In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, den Archaismus im Kontext der sozialen Veränderungen der altägyptischen Gesellschaft, als Ausdruck eines Anpassungsprozesses, zu interpretieren. Einen Aspekt gilt es dabei besonders zu beachten: die Ägypter hinterließen keine Aussagen über den Archaismus, sie thematisierten ihn nicht. Dies ist methodisch bedeutungsvoll, denn aufgrund dieser Tatsache können Interpretationen prinzipiell zwar auf ihre Richtigkeit hin überprüft, jedoch nur eingeschränkt falsifiziert werden. Insofern bedeutet ein Auswerten sämtlicher zur Verfügung stehender Daten ebensowenig eine Garantie für die Unanfechtbarkeit einer daraus resultierenden Interpretation wie eine Deutung anhand nur weniger oder sekundärer Quellen. Bevor im zweiten Kapitel verschiedene Interpretationen des spätzeitlichen Phänomens aufgezeigt werden, folgen im Anschluß einige Erläuterungen zu den Begriffen "Spätzeit" und "Archaismus". Danach werden im dritten Kapitel zunächst die theoretischen Grundlagen dargestellt, auf denen der neue Deutungsversuch des Archaismus basiert. Schließlich werden einige Veränderungen in einem von verschiedenen kulturellen Teilbereichen nachgezeichnet und dem Selbstverständnis der gesellschaftlichen Elite, d.h. den Herrschaftsträgern, nachgegangen. Von Bedeutung ist im Kontext dieser Arbeit ausschließlich die Tatsache, daß es aufgrund der hierarchischen Sozialstruktur in Altägypten eine Elite gab, und daß aus diesem Grund in irgendeiner Form untere soziale Gruppen existieren mußten. Es ist selbstredend, daß diese Elite eine soziale Minderheit darstellte; unerheblich ist die Frage, ob mit sozialen Schichten, Klassen, Kasten, Ständen oder sonstigem zu rechnen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Zu den Begriffen "Spätzeit" und "Archaismus"
- Zur Anwendung von Interpretationen
- Adolf Erman
- Walther Wolf
- John A. Wilson
- Hellmut Brunner
- Resumée
- Zu den Grundlagen der neuen Interpretation
- Einführung
- Soziale Systeme
- Kulturelle Konstanz und Tradition
- Sozialer Wandel und soziale Veränderungen
- Ethnozentrismus und Revitalisationsbewegungen
- Resumée
- Zu verschiedenen Aspekten der neuen Interpretation
- Einführung
- Zur Individualisierung innerhalb der Religion
- Zur grenzmarkierenden Funktion der Körpersymbolik
- Zur grenzmarkierenden Funktion der Schrift
- Zur Legitimation der Herrschaftsträger
- Resumée
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, den spätzeitlichen Archaismus in Altägypten anhand soziologischer und ethnologischer Ansätze neu zu interpretieren. Sie untersucht den Archaismus als Ausdruck eines Anpassungsprozesses im Kontext sozialer Veränderungen in der altägyptischen Gesellschaft. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Wiederbelebung alter Kulturelemente und deren Bedeutung für die soziale Elite und die Herrschaftsstrukturen.
- Der Archaismus als Ausdruck sozialer Veränderungen und Anpassungsprozesse
- Die Revitalisierung alter Kulturelemente und deren neue Bedeutung
- Der Einfluss des Archaismus auf die soziale Elite und die Herrschaftsstrukturen
- Die Anwendung soziologischer und ethnologischer Theorien auf den altägyptischen Kontext
- Die Rolle der Kunst und Literatur als Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Archaismus als ein Kennzeichen der Spätzeit in Altägypten einführt und unterschiedliche Interpretationen des Phänomens beleuchtet. Sie stellt den Begriff der Revitalisierung vor, der zentrale Bedeutung für die neue Interpretation des Archaismus spielt.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Begriffen "Spätzeit" und "Archaismus" und definiert deren Anwendung im Kontext der Arbeit. Es zeigt die Herausforderungen auf, die mit der Verwendung dieser Begriffe in der ägyptologischen Forschung verbunden sind.
Das zweite Kapitel befasst sich mit verschiedenen Interpretationen des spätzeitlichen Archaismus, die von bedeutenden Ägyptologen wie Adolf Erman, Walther Wolf, John A. Wilson und Hellmut Brunner entwickelt wurden. Es beleuchtet die historischen und wissenschaftlichen Entwicklungen im Umgang mit dem Phänomen.
Das dritte Kapitel stellt die theoretischen Grundlagen der neuen Interpretation des Archaismus vor. Es untersucht soziale Systeme, kulturelle Konstanz, Tradition, sozialen Wandel, Ethnozentrismus und Revitalisationsbewegungen im Kontext der altägyptischen Gesellschaft.
Das vierte Kapitel analysiert verschiedene Aspekte der neuen Interpretation. Es beleuchtet die Individualisierung innerhalb der Religion, die grenzmarkierende Funktion der Körpersymbolik und der Schrift sowie die Legitimation der Herrschaftsträger im Zusammenhang mit dem spätzeitlichen Archaismus.
Schlüsselwörter
Spätzeit, Archaismus, Revitalisierung, soziale Veränderungen, Anpassungsprozess, soziale Elite, Herrschaftsstrukturen, Kunst, Literatur, Körpersymbolik, Schrift, Religion, Ethnozentrismus, Revitalisationsbewegungen, Soziale Systeme, Soziologie, Ethnologie.
- Quote paper
- M.A. Sabine Neureiter (Author), 1994, Eine neue Interpretation des Archaismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61114