinter dem Begriff „Zielgruppe“ verbirgt. Es soll deutlich werden, in welchen Bereichen Zielgruppenbestimmung notwendig ist und auf welcher methodischen Grundlage sie durchgeführt wird. Diese Erkenntnisse werden anschließend in Kapitel 3 angewendet. Hier wird die Zielgruppe der Älteren im Hinblick auf ihre wesentlichen soziodemographischen und verhaltensorientierten Merkmale analysiert und beschrieben. Da für eine sinnvolle Segmentierung der Zielgruppe eine Differenzierung durch den Lebensstil ausschlaggebend ist, soll dies in Kapitel 4 behandelt werden. Zunächst folgt ein Überblick über Lebensstilforschung, Lebensstilmodelle und bestehende Typologien für Ältere. Schließlich wird das von deutschen Medien angewandte Modell des Sinus-Institutes vorgestellt und auf seine Relevanz auf dem Zeitschriftenmarkt hin überprüft. Es wird gezeigt, dass sich einzelne Zeitschriften Zielgruppen zuordnen lassen, die mit Hilfe der Sinus-Milieus gebildet werden.
Da eine solche Zuordnung für die hier relevanten Zeitschriften für Ältere nicht existiert, wird eine solche im empirischen Teil dieser Arbeit erstellt. Nach einer kurzen Darstellung der Lifestyle-Zeitschriften für Ältere, werden die Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Themenanalyse ausgewählter Zeitschriften für dieses Marktsegment präsentiert.
Eine Zusammenfassung am Ende dieser Arbeit soll zeigen, welche unterschiedlichen Definitionen der „Zielgruppe der Älteren“ den Zeitschriften zu Grunde liegen.
1.2 Methodisches Vorgehen
Zeitschriftenforschung ist kein gut erschlossenes Feld der Kommunikationswissenschaft. Die Literaturlage zu Aspekten des Zeitschriftenmarketing und zu Zeitschriftenmärkten ist dementsprechend wenig ergiebig (vgl. Heinrich, 2002, S. 60). Es erstaunt also kaum, dass speziell über Zeitschriftenangebote für ältere Zielgruppen kaum Literatur vorliegt, da diese innerhalb des Zeitschriftenmarktes bisher eine untergeordnete Rolle gespielt haben.
Zwei Autoren haben sich mit Zeitschriftenkonzepten für Ältere befasst. Katrin Sassenhausen analysiert in „Neue Zeitschriftenkonzepte für Frauen über 50“ die Zielgruppe sowie das Marktpotenzial auf Basis der klassischen Frauenzeitschriften. Einen ähnlich medienökonomischen Schwerpunkt setzt Carola Epple. Schwerpunkt ihrer Veröffentlichung mit dem Titel „Ältere als Zielgruppe für den Zeitschriftenmarkt“ sind Interviews mit Experten aus der Medienbranche. Beide Publikationen bewerten in erster Linie Erfolgschancen der Zeitschriften bei den Anzeigenkunden.
Eine Themenanalyse der Zeitschriften für Ältere auf der Basis von Lebensstilkonzepten, wie im Fall dieser Arbeit, ist nicht bekannt.
Die notwendigen Informationen zu den Zielgruppen der in den Kapiteln 5.1 bis 5.6 vorgestellten Zeitschriften gründen auf Materialien der einzelnen Verlage, die nach Anfrage zur Verfügung gestellt wurden. Darunter befinden sich Objektprofile und Zielgruppenbestimmungen, die schließlich mit den eigenen empirischen Befunden abgeglichen werden konnten. Zudem stellten die Verlage die Exemplare ihrer Zeitschriften des Jahres 2004 für die Themenanalyse zur Verfügung. Diese sind bei der Autorin einsehbar. Das konkrete methodische Vorgehen der Themenanalyse wird in Kapitel 6 erläutert.
2. Zielgruppenbestimmung
Zeitschriften für Ältere richten sich an eine Gruppe von Lesern, die sich in erster Linie durch das höhere Lebensalter definiert. Die Zielgruppenzeitschriften sind im Gegensatz zu Special-Interest-Zeitschriften nicht auf ein spezielles Sachgebiet begrenzt, sondern in ihrer Konzeption und inhaltlichen Gestaltung auf ein bestimmtes Marktsegment ausgerichtet (vgl. Meier, 1999, S. 140).
Der Begriff „Zielgruppe“ beschreibt „die Zusammenfassung von Personen, auf die Marketing und Werbung ausgerichtet wird“ (Gabler Lexikon Werbung, 2001, S.467)[4]. Zielgruppen werden gebildet, indem aus der Gesamtheit aller möglichen Marktteilnehmer einzelne Gruppen isoliert werden. Diese müssen in sich homogen und gleichzeitig trennscharf zu anderen Gruppen sein. Ziel der Marktsegmentierung ist es Zielgruppen so zu bestimmen, dass es auf Grundlage ihrer Merkmale möglich ist, Kommunikationsstrategien effektiv und abgestimmt einzusetzen (vgl. Koschnick, 2005).
Zur Isolierung der Gruppen werden so genannte klassische Segmentierungskriterien herangezogen. Dies können geographische, biologische, soziodemographische oder organisatorische Merkmale der Bevölkerung sein. Problematisch ist hierbei, dass Zielgruppen innerhalb eines Kriteriums wie beispielsweise „Alter“ sehr homogen sein können, gleichzeitig aber ein heterogenes Konsumverhalten aufweisen. Daher müssen die Merkmale in Kombination betrachtet zur Segmentbildung eingesetzt werden (vgl. Freter, 1983, S. 17).
Die Angemessenheit von Zielgruppenbildung wird in der Forschungsdiskussion zuweilen in Frage gestellt und dabei auf eine zunehmende Auflösung dieser Konstrukte hingewiesen. Klassische Segmentierungskriterien wie Einkommen, Geschlecht und Alter verlieren an Bedeutung und situative sowie rollenspezifische Einflüsse werden wichtiger. Zwar hat die Segmentierung nach klassischen Merkmalen die Vorteile der guten und relativ kostengünstigen Zugänglichkeit des Datenmaterials. Allerdings ist die Unterscheidung der Bevölkerung allein auf Grund dieser Kriterien meist unzureichend. Daher wird die Analyse soziodemographischer und ökonomischer Merkmale als Vorstufe einer weiteren Segmentierung gesehen (vgl. Pepels, 2000, S. 26-28).
Ein Ansatz das Konsumentenverhalten genauer zu durchleuchten und berechenbarer zu machen ist eine Zielgruppenbestimmung, welche die Bevölkerung über den Lebensstil segmentiert. Dieser gilt als „langfristige Verhaltensdeterminante“ (Reeb, 1996, S. 10), weil psychologische Größen wie Werte und Einstellungen berücksichtigt werden. Der Stand der wissenschaftlichen Lebensstilforschung wird in Kapitel 4 ausführlich behandelt.
Insgesamt bleibt zu bedenken, dass Zielgruppen stets künstliche Konstrukte sind. Sie sind Hilfsmittel des Marketings um dem „unbekannten und unberechenbaren Konsumenten“ (Pepels, 2000, S. 30) näher zu kommen. Denn neben der grundlegenden Problematik, die Masse der Konsumenten und Rezipienten in Gruppen einzuteilen, setzen Segmentierungsverfahren voraus, dass Einstellung und Verhalten der Konsumenten stabil bleiben (vgl. Gleich, 1997, S. 628).
3. Die Zielgruppe der Älteren
„Best Ager sind zwischen 50 und 59 Jahre alt, überwiegend berufstätig und auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie verfügen über ein hohes Haushaltsnettoeinkommen, genießen den erreichten Lebensstandard und bauen ihn aus. Best Ager haben einen aktiven Lebensstil, sind Neuem gegenüber aufgeschlossen. Über 46 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens der 50plus Generation liegt bei ihnen.“ (Grey Strategic Planning,1998, S. 12)[5]
„Die bislang sträflich vernachlässigte, kauf- und konsumfreudigste Marketingzielgruppe überhaupt liegt typischerweise im Alter zwischen 48/50 und 72/74 Jahren und ist das Epizentrum von Kaufkraft, Lebensfreude und Qualitätsansprüchen.“ (Frick, 2004)
„Ältere sind eine kaufkräftige Gruppe, die bereit ist, Geld auszugeben. Sie schätzen Qualität. Diese Gruppe ist probierfreudig, an Werbung interessiert und fühlt sich jung.“ (Krieb / Reidl, 2001, S. 21)
Die vorangestellten Definitionen sind ein Auszug aus zahlreichen existierenden Versuchen von Werbetreibenden, Marketingexperten und Marktforschern eine Zielgruppe der Älteren zu charakterisieren. Der Name „Best Ager“ ist dabei nur eine Möglichkeit unter vielen, die ältere Generation zu betiteln: Die Begriffe Golden Oldies, Busy fit Oldies, Yollies [6], Master Consumers, Selpies [7] und Woopies [8] werden nahezu synonym verwendet (vgl. Krieb/Riedl, 2001, S .75 / Grey Global Group, 1998 / Baumann, 1990, S. 460). Die Namensvielfalt setzt sich für die Bezeichnungen des Marktsegmentes fort: Dieses wird als Silver Market, Golden Market oder Graying World bezeichnet und führt ebenfalls zu einer unscharfen Beschreibung der älteren Generation (vgl. Bonstein/Kruse, 2004, S. 42/ Contoli / Sammet, 2004, S. 189).
Insgesamt gesehen wird die Diskussion über die Zielgruppe der Älteren nicht nur in Fachmedien geführt[9], sondern ist öffentliches Thema[10]. „Best Age... die Macht der neuen Alten“ titelt das Nachrichtenmagazin Focus (vgl. Contoli / Sammett, 2004). Die Headline des Stern im September 2004 lautet „Abschied vom Jugendwahn – Warum die Generation 50plus wieder gefragt ist“ (vgl. Bonstein/Kruse, 2004).
Dabei beschreiben Experten und Journalisten die „relevanten“ Eigenschaften der Zielgruppe ähnlich. In jeder Charakterisierung wird die hohe Kaufkraft sowie die Lust am Leben und am Konsum betont. Welches konkrete Alter den „Best Agern“ zugewiesen wird, ist hingegen strittig (vgl. Gaube, 1997, S. 5-8). Durchgehend herrscht die Meinung, die Zielgruppe der Älteren sei bisher vernachlässigt worden (vgl. Grey Strategic Planning, 1998, S. 5 / Belz, 1998). Gründe dafür sind Berührungsängste und bestehende Vorurteile gegenüber älteren Menschen. Eine Art Generationenkonflikt zwischen meist jungen Produkt- und Werbegestaltern und der älteren Generation bewirkt, dass sich die jungen Kreativen nur schwer mit den Älteren identifizieren können und die Werbebotschaften entsprechend artikulieren (vgl. Kaupp, 2000, S. 173). Zudem ist dieser Markt werbliches Neuland und auf Grund seiner Heterogenität ein diffiziles Werbefeld (vgl. Grey Strategic Planning, 1998, S. 6). Mittlerweile spricht man sogar von der „vergessenen Zielgruppe“ (Schreier, 2004, S. 26), da trotz eindeutiger demographischer Alterung der deutschen Gesellschaft in der Werbebranche noch immer „die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen das Maß aller Dinge ist“ (Schreier, 2004, S. 28).
Zumindest theoretisch wird die Relevanz der älteren Zielgruppe nicht mehr bestritten. Die Zeitschriften, die hier Gegenstand der Untersuchung sind, können als erste Anzeichen gewertet werden, dass diese Theorie langsam in die Praxis umgesetzt wird (vgl. Hoss, 2000, S. 671).
Um sich der Zielgruppe der Älteren zu nähern und diese in ihrer Komplexität zu erfassen, ist eine grundlegende Analyse der Älteren notwendig. Der Methode der Zielgruppenbestimmung folgend geschieht dies zunächst auf Grund der klassischen soziodemographischen und verhaltensorientierten Kriterien.
3.1 Das Alter
Das Alter ist das auf den ersten Blick relevanteste Segmentierungskriterium um eine Zielgruppe der Ältern zu definieren. Ältere Menschen werden von Seiten der Werbung als homogene Gruppe gesehen und auch so behandelt. Allerdings ist diese Sichtweise stark vereinfachend und der Realität nicht angemessen. Zwar scheint das Alter eine leicht zu definierende Variable zu sein, da es kalendarisch leicht zu ermitteln ist. Aber es wird nicht allein durch die Anzahl der Lebensjahre bestimmt, sondern auch biologische Veränderungen sowie gesellschaftliche, kulturelle, soziale und politische Faktoren determinieren diese Lebensphase. Altern ist ein mehrdimensionaler Prozess, der sich auf verschiedenen Ebenen vollzieht (vgl. Prahl /Schröter, 1996, S. 23).
Traditionell wird das Alter als der Zeitraum nach der Erwerbstätigkeit verstanden, der mit dem Eintritt in den Ruhestand beginnt (vgl. Backes /Clemens, 2000,
S. 136f.). Doch das Ende der Arbeitstätigkeit kann sehr individuell gestaltet werden. Altersteilzeit und Vorruhestand haben das durchschnittliche Rentenalter in Deutschland auf 60,1 Jahre gesenkt (vgl. Birg, 2004, S. 15). Die Lebensphase des Alters ist sehr stark abhängig vom Einzelnen und beginnt zunehmend in jüngeren Lebensjahren. Des Weiteren bewirken ein immer früheres Ende der Erziehungsphase der Kinder und eine insgesamt höhere Lebenserwartung eine Ausdehnung der Lebensphase „Alter“, die heute mindestens zwei bis drei Jahrzehnte umfasst (vgl. Tews, 1993, S. 36). Dieser „Strukturwandel des Alters“ (Tews, 1993, S. 16), der Verjüngung und Ausdehnung der Lebensphase bewirkt, zeigt sich auch bei anderen, das Alter bestimmenden Faktoren.
So ist aus biologischer Sicht ein späteres Eintreten der Alterserscheinungen zu beobachten[11]. Zwar verläuft der körperliche Alterungsprozess sehr individuell und ist abhängig von Gesundheitszustand, Lebensweise und genetischen Faktoren des Einzelnen. Doch tendenziell sind Ältere heute bis ins hohe Alter in guter gesundheitlicher Verfassung. Studien belegen, dass Ältere aus biologisch-medizinischer, aber auch aus psychologischer Sicht etwa zehn Jahre „jünger“ sind als Gleichaltrige der vorherigen Generation (vgl. Mai, 2003, S. 157f.). Dies entspricht auch dem Lebensgefühl der Älteren. Eine Untersuchung des IFAK-Instituts zeigt beispielsweise, dass sich fast die Hälfte aller 50- bis 59-Jährigen bei einem gefühlten Alter von etwa 40 Jahren einstuft. Knapp 15 Prozent sehen sich sogar noch jünger. Ältere sind heute wesentlich mobiler und aktiver als frühere Jahrgänge, sind in ihrer Freizeitgestaltung vielseitig interessiert und verreisen mehr. Doch auch in diesem Bereich zeigen sich in der Realität sehr unterschiedliche Umsetzungen (vgl. Jankowski / Neundorfer, 2000, S. 78ff., Schneller, 2004, S. 19).
Alter wird von Menschen sehr ambivalent empfunden. Der Übergang in den Ruhestand wird als Chance zur Neuorientierung bewertet, aber auch als Herausforderung gesehen, auf berufliche Anerkennung und regelmäßige soziale Kontakte zu verzichten. Ohne den Berufsalltag muss das Leben neu und sinnvoll gestaltet werden (vgl. Opaschowski, 1997, S. 188f.). Zudem verändern sich in etwa ab dem 50. Lebensjahr Wertvorstellungen und Lebensziele: Tendenziell gewinnen Familie, Gesundheit und das Genießen des erreichten Lebensstandards an Bedeutung (vgl. Jankowski / Neundorfer, 2000, S. 89). Erneut sind diese Altersempfindungen abhängig von dem Einzelnen und dessen Umgebung. Menschen altern auf sehr unterschiedliche Art und Weise, man spricht von „differentiellem Altern“ (Clemens, 1993, S. 77 / Lehr, 1993, S. 14 / Backes, 2000, S. 14). Trotz der Individualität des Alterungsprozesses ist dennoch ein grundlegender Wandel festzustellen.
Der Soziologe Hans Peter Tews fasst diese Entwicklung zusammen:
„Alter ist breiter und variabler geworden [...], hat sich weiter differenziert und ist eingebettet in veränderte qualitative und quantitative Einschnitte im Lebenszyklus. Zweifellos gibt es bei uns ein neues Alter.“ (Tews, 1993, S.42)
In der gerontologischen[12] Forschung sind derzeit zwei Klassifikationen in der Diskussion, die für die Betrachtung der Älteren als Zielgruppe relevant sind. Die Begrifflichkeiten der „jungen Alten“ und „alten Alten“ haben mittlerweile auch in die Alltagssprache Eingang gefunden. Dabei werden die „jungen Alten“ als aktive und vielseitig interessierte Personen im Alter von 60 bis 79 Jahren mit höherer formaler Bildung und ausreichenden materiellen Ressourcen beschrieben. Zudem charakterisiert sie ein guter Gesundheitszustand. Dagegen sind die über 80-Jährigen „alten Alten“ gesundheitlich eher beeinträchtigt, finanziell eingeschränkt und von persönlichen Verlusten betroffen (vgl. BMFSFJ, 2001a, S. 66 / Reimann, Reimann, 1994, S. 3ff. / Dallinger, Walter, 1999, S. 45). Als relevante und interessante Zielgruppe für die Werbung gelten daher die „jungen Alten“ (vgl. Kaupp, 2000, S. 201f.).
Es wird deutlich, dass Alter allein kein ausreichendes Segmentierungsmerkmal bildet und keine eindeutige Zielgruppenbestimmung zulässt. Wie bereits dargelegt, kann allein von der Anzahl der Lebensjahre kein Rückschluss auf eine bestimmte physische oder psychische Situation oder gar ein bestimmtes Konsumverhalten gezogen werden. Auf den Punkt gebracht bedeutet das: „ DieAlten gibt es ebenso wenig, wie das Alter“ (Prahl / Schroeter, 1996, S. 126, Hervorhebung im Original). Ältere sind bereits innerhalb des Merkmals „Alter“ eine sehr heterogene Gruppe, die differenziert zu betrachten ist. Das Kriterium kann folglich nur als ergänzendes Merkmal verwendet werden. „Marketing muss sich nach Bedürfnissen und Wünschen ausrichten und nicht nach Altersgruppen“, (Bernd Michael, Chef der Werbeagentur Grey zitiert nach Bücker, 2002, S. 70).
Im Rahmen der Entwicklung von Medienkonzepten für Ältere ist daher eine tiefer gehende Untersuchung der Zielgruppe notwendig, die über eine skizzenhafte Beschreibung über das Merkmal „Alter“ hinausgeht.
3.2 Soziodemographische Merkmale
3.2.1 Altersstruktur der Bevölkerung
Ältere sind bereits allein auf Grund der demographischen Entwicklung die Zielgruppe der Zukunft, weil sie in naher Zukunft den größten Anteil der Bevölkerung stellen werden. „Die Generation der 50- bis 64-Jährigen dominiert vor allem um das Jahr 2020 die deutsche Gesellschaft“ (Statistisches Bundesamt 2003). Nach Angaben der zehnten koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes waren 2001 fast ein Viertel (24,1%) der 82,5 Millionen Bundesbürger 60 Jahre und älter. Das entspricht 20,1 Millionen Menschen. Die Vorausberechnung bis 2050 zeigt, dass sich der Anteil der Menschen über 60 Jahren vergrößern und auf über ein Drittel steigen wird (36,7 %). Der Anteil der Jugendlichen unter 20 Jahren wird gleichzeitig von 20,9 Prozent im Jahr 2001 auf 16,1 Prozent im Jahr 2050 sinken. Im gleichen Zeitraum fällt die Zahl der 20- bis 60-Jährigen von 55 Prozent auf 47,2 Prozent[13]. Dieser Prognose folgend wird die deutsche Bevölkerung auf eine Gesamtzahl von 75,1 Millionen im Jahr 2050 sinken (vgl. Statistisches Bundesamt, 2003).
Graphik 1: Altersstruktur der deutschen Bevölkerung: Prognose bis 2050
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Graphik nach Daten des Statistischen Bundesamtes, 2003
Hauptgrund für diese Entwicklung ist eine anhaltend niedrige Geburtenrate in Deutschland. Dieser Trend wirkt sich sehr stark auf die Alterstruktur aus, da die jungen Jahrgänge in ihrer Zahl abnehmen und wiederum im Erwachsenenalter als Elterngeneration das Geburtenniveau senken (vgl. Burmeister / Daheim, 2004, S. 176f.).
Seit über 100 Jahren sinkt die Zahl der Geburten in Deutschland. Hatten Eltern zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch durchschnittlich vier bis fünf Kinder, sind es heute nur noch 1,4[14]. Ein wesentlicher Einflussfaktor ist die mögliche Schwangerschaftsverhütung durch die Anti-Baby-Pille[15], die Anfang der 70 Jahre einen sprunghaften Fall der Geburtenrate auf die noch heute gültige Zahl von 1,4 Kindern pro Frau auslöste (vgl. BMFSFJ, 2001, S. 14). Bis zum Jahre 2050 wird mit dieser Geburtenrate gerechnet (vgl. Statistisches Bundesamt, 2005). Diese Entwicklung, gekoppelt mit einer steigenden Lebenserwartung, führt zu einer Alterung der Gesellschaft[16]. Männer werden im Jahr 1950 durchschnittlich 63,9 Jahre alt, Frauen 68 Jahre. Diese Zahl steigt bis zum Jahr 2004 auf 75 Jahre für Männer und 80 Jahre für Frauen. Weiterhin wird die Lebenserwartung für das Jahr 2050 bei Geburt für Mädchen auf 86,6 Jahre und für Jungen auf 81,1 Jahre geschätzt (vgl. Statistisches Bundesamt, 2003).
Bereits heute haben Menschen im Alter von 50 Jahren noch durchschnittlich 25 Jahre zu leben, in Zukunft sind es etwa 31 weitere Jahre. In dieser Hinsicht von einer „zweiten Lebenshälfte“ (Kohli / Kühnemann, 2000, Titel des Buches) zu sprechen, scheint berechtigt.
3.2.2 Einkommens- und Vermögensverhältnisse
Für die Bestimmung der Zielgruppe ist vor allem die materielle Situation der Älteren relevant, da dieses Kriterium die Lebenssituation und die Möglichkeiten der aktiven Lebensgestaltung wesentlich beeinflusst. Die finanzielle Lage der Älteren hat sich in den vergangenen Jahren stark verbessert: So steigt beispielsweise das Einkommen der Menschen über 65 Jahre seit Mitte der 80er Jahre inflationsbereinigt um durchschnittlich zehn Prozent (vgl. Grabka, 2004, S. 69).
„Grundlegend lässt sich seit den 50er Jahren eine erhebliche Verbesserung der Einkommens- und Vermögenssituation der älteren Bevölkerungsgruppen konstatieren.“ (Motel, 2000, S. 42)[17]
Die wichtigste Einkommensquelle im Alter sind die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, allerdings wird in Zukunft die private Vorsorge mehr an Bedeutung gewinnen (vgl. BMFSFJ 2001a, S. 25).
Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes (EVS) liefert alle fünf Jahre amtliche Daten zur Einkommenssituation der deutschen Bevölkerung. Aktuelle Zahlen liefern auch Markt-Media-Studien wie die Media Analyse (MA), die Allensbacher Werbeträger Analyse (AWA) sowie die Verbraucher Analyse (VA)[18]. Besondere Bedeutung für Publikumszeitschriften hat hierbei die Media Analyse, da die größeren Verlage und Werbeagenturen selbst Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Media Analyse sind und auf deren Daten zurückgreifen.
Die EVS aus dem Jahr 2003 macht deutlich, dass Einkommen und Vermögen der Haushalte der Älteren und Rentner kaum hinter dem Durchschnitt aller Haushalte bleiben. Sie sind ebenso am Wohlstand in Deutschland beteiligt, wie jüngere Haushalte, deren Mitglieder noch erwerbstätig sind. Die Daten zeigen, dass die Gruppe der 45- bis 55-Jährigen das höchste durchschnittliche Nettoeinkommen in Deutschland aufweist und sich mit 3.383 Euro im Monat deutlich vom durchschnittlichen Betrag von 2.771 Euro absetzt. Die 55- bis 65-Jährigen sind mit durchschnittlich 3.015 Euro pro Monat ausgestattet und bilden die drittstärkste Gruppe wie Graphik 2 zeigt (vgl. EVS, 2003).
Graphik 2: Haushaltsnettoeinkommen nach Altergruppen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Graphik nach Daten der EVS 2003, S. 29
Die Daten der aktuellen Markt-Media Studien liefern ähnliche Ergebnisse. Nach der MA 2004 ist die Gruppe der 50- bis 59-Jährigen in den hohen Einkommensklassen überdurchschnittlich vertreten. 14,3 Prozent dieser Gruppe verfügen über ein durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen von 3.500 Euro und mehr. Im Vergleich dazu sind es in der Gesamtbevölkerung nur 10,6 Prozent. Dagegen zeigt sich bei den Hochaltrigen eine klare Dominanz der niedrigen Einkommensklassen wie Graphik 3 zeigt.
Graphik 3: Haushaltsnettoeinkommen nach Altersgruppen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Graphik nach Daten der MA 2004
41,7 Prozent der 60- bis 69-Jährigen und 58,1 Prozent der über 70-Jährigen verfügen monatlich über ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.500 Euro, während in der Gesamtbevölkerung 30,1 Prozent hier einzuordnen sind. Dementsprechend unterrepräsentiert sind Personen ab 60 Jahren in den hohen Einkommenskategorien (vgl. Arbeitsgemeinschaft Media Analyse, 2004). Auch in der VA 2004 und der AWA 2004 wird der hier gezeigte Trend deutlich[19], dass in den Altersgruppen der 45- bis 55-Jährigen, bzw. der 50- bis 59-Jährigen das Haushaltsnettoeinkommen am höchsten ist und im Laufe des Alters abnimmt. Zu bedenken ist allerdings, dass sich im Alter die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen verringert. Ältere leben vorwiegend in Ein- und Zwei-Personen- Haushalten (vgl. Grabka 2004, S. 2) und dementsprechend höher ist das Pro-Kopf-Einkommen (vgl. Arbeitsgemeinschaft Media Analyse, 2004 / BMFSFJ, 2001a, S.145ff. / Birg, 2004, S. 36f.).
Daher ist es wichtig auch das frei verfügbare monatliche Einkommen pro Person zu beachten. Dieser nach dem Abzug der Lebenshaltungskosten verbleibende Betrag hat mehr Aussagekraft als das reine Haushaltsnettoeinkommen. Denn er gibt an, wie viel jede Person tatsächlich für Konsumgüter ausgegeben kann. Laut AWA 2003 sind in der höchsten Kategorie des frei verfügbaren Geldes mit über 750 Euro alle Altersgruppen über 50 Jahre stärker vertreten als die Gesamtbevölkerung (9,7 %): Die 50- bis 59-Jährigen liegen hier bei 12,5 Prozent, die 60- bis 69-Jährigen bei 12,2 Prozent. Auch die über 70-Jährigen sind mit 10,1 Prozent stärker vertreten als die Gesamtbevölkerung. Im Vergleich zeigt sich ein geringerer Anteil der über 50-Jährigen, die über weniger als 100 Euro frei verfügen können: Beträgt dieser Anteil bei der Gesamtbevölkerung 27,3 Prozent, so fällt er bei den 50- bis 59-Jährigen auf 25,4 Prozent, bei den 60- bis 69-Jährigen auf 20,7 Prozent und bei den über 70-Jährigen auf 22,7 Prozent. Alle anderen Altersgruppen sind – wie Graphik 4 zeigt – in dieser Kategorie stärker vertreten (vgl. AWA, 2003, S. 9).
Graphik 4: Frei verfügbares Geld pro Monat nach Altersgruppe in Prozent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Graphik nach Daten der AWA 2003
Insgesamt wird deutlich, dass das Haushaltsnettoeinkommen zwar mit zunehmendem Alter unter den Durchschnitt der Gesamtbevölkerung sinkt, aber zugleich ein im Vergleich höherer Konsumspielraum besteht. Grund dafür ist die mehrheitlich kleine Haushaltsgröße der Älteren, hinzu kommen weniger finanzielle Verpflichtungen. In der Regel fallen keine Kosten mehr für den Unterhalt der Kinder an, die Lebenshaltungskosten in kleineren Haushalten sind niedriger. Haus- und Wohnungseigentümer haben zudem keine Mietbelastungen mehr (vgl. Krieb/Reidl, 2001, S. 45f.). Ältere Haushalte verfügen folglich grundsätzlich über mehr Kaufkraft als der Durchschnitt (vgl. Münnich, 2001, S. 735 / Gaube,1997, S. 69 / Schreier, 2004, S. 27). Nach Angaben der GfK-Studie 50plus beläuft sich die Kaufkraft der über 50-Jährigen auf über 12 Milliarden Euro (zitiert nach ant, 2004, S. 42).
Neben dem Einkommen ist zudem das Vermögen der Älteren zu beachten. Die EVS aus den Jahren 1983 bis 1998[20] zeigen eine weitgehende Vermehrung des Vermögens mit zunehmendem Alter. Im Jahr 1998 liegt das erhobene Nettovermögen deutscher Privathaushalte der 45- bis unter 55-Jährigen bei durchschnittlich 62.000 Euro. Die Haushalte der 55- bis unter 65-Jährigen verfügen durchschnittlich über ein Vermögen von 90.000 Euro. Im gesamten Untersuchungszeitraum können diese Altersgruppen ihr Vermögen um 130 Prozent steigern. Diese Ergebnisse bestätigen eine durchschnittlich gute ökonomische Lage der älteren Bevölkerungsgruppen. „Die jahrhundertealte Gleichung alt = arm hat ihre Gültigkeit verloren“ (Stein, 2004, S. 266). Dies bestätigt auch die GFK-Studie 50plus, der zu Folge die über 50-Jährigen
70 Prozent der deutschen Vermögensbestände besitzen (ant, 2004, S. 42).
Die insgesamt eher positiv zu bewertende Lage der Älteren zeigt sich auch in deren Selbsteinschätzung. Laut AWA 2004 beurteilen 49 Prozent der 50- bis 69-Jährigen ihre wirtschaftliche Lage als gut oder sehr gut. Bei den über 70-Jährigen liegt dieser Anteil bei 51,7 Prozent, während 37,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen ihre Lage positiv bewerten (vgl. Schneller, 2004, S. 12).
Allerdings zeigt sich die Gruppe der Älteren auch in Bezug auf Einkommen und Vermögen als heterogen. Die Daten zeigen beispielsweise signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. So beläuft sich das Nettovermögen der 55- bis unter 65-Jährigen nach oben genannter Aufschlüsselung im Osten Deutschlands auf 32.000 Euro, in den alten Bundesländern auf 104.000 Euro. Die Ungleichheit in der Vermögensverteilung ist erheblich, auch wenn seit der Stichprobe 1993 bereits ein Trend zur Angleichung festzustellen ist (vgl. Stein, 2004, S. 262ff.). Auch Ältere, die allein leben, haben im Vergleich zur übrigen Bevölkerung weniger Geld zur Verfügung. Je nach Haushaltstyp variiert die Einkommenssituation (vgl. Grabka 2004, S. 2).
Insgesamt ist die gute materielle Situation der Älteren nicht generell auf alle Einzelpersonen übertragbar, auch wenn die Tendenz zum Wohlstand deutlich zu erkennen ist.
3.3 Verhaltensorientierte Merkmale
3.3.1 Konsumverhalten und Einstellung zum Konsum
Eine gute materielle Lage bewirkt nicht automatisch ein ausgeprägtes Konsumverhalten. In der Regel gelten ältere Konsumenten als „sparsam und festgefahren“ (Schneller, 2004, S. 26). Mittlerweile wird dem stereotypen und negativen Image der Älteren das Bild einer älteren Generation gegenübergestellt, die gerne und viel Geld für Markenwaren ausgibt (vgl. Wegner, 2004, S. 24).
Nach den amtlichen Daten der EVS 2003 betragen die Konsumausgaben der deutschen Haushalte pro Monat durchschnittlich 2.126 Euro. Die 45- bis 55-Jährigen liegen mit 2.494 Euro über diesem Wert und bilden die konsumstärkste Gruppe. Ebenfalls im Vergleich höher positionieren sich die 55- bis 65-Jährigen mit 2.357 Euro. Personen über 65 Jahren hingegen liegen unter dem Durchschnitt. Die hier relevante Altergruppe der über 50-Jährigen zeigt folglich die höchsten Konsumausgaben, während mit zunehmendem Alter der Konsum sinkt (vgl. EVS, 2003, S.34f.).
Graphik 5: Konsumausgaben privater Haushalte in Euro
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Graphik nach Daten der EVS 2003, S. 35
Neben Ausgaben für Wohnung und Nebenkosten geben die 45- bis 55-Jährigen und die 55- bis 65-Jährigen am meisten Geld für Gesundheitspflege, Verkehr, sowie für Freizeit, Kultur und Unterhaltung aus. Mit zunehmendem Alter steigen die Konsumausgaben für Wohnen. Über 80-Jährige geben bis zu 41 Prozent ihres Geldes für diesen Bereich aus (vgl. EVS, 2003, S. 34).
Zudem geben die Ergebnisse von weiteren Analysen den Hinweis, dass die Konsumbereitschaft der Älteren steigt. Die Käuferanalyse Best Age – Fakten statt Meinungen [21] der Bauer Verlagsgruppe zeigt Ältere als marken- und qualitätsbewusste Käufer. Best Ager bieten laut Analyse ein großes Marktpotenzial, da sie die Zielgruppe mit dem größten Markenrepertoire sind (vgl. Best Age – Fakten statt Meinung, 2000).
Die Studie 50plus der GfK Marktforschung bestätigt diesen Trend. 45 Prozent der 50- bis 59-Jährigen stimmen der Aussage zu „Lieber ein schönes Leben, statt nur zu sparen.“ Im Jahr 1999 liegt dieser Anteil bei 39 Prozent, 1992 sind es 26 Prozent. Bei der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen steigern sich diese Werte von 27 Prozent im Jahr 1992 auf 47 Prozent im Jahr 2002 (GFK 2002 zitiert nach Bayard Media, 2004). Diese Veränderungen im Konsumverhalten zeigen auch die Ergebnisse der AWA 2004 (vgl. Schneller, 2004, S. 12-15).
Laut der VA 2004 verfügen vor allem Frauen im Alter von 50 bis 64 Jahren über ein hohes Marken- und Qualitätsbewusstsein. 63 Prozent der Befragten erklären, für bessere Qualität der Produkte gerne mehr Geld ausgeben zu wollen. 48 Prozent bestätigen die Aussage „Markenartikel sind qualitativ besser als markenlose Ware“ (Presseinformation VA, 2004, S. 22). Gleichzeitig zeigt die Untersuchung, dass Frauen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren im Vergleich zum Jahr 1994 öfter die Marken wechseln und sich verstärkt für neue Produkte interessieren (vgl. Presseinformation VA, 2004, S. 2). Grundsätzlich ist eine verstärkte Innovationsbereitschaft bei Älteren festzustellen.
Graphik 6: Entwicklung der Innovationsbereitschaft nach Altersgruppen. (Zustimmung bei der Aussage: „Beim täglichen Einkauf probiere ich gerne mal neue Produkte aus“)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Graphik nach Daten der VA 1985 /2003
Allerdings muss beachtet werden, dass Ältere zwar häufiger als die jüngere Generation ein hohes Markenbewusstsein aufweisen, doch dieses Verhalten ist in der Regel produktabhängig (vgl. Hoffmann, 1999, S. 4).
Die bereits erwähnte Aufteilung der älteren Generation in „junge Alte“ und „alte Alte“ spielt auch bei der Analyse des Konsumverhaltens eine wesentliche Rolle. Die dargelegten Studien beziehen sich in erster Linie auf „junge Alte“ und tendieren dazu, diese pauschal auf die gesamte Generation der Älteren zu übertragen (vgl. Plewe, 2002, S. 112). Die im Jahr 2000 durchgeführte Untersuchung des IFAK-Instituts im Auftrag der BLM kommt zu dem Ergebnis, dass etwa zwei Drittel der älteren Generation den „jungen Alten“ zuzurechnen sind (vgl. Jankowski / Neundorfer, 2000, S. 45). Die VuMA 2004 gibt den Anteil der „aktiven Älteren“ und der „aufgeschlossenen Älteren“ mit insgesamt 53 Prozent an. 47 Prozent sind den „zufriedenen Älteren“ und „passiven Älteren“ zuzurechnen, die vorwiegend in der Altersgruppe der über 70-Jährigen zu finden sind. Beide Studien kommen zu dem Schluss, dass die Gruppe der „jungen Alten“ einen Konsumstil aufweist, der „sich kaum von jüngeren Altersgruppen unterscheidet“ (Wild, 2004, S. 254 / Jankowski, Neundorfer, 2000, S. 60 / vgl. Forever Young, 2003, S. 16).
Auch die Studie der Werbeagentur Grey zeigt einen wachsenden Anteil der „jungen Alten“. Zu der als „Mast Consumer“ bezeichneten Gruppe gehören 1993 35 Prozent der über 50-Jährigen. Im Jahr 1998 steigert sich dieser Wert auf 39 Prozent (vgl. Grey Strategic Planning, 1998, S. 12).
Auch wenn keine verlässliche Aussage gemacht werden kann, welcher Anteil der älteren Generation als „junge Alte“ gelten kann, so handelt es sich offensichtlich um ein wachsendes Segment (vgl. dazu auch Doebli, 2000, S. 328).
Insgesamt wird deutlich, dass sich die bereits festgestellte Heterogenität der Älteren erneut im Konsumverhalten widerspiegelt (vgl. Plewe, 2002, S. 112). Nur ein Teil kann durch hohe Konsumbereitschaft, offene Einstellung gegenüber neuen Produkten und Markenbewusstsein charakterisiert werden (vgl. Reimann / Reimann, 1994, S. 3).
3.3.2 Mediennutzung
Obwohl Ältere im Durchschnitt am intensivsten die Medien nutzen, ist ihr Mediennutzungsverhalten kaum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung. Die Forschung konzentriert sich in erster Linie auf die Mediennutzung von Jugendlichen (vgl. Doh, 2000, S. 1). Erst in den 80er Jahren entstehen gesonderte Untersuchungen zu Mediennutzung und -verhalten der Älteren. Die umfassendste und repräsentativste Studie erfolgt 1984 von der ARD/ZDF-Medienkommission (vgl. Eckhardt/Horn, 1984). Des Weiteren entstehen Studien mit regionalem Bezug (Hamburg: Kübler u.a. 1991; Dortmund: Straka, Fabian & Will, 1990). Doch wegen der mittlerweile stark veränderten Medienlandschaft haben diese Ergebnisse aus den 80er Jahren heute an Gültigkeit verloren.
Daten zur Mediennutzung der Gesamtbevölkerung liefert die seit 1964 regelmäßig durchgeführte Studie Massenkommunikation der öffentlich-rechtlichen Media-Forschung. Allerdings beruhen deren Daten auf den subjektiven Angaben der Befragten. Repräsentative und exakte Nutzungs- und Reichweitenwerte liefern die Daten der GfK sowie der MA. Deren Ergebnisse beziehen sich allerdings zum Teil nur auf elektronische Medien (GfK) oder werden nicht nach spezifischen Altersgruppen ausgerichtet (vgl. Blödorn / Gerhards, 2004, S. 163).
Insgesamt liegt das Medienzeitbudget[22] bei den ab 50-Jährigen mit 502 Minuten am Tag nur unwesentlich über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Doch sie verbringen im Vergleich wesentlich mehr Zeit vor dem Fernsehgerät. Menschen ab 50 Jahren sehen durchschnittlich 261 Minuten pro Tag fern. Die Daten der GfK zeigen zudem, dass sich die Fernsehnutzung der ab 50-Jährigen in den letzten zehn Jahren um 40 Minuten gesteigert hat (vgl. Blödorn / Gerhards, 2004, S. 163). Diesen Trend zur intensiven Fernsehnutzung bestätigt die SWR Studie 50+ (vgl. Grajczyk / Klinger / Schnitt, 2001, S. 191).
In Bezug auf die Zeitungslektüre zeigen sich die Älteren ebenfalls als starke Mediennutzer. 87,4 Prozent der 40- bis 59-Jährigen und 89,7 Prozent der über 60-Jährigen lesen laut MA 2004 mehrmals pro Woche Zeitung. Damit liegen sie deutlich über dem Anteil der Gesamtbevölkerung mit 81 Prozent (vgl. Arbeitsgemeinschaft Media Analyse, 2004). Im Gegensatz dazu steht die Hörfunknutzung der Älteren. Hier liegen die Erwachsenen ab 50 Jahren mit durchschnittlich 186 Minuten pro Tag unter der Hördauer der Gesamtbevölkerung mit 196 Minuten (vgl. Blödorn / Gerhards, 2004, S. 164).
Im Rahmen dieser Arbeit ist in erster Linie die Nutzung Älterer von Zeitschriften relevant. Die Ergebnisse der Langzeitstudie Massenkommunikation zeigen, dass die Reichweiten der Zeitschriften pro Tag zurückgehen. 1980 lesen 22 Prozent der Deutschen jeden Tag in einer Zeitschrift. 2000 dagegen 16 Prozent (vgl. Berg / Ridder, 2002, S. 35 und 45). Allerdings bleibt die täglich durchschnittliche Nutzungsdauer mit elf Minuten im Jahr 1980 und zehn Minuten im Jahr 2000 stabil. Dies ist angesichts der enorm gestiegenen Titelzahl besonders bemerkenswert (vgl. van Eimeren, Ridder, 2001, S. 545).
Die MA 2004 zeigt, dass 38,1 Prozent der 40- bis 59-Jährigen und 43 Prozent der über 60-Jährigen mehrmals pro Woche zur Zeitschrift greifen. Beide Altersgruppen liegen damit deutlich über dem Anteil der Gesamtbevölkerung mit 37,1 Prozent (vgl. Arbeitsgemeinschaft Media Analyse, 2004).
Auch die Nutzungsdauer der Zeitschriften liegt bei den Älteren höher als bei jüngeren Lesern. Über 50-Jährige lesen nach den Ergebnissen der Langzeitstudie Massenkommunikation täglich zwölf Minuten in einer Zeitschrift (vgl. van Eimeren /Ridder, 2001, S. 546).
Ältere lesen vorwiegend Yellow-Press-Zeitschriften. Das Goldene Blatt hat mit einem Leserdurchschnittsalter von 60,6 Jahren die ältesten Leser, wie Tabelle 1 zeigt. Das Neue Blatt positioniert sich mit 60,5 Jahren an zweiter Stelle, gefolgt von Heim und Welt mit 60,4 Jahren.
Tabelle 1: Höchster Anteil Leser ab 50 Jahren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Tabelle nach Daten der MA 2004 zitiert nach Wadlinger, 2004, S. 10.
Die höchsten Reichweiten bei den über 50- bis 59-Jährigen haben laut MA 2004 die Zeitschriften ADAC Motorwelt (35,9 %), Bild am Sonntag (19,9 %), die TV-Beilage rtv (19,3 %), das Supplement prisma (14,3 %) und der Stern (14,1 %) (vgl. MA, 2004).
Zunehmend versuchen diese Verlage der Werbewirtschaft ihre Leserschaft als attraktive Zielgruppe nahe zu bringen. Beispielsweise veröffentlichen die Bauer Media KG (Neue Post /Neues Blatt) sowie der Axel-Springer-Verlag (Bild am Sonntag) regelmäßig Analysen über die Zielgruppe der Älteren (vgl. Best Age – Fakten statt Meinungen, 2000 / Yellows Best Age, 2002 / Die 68er Generation, 2002)[23].
Ältere sind grundlegend intensive Mediennutzer. Zwar ist geklärt, welche Medien Ältere vorwiegend nutzen, dennoch ist unklar, welche Inhalte konsumiert werden. Menschen, die allgemein viel fernsehen, können dieses elektronische Medium trotzdem sehr unterschiedlich nutzen. Sowohl Inhalte als auch Nutzungsintensität können stark differieren. Dieses Problem stellt sich analog zu anderen Medien. Daher empfiehlt sich eine ganzheitliche Analyse der Mediennutzung Älterer in Abhängigkeit zu Themeninteressen, Freizeitgestaltung und ähnlichen Merkmalen.
3.4 Zusammenfassung
„Das Marktsegment der Älteren übertrifft im Hinblick auf Heterogenität alle anderen.“ (Kaupp, 1997, S. 78)
Dieses Ergebnis zeigt sich bei allen hier analysierten Merkmalen der Zielgruppe. Älterwerden an sich ist ein komplexer Prozess, der von zahlreichen persönlichen wie gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst und daher beim Einzelnen eine stark individuelle Lebensphase des Alters gestaltet. Ältere unterscheiden sich auf Grund unterschiedlicher Interessen, Einstellungen und Aktivitäten. Dennoch lässt sich ein grundlegender Wandel des Alters feststellen: Menschen über 50 Jahre sind heute tendenziell „jünger“ als Gleichaltrige der vorherigen Generation.
Zudem wurde in diesem Kapitel deutlich gemacht, dass Ältere ökonomisch gesehen mehrheitlich gut gestellt sind: Sie sind finanziell abgesichert, verfügen über einen überdurchschnittlichen Konsumspielraum und werden darüber hinaus in der Zukunft allein auf Grund ihrer wachsenden Anzahl als Wirtschaftsfaktor immer relevanter. In ihrem Konsumverhalten sind Menschen ab 50 Jahren keineswegs so zurückhaltend wie es stereotype Bilder vermitteln. Marken- und Qualitätsbewusstsein, sowie die Bereitschaft Neues auszuprobieren ist bei einem Teil der Älteren ähnlich ausgeprägt wie bei jüngeren Konsumenten. Die Analyse der Mediennutzung zeigt zudem, dass Medien bei Älteren eine sehr wichtige Rolle spielen und intensiv genutzt werden. Die im Rahmen dieser Arbeit relevanten Zeitschriften bedienen folglich einen durchaus attraktiven Markt, der in naher Zukunft unweigerlich an Lesern zunimmt.
Für die Medienbranche bedeutet allein die Alterung der deutschen Bevölkerung über kurz oder lang eine Verabschiedung von der „relevanten“ Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen und eine Beschäftigung mit der Beschaffenheit der älteren Zielgruppe.
Doch die Analyse des vorangehenden Kapitels macht sehr deutlich, dass eine Zielgruppenbestimmung auf Grund soziodemographischer und verhaltensorientierter Merkmale unzureichend ist. Ältere zeigen hier zu unterschiedliche Ausprägungen, als dass eine sinnvolle Zusammenfassung in Zielgruppen möglich wäre. Die Merkmale müssen nicht nur in Abhängigkeit voneinander, sondern zusätzlich in Kombination mit psychosozialen Kriterien betrachtet werden. Denn „soziodemographische Zwillinge“ (Sinus Sociovision, 2004) können sich sehr unterschiedlich verhalten und ihr Leben auf völlig andere Weise gestalten.
Eine Möglichkeit dazu bietet die Analyse der Zielgruppe über den Lebensstil. Diese verbindet materielle Situation, Konsumverhalten, Mediennutzung sowie Wertvorstellungen und Lebenseinstellung des Einzelnen und macht eine ganzheitliche Beschreibung der Zielgruppe möglich.
4. Lebensstilanalyse
Um Konsumenten und Rezipienten genauer anzusprechen als es mit soziodemographischen und verhaltensorientierten Merkmalen möglich ist, werden für die Marktsegmentierung zunehmend psychosoziale Gemeinsamkeiten beinhaltende Lebensstile entwickelt. Eine andere Bestimmung allein auf Grund bereits genannter Kriterien ist unzureichend und wurde auch in den vorhergehenden Kapiteln als zu einseitig beurteilt. Lifestyle-Analysen sind theoretische Konstrukte der Verhaltensforschung, deren Zweck es ist, möglichst viel über das Selbstverständnis des Konsumenten bzw. Rezipienten herauszufinden. „Das mit Lifestyle-Analysen angestrebte Ziel liegt in der Zielgruppenfindung“ (Federsel-Lieb, 1992, S. 36).
Im Gegensatz zur klassischen Marktsegmentierung versucht die Lebensstilforschung auf der Basis psychologisch qualitativer Merkmale, die den Menschen in seiner individuellen Persönlichkeit erfassen und beschreiben, zu analysieren. Werden Einzelpersonen anhand mehrerer Variablen derart charakterisiert, spricht man von Lebensstil-Typologisierung. Einbezogen werden dabei beobachtbare Variablen wie Freizeitverhalten, Mediennutzung und Konsum, aber auch psychische Variablen wie Wertvorstellungen, Meinungen, Einstellungen und Lebensziel (vgl. Kaupp, 1997, S. 63f.). Lebensstil-Analyse orientiert sich auch am Alter, kombiniert dieses Merkmal aber mit einer Vielzahl anderer und macht so eine genauere Beschreibung der Zielgruppe möglich.
4.1 Lebensstilforschung
Mit Lebensstilforschung beschäftigen sich verschiedene Wissenschaftsdisziplinen wie Soziologie, Psychologie, Ethnologie und Konsumentenforschung. Daher existiert auch keine eindeutige Definition von „Lebensstil“. Im Rahmen dieser Arbeit fungiert Lebensstil als Bestimmungsmerkmal einer Zielgruppe, daher ist die im Marketing verwendete Definition relevant. Hier gilt die Beschreibung von Wind & Green als richtungsweisend (vgl. Dreisenberg, 1995, S. 10 / Reeb, 1998, S. 6 / Freter, 1983, S. 45):
„Life style refers to the overall manner in which people live and spend time and money. They are function of consumers’ motivation and prior learning, social class, demographics and other variables. Life style is also a summary construct reflecting costumers’ values.” (Wind/ Green, 1974, S. 106)
Mittlerweile existiert eine Vielzahl an weiteren Definitionen, die Lebensstil als Mittel der sozialen Differenzierung beschreiben (vgl. Reeb, 1998, S. 5-7[24]).
[...]
[1] Diese Zahlenwerte stützen sich auf Göres J. (2003), die in ihrem Artikel in der Frankfurter Rundschau diese Zahl ohne Angaben von Quellen nennt, sowie auf den Überblick des Kuratoriums Deutsche Altershilfe.
[2] Als Beispiel sei hier die erfolgreiche Produkteinführung der Kosmetikserie „Nivea Vital“ im Jahr 1994 genannt. Die Tagescreme „für die reife Haut der Frau über 50“ ist ein sehr erfolgreiches Produkt und wird mit älteren Models beworben. Mittlerweile setzt sich dieser Trend in zahlreichen Branchen fort (vgl. dazu Krieb/Reidl, 2001, S. 24ff / Neundorfer, 2002).
[3] Hier wurde eine von vielen existierenden Definitionen des Begriffes „Zeitschrift“ gewählt, da keine Eindeutigkeit besteht. Einen Überblick dazu gibt Vogel, 2002, S. 12.
[4] Vgl. dazu die übereinstimmende Definition des Standard-Lexikons Werbung: „Eine Zielgruppe ist die Gesamtheit der Personen, an die planmäßig marketingpolitische Instrumente gerichtet werden“ (Koschnick, 1996, S. 1220).
[5] Die Werbeagentur Grey Global ist die zweitgrößte Werbeagentur in Deutschland und befasst sich seit 1990 mit dem Thema der Best Ager. Ihre Studie zur Typologie der Best Ager wird in Kapitel 4.2 ausführlicher erläutert.
[6] Yollies = young old leisure living people.
[7] Selpies = second life people.
[8] Woopies = well of older people.
[9] Artikel zum Thema finden sich unter anderem in W&V, Media Perspektiven, Horizont, Marketing Journal, absatzwirtschaft, Journalist, Medien Magazin, usw. (s. Literaturverzeichnis)
[10] Ein Beispiel dafür ist auch der große Erfolg des Buches Das Methusalem Komplott von Frank Schirrmacher, das die baldige Übermacht der Alten in Deutschland zum Thema hat.
[11] Statistische Daten zeigen, dass sich beispielsweise das Alter der Pflegebedürftigen weiter nach oben verschiebt und dort der Anteil der unter 70-Jähigen stetig abnimmt (vgl. Mai, 2003, S. 159).
[12] Gerontologie: die Wissenschaft vom Altern (vgl. Prahl / Schroeter, 1996, S. 6ff.).
[13] Diese Daten folgen der mittleren Variante der Vorausberechnung: Diese setzt eine mittlere Zunahme der Lebenserwartung (81,1 Jahre bei Jungen, 86,6 Jahre bei Mädchen, die 2050 geboren werden) und eine mittlere Zuwanderung (jährlicher Zuwanderungsüberschuss von 200.000 Menschen) voraus.
[14] Gründe für den Geburtenrückgang gibt es viele: Hier soll nur kurz auf den gesunkenen ökonomischen Wert von Kindern hingewiesen werden, da die Herausbildung von sozialstaatlichen Systemen eine Absicherung im Alter oder bei Krankheit durch Kinder nicht zwingend notwendig macht (vgl. Mai, 2003, S.18.).
[15] Diese starke Reduzierung der Geburtenrate wird „Pillenknick“ genannt, da zu diesem Zeitpunkt die Anti-Baby-Pille auf den Markt kam und erstmalig ein zuverlässiger Schwangerschaftsschutz möglich war.
[16] Dem Einfluss der steigenden Lebenserwartung auf die Alterung der Gesellschaft wurde erst Anfang der 80 Jahre hinreichende Bedeutung beigemessen. Zuvor hielt man den Geburtenrückgang für den essentiellen Auslöser.
[17] Motel (2000). S. 42. Motels Ausführungen stützen sich auf eine 1996 durchgeführte Alters-Survey der FALL in Zusammenarbeit mit dem BMFSFJ: Die befragten Personen waren zwischen 40 und 85 Jahre alt.
[18] Die Daten der Analysen sind auf Grund unterschiedlicher Datenbasis und Erhebungsmethoden sowie unterschiedlicher Altersgruppierungen und Kategorien nur schwer zu vergleichen. Dennoch lassen sich bei der hier wesentlichen finanziellen Situation älterer Menschen ähnliche Tendenzen ablesen.
[19] Eine weitere Aufschlüsselung würde hier zu weit führen.
[20] Hier muss auf die Daten der EVS 1998 zurückgegriffen werden, da Zahlen zu Vermögenswerten aus der Erhebung 2003 bisher unveröffentlicht sind.
[21] Als Best Ager gelten hier die 40- bis 59-Jährigen.
[22] Das Medienzeitbudget gibt die Gesamtzeit an, die für die Nutzung von Medien aufgebracht wird. Dazu gehören Hörfunk, Fernsehen, CD/MC/LP, Tageszeitung, Bücher, Zeitschriften, Internet, Video (vgl. Berg / Ridder, 2002, S. 48).
[23] Weitere Beispiele: „45plus - die entscheidende Generation“ von Reader`s Digest Deutschland. „Die Marktmacht der Zielgruppe 50plus“ von Bayard Media und weitere.
[24] Hier ist auch ein Überblick über die Definitionen zu finden.
- Quote paper
- Diplom-Germanistin Barbara Feneberg (Author), 2005, Zeitschriften für die Zielgruppe der Älteren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61456
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