Erklärtes Ziel dieser Arbeit ist es, unter dem Titel „Wettbewerbsstrategien von G. Hamel und C. Prahalad als Highlight im strategischen Management“ den ressourcenorientierten Ansatz näher zu beleuchten. Zu diesem Zweck werden daher einleitend Gründe, die überhaupt für die Anwendung einer Strategie und das Bestehen des RBV-Ansatzes sprechen, welcher sich vor allem aufgrund der Kritik am Market Based View von Porter ergibt und welcher zu diesem Zwecke daher ebenfalls kurz erläutert werden muss, angeführt, um anschließend die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen hervorheben zu können. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt jedoch in der Betrachtung des Kernkompetenzenansatzes, der von Hamel und Prahalad geprägt wurde und unter dem Resource Based View zu subsumieren ist. Dabei werden sowohl die Hauptvertreter dieses Ansatzes vorgestellt, als auch die strategische Intention und Mission hinter diesem Ansatz näher erörtert, eine klare Abgrenzung des Begriffs der KK vorgenommen, Mittel zu dessen Identifikation, Aufbau und Erhalt aufgezeigt sowie ferner der Anpassungsbedarf des „internen Fits“ aufgrund des RBV aufgezeigt. Um das Gesamtbild abzurunden, wird der RBV-Ansatz abschließend kurz auf seine Aktualität hin untersucht und einer kritischen Würdigung unterzogen
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung und Gang der Arbeit
2 Ausgangsproblematik
2.1 Begriff und Grund der strategischen Unternehmensführung
2.2 Market Based View - marktorientierter Führungsansatz
2.2.1 Wesen des Market Based View
2.2.2 Kritikpunkte am Market Based View
2.3 Veränderung der Rahmenbedingungen
2.4 Entwicklung der ressourcenorientierten Ansätze
3 Ressourcenorientierte Ansätze
3.1 Arten der ressourcenorientierten Ansätze
3.1.1 Resource Based View
3.1.1.1 Strategische Intention des Ressource Based View
3.1.1.2 Marktorientierte Ansätze versus Ressourcenorientierte Ansätze
3.1.2 Competence Based View
3.1.2.1 Vom Resource Based View zum Competence Based View
3.1.2.2 Begründer des Competence Based View
3.1.2.3 Strategische Intention und Mission des Competence Based View
3.1.2.4 Prämissen des CBV
3.1.2.5 Begriff der Kernkompetenz
3.1.2.5.1 Von (Standard-)Fähigkeiten zur Kernkompetenz
3.1.2.5.2 Begriffsdefinition und Voraussetzungen
3.1.2.5.3 Voraussetzungen für das Bestehen dynamischer Kernkompetenzen
3.1.2.6 Kernkompetenzenmanagement
3.1.2.6.1 Identifikation und Klassifikation von Kernkompetenzen
3.1.2.6.2 Entfaltung von Kernkompetenzen
3.1.2.6.3 Eigenaufbau und externe Beschaffung von Kernkompetenzen
3.1.2.6.4 Verlust und Schutz von Kernkompetenzen
3.1.3 Relational Based View und Unternehmensnetzwerke
3.2 Abstimmung des internen Fits auf Basis des RBV
3.3 Managementtechniken in Verbindung mit ressourcenorientieren Ansätzen
3.4 State of the Art der ressourcenorientierten Ansätze
3.5 Kritische Würdigung der ressourcenorientierten Ansätze
4 Resümee und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang A - Abbildungen
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Verbreitung des MBV
Abb. 2: Verbreitung des RBV
Abb. 3: Entwicklung des RBV
Abb. 4: Eskalationstreppe zur Prüfung von KK
Abb. 5: Kompetenzen-Matrix
Abb. 6: Weg zum Portfolio der KK
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Gegenüberstellung marktorientierter und ressourcenorientierter Ansätze
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung und Gang der Arbeit
Horrende Wachstumsraten von japanischen Firmen – wie jene von Canon (ca. 264 %) oder Honda (ca. 200 %) – bei zeitgleich stattfindenden Einbrüchen des gleichen Ausmaßes bei Unternehmen derselben Branche – wie beispielsweise bei Xerox und Chrysler – ließen europäische Manager zu Beginn der 90er Jahre aufhorchen. Erste Analysen zur Feststellung der Gründe für diese heterogene Entwicklung innerhalb der einzelnen Branchen wurden später beim ersten „Überschwappen“ von weit überlegenen japanischen Produkten auf den europäischen Markt, die aus fast jedem Alltagsgerät ein High-Tech-Gerät werden ließen, mit zunehmendem Nachdruck betrieben.[1]
Als Gründe für diese haushohe Überlegenheit wurden dabei vor allem veränderte Rahmenbedingungen – wie jene des Wandels der Marktstruktur vom Verkäufer- zum Käufermarkt, die extreme Beschleunigung des technischen Fortschritts, die zunehmend hohen Ansprüche an Produkte und deren Leistungen sowie die erhebliche Verbesserung der Kommunikations-, Informations- und Verkehrstechniken[2] in Richtung der „turbulent times“[3] identifiziert, die sich mit den bisherigen europäischen Denkansätzen des strategischen Managements nicht mehr beherrschen ließen. Man begann daher, diese Denkansätze kritisch zu hinterfragen.
Dies führte zum Wandel von den bisher dominierenden, marktorientierten Denkansätzen – wie jenen von Porter – zu den nun modischen „ressourcenorientierten Ansätzen“.[4] Diese neue Denkrichtung forderte dabei eine stärkere Konzentration auf die eigenen Ressourcen ein, da gemäß dem Ansatz nur damit die besten Chancen für das langfristige, erfolgreiche Bestehen am Markt gewährleistet werden können.
Erste Erfolgsmeldungen von Unternehmen wie Sony und Canon[5], die es mit diesem Konzept bis an die Weltspitze schafften,[6] verstärkten den Trend europäischer Unternehmen zum Wandel in Richtung ressourcenorientierter Ansätze. Obwohl heutige Unternehmen diesen Ansatz in Form einer Fokussierung auf ihre Kernkompetenzen längst implementiert haben und aus einem Netzwerk von verbundenen Unternehmen heraus agieren,[7] herrscht bis heute keine Einigkeit, welcher dieser Ansätze der geeignetere ist bzw. ob eine separate Betrachtung überhaupt sinnvoll erscheint.
Erklärtes Ziel dieser Arbeit ist es daher, unter dem Titel „Wettbewerbsstrategien von G. Hamel und C. Prahalad als Highlight im strategischen Management“ den ressourcenorientierten Ansatz näher zu beleuchten. Zu diesem Zweck werden daher einleitend Gründe, die überhaupt für die Anwendung einer Strategie und das Bestehen des RBV-Ansatzes sprechen, welcher sich vor allem aufgrund der Kritik am Market Based View von Porter ergibt und welcher zu diesem Zwecke daher ebenfalls kurz erläutert werden muss, angeführt, um anschließend die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen hervorheben zu können. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt jedoch in der Betrachtung des Kernkompetenzenansatzes, der von Hamel und Prahalad geprägt wurde und unter dem Resource Based View zu subsumieren ist. Dabei werden sowohl die Hauptvertreter dieses Ansatzes vorgestellt, als auch die strategische Intention und Mission hinter diesem Ansatz näher erörtert, eine klare Abgrenzung des Begriffs der KK vorgenommen, Mittel zu dessen Identifikation, Aufbau und Erhalt aufgezeigt sowie ferner der Anpassungsbedarf des „internen Fits“ aufgrund des RBV aufgezeigt. Um das Gesamtbild abzurunden, wird der RBV-Ansatz abschließend kurz auf seine Aktualität hin untersucht und einer kritischen Würdigung unterzogen.
2 Ausgangsproblematik
2.1 Begriff und Grund der strategischen Unternehmensführung
Strategie kann stark vereinfacht als Plan oder Leitfaden eines Unternehmens definiert werden.[8] Dabei geht es primär darum, die Visionen und Ziele für künftige Handlungen festzulegen, den Aufgabenbereich eines Unternehmens klar darzustellen und abzugrenzen sowie Ressourcenzuweisungen vorzunehmen.[9] Eine Strategie beschreibt dabei sowohl die derzeitige Positionierung eines Unternehmens, als auch deren künftige Perspektive und gibt somit „ (…) eine Richtung vor (…) [,] (…) bündelt Aktivitäten (…) [,] (…) definiert die Organisation (…) [und] (…) sorgt [so] für Beständigkeit“.[10] Sie hat dabei durch ihre Planung, Steuerung und Kontrolle[11] immer Auswirkungen auf Struktur, System, Selbstverständnis, Stil, Kenntnisstand und Personalwesen eines Unternehmens.[12] Diese sind daher an die jeweilige Strategie immer anzupassen.
Erklärtes Ziel einer Strategie ist es dabei, den langfristigen Erfolg des Unternehmens durch die Sicherung sowie den Aufbau und Erhalt von Erfolgspotentialen zu gewährleisten, die die Grundlage für sowohl derzeitige als auch künftige Wettbewerbsvorteile bieten[13] und somit zur langfristigen Existenzsicherung des Unternehmens beitragen.[14] Jede Strategie basiert dabei auf einer eigenen Denkschule, der wiederum unterschiedliche Prämissen zugrunde gelegt werden.[15] Aufgrund dieser Definitionen wird der wechselseitige Zusammenhang zwischen Denkschule, Strategie und der dahinter liegenden Organisation, Struktur, Kultur etc. deutlich, auf den im Rahmen dieser Arbeit noch mehrmals zurückgegriffen wird.
2.2 Market Based View - marktorientierter Führungsansatz
2.2.1 Wesen des Market Based View
Bei der aus den 80er Jahren stammenden Denkschule des Market Based View, die auf Porter zurückgeht, erfolgt die Strategieentwicklung als analytischer Prozess. Die oberste Maxime bei diesem marktorientierten Ansatz ist es dabei, attraktive Branchen bzw. Positionierungsnischen zu finden, in denen die Wettbewerbsintensität gering ist und noch Raum zur Erfolgserzielung besteht.[16]
Dazu ist eine genaue Analyse des Marktes vorzunehmen, d. h. die in der jeweiligen Branche vorherrschenden wettbewerbsverstärkenden „Triebkräfte“ sind im Rahmen einer detaillierten Branchen- und Umweltanalyse[17] zu identifizieren. Als hierbei wesentliche, wettbewerbsbeeinflussende Determinanten, die es näher zu durchleuchten gilt, definiert Porter neue Marktteilnehmer, Lieferanten, Konkurrenten, Ersatzprodukte sowie Käufer und deren Einfluss.[18] Diese werden unter dem bekannten Begriff der „Five Forces“ subsumiert.[19] Zu beachten gilt es dabei, dass Porter neue, potentielle Kunden und Märkte nicht zu diesen „Triebkräften“ zählt.[20]
Nach erfolgter Analyse des Marktes sind anschließend die eigenen Stärken und Schwächen zu eruieren, um in Kombination mit den ermittelten Marktchancen und –risiken daraus die von Porter definierten „generischen Wettbewerbsstrategien“ (Kostenführerschaft, Differenzierung, Konzentration auf Schwerpunkte) ableiten zu können.[21] Diese, sich gegenseitig ausschleißenden[22] Grundstrategien ermöglichen dann vor allem eine klare Positionierung und werden von Mintzberg daher unter dem Denkansatz der „Positionierungsschulen“ zusammengefasst.[23]
Die Definition dieses Ansatzes verdeutlicht, dass eine Betrachtung des Marktes ausschließlich aus einer „Outside-in-Perspektive“ vorgenommen wird, ohne auf die Unternehmensressourcen Bedacht zu nehmen. Die vorhin bereits angesprochenen Auswirkungen einer Strategie in Hinblick auf die Organisation verdeutlichen diese Tatsache abermals. Porter sieht die einzige Aufgabe der Organisation in der Unterstützung der Erfüllung der Pläne und ordnet diese der Strategie daher unter[24]. Dies führt daher vorwiegend zu einer divisionalen – d. h. zu einer nach Produkten, Regionen oder Kunden gegliederten – Organisation mit einer dementsprechend unflexiblen Struktur.[25]
2.2.2 Kritikpunkte am Market Based View
Die wesentlichen Kritikpunkte, die sich aus vorheriger Beschreibung des Market Based View ergeben sind, dass[26] sämtliche Analysen fast ausschließlich operationalisierte Größen beinhalten und somit soziale und politische Determinanten weitgehend ausgeblendet werden, von der umstrittenen These der stabilen (Markt-)Bedingungen ausgegangen wird, um „Positionierungsanalytikern“ die immer zeitverzögert stattfindende Implementierung zu ermöglichen, der berechnete Trend der Gegenwart unreflektiert in die Zukunft fortgeschrieben wird, in operationalisierten Kalkulationen keine unerwarteten Ereignisse berücksichtigt werden können, detaillierte Analysen zu zwanghaftem Verhalten führen, dadurch die Kreativität der Organisation hindern und somit strategisches Lernen durch auf Analysen beruhendem, „absichtsvollen Gestalten“ ersetzt wird, diese Eigenschaft zusätzlich durch die starre, divisionale Aufbauorganisation, die zu Unflexibilität und keiner Kundennähe führt, unterstützt wird,[27] durch die ausschließliche Orientierung an der gegebenen Marktstruktur[28] sämtliche Analysen zu sehr vergangenheitsorientiert sind, die Vergangenheit zwar penibel genau analysiert wird, aber es nicht ermöglicht wird, die Zukunft vorweg zu gestalten, wodurch ein „Aufbrechen zu neuen Ufern“ verhindert, alles in allem nur eine kurzfristige Betrachtungsweise verfolgt[29] und dieses Modell somit beim Vorliegen von „turbulent times“ ad Absurdum geführt wird.
2.3 Veränderung der Rahmenbedingungen
Bereits Mitte der 80er Jahre kam es zu erheblichen Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Wettbewerb in dieser Zeit konnte mit „ (…) einem Basketballspiel auf bewegliche Körbe (…)“ verglichen werden.[30] Diese „turbulenten Zeiten“ waren geprägt von Strukturbrüchen und konjunkturellen Schwächen, die zu tief greifenden Veränderungen der Wirtschaft führten.[31]
(Trend-)Prognosen bzw. langfristig gültige Analysen der aktuellen Marktsituation, vor allem über verwendete Technologien und Kundenbedürfnisse, wie sie dem MBV als Ausgangsbasis dienen, waren unmöglich zu treffen.[32] Ferner wurden einerseits Differenzierungen aufgrund gesättigter Märkte nicht mehr möglich, andererseits verschafften sich Niedriglohnländer vermehrt Zugang zu den Weltmärkten und machten damit Industrieländern die Bearbeitung ihres Heimatmarktes auf Basis der Kostenführerschaft unmöglich.[33]
2.4 Entwicklung der ressourcenorientierten Ansätze
Aufgrund der vorhin genannten Kritik am MBV einerseits und aufgrund der dargestellten dynamischen Umweltsituation andererseits erkannte man, dass der MBV nicht mehr der geeignete Ansatz ist, um diese – bis heute andauernden – turbulenten Zeiten „erfolgreich zu managen“. Aus diesem Grunde begann man, die hinter dem MBV stehende Denkschule der „Positionierung“ in Richtung einer „lernenden Organisation“[34] zu überdenken, um damit dauerhaft Wettbewerbsvorteile erzielen und so seine eigene Position wesentlich verbessern und nachhaltig sichern zu können.[35]
Erreicht werden sollte dies durch eine Wandlung des Betrachtungshorizontes weg vom bisher rein marktbasierten MBV hin zur Fokussierung auf bestimmte Ressourcen des eigenen Unternehmens. Die rein statische Outside-In-Betrachtungsweise sollte hierbei durch eine Inside-Out-Betrachtung ersetzt werden, um damit mit der überaus dynamischen Umwelt besser fertig werden zu können. Somit wurde das Konzept des Resource Based View oder des ressourcenorientierten Ansatzes erfolgreich geboren.[36]
Mit diesem neuartigen Konzept, dass ab diesem Zeitpunkt einen bis heute andauernden, großen Niederschlag in der Literatur findet und scheinbar hohe Relevanz, vor allem durch Presseberichte von japanische Unternehmungen, die durch den Einsatz dieses damals neuartigen Konzeptes horrende Wachstumsraten verzeichneten (Siehe Einleitung), erlangte, sollte es ermöglicht werden, die Spielregeln des Marktes völlig neu zu schreiben, nicht nur Diversifizierungen vorzunehmen, sondern vor allem Lösungsansätze zu bieten, die sogar den künftigen Zukunftsnutzen potentieller Kunden mit einbeziehen, um damit den Abstand zur Konkurrenz auf lange Sicht so weit anwachsen lassen zu können, dass dieser unüberwindbar erscheint.[37]
Abbildung 1 zeigt, wie die Relevanz der Positionierungsschule, unter der der MBV zu subsumieren ist, 1993 abflachte, während zeitgleich – wie in Abbildung 2 ersichtlich – immer größeres Interesse am Ansatz der sog. „Lernschule“ entstand, unter der die ressourcenorientierten Ansätze und damit auch der RBV einzuordnen sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Verbreitung des MBV[38] Abb. 2: Verbreitung des RBV[39]
Erst später, nach Ablöse des MBV und erfolgreicher Einführung des RBV als vorherrschende Denkrichtung, wurde die neue Sichtweise des RBV mit jener des MBV kombiniert, die in Form des Competence Based View in einer Art integrierter Sichtweise zum Ausdruck kam und eine Betrachtung sowohl aus der Outside-In-, als auch aus der Inside-Out-Perspektive ermöglichte.
Hauptaugenmerk bei diesem erweiterten Ansatz kam insbesondere den Fähigkeiten zum Aufbau, Erhalt und Sicherung von KK zu, die einen langfristigen, strategischen Wettbewerbsvorteil sichern sollten. Folgende Abbildung verdeutlicht nochmals die Verschmelzung der Ansätze des MBV sowie des RBV zum CBV, wie er vorwiegend auf Hamel und Prahalad Anfang der 90er Jahre zurückzuführen ist.[40]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Entwicklung des RBV[41]
Was sich konkret hinter diesem neuen Ansatz verbirgt, wie er sich von anderen Ansätzen abgrenzt, welche strategischen Intentionen und Missionen dahinter stecken, auf welchen Prämissen er beruht sowie welcher Abstimmungsbedarf sich durch die Anwendung dieser neuen Denkschule – vor allem in Hinblick auf die „Soft-facts“ innerhalb eines Unternehmens ergibt – wird im folgenden Abschnitt näher erörtert.
3 Ressourcenorientierte Ansätze
3.1 Arten der ressourcenorientierten Ansätze
Im Folgenden wird zwar auf die unterschiedlichen Ausprägungen der ressourcenorientierten Ansätze näher eingegangen, wobei der Hauptschwerpunkt auf den von Hamel/Prahalad geprägten Competence Based View gesetzt wird, es ist jedoch schon vorweg anzumerken, dass sich die unterschiedlichen Denkschulen nicht immer klar von einander unterscheiden lassen.[42]
3.1.1 Resource Based View
3.1.1.1 Strategische Intention des Ressource Based View
Durch die Änderung der Betrachtungsweise von einer Outside-In-Perspektive zu einer Inside-Out-Betrachtungsweise resultieren die notwendigen Ressourcen dabei nicht mehr aus der Wahl der generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter,[43] werden somit nicht mehr extern bestimmt,[44] sondern sollen in erster Linie aufgebaut[45] und dermaßen effizient kombiniert werden[46], dass damit nachhaltig eine vorteilhafte Wettbewerbsposition geschaffen werden kann.[47] Schwerpunkt der Betrachtung liegt somit nicht mehr auf der Positionierung der einzelnen Geschäftsfelder sondern auf einer Auseinandersetzung mit den Unternehmensressourcen und ihren Stärken und Schwächen.[48] Dadurch findet eine Verschiebung der Wettbewerbsebene von der Ebene der Geschäftsfelder auf die Unternehmensebene statt. Letztere stellt nun lediglich eine Art Speicher für notwendige und wichtige Ressourcen dar, dessen sich das Management bedient.[49]
Solche unternehmensinternen Ressourcen, die in der Literatur als „crown jewels“ bezeichnet werden und das Potenzial haben, Wettbewerbsvorteile zu generieren, können sein: „(…) all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness (…)“.[50]
Die Basis für die Gewinnung dieser Ressourcen können einerseits Erfahrungs- und Lernkurveneffekte,[51] andererseits aber auch Kooperationen mit anderen Unternehmungen, durch die diese Ressourcen extern beschafft werden können, darstellen.[52] Im Rahmen der nun stattfindenden starken Zukunftsorientierung[53] nimmt man an, dass jene Unternehmen als Gewinner im Marathon um die Spitze des Erfolges hervorgehen werden, die ihre aufgebaute Kondition im Marathon am besten ausspielen können,[54] d. h. jene am erfolgreichsten sein werden, die über die besten Ressourcen verfügen.
3.1.1.2 Marktorientierte Ansätze versus Ressourcenorientierte Ansätze
Der wesentlichste Unterschied bei diesen beiden Ansätzen besteht vor allem in den unterschiedlichen Analysen, die als Ausgangspunkt dienen. Werden beim MBV vor allem Branchen-, Wettbewerbs- und Stärken-/Schwächenanalysen vorgenommen und damit der Schwerpunkt der Betrachtung vor allem auf die Outside-In-Betrachtung gelegt, durch die ein Markt mit möglichst geringer Wettbewerbssintensität gewählt werden soll, werden hingegen beim RBV vorwiegend die spezifischen Ressourcen eines Unternehmens Gegenstand der Untersuchung und ermöglichen so vorwiegend eine Inside-Out-Betrachtung. Den Ausgangspunkt für die Festlegung von Wettbewerbsstrategien bilden im ersten Fall somit vorwiegend extrinsische, im letzteren vor allem intrinsische Faktoren.[55] Folgende Tabelle soll die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen nochmals explizit herausarbeiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Gegenüberstellung marktorientierter und ressourcenorientierter Ansätze[56]
3.1.2 Competence Based View
3.1.2.1 Vom Resource Based View zum Competence Based View
Hamel und Prahalad befassten sich zu Beginn der 90er Jahre intensiv mit den ersten, bereits vorhandenen Ansätzen des RBV. Wesentliche Erkenntnisse ihrer Analysen waren dabei, dass sich erstens ein gesunder Betrieb nicht durch die bloße Anwendung buchhalterischer Maßstäbe auf die Kosten erreichen lässt und zweitens, Manager ihren Betrachtungshorizont viel stärker in die entferntere Zukunft richten und sich daher verstärkt fragen müssen, wie ihr Unternehmen in entfernter Zukunft aussehen soll.[57]
Um Managern bei der von ihnen vorgeschlagenen stärkeren Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenssituation eine Hilfestellung zu bieten, erarbeiteten sie einen Fragenkatalog, bei dem vor allem der Frage „Woher stammen Ihre Gewinne heute / woher werden sie in Zukunft stammen?“ zentrale Bedeutung zukommt. Genau diese Frage stellte im weiteren Verlauf die Basis für weitere Publikationen von Hamel und Prahalad dar und gilt bis heute als Geburtsstunde des KK-Ansatzes.
Diese wenig formale Denkrichtung soll im Rahmen der Analyse vor allem die „(…) prozessualen, organisationalen und integrativen Aspekte der Generierung und Aufrechterhaltung Unternehmensbereiche überspannender Wettbewerbsvorteile (…)“ hervorbringen.[58] Durch die bewusste Fokussierung auf KK soll es dabei gelingen, den heutigen und künftigen Anforderungen der Kunden und deren Nutzen, die bei diesem Ansatz im Mittelpunkt stehen, möglichst gut zu entsprechen. Das Modell beruht dabei auf der Annahme, dass es nur durch den Aufbau von KK gelingen kann, auch den künftigen Kundenerwartungen zu entsprechen um sich damit nicht nur mehr an die laufenden Markttrends anpassen bzw. schlimmstenfalls diesen hinter her laufen zu müssen, sondern dass es somit möglich ist, den Wettbewerb „pro-aktiv“ zu übertreffen und in einer turbulenten Zeit die Bedingungen des Marktes mit zu gestalten.[59] Der Begriff der KK stellt dabei eine spezifische Ausprägung von strategischen Ressourcen dar. Aus diesem Grunde kann der Kernkompetenzenansatz auch unter dem RBV subsumiert werden,[60] der, wie in Abbildung 3 gezeigt, sowohl eine Inside-Out-Betrachtung als auch eine Outside-In-Betrachtung beinhaltet[61] und somit als Verbindungselement von markt- und ressourcenorientierter Sichtweise angesehen werden kann.[62] Wie der Begriff der KK genau abzugrenzen ist und welche strategischen Intentionen hinter diesem erweiterten Konzept stecken, wird in den nächstfolgenden Kapiteln näher erörtert.
3.1.2.2 Begründer des Competence Based View
Da neue Managementansätze immer durch den persönlichen Werdegang ihrer Erfinder geprägt und untrennbar damit verbunden sind, scheint es notwendig an dieser Stelle auf die Hauptvertreter des CBV-Ansatzes kurz näher einzugehen, um damit ein ganzheitliches Verständnis für diesen neuen Ansatz erhalten zu können.
Obwohl erste Ansätze des CBV in seiner Grundidee bereits vorher durch Hiroyuki (1987) unter dem Titel „Mobilizing Invisible Assets“ beleuchtet wurden, fanden erst die erfolgreichen Publikationen von Hamel und Prahalad[63] – nicht zuletzt aufgrund der von ihnen dargestellten konzeptionellen Einfachheit und dem zu diesem Zeitpunkt schon sichtbaren Erfolg dieses Ansatzes bei japanischen Firmen[64] – das nötige mediale Echo. Im Laufe der 90er Jahre entwickelten sich diese beiden Strategen zu den Shootingstars in der internationalen Managementszene und rückten schließlich mit ihrem Buch „Competing for the future“ den KK-Ansatz immer stärker ins Licht der Öffentlichkeit.
Der aus Kalifornien stammende Gary Hamel war ursprünglich Krankenhausmanager, dissertierte an der Universität von Michigan und wechselte daraufhin als Gastprofessor auf diese Universität. Der in Indien geborene Coimbatore Prahalad studierte bis 1975 in Harvard, nahm hier nach Abschluss des Studiums an zahlreichen Forschungsprojekten federführend teil und wurde schließlich Professor am Institut für Management in Harvard. Anschließend wechselte der Professor für Betriebswirtschaft mit besonderer Spezialisierung und Erfahrung im strategischen Management großer multinationaler Konzerne an die Universität von Michigan, wo er schließlich auf Gary Hamel stieß.[65]
Beide bekamen zahlreiche Preise und wurden in der Presse als intelligenteste Köpfe auf dem Gebiet der „Corporate Strategy“ betitelt. Zudem trugen ihre Forschungs- und Kooperationsprojekte mit Spitzenkonzernen aus aller Welt (wie beispielsweise Oracle oder Palmolive) für deren Aufstieg zu den bedeutendsten Managementgurus bei. Noch heute erreichen sie und ihre Strategien Platzierungen unter den „Top-Twenty“ im internationalen Ranking.[66]
[...]
[1] Vgl. Hamel/Prahalad [Nur Kernkompetenzen sichern das Überleben 1991], S. 68f.
[2] Vgl. Kropfberger et al. [Controlling 2000], S. 11f.
[3] Vgl. Kropfberger [Erfolgsmanagement 1986], S. 19f.
[4] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 426.
[5] Vgl. Boos/Jarmai [Kernkompetenzen – gesucht und gefunden 1994], S. 19.
[6] Vgl. Hamel/Prahalad [Nur Kernkompetenzen sichern das Überleben 1991], S. 66.
[7] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 358.
[8] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 22.
[9] Vgl. Kropfberger et al. [Controlling 2000], S. 37ff.
[10] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 26ff.
[11] Vgl. Horváth [Controlling 2001], S. 255.
[12] Vgl. Osterloh/Frost [Prozessmanagement als Kernkompetenz 2003], S. 161 und S. 165f.
[13] Vgl. Kropfberger et al. [Controlling 2000], S. 37ff.
[14] Vgl. Ziegenbein [Controlling 1998], S. 113.
[15] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 15ff.
[16] Vgl. Osterloh/Frost [Prozessmanagement als Kernkompetenz 2003], S. 169.
[17] Vgl. Kropfberger et al. [Controlling 2000], S. 56.
[18] Vgl. Porter [Wettbewerbsstrategie 1995], S. 62ff.
[19] Vgl. Campbell/Luchs [Core Competency-Based Strategy 1997], S. 14.
[20] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 60.
[21] Vgl. Osterloh/Frost [Prozessmanagement als Kernkompetenz 2003], S. 169.
[22] Vgl. Freiling [Produktivitätsgrenzen-Ansatz 2002], S. 379.
[23] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 17ff.
[24] Vgl. Osterloh/Frost [Prozessmanagement als Kernkompetenz 2003], S. 161f.
[25] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.
[26] Vgl. hierzu und im Folgenden: Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 133-145.
[27] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.
[28] Vgl. Freiling [Produktivitätsgrenzen-Ansatz 2002], S. 386.
[29] Vgl. Hamel/Prahalad [Nur Kernkompetenzen sichern das Überleben 1991], S. 77.
[30] Vgl. Raub [Ultimativer Wettbewerbsvorteil 1998], S. 291.
[31] Vgl. Kropfberger [Erfolgsmanagement 1986], S. 19.
[32] Vgl. Raub [Ultimativer Wettbewerbsvorteil 1998], S. 291.
[33] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 15.
[34] Vgl. Moingeon/Ramanantsoa/Métais/Orton [The Resource-based view 1998], S. 299f.
[35] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 204.
[36] Vgl. Pousttchi/Herrmann [Kompetenzorientiertes Management 2001], S. 309.
[37] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 15.
[38] Quelle: Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 395.
[39] Quelle: Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 395.
[40] Vgl. Müller-Stewens/Lechner [Strategisches Management 2003], S. 220.
[41] Quelle: Pousttchi/Herrmann [Kompetenzorientiertes Management 2001], S. 310 (leicht modifiziert).
[42] Vgl. Barney [Resource-based theories 2001], S. 664.
[43] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.
[44] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 426.
[45] Vgl. Rasche [Ressourcenorientierte Unternehmensführung 1994], S. 507.
[46] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.
[47] Vgl. Rasche [Ressourcenorientierte Unternehmensführung 1994], S. 507.
[48] Vgl. Knyphausen [Why are Firms different? 1993], S. 774.
[49] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 62.
[50] Vgl. Barney [Firm Resource and Sustained Competitive Advantage 1991], S. 101.
[51] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.
[52] Vgl. Hamel/Prahalad [Strategy as Stretch and Leverage 1993], S. 80.
[53] Vgl. Hanser [Kernkompetenz 1998], S. 39.
[54] Vgl. Müller-Stewens/Lechner [Strategisches Management 2003], S. 221.
[55] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 426.
[56] Quelle Verfasser in Anlehnung an: Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 63; Osterloh/Frost [Prozessmanagement als Kernkompetenz 2003], S. 167; Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 396ff; Hanser [Kernkompetenz 1998], S. 39; Kleinaltenkamp [Strategisches Business-to-Business Marketing 2000], S. 50; Hamel/Prahalad [Wettlauf um die Zukunft 1995], S. 53ff.
[57] Vgl. hierzu und im Folgenden: Kennedy [Management Gurus 1998], S. 78f.
[58] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 427.
[59] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 18ff.
[60] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 427.
[61] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 29.
[62] Vgl. Hinterhuber et al. [Kundenzufriedenheit durch Kernkompetenz 1997], S. 186f.
[63] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 247.
[64] Vgl. Boos/Jarmai [Kernkompetenzen – gesucht und gefunden 1994], S. 20.
[65] Vgl. TLP [C. K. Prahalad 2004], o. S.
[66] Vgl. Thinkers 50 [Most important living management thinker 2004], o. S.
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